Dauer der Entgeltfortzahlung

Beschäftigte haben von Beginn einer Arbeitsunfähigkeit an Anspruch auf Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber für in der Regel maximal sechs Wochen.

Beginn und Ende der Entgeltfortzahlung

Wann genau die gesetzliche Anspruchsdauer auf Entgeltfortzahlung beginnt, ist davon abhängig, ob der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin am ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit noch gearbeitet hat oder bereits vor dem Arbeitsbeginn erkrankt ist und daher die Arbeit an diesem Tag nicht aufgenommen hat.

Hat der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin am ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit noch gearbeitet, bleibt der angebrochene Arbeitstag bei der Berechnung der Sechs-Wochen-Frist unberücksichtigt. Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung beginnt daher erst am nächsten Tag. Der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin bekommt somit für die verbleibende Zeit des Arbeitstags, in dessen Verlauf er oder sie erkrankt ist, noch das volle Arbeitsentgelt ausgezahlt (= keine Entgeltfortzahlung) und anschließend bis zur Dauer von sechs Wochen das Arbeitsentgelt fortgezahlt.

Die Anspruchsdauer endet mit Ablauf der Arbeitsunfähigkeit, spätestens nach 42 Kalendertagen. Sollte die Arbeitsunfähigkeit über den 42. Kalendertag hinaus andauern, zahlt die Krankenkasse von diesem Zeitpunkt an Krankengeld.

Beispiel: Beginn Entgeltfortzahlung bei Erkrankung während eines Arbeitstags

Der Arbeitnehmer ist am 19.5.2024 (Sonntag) zur Arbeitsleistung verpflichtet. Er erkrankt an diesem Tag während seiner Arbeitsschicht.

Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung beginnt am 20.5.2024. Er endet spätestens nach sechs Wochen am 30.6.2024. Für die Stunden, die der Arbeitnehmer krankheitsbedingt am 19.5.2024 nicht arbeiten konnte, erhält er ebenfalls Arbeitsentgelt.

Fällt die Arbeitsleistung eines oder einer Beschäftigten am ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit in vollem Umfang aus, ist der Arbeitgeber berechtigt, diesen Tag in die Sechs-Wochen-Frist einzubeziehen. Der Anspruch endet in diesem Fall mit Ablauf des 42. Tags der Arbeitsunfähigkeit.

Beispiel: Beginn Entgeltfortzahlung bei Erkrankung vor Arbeitsbeginn

Die Arbeitnehmerin ist am 19.5.2024 (Sonntag) zur Arbeitsleistung verpflichtet. Sie erkrankt an diesem Tag jedoch, bevor sie die Arbeit aufnimmt.

Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung beginnt am 19.5.2024. Er endet spätestens nach sechs Wochen am 29.6.2024.

Wird das Arbeitsentgelt nicht nach Stunden bemessen (zum Beispiel bei gleichbleibendem Monatslohn oder Gehalt) und erkrankt der oder die Beschäftigte an einem arbeitsfreien Tag (zum Beispiel Sonntag), ist der Arbeitgeber ebenfalls berechtigt, diesen Tag in die Sechs-Wochen-Frist einzubeziehen.

Beispiel: Beginn Entgeltfortzahlung bei Erkrankung an einem arbeitsfreien Tag

Der Arbeitnehmer hat am 19.5.2024 (Sonntag) frei und erkrankt an diesem Tag. Er erhält ein monatliches Gehalt.

Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung beginnt am 19.5.2024. Er endet spätestens nach sechs Wochen am 29.6.2024.

Tritt bei neuen Arbeitsverhältnissen die Arbeitsunfähigkeit während der vierwöchigen Wartezeit ein und dauert diese darüber hinaus an, beginnt die Sechs-Wochen-Frist mit Beginn der fünften Woche des Arbeitsverhältnisses.

Beispiel: Entgeltfortzahlung bei Erkrankung in der Wartezeit

Die Arbeitnehmerin hat ihr Arbeitsverhältnis am 1.7.2024 begonnen und erkrankt ab 15.7.2024.

Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung startet mit Beginn der fünften Woche des Arbeitsverhältnisses am 29.7.2024. Er endet spätestens nach sechs Wochen am 8.9.2024.

Die Begrenzung des Entgeltfortzahlungsanspruchs auf sechs Wochen gilt grundsätzlich für jede Arbeitsunfähigkeit des oder der Beschäftigten. Ist eine Arbeitsunfähigkeit abgeschlossen und beginnt – deutlich getrennt – später eine erneute Arbeitsunfähigkeit mit einer anderen Ursache, beginnt mit der zweiten Arbeitsunfähigkeit ein neuer sechswöchiger Anspruch auf Entgeltfortzahlung.

Beispiel: zweite Arbeitsunfähigkeit

Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit A3.8.¹ bis 22.9.202451 Tage
Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit B29.9.¹ bis 17.11.202450 Tage
Entgeltfortzahlung wegen Krankheit A3.8.¹ bis 13.9.202442 Tage
Entgeltfortzahlung wegen Krankheit B29.9.¹ bis 9.11.202442 Tage

¹ Der Arbeitnehmer hat am 3.8. bzw. am 29.9.2024 nicht gearbeitet.

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Hinzutritt einer anderen Erkrankung

Die Dauer des Anspruchs auf Entgeltfortzahlung verlängert sich nicht dadurch, dass eine neue Arbeitsunfähigkeit hinzutritt.

Beispiel: Hinzutritt einer neuen Erkrankung

Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit A22.6.¹ bis 14.7.202423 Tage
Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit A und B15.7. bis 21.7.20247 Tage
Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit B22.7. bis 12.8.202422 Tage

¹ Der Arbeitnehmer hat am 22.6.2024 nicht gearbeitet.

Es besteht Anspruch auf Entgeltfortzahlung vom 22.6. bis 2.8.2024 (= insgesamt 42 Kalendertage).

Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Erkrankung

Wird der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin erneut wegen derselben Krankheit arbeitsunfähig, für die er oder sie bereits vorher Entgeltfortzahlung erhalten hat, kommt innerhalb eines einheitlichen Arbeitsverhältnisses möglicherweise eine Anrechnung der früheren Bezugszeit(en) in Betracht.

Die Frage, ob Ursache der wiederholten Arbeitsunfähigkeit dieselbe Krankheit ist, ist aus medizinischer Sicht zu beurteilen. Dieselbe Krankheit muss nicht ununterbrochen bestanden haben, sie muss auf derselben Krankheitsursache beruhen oder zumindest in einem inneren Zusammenhang mit ihr stehen.

Auch wenn eine Arbeitsunfähigkeit nicht zusammenhängend verläuft, besteht der Anspruch für insgesamt 42 Kalendertage.

Beispiel: Anspruch bei derselben Erkrankung

Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit A21.6.¹ bis 12.7.202422 Tage
Erneute Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit A15.7. bis 15.8.202432 Tage

¹ Der Arbeitnehmer hat am 21.6.und 15.7.2024 nicht gearbeitet.

Es besteht Anspruch auf Entgeltfortzahlung vom 21.6. bis 12.7.2024 und vom 15.7. bis 3.8.2024 (22 + 20 = insgesamt 42 Kalendertage).

Sechs-Monats-Frist

Wird der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin wegen derselben Krankheit wiederholt arbeitsunfähig, erhält er oder sie während der erneuten Arbeitsunfähigkeit – ohne Anrechnung der früheren Bezugszeit – das Arbeitsentgelt möglicherweise für weitere sechs Wochen. Dies setzt voraus, dass er oder sie vor der erneuten Arbeitsunfähigkeit mindestens sechs Monate nicht wegen derselben Krankheit arbeitsunfähig war. Zwischenzeitliche Zeiten von Arbeitsunfähigkeit wegen anderer Krankheiten sind ohne Bedeutung und verändern die Sechs-Monats-Frist nicht.

Die Sechs-Monats-Frist ist eine rückwärtslaufende Frist. Sie beginnt mit dem Tag vor der erneuten Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit. Sie endet sechs Monate vorher.

Beispiel: Anwendung der 6-Monats-Frist

Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit A19.8.¹ bis 13.10.202356 Tage
Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit A5.5.¹ bis 19.5.202415 Tage

¹ Die Arbeitnehmerin hat am 19.8.2023 und am 5.5.2024 nicht gearbeitet.

Zwischen dem Beginn der erneuten Arbeitsunfähigkeit (5.5.2024) und dem Ende der vorherigen Arbeitsunfähigkeit (13.10.2023) wegen derselben Krankheit liegt ein Zeitraum von mindestens sechs Monaten (6-Monats-Frist: 4.5.2024 bis 5.11.2023). Der Arbeitgeber hat für die erste Arbeitsunfähigkeit vom 19.8. bis 29.9.2023 (42 Kalendertage) und für die erneute Arbeitsunfähigkeit vom 5.5. bis 19.5.2024 (15 Kalendertage) Entgeltfortzahlung zu leisten.

Beispiel: 6-Monats-Frist nicht erfüllt

Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit A19.8.¹ bis 3.10.202346 Tage
Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit A30.3.¹ bis 13.4.202415 Tage

¹ Der Arbeitnehmer hat am 19.8.2023 und am 30.3.2024 nicht gearbeitet.

Zwischen dem Beginn der erneuten Arbeitsunfähigkeit (30.3.2024) und dem Ende der vorherigen Arbeitsunfähigkeit (3.10.2023) wegen derselben Krankheit liegen weniger als sechs Monate (6-Monats-Frist: 29.3.2024 bis 30.9.2023). Der Arbeitgeber hat für die erste Arbeitsunfähigkeit vom 19.8. bis 29.9.2023 (42 Kalendertage) Entgeltfortzahlung zu leisten. Für die erneute Arbeitsunfähigkeit vom 30.3. bis 13.4.2024 muss er kein Entgelt fortzahlen. In diesem Fall springt die Krankenkasse mit der Zahlung von Krankengeld ein.

Zwölf-Monats-Frist

Ergibt sich nach Prüfung der Sechs-Monats-Frist, dass kein erneuter Anspruch auf Entgeltfortzahlung besteht, bleibt zusätzlich zu prüfen, ob möglicherweise doch ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung durch die Zwölf-Monats-Frist begründet wird. Es besteht nämlich Anspruch auf Entgeltfortzahlung für einen weiteren Zeitraum von höchstens sechs Wochen, wenn seit dem Beginn der ersten Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit eine Frist von zwölf Monaten abgelaufen ist.

Die Zwölf-Monats-Frist ist eine vorwärtslaufende Frist. Sie startet mit dem Tag des Beginns der ersten Arbeitsunfähigkeit, wenn an diesem Tag keine Arbeitsleistung erbracht wurde, ansonsten mit dem Tag danach. Eine neue Zwölf-Monats-Frist beginnt mit der ersten Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit nach Ablauf der alten Zwölf-Monats-Frist.

Beispiel: 12-Monats-Frist

Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit A4.1.¹ bis 30.1.202327 Tage
Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit A28.6.¹ bis 27.7.202330 Tage
Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit A20.12.2023¹ bis 11.01.202423 Tage
Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit A1.6.¹ bis 8.7.202438 Tage

¹ Die Arbeitnehmerin hat am 4.1., 28.6., 20.12.2023 und am 1.6.2024 nicht gearbeitet.

Die 12-Monats-Frist wegen Krankheit A verläuft vom 4.1.2023 bis 3.1.2024.

Zwischen dem Beginn der Arbeitsunfähigkeit vom 1.6.2024 und dem Ende der vorherigen Arbeitsunfähigkeit (11.1.2024) wegen derselben Krankheit liegen weniger als sechs Monate. Der Arbeitgeber hat aber dennoch vom 1.6. bis 8.7.2024 Entgeltfortzahlung zu leisten, da seit dem Beginn der ersten Arbeitsunfähigkeit (4.1.2023) wegen derselben Krankheit die Frist von 12 Monaten abgelaufen ist. Mit dem 1.6.2024 beginnt nunmehr eine neue 12-Monats-Frist wegen Krankheit A.

Wird allerdings ein neuer Anspruch auf Entgeltfortzahlung durch die Sechs-Monats-Frist für die volle Dauer von sechs Wochen begründet, beginnt mit dieser Arbeitsunfähigkeit ebenfalls eine neue Zwölf-Monats-Frist. Dies gilt selbst dann, wenn die letzte Zwölf-Monats-Frist noch nicht abgelaufen ist.

Es ist immer zweckmäßig, zunächst die Sechs-Monats-Frist zu prüfen. Dann beginnt nämlich gegebenenfalls ein neuer Anspruch auf Entgeltfortzahlung und auch eine neue Zwölf-Monats-Frist. Es findet in diesem Fall keine Rückschau auf weiter zurückliegende Zeiten einer Arbeitsunfähigkeit statt.

Beispiel: Neue 12-Monats-Frist

Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit A24.6.¹ bis 23.7.202330 Tage
Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit A17.11.¹ bis 27.11.202311 Tage
Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit A1.6.¹ bis 8.7.202438 Tage

¹ Der Arbeitnehmer hat am 24.6., 17.11.2023 und am 1.6.2024 nicht gearbeitet.

Zwischen dem Beginn der Arbeitsunfähigkeit (1.6.2024) und dem Ende der vorherigen Arbeitsunfähigkeit (27.11.2023) wegen Krankheit A liegt ein Zeitraum von mindestens 6 Monaten (6-Monats-Frist: 31.5.2024 bis 1.12.2023). Der Arbeitgeber hat somit vom 1.6. bis 8.7.2024 Entgeltfortzahlung zu leisten.

Mit dem 1.6.2024 beginnt eine neue 12-Monats-Frist wegen Krankheit A (1.6.2024 bis 31.5.2025), obwohl die alte 12-Monats-Frist (24.6.2023 bis 23.6.2024) noch nicht beendet ist.

Hinzutritt einer früheren Erkrankung

Eine hinzugetretene Erkrankung beeinflusst die Entgeltfortzahlung nicht, solange die Arbeitsunfähigkeit wegen der Krankheit fortbesteht, durch die sie begonnen hat. Endet aber die Arbeitsunfähigkeit wegen der ersten Krankheit und bildet nun die hinzugetretene Krankheit den Verhinderungsgrund, sind die früheren Bezugszeiten wegen dieser Krankheit anzurechnen.

Stand

Zuletzt aktualisiert: 01.01.2024

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