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EuGH 22.06.2023 - C-833/21
EuGH 22.06.2023 - C-833/21 - URTEIL DES GERICHTSHOFS (Fünfte Kammer) - 22. Juni 2023 ( *1) - „Vorlage zur Vorabentscheidung – Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom – Richtlinie 2003/96/EG – Art. 14 Abs. 1 Buchst. a – Steuerbefreiung von bei der Stromerzeugung verwendeten Energieerzeugnissen – Ausnahme – Besteuerung von Energieerzeugnissen ‚aus umweltpolitischen Gründen‘ – Bedeutung“
Leitsatz
In der Rechtssache C-833/21
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Audiencia Nacional (Nationaler Gerichtshof, Spanien) mit Entscheidung vom 14. Dezember 2021, beim Gerichtshof eingegangen am 31. Dezember 2021, in dem Verfahren
Endesa Generación SAU
gegen
Tribunal Económico-Administrativo Central
erlässt
DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten E. Regan sowie der Richter D. Gratsias, M. Ilešič, I. Jarukaitis und Z. Csehi (Berichterstatter),
Generalanwalt: A. Rantos,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
der Endesa Generación SAU, vertreten durch M. García Arana, Procurador, und P. González-Gaggero, Abogado,
der spanischen Regierung, vertreten durch A. Ballesteros Panizo und A. Gavela Llopis als Bevollmächtigte,
der Europäischen Kommission, vertreten durch A. Armenia und I. Galindo Martín als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 2. Februar 2023
folgendes
Entscheidungsgründe
Urteil
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 14 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2003/96/EG des Rates vom 27. Oktober 2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom (ABl. 2003, L 283, S. 51).
Es ergeht in einem Rechtsstreit zwischen der Endesa Generación SAU (im Folgenden: Endesa) und dem Tribunal Económico-Administrativo Central (Zentrales Verwaltungskontrollorgan, Spanien) (im Folgenden: TEAC) über dessen Bescheid über die Besteuerung des Verbrauchs von Kohle durch ein dieser Gesellschaft gehörendes Wärmekraftwerk bei der Stromerzeugung.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Richtlinie 2003/96
In den Erwägungsgründen 3 bis 7, 11 und 12 der Richtlinie 2003/96 heißt es:
Das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes und die Erreichung der Ziele der anderen Gemeinschaftspolitiken erfordern die Festsetzung von gemeinschaftlichen Mindeststeuerbeträgen für die meisten Energieerzeugnisse einschließlich elektrischen Stroms, Erdgas und Kohle.
Erhebliche Abweichungen zwischen den von den einzelnen Mitgliedstaaten vorgeschriebenen nationalen Energiesteuerbeträgen könnten sich als abträglich für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes erweisen.
Durch die Festsetzung angemessener gemeinschaftlicher Mindeststeuerbeträge lassen sich die derzeit bestehenden Unterschiede bei den nationalen Steuersätzen möglicherweise verringern.
Nach Artikel 6 des Vertrags müssen die Erfordernisse des Umweltschutzes bei der Festlegung und Durchführung der anderen Gemeinschaftspolitiken einbezogen werden.
Die Gemeinschaft hat als Unterzeichner des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen das Protokoll von Kyoto ratifiziert. Die Besteuerung der Energieerzeugnisse – und, gegebenenfalls, des elektrischen Stroms – ist eines der Instrumente, die zur Verfügung stehen, um die Ziele des Protokolls von Kyoto zu erreichen.
…
Es ist Sache des einzelnen Mitgliedstaats zu entscheiden, durch welche steuerlichen Maßnahmen er diesen gemeinschaftlichen Rahmen zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und von elektrischem Strom umsetzen will. Die Mitgliedstaaten können in diesem Zusammenhang auch beschließen, die Gesamtsteuerlast nicht zu erhöhen, falls sie der Ansicht sind, dass die Umsetzung dieses Grundsatzes der Aufkommensneutralität dazu beitragen könnte, ihre Steuersysteme zu restrukturieren und zu modernisieren, indem umweltfreundlichere Verhaltensweisen begünstigt werden und eine verstärkte Beachtung des Faktors Arbeitseinsatz gefördert wird.
Die Energiepreise sind Schlüsselelemente der Energie-, Verkehrs- und Umweltpolitik der Gemeinschaft.“
Art. 1 der Richtlinie 2003/96 lautet:
„Die Mitgliedstaaten erheben nach Maßgabe dieser Richtlinie Steuern auf Energieerzeugnisse und elektrischen Strom.“
Art. 10 der Richtlinie lautet:
„(1) Ab dem 1. Januar 2004 gelten für elektrischen Strom die in Anhang I Tabelle C festgelegten Mindeststeuerbeträge.
(2) Oberhalb der in Absatz 1 genannten Mindeststeuerbeträge können die Mitgliedstaaten festlegen, welche Besteuerungsgrundlage anzuwenden ist, sofern sie dabei die Richtlinie 92/12/EWG [des Rates vom 25. Februar 1992 über das allgemeine System, den Besitz, die Beförderung und die Kontrolle verbrauchsteuerpflichtiger Waren (ABl. 1992, L 76, S. 1)] einhalten.“
Art. 14 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2003/96 lautet:
„Über die allgemeinen Vorschriften für die steuerbefreite Verwendung steuerpflichtiger Erzeugnisse gemäß der Richtlinie [92/12] hinaus und unbeschadet anderer Gemeinschaftsvorschriften befreien die Mitgliedstaaten unter den Voraussetzungen, die sie zur Sicherstellung der korrekten und einfachen Anwendung solcher Befreiungen und zur Verhinderung von Steuerhinterziehung und -vermeidung oder Missbrauch festlegen, die nachstehenden Erzeugnisse von der Steuer:
bei der Stromerzeugung verwendete Energieerzeugnisse bzw. verwendeter elektrischer Strom sowie elektrischer Strom, der zur Aufrechterhaltung der Fähigkeit, elektrischen Strom zu erzeugen, verwendet wird. Es steht den Mitgliedstaaten allerdings frei, diese Erzeugnisse aus umweltpolitischen Gründen zu besteuern, ohne die in der Richtlinie vorgesehenen Mindeststeuerbeträge einhalten zu müssen. In diesem Fall wird die Besteuerung dieser Erzeugnisse in Bezug auf die Einhaltung der Mindeststeuerbeträge für elektrischen Strom im Sinne von Artikel 10 nicht berücksichtigt“.
Anhang I Tabelle C der Richtlinie 2003/96 („Mindeststeuerbeträge für Heizstoffe und elektrischen Strom“) nennt u. a. Kohle und Koks.
Richtlinie 2008/118/EG
Art. 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. 2009, L 9, S. 12) bestimmte:
„(1) Diese Richtlinie legt ein allgemeines System für die Verbrauchsteuern fest, die mittelbar oder unmittelbar auf den Verbrauch folgender Waren (nachstehend ‚verbrauchsteuerpflichtige Waren‘ genannt) erhoben werden:
Energieerzeugnisse und elektrischer Strom gemäß der Richtlinie [2003/96];
…
(2) Die Mitgliedstaaten können für besondere Zwecke auf verbrauchsteuerpflichtige Waren andere indirekte Steuern erheben, sofern diese Steuern in Bezug auf die Bestimmung der Bemessungsgrundlage, die Berechnung der Steuer, die Entstehung des Steueranspruchs und die steuerliche Überwachung mit den gemeinschaftlichen Vorschriften für die Verbrauchsteuer oder die Mehrwertsteuer vereinbar sind, wobei die Bestimmungen über die Steuerbefreiungen ausgenommen sind.
…“
Spanisches Recht
Die Ley 38/1992 de Impuestos Especiales (Gesetz 38/1992 über Verbrauchsteuern) vom 28. Dezember 1992 (BOE Nr. 312 vom 29. Dezember 1992, S. 44305) in der durch die Ley 15/2012 de medidas fiscales para la sostenibilidad energética (Gesetz 15/2012 über steuerliche Maßnahmen zur nachhaltigen Energieversorgung) vom 27. Dezember 2012 (BOE Nr. 312 vom 28. Dezember 2012, S. 88081) geänderten Fassung enthält einen Titel III („Verbrauchsteuern auf Kohle“), zu dem die Art. 75 bis 88 dieses Gesetzes gehören.
Art. 77 des Gesetzes 38/1992 in der durch das Gesetz 15/2012 geänderten Fassung bestimmt:
„1. Innerhalb des räumlichen Anwendungsbereichs der Verbrauchsteuer unterliegt die Überführung von Kohle in den freien Verkehr dieser Steuer.
2. Als Überführung in den freien Verkehr im Sinne des vorstehenden Absatzes gelten die folgenden Vorgänge:
Der Erstverkauf oder die erste Lieferung von Kohle auf dem Gebiet des räumlichen Anwendungsbereichs nach der Erzeugung oder dem Abbau, der Einfuhr oder dem innergemeinschaftlichen Erwerb von Kohle. Als Erstverkauf oder erste Lieferung gelten auch spätere Verkäufe oder Lieferungen durch Unternehmer, die beabsichtigen, die Kohle weiterzuverkaufen, und für die zum Zeitpunkt des Erwerbs die Befreiung nach Art. 79 Abs. 1 dieses Gesetzes galt.
Der Eigenverbrauch von Kohle. Für die Zwecke dieser Bestimmung gilt die Verwendung oder der Verbrauch von Kohle durch die Erzeuger oder Förderer, Importeure, innergemeinschaftlichen Abnehmer oder die im vorstehenden Buchstaben genannten Unternehmer als Eigenverbrauch.
3. Kohle gilt als in den freien Verkehr überführt, wenn die Steuerpflichtigen die Verwendung der erzeugten, eingeführten oder erworbenen Kohle nicht nachweisen.“
Art. 83 Abs. 1 des Gesetzes 38/1992 in der durch das Gesetz 15/2012 geänderten Fassung sieht vor:
„Bemessungsgrundlage der Verbrauchsteuer ist die in Gigajoule ausgedrückte Energieleistung der von den steuerpflichtigen Vorgängen betroffenen Kohle.“
Art. 84 des Gesetzes 38/1992 in der durch das Gesetz 15/2012 geänderten Fassung bestimmt:
„Der Verbrauchsteuersatz beträgt 0,65 Euro pro Gigajoule.“
In seiner vor dem Gesetz Nr. 15/2012 geltenden Fassung enthielt das Gesetz 38/1992 einen Art. 79 Abs. 3 Buchst. a, der Vorgänge, die eine Überführung von bei der Stromerzeugung und der Kraft-Wärme-Kopplung verwendeter Kohle in den freien Verkehr darstellten, von der Verbrauchsteuer befreite. Diese Bestimmung wurde durch das Gesetz 15/2012 aufgehoben.
Mit dem Gesetz 15/2012 wurden außerdem drei neue Steuern auf den Wert der Erzeugung elektrischer Energie, auf die Herstellung von Brennelementen und den Anfall radioaktiver Abfälle sowie auf die Lagerung von Brennelementen und radioaktiven Abfällen geschaffen, ein Entgelt für die Nutzung von Binnengewässern zur Stromerzeugung eingeführt sowie die Steuersätze für Erdgas geändert.
Dieses Gesetz hat nach seiner Präambel „zum Ziel, unser Steuersystem einer effizienteren, die Umwelt und Nachhaltigkeit achtenden Nutzung [von Energie] anzupassen; diese Werte haben zu dieser Steuerreform inspiriert und stehen mit den Grundsätzen der Steuerpolitik, der Energiepolitik und natürlich der Umweltpolitik der Europäischen Union im Einklang.“
Die zweite Zusatzbestimmung des Gesetzes sah vor:
„In den Gesetzen über den allgemeinen Staatshaushalt jedes Jahres wird zur Finanzierung der … Kosten für das Elektrizitätssystem ein Betrag bestimmt, der der Summe aus Folgendem entspricht:
geschätzte Jahreseinnahmen aus den in diesem Gesetz geregelten Abgaben und Entgelten;
geschätzte Einnahmen aus der Versteigerung von Treibhausgasemissionszertifikaten, bis zu einem Höchstbetrag von 500 Mio. Euro.“
Ausgangsverfahren und Vorlagefragen
Endesa ist ein in der Stromerzeugung tätiges Unternehmen und verbraucht hierfür u. a. Kohle, die es über eine verbundene Gesellschaft erwirbt. Diese Gesellschaft hat die für den Weiterverkauf erworbenen Kohlepartien von der Kohlesteuer für befreit erklärt, da Steuertatbestand der Verbrauch sei.
Im Anschluss an eine Steuerprüfung für das Geschäftsjahr 2013 betreffend das Wärmekraftwerk Litoral de Almería (Spanien), das Endesa gehört, vertrat die Steuerbehörde die Ansicht, dass die von Endesa gekaufte Kohle zu besteuern sei, weil sie für den Verbrauch bei der Stromerzeugung bestimmt sei, und erließ gegen Endesa einen Steuerbescheid, mit dem eine höhere Steuerschuld zuzüglich Verzugszinsen für die ausstehenden Beträge festgesetzt wurde.
Die Behörde war zum einen der Ansicht, dass die Bemessungsgrundlage der Kohlesteuer nach dem oberen Heizwert der Kohle unabhängig von der tatsächlich bei der Stromerzeugung verbrauchten Energie zu bestimmen sei. Zum anderen seien Kohlepartien, die als zum Weiterverkauf bestimmt angemeldet worden seien, bei der Stromerzeugung verbraucht worden, wobei dieser Verbrauch den Steuertatbestand darstelle und die Steuer daher geschuldet werde.
Am 7. April 2016 legte Endesa beim TEAC eine Verwaltungsbeschwerde gegen diesen Bescheid ein und rügte erstens die Festsetzung der Höhe der Kohlesteuer anhand des oberen Heizwerts der Kohle, zweitens die Besteuerung von 268717,98 Tonnen Kohle, die ihr Lieferant für steuerbefreit erklärt habe, weil sie für den Weiterverkauf bestimmt gewesen und später von Endesa bei der Stromerzeugung verwendet worden seien, drittens die Ermittlung der in der Buchführung zum 31. Dezember 2012 für den Eigenverbrauch ausgewiesenen Bestände und viertens die Vereinbarkeit dieser Steuer mit dem Unionsrecht in Bezug auf den Verbrauch bei der Stromerzeugung.
Mit Entscheidung vom 28. März 2019 bestätigte das TEAC, dass bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Kohlesteuer der obere Heizwert der Kohle zu berücksichtigen sei. Es war der Auffassung, dass die Besteuerung der von zunächst als von der Kohlesteuer befreit erklärten – da zum Weiterverkauf bestimmten – Kohlepartien keine Doppelbesteuerung darstelle, weil der Käufer diese Kohlepartien zum – den Steuertatbestand erfüllenden – Eigenverbrauch bei der Stromerzeugung bestimmt habe. Ferner sei der geltend gemachte Fehler bei der Meldung der Kohlebestände nicht nachgewiesen worden. Hingegen äußerte sich das TEAC nicht zur Vereinbarkeit des Gesetzes 15/2012, mit dem die Befreiung von der Kohlesteuer für den Verbrauch von Kohle bei der Stromerzeugung aufgehoben wurde, mit dem Unionsrecht.
Endesa erhob gegen diese Entscheidung eine verwaltungsgerichtliche Klage bei der Audiencia Nacional (Nationaler Gerichtshof, Spanien), dem vorlegenden Gericht, brachte in dieser Klage die gleichen Gründe vor wie vor dem TEAC und begehrte, den Gerichtshof um Vorabentscheidung zur Frage der Vereinbarkeit des Gesetzes 15/2012 mit dem Unionsrecht zu ersuchen.
Das vorlegende Gericht führt aus, dass die Bemessungsgrundlage für die Kohlesteuer auf zweierlei Weise bestimmt werden könne, und zwar entweder nach Maßgabe des oberen Heizwerts, d. h. der tatsächlich erzeugten Wärme, oder nach Maßgabe des unteren Heizwerts, verstanden als tatsächlich verbrauchte Wärme. Während die Bemessungsgrundlage im ersten Fall von einem festen Wert abhänge, hänge sie im zweiten Fall von mehreren Faktoren wie der Verwendung der Kohle oder der vom Verbraucher eingesetzten Technologie ab.
Nach Ansicht des vorlegenden Gerichts ist die Bemessungsgrundlage für die Kohlesteuer unter Berücksichtigung des oberen Heizwerts zu bestimmen, da die spanischen Rechtsvorschriften einen festen Steuersatz festlegten und der Tatbestand dieser Steuer beim Erwerb der Kohle zur Stromerzeugung tatsächlich eingetreten sei. Die Ansprüche von Endesa könnten daher nur dadurch erfüllt werden, dass die Vereinbarkeit der Besteuerung des Kohleverbrauchs bei der Stromerzeugung nach spanischem Recht mit dem Unionsrecht in Frage gestellt werde.
Das vorlegende Gericht fragt sich insbesondere, ob die Kohlesteuer einen umweltpolitischen Zweck im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Buchst. a Satz 2 der Richtlinie 2003/96 verfolgt. In diesem Zusammenhang hegt es Zweifel an der Vereinbarkeit der Besteuerung des Verbrauchs von bei der Stromerzeugung verwendeter Kohle mit dieser Richtlinie, da zum einen die Kohlesteuer eine haushaltspolitische Zielsetzung verfolge, die sich aus der zweiten Zusatzbestimmung des Gesetzes 15/2012 ergebe, und zum anderen die Struktur dieser Steuer nicht das in der Präambel des Gesetzes 15/2012 formulierte umweltpolitische Ziel widerspiegele, weil die Einnahmen aus dieser Steuer nicht dazu bestimmt seien, die Auswirkungen der Verwendung von Kohle bei der Stromerzeugung auf die Umwelt zu verringern.
Unter diesen Umständen hat die Audiencia Nacional (Nationaler Gerichtshof) das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
Ist die nationale spanische Regelung zur Erhebung einer Steuer auf die bei der Stromerzeugung verwendete Kohle mit Art. 14 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2003/96 vereinbar, wenn ihr erklärtes Ziel zwar der Umweltschutz ist, dieses Ziel aber in der Struktur der Steuer nicht zum Ausdruck kommt und die Einnahmen zur Finanzierung der Kosten des Elektrizitätssystems verwendet werden?
Kann davon ausgegangen werden, dass das Umweltziel dadurch in der Struktur der Steuer konkretisiert wird, dass die Steuersätze im Verhältnis zum Heizwert der für bei der Stromerzeugung verwendeten Kohle festgelegt werden?
Wird der Umweltschutzzweck allein dadurch erreicht, dass auf bestimmte nicht erneuerbare Energieerzeugnisse Abgaben erhoben werden und die Verwendung von Erzeugnissen, die als weniger umweltschädlich gelten, keiner Abgabe unterliegt?
Zu den Vorlagefragen
Mit seinen Fragen, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 14 Abs. 1 Buchst. a Satz 2 der Richtlinie 2003/96 dahin auszulegen ist, dass nationale Rechtsvorschriften, die die Besteuerung von Kohle, die bei der Stromerzeugung verwendet wird, vorsehen, die in dieser Bestimmung genannte Voraussetzung erfüllen, dass die Steuer „aus umweltpolitischen Gründen“ eingeführt werden muss, wenn dieses Ziel, obwohl es vom nationalen Gesetzgeber angeführt worden ist, nicht in der Struktur der Steuer zum Ausdruck kommt, deren Einnahmen dazu bestimmt sind, die Kosten des nationalen Elektrizitätssystems zu finanzieren, der Steuersatz im Verhältnis zum Heizwert der verwendeten Kohle festgelegt wird und die Verwendung anderer Energieerzeugnisse, die als weniger umweltschädlich gelten, keiner Besteuerung unterliegt.
Aus Art. 14 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 der Richtlinie 2003/96 ergibt sich, dass die Mitgliedstaaten unter den Voraussetzungen, die sie zur Sicherstellung der korrekten und einfachen Anwendung solcher Befreiungen und zur Verhinderung von Steuerhinterziehung und -vermeidung oder Missbrauch festlegen, bei der Stromerzeugung verwendete Energieerzeugnisse bzw. verwendeten elektrischen Strom sowie elektrischen Strom, der zur Aufrechterhaltung der Fähigkeit, elektrischen Strom zu erzeugen, verwendet wird, von der Besteuerung befreien. Nach Satz 2 dieser Bestimmung steht es den Mitgliedstaaten allerdings frei, diese Erzeugnisse aus umweltpolitischen Gründen zu besteuern, ohne die in der Richtlinie vorgesehenen Mindeststeuerbeträge einhalten zu müssen. Nach Satz 3 dieser Bestimmung wird in diesem Fall die Besteuerung dieser Erzeugnisse in Bezug auf die Einhaltung der Mindeststeuerbeträge für elektrischen Strom im Sinne von Art. 10 nicht berücksichtigt.
Die Richtlinie 2003/96 hat, wie sich aus ihren Erwägungsgründen 3 bis 5 und ihrem Art. 1 ergibt, die Festlegung eines harmonisierten Besteuerungssystems für Energieerzeugnisse und elektrischen Strom zum Gegenstand, in dessen Rahmen die Besteuerung nach den in dieser Richtlinie festgelegten Modalitäten die Regel ist (Urteil vom 9. März 2023, RWE Power, C-571/21, EU:C:2023:186, Rn. 24 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Diese Richtlinie soll, indem sie ein harmonisiertes System der Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom vorsieht, das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts im Energiesektor insbesondere durch Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen fördern (Urteil vom 9. März 2023, RWE Power, C-571/21, EU:C:2023:186, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Zu diesem Zweck hat sich der Unionsgesetzgeber in Bezug auf die Stromerzeugung, wie insbesondere aus S. 5 der Begründung des Vorschlags für eine Richtlinie des Rates zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen (ABl. 1997, C 139, S. 14) hervorgeht, dazu entschieden, den Mitgliedstaaten in Art. 1 der Richtlinie 2003/96 die Besteuerung des erzeugten Stroms vorzuschreiben, wobei die für die Erzeugung dieses Stroms verwendeten Energieerzeugnisse dementsprechend von der Besteuerung auszunehmen sind, was darauf abzielt, die Doppelbesteuerung von elektrischem Strom zu vermeiden (Urteil vom 9. März 2023, RWE Power, C-571/21, EU:C:2023:186, Rn. 36 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Die Richtlinie 2003/96 schließt zwar nicht jegliche Gefahr der Doppelbesteuerung aus, da es einem Mitgliedstaat gemäß ihrem Art. 14 Abs. 1 Buchst. a Satz 2 freisteht, bei der Stromerzeugung verwendete Energieerzeugnisse aus umweltpolitischen Gründen zu besteuern (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 4. Juni 2015, Kernkraftwerke Lippe-Ems, C-5/14, EU:C:2015:354, Rn. 51). Somit wollte der Unionsgesetzgeber mit dieser Bestimmung den Mitgliedstaaten ausdrücklich ermöglichen, von dem durch die Richtlinie 2003/96 eingeführten System der obligatorischen Befreiung abzuweichen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Oktober 2019, UPM France, C-270/18, EU:C:2019:862, Rn. 52 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Denn mit dieser Richtlinie sollen, wie sich aus ihren Erwägungsgründen 6, 7, 11 und 12 ergibt, auch umweltpolitische Ziele gefördert werden (Urteil vom 30. Januar 2020, Autoservizi Giordano, C-513/18, EU:C:2020:59, Rn. 32 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Jedoch will die Richtlinie 2003/96 keine allgemeinen Steuerbefreiungen einführen. Da zudem Art. 14 Abs. 1 dieser Richtlinie die für die Mitgliedstaaten im Rahmen der Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom geltenden zwingenden Ausnahmen abschließend aufzählt, darf er nicht weit ausgelegt werden, weil sonst der durch diese Richtlinie eingeführten harmonisierten Besteuerung jede praktische Wirksamkeit genommen würde (Urteil vom 9. März 2023, RWE Power, C-571/21, EU:C:2023:186, Rn. 30 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Diese Auslegung gilt insbesondere, wie der Generalanwalt in Nr. 37 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, für die den Mitgliedstaaten durch Art. 14 Abs. 1 Buchst. a Satz 2 der Richtlinie 2003/96 eingeräumte Befugnis, von der obligatorischen Steuerbefreiung für bei der Stromerzeugung verwendete Energieerzeugnisse abzuweichen. Wie in den Rn. 29 und 31 des vorliegenden Urteils ausgeführt, soll mit der Richtlinie 2003/96 nämlich ein harmonisiertes Besteuerungssystem für Energieerzeugnisse und elektrischen Strom eingeführt werden, in dessen Rahmen die Besteuerung die Regel ist, wobei diese Besteuerung nur einmal erfolgt, um die Doppelbesteuerung von elektrischem Strom zu vermeiden. Die Möglichkeit, bei der Stromerzeugung verwendete Energieerzeugnisse aus umweltpolitischen Gründen zu besteuern, stellt daher eine Ausnahme vom Grundsatz der einheitlichen Besteuerung elektrischer Energie dar.
Da sich der Gerichtshof noch nicht zu der Frage geäußert habe, unter welchen Voraussetzungen eine Steuer auf bei der Stromerzeugung verwendete Energieerzeugnisse im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Buchst. a Satz 2 der Richtlinie 2003/96 als „aus umweltpolitischen Gründen“ erhoben angesehen werden könne, fragt sich das vorlegende Gericht, ob es auch für die Anwendung von Art. 14 Abs. 1 Buchst. a Satz 2 der Richtlinie 2003/96 auf die Kriterien zurückgreifen kann, die der Gerichtshof in seiner Rechtsprechung zum Begriff „besondere Zwecke“ im Sinne von Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 2008/118 entwickelt hat.
Gemäß Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 2008/118 können die Mitgliedstaaten unter zwei Voraussetzungen auf verbrauchsteuerpflichtige Waren andere indirekte Steuern erheben. Zum einen müssen solche Steuern für besondere Zwecke erhoben werden, und zum anderen müssen diese Steuern in Bezug auf die Bestimmung der Bemessungsgrundlage sowie die Berechnung der Steuer, die Entstehung des Steueranspruchs und die steuerliche Überwachung mit den Unionsvorschriften für die Verbrauchsteuer oder die Mehrwertsteuer vereinbar sein.
In der Vorlageentscheidung wird nur auf die erste dieser Voraussetzungen Bezug genommen. Insoweit ergibt sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs, dass zu den besonderen Zwecken im Sinne dieser Bestimmung jeder andere als ein reiner Haushaltszweck gehört (Urteil vom 5. März 2015, Statoil Fuel & Retail, C-553/13, EU:C:2015:149, Rn. 37, und Beschluss vom 7. Februar 2022, Vapo Atlantic, C-460/21, EU:C:2022:83, Rn. 23).
Allerdings hat jede Steuer notwendigerweise einen Haushaltszweck, weshalb der bloße Umstand, dass eine Steuer ein solches budgetäres Ziel verfolgt, nicht zu der Annahme führen kann, dass diese Steuer nicht auch einen besonderen Zweck im Sinne von Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 2008/118 haben kann, denn andernfalls würde dieser Bestimmung jede praktische Wirksamkeit genommen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 5. März 2015, Statoil Fuel & Retail, C-553/13, EU:C:2015:149, Rn. 38, und Beschluss vom 7. Februar 2022, Vapo Atlantic, C-460/21, EU:C:2022:83, Rn. 24).
Außerdem kann der Umstand, dass die Einnahmen aus einer Steuer im Voraus dafür bestimmt werden, dass Behörden eines Mitgliedstaats die Ausübung auf sie übertragener Zuständigkeiten finanzieren, zwar einen Gesichtspunkt darstellen, der für die Feststellung, ob ein besonderer Zweck vorliegt, zu berücksichtigen ist. Eine derartige Zweckbestimmung, die sich aus einer bloßen internen Organisationsvorschrift für den Haushalt eines Mitgliedstaats ergibt, kann aber als solche nicht genügen, da jeder Mitgliedstaat unabhängig von der Zielsetzung vorschreiben kann, die Einnahmen aus einer Steuer zur Finanzierung bestimmter Ausgaben zu verwenden. Andernfalls könnte jeder Zweck als besonders im Sinne von Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 2008/118 angesehen werden, was der durch diese Richtlinie eingeführten harmonisierten Verbrauchsteuer jede praktische Wirksamkeit nähme und gegen den Grundsatz verstieße, dass eine Ausnahmebestimmung wie Art. 1 Abs. 2 eng ausgelegt werden muss (Urteil vom 5. März 2015, Statoil Fuel & Retail, C-553/13, EU:C:2015:149, Rn. 39, und Beschluss vom 7. Februar 2022, Vapo Atlantic, C-460/21, EU:C:2022:83, Rn. 26).
Damit bei einer Steuer, deren Einnahmen einer vorher festgelegten Zweckbindung unterliegen, von einer besonderen Zielsetzung im Sinne von Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 2008/118 ausgegangen werden kann, muss sie daher selbst darauf gerichtet sein, die geltend gemachte besondere Zielsetzung zu gewährleisten, so dass ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Verwendung der Einnahmen und der Zielsetzung der fraglichen Besteuerung besteht (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 5. März 2015, Statoil Fuel & Retail, C-553/13, EU:C:2015:149, Rn. 41, und Beschluss vom 7. Februar 2022, Vapo Atlantic, C-460/21, EU:C:2022:83, Rn. 25).
Ohne einen solchen Mechanismus der im Voraus vorgenommenen Festlegung der Verwendung der Einnahmen kann bei einer Abgabe auf verbrauchsteuerpflichtige Waren schließlich nur dann davon ausgegangen werden, dass sie einen besonderen Zweck im Sinne von Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 2008/118 verfolgt, wenn diese Abgabe hinsichtlich ihrer Struktur, insbesondere des Abgabengegenstands und des Abgabensatzes, derart gestaltet ist, dass sie das Verhalten der Abgabenpflichtigen mit Blick auf die Erreichung des beanspruchten besonderen Zwecks beeinflusst, etwa dadurch, dass die betroffenen Waren hoch besteuert werden, um ihren Konsum unattraktiv zu machen (Urteil vom 5. März 2015, Statoil Fuel & Retail, C-553/13, EU:C:2015:149, Rn. 42, und Beschluss vom 7. Februar 2022, Vapo Atlantic, C-460/21, EU:C:2022:83, Rn. 27).
Während Endesa diese Rechtsprechung zu Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 2008/118 für auf Art. 14 Abs. 1 Buchst. a Satz 2 der Richtlinie 2003/96 übertragbar hält, macht die spanische Regierung geltend, dass die beiden mit diesen Bestimmungen eingeführten Besteuerungsregelungen nicht hinreichend vergleichbar seien. Die Europäische Kommission ist der Ansicht, dass im Rahmen der Anwendung von Art. 14 Abs. 1 Buchst. a Satz 2 nicht geprüft zu werden brauche, ob ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Verwendung der Einnahmen und dem Zweck der in Rede stehenden Besteuerung im Sinne der Rechtsprechung zu Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 2008/118 bestehe, um festzustellen, ob ein Mitgliedstaat „aus umweltpolitischen Gründen“ von der obligatorischen Steuerbefreiung für Energieerzeugnisse abgewichen sei. Allerdings sei das in dieser Rechtsprechung herangezogene Kriterium betreffend die Struktur der Steuer ein relevanter Gesichtspunkt im Rahmen dieser Prüfung, da diese Struktur tatsächlich geeignet sei, die Verwendung von Energieerzeugnissen zu fördern, die weniger umweltschädlich seien.
Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass sich die Besteuerungsregelungen, die sich zum einen aus Art. 14 Abs. 1 Buchst. a Satz 2 der Richtlinie 2003/96 und zum anderen aus Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 2008/118 ergeben, zwar insbesondere dadurch unterscheiden, dass die erste dieser Regelungen eine Ausnahme von einer obligatorischen Befreiung darstellt, während die zweite eine zusätzliche Besteuerung zu der Besteuerung betrifft, der die verbrauchsteuerpflichtigen Waren bereits unterliegen.
Allerdings können „umweltpolitische Gründe“ im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Buchst. a Satz 2 der Richtlinie 2003/96 in die Kategorie der „besonderen Zwecke“ im Sinne von Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 2008/118 fallen, da eine aus solchen Gründen erhobene Steuer gerade den besonderen Zweck verfolgt, zum Umweltschutz beizutragen.
Unter diesen Umständen ist davon auszugehen, dass eine Steuer „aus umweltpolitischen Gründen“ im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Buchst. a Satz 2 der Richtlinie 2003/96 erhoben wird, wenn ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Verwendung der Einnahmen und dem Zweck der in Rede stehenden Besteuerung besteht oder wenn diese Steuer, ohne einen reinen Haushaltszweck zu haben, hinsichtlich ihrer Struktur, insbesondere des Steuergegenstands oder des Steuersatzes, derart gestaltet ist, dass sie das Verhalten der Steuerpflichtigen mit Blick darauf beeinflusst, die Sicherstellung eines besseren Umweltschutzes zu ermöglichen, beispielsweise durch eine hohe Besteuerung der betreffenden Erzeugnisse, um ihren Verbrauch unattraktiv zu machen, oder indem die Verwendung anderer Erzeugnisse gefördert wird, deren Auswirkungen grundsätzlich weniger schädlich für die Umwelt sind.
In einem Vorabentscheidungsverfahren zur Feststellung, ob eine von einem Mitgliedstaat eingeführte Steuer „aus umweltpolitischen Gründen“ im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Buchst. a Satz 2 der Richtlinie 2003/96 erhoben wird, ist es Aufgabe des Gerichtshofs, dem vorlegenden Gericht die Kriterien aufzuzeigen, anhand deren es bestimmen kann, ob diese Steuer tatsächlich aus diesen Gründen erhoben wird, nicht aber, diese Beurteilung selbst vorzunehmen, zumal der Gerichtshof nicht immer über die hierfür erforderlichen Angaben verfügt (vgl. entsprechend Beschluss vom 7. Februar 2022, Vapo Atlantic, C-460/21, EU:C:2022:83, Rn. 28 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Im vorliegenden Fall ist zunächst festzustellen, dass sich das vorlegende Gericht fragt, ob der spanische Gesetzgeber mit der Ausnahme von der obligatorischen Steuerbefreiung für Kohle, die bei der Stromerzeugung verwendet wird, tatsächlich versucht hat, die Umwelt zu schützen, und zwar in Anbetracht des Umstands, dass dieser Zweck nach Ansicht des vorlegenden Gerichts nicht in der Struktur der Steuer zum Ausdruck kommt, deren Aufkommen zur Finanzierung der Kosten des nationalen Elektrizitätssystems verwendet wird.
Insoweit ergibt sich zwar aus der Präambel des Gesetzes 15/2012, dass der Gesetzgeber mit dem Erlass dieses Änderungsgesetzes beabsichtigte, „das [spanische] Steuersystem einer effizienteren, die Umwelt und Nachhaltigkeit achtenden Nutzung [von Energie] anzupassen“, doch muss diese Begründung, um mehr als eine Behauptung zu sein, durch die Auswirkungen, die diese Besteuerung in der Wirklichkeit haben kann, bestätigt werden.
Zu den vom vorlegenden Gericht geäußerten Zweifeln an der Verwendung der Einnahmen aus der Steuer zur Finanzierung der Kosten des nationalen Elektrizitätssystems ist zum einen festzustellen, dass die Anwendung von Art. 14 Abs. 1 Buchst. a Satz 2 der Richtlinie 2003/96, wie sich aus den Rn. 42 und 45 des vorliegenden Urteils ergibt, nicht notwendigerweise einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Verwendung der Einnahmen und dem Zweck der in Rede stehenden Besteuerung voraussetzt. Zum anderen kann sich das vorlegende Gericht bei der Beurteilung der Struktur der betreffenden Steuer veranlasst sehen, ein Bündel von Gesichtspunkten zu berücksichtigen, zu denen die Merkmale und Modalitäten der Erhebung der Steuer sowie die Art und Weise, in der diese Steuer das Verhalten der Steuerpflichtigen beeinflusst oder beeinflussen soll, gehören. Soweit die Einnahmen aus dieser Steuer zur Modernisierung des nationalen Elektrizitätssystems verwendet werden, um die umweltpolitischen Ziele der Union, einschließlich Verringerung der Treibhausgasemissionen und Klimaneutralität, zu erreichen, können diese Gesichtspunkte bestätigen, dass mit der Steuer tatsächlich ein Ziel des Umweltschutzes verfolgt wird.
Darüber hinaus sind, wie die Kommission ausgeführt hat, angesichts des wahrscheinlichen Rückgangs der Verwendung von Kohle bei der Stromerzeugung die langfristigen Auswirkungen der Besteuerung von bei der Stromerzeugung verwendeter Kohle auf den Haushalt im Verhältnis zu den Auswirkungen dieser Besteuerung auf die Umwelt zu sehen. Die Ausnahme von der obligatorischen Befreiung könne mit anderen Maßnahmen verglichen werden, die eine „doppelte Dividende“ hätten, d. h. sowohl zum Haushalt beitrügen als auch Verhaltensweisen beeinflussten. Solche Maßnahmen könnten bei ihrer Einführung für erhebliche Haushaltseinnahmen sorgen, die sich langfristig und wenn sie ihr Ziel des Umweltschutzes erreichten, in dem Maße verringerten, in dem die Steuerzahler ihr Verhalten anpassten.
Sodann fragt sich das vorlegende Gericht, ob davon ausgegangen werden könne, dass die Struktur der Steuer das in der Präambel des Gesetzes 15/2012 formulierte umweltpolitische Ziel widerspiegele. Denn der Verbrauchsteuersatz werde im Verhältnis zum Heizwert der bei der Stromerzeugung verwendeten Kohle festgelegt.
Insoweit geht aus Art. 10 Abs. 1 der Richtlinie 2003/96 hervor, dass ab dem 1. Januar 2004 für betrieblich als auch nicht betrieblich verwendeten elektrischen Strom die in Anhang I Tabelle C dieser Richtlinie festgelegten Mindeststeuerbeträge gelten. Allerdings beziehen sich, wie der Generalanwalt in Nr. 55 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, mehrere Sprachfassungen dieser Tabelle C („Mindeststeuerbeträge für Heizstoffe und elektrischen Strom“) in Bezug auf Kohle und Koks ausdrücklich auf den „Bruttoheizwert“ von Kohle und Koks. Auch wenn in der spanischen Fassung der Tabelle C der Heizwert nicht erwähnt wird, führt folglich der Umstand, dass der spanische Gesetzgeber diesen Heizwert als Bezugsgröße für die Besteuerung der Verwendung der Kohle bestimmt hat, nicht zu der Annahme, dass die Kohlesteuer nicht aus umweltpolitischen Gründen erlassen worden sei.
Schließlich fragt sich das vorlegende Gericht, ob der Umweltschutzzweck allein dadurch erreicht wird, dass auf bestimmte nicht erneuerbare Energieerzeugnisse Abgaben erhoben werden und die Verwendung von Erzeugnissen, die als weniger umweltschädlich gelten, keiner Abgabe unterliegt.
Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Prüfung einer Steuer grundsätzlich von Fall zu Fall unter Berücksichtigung der Besonderheiten und Merkmale der betreffenden Steuer erfolgen muss. Da eine Steuer den Verbrauch eines umweltschädlichen Erzeugnisses unattraktiver macht, ist sie als Beitrag zum Umweltschutz zu betrachten.
Daher belegt allein der von Endesa geltend gemachte Umstand, dass die spanische Regierung die Steuerbefreiung für Kohlenwasserstoffe, die bei der Stromerzeugung verwendet werden, wieder eingeführt hat, während Kohle, die zu demselben Zweck verwendet wird, besteuert wird, für sich genommen nicht, dass die Ausnahme von der obligatorischen Befreiung von der Besteuerung von Kohle, die bei der Stromerzeugung verwendet wird, keine echte umweltpolitische Zielsetzung hat.
Nach alledem ist auf die Vorlagefragen zu antworten, dass Art. 14 Abs. 1 Buchst. a Satz 2 der Richtlinie 2003/96 dahin auszulegen ist, dass nationale Rechtsvorschriften, die die Besteuerung von Kohle, die bei der Stromerzeugung verwendet wird, vorsehen, die in dieser Bestimmung genannte Voraussetzung erfüllen, dass die Steuer „aus umweltpolitischen Gründen“ eingeführt werden muss, wenn ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Verwendung der Einnahmen und dem Zweck der in Rede stehenden Besteuerung besteht oder wenn diese Steuer, ohne einen reinen Haushaltszweck zu haben, hinsichtlich ihrer Struktur, insbesondere des Steuergegenstands oder des Steuersatzes, derart gestaltet ist, dass sie das Verhalten der Steuerpflichtigen mit Blick darauf beeinflusst, die Sicherstellung eines besseren Umweltschutzes zu ermöglichen.
Kosten
Für die Beteiligten des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren Teil des beim vorlegenden Gericht anhängigen Verfahrens; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.
Gründe
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Fünfte Kammer) für Recht erkannt:
Art. 14 Abs. 1 Buchst. a Satz 2 der Richtlinie 2003/96/EG des Rates vom 27. Oktober 2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom
ist dahin auszulegen, dass
nationale Rechtsvorschriften, die die Besteuerung von Kohle, die bei der Stromerzeugung verwendet wird, vorsehen, die in dieser Bestimmung genannte Voraussetzung erfüllen, dass die Steuer „aus umweltpolitischen Gründen“ eingeführt werden muss, wenn ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Verwendung der Einnahmen und dem Zweck der in Rede stehenden Besteuerung besteht oder wenn diese Steuer, ohne einen reinen Haushaltszweck zu haben, hinsichtlich ihrer Struktur, insbesondere des Steuergegenstands oder des Steuersatzes, derart gestaltet ist, dass sie das Verhalten der Steuerpflichtigen mit Blick darauf beeinflusst, die Sicherstellung eines besseren Umweltschutzes zu ermöglichen.
Unterschriften
( *1)Verfahrenssprache: Spanisch.
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