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EuGH 26.11.2015 - C-326/14
EuGH 26.11.2015 - C-326/14 - URTEIL DES GERICHTSHOFS (Vierte Kammer) - 26. November 2015 ( *) - „Vorlage zur Vorabentscheidung — Richtlinie 2002/22/EG — Elektronische Kommunikationsnetze und -dienste — Rechte der Nutzer — Recht der Teilnehmer, ihren Vertrag ohne Zahlung von Vertragsstrafen zu widerrufen — Tarifänderung, die sich aus den Vertragsbedingungen ergibt — Erhöhung des Entgelts im Fall eines Anstiegs des Verbraucherpreises“
Leitsatz
In der Rechtssache C-326/14
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Obersten Gerichtshof (Österreich) mit Entscheidung vom 28. April 2014, beim Gerichtshof eingegangen am 7. Juli 2014, in dem Verfahren
Verein für Konsumenteninformation
gegen
A1 Telekom Austria AG
erlässt
DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten der Dritten Kammer L. Bay Larsen in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Vierten Kammer, der Richter J. Malenovský und M. Safjan (Berichterstatter) sowie der Richterinnen A. Prechal und K. Jürimäe,
Generalanwalt: P. Cruz Villalón,
Kanzler: I. Illéssy, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 30. April 2015,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
des Vereins für Konsumenteninformation, vertreten durch Rechtsanwalt S. Langer,
der A1 Telekom Austria AG, vertreten durch Rechtsanwalt M. Hasberger,
der belgischen Regierung, vertreten durch J. Van Holm und M. Jacobs als Bevollmächtigte,
der Europäischen Kommission, vertreten durch G. Braun und L. Nicolae als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 9. Juli 2015
folgendes
Entscheidungsgründe
Urteil
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 20 Abs. 2 der Richtlinie 2002/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten (Universaldienstrichtlinie) (ABl. L 108, S. 51) in der durch die Richtlinie 2009/136/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 (ABl. L 337, S. 11) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 2002/22).
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen dem Verein für Konsumenteninformation (im Folgenden: Verein) und der A1 Telekom Austria AG (im Folgenden: A1 Telekom Austria) wegen von A1 Telekom Austria in Verträgen mit Verbrauchern verwendeten Klauseln, deren Rechtswidrigkeit behauptet wird.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Richtlinie 2002/22
Die Erwägungsgründe 30 und 49 der Richtlinie 2002/22 lauten:
Verträge stellen ein wichtiges Mittel für Nutzer und Verbraucher dar, um ein Mindestmaß an Informationstransparenz und Rechtssicherheit zu gewährleisten. … Insbesondere sollten die Verbraucher bei ihren Vertragsbeziehungen mit ihrem unmittelbaren Telefondienstanbieter ein Mindestmaß an Rechtssicherheit in der Weise haben, dass die Vertragsbedingungen, die Dienstqualität, die Kündigungsbedingungen und die Bedingungen für die Einstellung des Dienstes, Entschädigungsregelungen und die Streitbeilegung vertraglich festgelegt sind. … Maßnahmen zur Gewährleistung der Transparenz bei Preisen, Tarifen und Bedingungen werden es den Verbrauchern erleichtern, eine optimale Wahl zu treffen und auf diese Weise umfassend vom Wettbewerb zu profitieren.
…
Diese Richtlinie sollte Elemente des Verbraucherschutzes wie eindeutige Vertragsbedingungen, Streitbeilegung und Tariftransparenz für die Verbraucher vorsehen. …“
Art. 1 in Kapitel I („Anwendungsbereich, Ziele und Begriffsbestimmungen“) dieser Richtlinie bestimmt:
„(1) Innerhalb des Rahmens der Richtlinie 2002/21/EG [des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste (Rahmenrichtlinie) (ABl. L 108, S. 33)] betrifft diese Richtlinie die Bereitstellung elektronischer Kommunikationsnetze und -dienste für Endnutzer. Ziel dieser Richtlinie ist es, die Verfügbarkeit gemeinschaftsweiter hochwertiger, öffentlich zugänglicher Dienste durch wirksamen Wettbewerb und Angebotsvielfalt zu gewährleisten und die Fälle zu regeln, in denen die Bedürfnisse der Endnutzer durch den Markt nicht ausreichend befriedigt werden können. Die Richtlinie enthält auch Bestimmungen für bestimmte Aspekte von Endeinrichtungen, einschließlich Bestimmungen zur Erleichterung des Zugangs für behinderte Endnutzer.
(2) Diese Richtlinie begründet die Rechte der Endnutzer und die entsprechenden Pflichten von Unternehmen, die öffentlich zugängliche elektronische Kommunikationsnetze und -dienste bereitstellen. Im Hinblick auf die Gewährleistung eines Universaldienstes in einem Umfeld mit offenen und wettbewerbsbestimmten Märkten legt die Richtlinie das Mindestangebot an Diensten mit definierter Qualität fest, zu denen alle Endnutzer unter Berücksichtigung der spezifischen nationalen Gegebenheiten zu einem erschwinglichen Preis und unter Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen Zugang haben. …“
Art. 20 in Kapitel IV („Interessen und Rechte der Endnutzer“) dieser Richtlinie sieht vor:
„(1) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Verbraucher und andere Endnutzer, die dies verlangen, bei der Anmeldung zu Diensten, die die Verbindung mit einem öffentlichen Kommunikationsnetz und/oder öffentlich zugänglichen elektronischen Kommunikationsdiensten bereitstellen, Anspruch auf einen Vertrag mit dem Unternehmen oder den Unternehmen haben, die derartige Dienste und/oder Verbindungen bereitstellen. In diesem Vertrag ist in klarer, umfassender und leicht zugänglicher Form mindestens Folgendes aufzuführen:
…
Einzelheiten über Preise und Tarife, einschließlich der Angabe, mit welchen Mitteln aktuelle Informationen über alle anwendbaren Tarife und Wartungsentgelte eingeholt werden können, der angebotenen Zahlungsmodalitäten und der durch die Zahlungsmodalität bedingten Kostenunterschiede;
…
(2) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Teilnehmer das Recht haben, bei der Bekanntgabe von Änderungen der Vertragsbedingungen, die von den Unternehmen, die elektronische Kommunikationsnetze und/oder -dienste bereitstellen, vorgeschlagen werden, den Vertrag ohne Zahlung von Vertragsstrafen zu widerrufen. Den Teilnehmern werden diese Änderungen mit ausreichender Frist, und zwar mindestens einen Monat zuvor, angezeigt; gleichzeitig werden sie über ihr Recht unterrichtet, den Vertrag ohne Zahlung von Vertragsstrafen zu widerrufen, wenn sie die neuen Bedingungen nicht annehmen. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die nationalen Regulierungsbehörden das Format für diese Mitteilungen vorgeben können.“
Art. 21 Abs. 1 dieser Richtlinie lautet:
„Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die nationalen Regulierungsbehörden Unternehmen, die öffentliche elektronische Kommunikationsnetze und/oder öffentlich zugängliche elektronische Kommunikationsdienste bereitstellen, dazu verpflichten können, transparente, vergleichbare, ausreichende und aktuelle Informationen über geltende Preise und Tarife, über die bei Vertragskündigung anfallenden Gebühren und über Standardbedingungen für den Zugang zu den von ihnen für Endnutzer und Verbraucher bereitgestellten Diensten und deren Nutzung gemäß Anhang II zu veröffentlichen. Diese Informationen sind in klarer, verständlicher und leicht zugänglicher Form zu veröffentlichen. Die nationalen Regulierungsbehörden können hinsichtlich der Form, in der diese Informationen zu veröffentlichen sind, weitere Anforderungen festlegen.“
Österreichisches Recht
§ 25 des Telekommunikationsgesetzes 2003 (BGBl. I Nr. 70/2003, im Folgenden: Telekommunikationsgesetz) sieht vor:
„(1) Betreiber von Kommunikationsnetzen oder -diensten haben Allgemeine Geschäftsbedingungen zu erlassen, in welchen auch die angebotenen Dienste beschrieben werden, sowie die dafür vorgesehenen Entgeltbestimmungen festzulegen. Allgemeine Geschäftsbedingungen und Entgeltbestimmungen sind der Regulierungsbehörde vor Aufnahme des Dienstes anzuzeigen und in geeigneter Form kundzumachen.
(2) Änderungen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen und Entgeltbestimmungen sind vor ihrer Wirksamkeit der Regulierungsbehörde anzuzeigen und in geeigneter Form kundzumachen. Für den Teilnehmer nicht ausschließlich begünstigende Änderungen gilt eine Kundmachungs- und Anzeigefrist von zwei Monaten. Im Übrigen bleiben die Bestimmungen des Konsumentenschutzgesetzes … sowie des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches unberührt.
(3) Der wesentliche Inhalt der nicht ausschließlich begünstigenden Änderungen ist dem Teilnehmer mindestens ein Monat vor In-Kraft-Treten der Änderung in schriftlicher Form, etwa durch Aufdruck auf einer periodisch erstellten Rechnung, mitzuteilen. Gleichzeitig ist der Teilnehmer auf den Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens der Änderungen hinzuweisen sowie darauf, dass er berechtigt ist, den Vertrag bis zu diesem Zeitpunkt kostenlos zu kündigen. … Änderungen in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen und Entgeltbestimmungen von Betreibern von Kommunikationsnetzen oder -diensten, die allein infolge einer von der Regulierungsbehörde auf Grundlage dieser Bestimmung erlassenen Verordnung erforderlich werden und die Nutzer nicht ausschließlich begünstigen, berechtigen den Teilnehmer nicht zur kostenlosen Kündigung des Vertrages.
…
(5) Entgeltbestimmungen haben zumindest zu enthalten:
…
die Angabe, mit welchen Mitteln aktuelle Informationen über alle anwendbaren Tarife und Wartungsentgelte eingeholt werden können,
…“
Nach dem Bundesstatistikgesetz 2000 (BGBl. I Nr. 163/1999) hat die Bundesanstalt Statistik Österreich u. a. die Aufgabe, den Verbraucherpreisindex zu erstellen.
Ausgangsverfahren und Vorlagefrage
Der Verein ist nach den österreichischen Rechtsvorschriften berechtigt, Verbandsklagen auf Unterlassung der Verwendung von allgemeinen Geschäftsbedingungen, die gegen gesetzliche Verbote oder die guten Sitten verstoßen, zu erheben.
A1 Telekom Austria, eine Anbieterin von Telekommunikationsdienstleistungen in Österreich, verwendet im rechtsgeschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern allgemeine Geschäftsbedingungen.
Diese sehen u. a. vor, dass, wenn „eine Indexanpassung in den Entgeltbestimmungen oder einer Individualvereinbarung … vereinbart [ist]“, „A1 [Telekom Austria] … berechtigt [ist,] Entgelte für das folgende Kalenderjahr entsprechend der Steigerung des [Jahresverbraucherpreisindex] zu erhöhen“ und gleichzeitig „verpflichtet [ist,] Senkungen [dieses Index] weiterzugeben und die besagten Entgelte entsprechend der Senkung zu reduzieren. Über die Anpassungen informiert A1 [Telekom Austria] den Kunden in schriftlicher Form“.
Weiter heißt es in diesen allgemeinen Geschäftsbedingungen: „Werden Kunden durch die Änderung(en) nicht ausschließlich begünstigt, so wird A1 [Telekom Austria] diese Änderung(en) – soweit diese nicht nur für künftige Kunden gelten sollen – zwei Monate vor ihrem Inkrafttreten kundmachen. Der wesentliche Inhalt der den Kunden nicht ausschließlich begünstigenden Änderungen … wird dem Kunden in schriftlicher Form, etwa durch Aufdruck auf einer Rechnung, zumindest einen Monat vor Inkrafttreten mitgeteilt. Die Mitteilung über den wesentlichen Inhalt der Änderung wird einen Hinweis auf das kostenlose Kündigungsrecht und die Kündigungsfrist enthalten“.
Außerdem sehen die allgemeinen Geschäftsbedingungen vor, dass „Entgeltänderungen aufgrund eines vereinbarten Index … nicht zur außerordentlichen Kündigung [berechtigen]“.
Der Verein erhob beim Handelsgericht Wien Klage gegen A1 Telekom Austria auf Unterlassung der Verwendung der oben genannten Klauseln in den allgemeinen Geschäftsbedingungen.
Die Entgelterhöhung, die A1 Telekom Austria vorgenommen habe, sei nämlich nur zulässig, wenn dem Verbraucher ein außerordentliches Kündigungsrecht eingeräumt werde.
Nachdem das Handelsgericht Wien der Klage des Vereins mit Urteil vom 25. Oktober 2012 stattgegeben hatte, legte A1 Telekom Austria beim Oberlandesgericht Wien Berufung gegen dieses Urteil ein.
Mit Urteil vom 16. Mai 2013 änderte das Oberlandesgericht Wien dieses Urteil teilweise ab. Der Verein und A1 Telekom Austria legten gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien jeweils Revision beim vorlegenden Gericht ein.
Da der Oberste Gerichtshof der Auffassung ist, dass die Entscheidung des Ausgangsrechtsstreits von der Auslegung der Richtlinie 2002/22 abhängt, hat er das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:
Ist das in Art. 20 Abs. 2 der Richtlinie 2002/22 für die Teilnehmer vorgesehene Recht, „bei der Bekanntgabe von Änderungen der Vertragsbedingungen“ den Vertrag ohne Zahlung von Vertragsstrafen zu widerrufen, auch für den Fall vorzusehen, dass sich eine Anpassung der Entgelte aus den Vertragsbedingungen ableitet, die bereits bei Vertragsabschluss vorsehen, dass in der Zukunft eine Anpassung der Entgelte (Steigerung/Reduktion) entsprechend den Veränderungen eines objektiven Verbraucherpreisindex, der die Geldwertentwicklung abbildet, zu erfolgen hat?
Zur Vorlagefrage
Mit seiner Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 20 Abs. 2 der Richtlinie 2002/22 dahin auszulegen ist, dass eine Änderung der Entgelte für die Bereitstellung elektronischer Netz- oder Kommunikationsdienste gemäß einer Entgeltanpassungsklausel, die in den allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Unternehmens, das diese Dienste anbietet, enthalten ist und vorsieht, dass eine solche Änderung anhand eines von einer staatlichen Stelle ermittelten objektiven Verbraucherpreisindex erfolgt, eine Änderung der Vertragsbedingungen im Sinne dieser Bestimmung darstellt, die den Teilnehmer berechtigt, seinen Vertrag ohne Zahlung von Vertragsstrafen zu widerrufen.
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass mit der Richtlinie 2002/22 ein harmonisierter Rechtsrahmen geschaffen werden soll, der im Sektor der elektronischen Kommunikation die Bereitstellung eines Universaldienstes garantiert, also eines festgelegten Mindestangebots an Diensten für alle Endnutzer zu einem erschwinglichen Preis. Nach Art. 1 Abs. 1 dieser Richtlinie besteht eines ihrer Ziele darin, in der gesamten Europäischen Union die Verfügbarkeit hochwertiger, öffentlich zugänglicher Dienste durch wirksamen Wettbewerb und Angebotsvielfalt zu gewährleisten (vgl. in diesem Sinne Urteil Base u. a., C-389/08, EU:C:2010:584, Rn. 32 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Die Bestimmungen des Kapitels IV der Richtlinie 2002/22 dienen dem Schutz der Interessen und Rechte der Endnutzer.
Der Unionsgesetzgeber hat im 30. Erwägungsgrund dieser Richtlinie präzisiert, dass Verträge über die Bereitstellung der Verbindung mit einem öffentlichen Kommunikationsnetz oder öffentlich zugänglicher elektronischer Kommunikationsdienste ein wichtiges Mittel für Nutzer und Verbraucher darstellen, um ein Mindestmaß an Informationstransparenz und Rechtssicherheit zu gewährleisten. Im 49. Erwägungsgrund hat er zudem auf die Tariftransparenz für die Verbraucher hingewiesen. In diesem Kontext sieht Art. 20 Abs. 1 Buchst. d der genannten Richtlinie vor, dass in diesem Vertrag in klarer, umfassender und leicht zugänglicher Form die Einzelheiten über Preise und Tarife aufzuführen sind, einschließlich der Angabe, mit welchen Mitteln aktuelle Informationen über alle anwendbaren Tarife und Wartungsentgelte eingeholt werden können.
Nach Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie 2002/22 stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass die nationalen Regulierungsbehörden Unternehmen, die öffentliche elektronische Kommunikationsnetze und/oder öffentlich zugängliche elektronische Kommunikationsdienste bereitstellen, dazu verpflichten können, transparente, vergleichbare, ausreichende und aktuelle Informationen über geltende Preise und Tarife, über die bei Vertragskündigung anfallenden Gebühren und über Standardbedingungen für den Zugang zu den von ihnen für Endnutzer und Verbraucher bereitgestellten Diensten und deren Nutzung zu veröffentlichen. Diese Informationen sind in klarer, verständlicher und leicht zugänglicher Form zu veröffentlichen.
Art. 20 Abs. 2 dieser Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten auch, sicherzustellen, dass die Teilnehmer das Recht haben, bei der Bekanntgabe von Änderungen der Vertragsbedingungen, die von den Unternehmen, die elektronische Kommunikationsdienste bereitstellen, vorgeschlagen werden, den Vertrag ohne Zahlung von Vertragsstrafen zu widerrufen. Die Mitgliedstaaten müssen dafür sorgen, dass den Teilnehmern diese Änderungen mit ausreichender Frist, und zwar mindestens einen Monat zuvor, angezeigt werden und dass sie über ihr Recht unterrichtet werden, den Vertrag ohne Zahlung von Vertragsstrafen zu widerrufen, wenn sie die neuen Bedingungen nicht annehmen.
Anhand dieser Bestimmungen wird deutlich, dass der Unionsgesetzgeber anerkannt hat, dass Unternehmen, die elektronische Kommunikationsdienste bereitstellen, ein berechtigtes Interesse daran haben können, die Preise und Tarife ihrer Dienstleistungen zu ändern (vgl. entsprechend Urteil RWE Vertrieb, C-92/11, EU:C:2013:180, Rn. 46).
Wie sich aus der Vorlageentscheidung und der Vorlagefrage ergibt, sieht im vorliegenden Fall die in den allgemeinen Geschäftsbedingungen von A1 Telekom Austria enthaltene streitige Klausel eine Entgeltanpassung anhand eines objektiven Verbraucherpreisindex vor, der von einer staatlichen Stelle, nämlich von Statistik Österreich, erstellt wird.
Daraus folgt, dass die in dieser Weise vertraglich vorgesehene Entgeltanpassung, da sie auf einer klaren, präzisen und öffentlich zugänglichen Indexierungsmethode beruht, die sich aus zur staatlichen Sphäre gehörenden Entscheidungen und Mechanismen ergibt, die Endnutzer nicht in eine andere vertragliche Situation versetzen kann, als sie sich aus dem Vertrag ergibt, dessen Inhalt sich nach den allgemeinen Geschäftsbedingungen bestimmt, die die fragliche Klausel enthalten.
Wird eine Tarifänderung in dieser Weise vorgenommen, ist sie folglich nicht als Änderung der Vertragsbedingungen im Sinne von Art. 20 Abs. 2 der Richtlinie 2002/22 einzustufen.
Nach diesen Erwägungen ist auf die Vorlagefrage zu antworten, dass Art. 20 Abs. 2 der Richtlinie 2002/22 dahin auszulegen ist, dass eine Änderung der Entgelte für die Bereitstellung elektronischer Netz- oder Kommunikationsdienste gemäß einer Entgeltanpassungsklausel, die in den allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Unternehmens, das diese Dienste anbietet, enthalten ist und vorsieht, dass eine solche Änderung anhand eines von einer staatlichen Stelle ermittelten objektiven Verbraucherpreisindex erfolgt, keine „Änderung der Vertragsbedingungen“ im Sinne dieser Bestimmung darstellt, die den Teilnehmer berechtigt, seinen Vertrag ohne Zahlung von Vertragsstrafen zu widerrufen.
Kosten
Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.
Gründe
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) für Recht erkannt:
Art. 20 Abs. 2 der Richtlinie 2002/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten (Universaldienstrichtlinie) in der durch die Richtlinie 2009/136/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass eine Änderung der Entgelte für die Bereitstellung elektronischer Netz- oder Kommunikationsdienste gemäß einer Entgeltanpassungsklausel, die in den allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Unternehmens, das diese Dienste anbietet, enthalten ist und vorsieht, dass eine solche Änderung anhand eines von einer staatlichen Stelle ermittelten objektiven Verbraucherpreisindex erfolgt, keine „Änderung der Vertragsbedingungen“ im Sinne dieser Bestimmung darstellt, die den Teilnehmer berechtigt, seinen Vertrag ohne Zahlung von Vertragsstrafen zu widerrufen.
Unterschriften
( *) Verfahrenssprache: Deutsch.
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