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BAG 21.01.2021 - 8 AZR 195/19
BAG 21.01.2021 - 8 AZR 195/19 - Schadensersatz - Wunsch des teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmers nach einer Verlängerung der Arbeitszeit - unterlassene Information nach § 7 Abs. 2 TzBfG in der bis zum 31. Dezember 2018 geltenden Fassung (im Folgenden aF) - Verletzung der Pflicht zur bevorzugten Berücksichtigung nach § 9 TzBfG aF - Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG - Benachteiligung wegen des Alters
Normen
§ 7 Abs 2 TzBfG vom 21.12.2000, § 7 Abs 3 TzBfG, § 280 Abs 1 BGB, § 251 Abs 1 BGB, § 252 BGB, § 9 TzBfG, § 280 Abs 3 BGB, § 283 S 1 BGB, § 275 Abs 1 BGB, § 275 Abs 4 BGB
Vorinstanz
vorgehend ArbG Bonn, 11. Januar 2018, Az: 1 Ca 2184/16, Urteil
vorgehend Landesarbeitsgericht Köln, 6. Dezember 2018, Az: 7 Sa 217/18, Urteil
Tenor
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Auf die Revision der Beklagten wird - unter Zurückweisung der Revision im Übrigen - das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 6. Dezember 2018 - 7 Sa 217/18 - im Kostenpunkt vollständig und im Übrigen teilweise insoweit aufgehoben, als das Landesarbeitsgericht dem auf Zahlung von Schadensersatz gerichteten Klageantrag zu 1. entsprochen hat und zur Klarstellung insgesamt wie folgt neu gefasst:
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Auf die Berufung der Beklagten wird - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen sowie unter Zurückweisung der Anschlussberufung der Klägerin - das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 11. Januar 2018 - 1 Ca 2184/16 - insoweit teilweise abgeändert, als das Arbeitsgericht dem auf Zahlung von Schadensersatz gerichteten Klageantrag zu 1. entsprochen hat. Insoweit wird die Klage abgewiesen.
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Von den Kosten des Rechtsstreits I. Instanz unter Zugrundelegung eines Streitwerts iHv. 96.473,21 Euro haben die Klägerin 97 % und die Beklagte 3 % zu tragen.
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Von den Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens unter Zugrundelegung eines Streitwerts iHv. jeweils 74.361,96 Euro haben die Klägerin 96 % und die Beklagte 4 % zu tragen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten im Zusammenhang mit einer unterbliebenen Verlängerung der Arbeitszeit der Klägerin darüber, ob die Beklagte der Klägerin zum Schadensersatz verpflichtet ist und ob sie der Klägerin eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG wegen einer Benachteiligung wegen des Alters schuldet.
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Die im Jahr 1954 geborene Klägerin, die Politikwissenschaftlerin und promovierte Slawistin ist, war aufgrund schriftlichen Arbeitsvertrags vom 5. Oktober 2007 seit dem 5. Oktober 2007 bei der Beklagten als Teilzeitbeschäftigte im Umfang von 50 vH einer Vollzeittätigkeit, dh. mit 19,5 Wochenstunden in der B in B beschäftigt. Nach § 2 des Arbeitsvertrags bestimmte sich das Arbeitsverhältnis ua. nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD). Die Klägerin war in die Entgeltgruppe 10, Stufe 6 TVöD eingruppiert und erhielt eine regelmäßige monatliche Zulage iHd. Differenz zur Entgeltgruppe 11, Stufe 6 TVöD. Sie war zunächst als Sachbearbeiterin im Fachbereich Förderung (FBF) beschäftigt.
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Aufgrund mehrerer schriftlicher Änderungsverträge wurde die Arbeitszeit der Klägerin ab dem 1. März 2008 wiederholt befristet auf eine Vollzeitbeschäftigung (39 Wochenstunden) erhöht. Die letzte entsprechende Erhöhung der Arbeitszeit der Klägerin erfolgte mit Änderungsvertrag vom 31. Januar 2011 und war bis zum 30. Juni 2011 befristet. Mit Änderungsvertrag vom 28. Juni 2011 vereinbarten die Parteien für die Zeit vom 1. Juli 2011 bis zum 13. September 2011 eine Aufstockung der Arbeitszeit auf 34,5 Wochenstunden. Auf Antrag der Klägerin vom 25. August 2011, in dem diese darauf hinwies, eine Erhöhung ihrer Wochenarbeitszeit wegen ihrer Unterhaltspflichten gegenüber ihrer Tochter zu benötigen, wurde die Aufstockung der Arbeitszeit auf 34,5 Wochenstunden mit Änderungsvertrag vom 12. September 2011 bis zum 13. September 2012 verlängert.
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Unter dem 11. Juni 2013 richtete die Klägerin das folgende, als „Antrag“ überschriebene Schreiben an die Beklagte:
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„Hiermit beantrage ich aufgrund des erhöhten Arbeitsaufwandes eine Erhöhung meiner wöchentlichen Arbeitsstunden von 19,5 auf 39.
Der mit der Neuverteilung der Arbeitsgebiete im FBF erhöhte Arbeitsaufwand kann nur durch eine Erhöhung der Arbeitsstunden geleistet werden.“
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Unter dem 14. November 2013 wandte die Klägerin sich nochmals mit einem als „Antrag“ überschriebenen Schreiben an die Beklagte. In diesem Schreiben heißt es:
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„Aufgrund der Personalsituation und der Arbeitsbelastung im FBF bitte ich wiederholt um Aufstockung meiner wöchentlichen Arbeitszeit.“
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Mit Schreiben vom 26. November 2013 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass Ihrem Antrag auf Aufstockung ihrer wöchentlichen Arbeitszeit nicht entsprochen werden könne, da keine entsprechenden Stellen bzw. Stellenanteile zur Verfügung stünden.
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Die Klägerin ist seit Mai 2014 nicht mehr im FBF, sondern - zu im Übrigen unveränderten Vertragsbedingungen - im Fachbereich Extremismus eingesetzt.
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Zum 1. November 2014 stellte die Beklagte den im Jahr 1983 geborenen H sowie die im Jahr 1989 geborene D als Sachbearbeiter/in im FBF der B ein. Deren Arbeitsverhältnisse wurden zunächst gemäß § 14 Abs. 2 TzBfG sachgrundlos auf zwei Jahre befristet. Zum 15. Januar 2015 stellte die Beklagte zudem den im Jahr 1985 geborenen W als Sachbearbeiter im FBF der B ein. Auch dessen Arbeitsverhältnis war zunächst auf zwei Jahre befristet. In den betreffenden Stellenausschreibungen heißt es ua.:
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„Die B
sucht schnellstmöglich eine/n Sachbearbeiter/in für den Fachbereich Förderung in Bo. Das Arbeitsverhältnis ist auf zwei Jahre befristet. Die Vergütung bemisst sich nach Entgeltgruppe 11 TVöD.
…
Einstellungsvoraussetzungen sind:
● Dipl.-Verwaltungswirt/in, Verwaltungsfachwirt/in oder 2. Verwaltungsprüfung oder ein abgeschlossenes Studium der Geistes- oder Sozialwissenschaften
…
Da der befristete Arbeitsvertrag nach den rechtlichen Bestimmungen des § 14 (2) Teilzeit- und Befristungsgesetz geschlossen wird, darf in den letzten drei Jahren vor dem geplanten Einstellungstermin kein Arbeitsverhältnis mit der Bundesrepublik Deutschland bestanden haben.
…“
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Die zum 1. November 2014 und 15. Januar 2015 neueingestellten Beschäftigten, die zuvor nicht bei der Beklagten beschäftigt waren und über keine verwaltungsspezifische Ausbildung, sondern über geistes- bzw. sozialwissenschaftliche Studienabschlüsse verfügen, wurden in der Folgezeit durch ihre Fachbereichsleitung im Rahmen von Leistungsbewertungen wie folgt bewertet: Die Mitarbeiterin D und der Mitarbeiter H erhielten sowohl für den Zeitraum vom 1. November 2014 bis zum 31. Dezember 2014 als auch für den Zeitraum vom 1. Januar 2015 bis zum 31. Dezember 2015 die Gesamtbewertung „2,3“. Der Mitarbeiter W wurde für den Zeitraum vom 15. Januar 2015 bis zum 31. Dezember 2015 bewertet und erhielt hierbei die Gesamtnote „2,0“. Die Klägerin erhielt für das Jahr 2014 die Gesamtbewertung „1,75“. Für das Jahr 2015 erhielt sie für die Zeit bis zu einem Vorgesetztenwechsel die Note „2,0“ und für die Zeit danach die Bewertung „1,75“. Nach dem bei der B verwendeten Bewertungssystem bedeutet die Bewertung mit „3“, dass die Aufgaben deutlich übertroffen wurden. Die Bewertung mit „2“ besagt, dass die Aufgaben übertroffen wurden. Mit der Bewertung „1“ wird zum Ausdruck gebracht, dass die Aufgaben erfüllt wurden.
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Unter dem 13. Juni 2015 wandte sich die Klägerin mit folgendem Schreiben an die Beklagte:
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„Hiermit zeige ich meinen Wunsch nach einer Erhöhung meiner vertraglich vereinbarten Arbeitszeit an.“
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Hierauf teilte die Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 10. Juli 2015 wiederum mit, dass ihrem Antrag auf Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit nicht entsprochen werden könne, da keine entsprechenden Stellen bzw. Stellenanteile zur Verfügung stünden.
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Mit Ablauf der jeweils vorgesehenen Befristungen wurden die Mitarbeiterin D und der Mitarbeiter H ab dem 1. November 2016 sowie der Mitarbeiter W ab dem 15. Januar 2017 entsprechend einer bereits mit Schreiben der B vom 27. April 2016 erteilten „Einstellungszusage“ unbefristet als Sachbearbeiter/in weiterbeschäftigt.
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Mit Schreiben vom 18. Juli 2016 machte die Klägerin gegenüber der Beklagten Schadensersatzansprüche mit der Begründung geltend, sie habe bereits zum Zeitpunkt ihrer ersten Antragstellung am 25. August 2011 einen Rechtsanspruch aus § 9 TzBfG auf eine entsprechende Erhöhung ihrer Arbeitszeit auf den Umfang einer Vollzeitbeschäftigung gehabt.
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Die Beklagte erwiderte mit Schreiben vom 7. September 2016, dass ein Anspruch auf Erhöhung der Arbeitszeit nach § 9 TzBfG nicht bestanden habe und nicht bestehe. Die Klägerin sei bei der Besetzung eines entsprechenden freien Arbeitsplatzes nur bei gleicher Eignung zu bevorzugen. Diese Voraussetzung sei nicht erfüllt, weil Mitbewerber der Klägerin - bei gleicher fachlicher Eignung - im Hinblick auf ihre sozialen Fähigkeiten und charakterlichen Eigenschaften wesentlich positiver in Erscheinung getreten seien als die Klägerin.
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Die Klägerin hat die Beklagte vor dem Arbeitsgericht zunächst auf Zustimmung zu einer Erhöhung ihrer wöchentlichen Arbeitszeit auf 39 Stunden sowie auf Zahlung von Schadensersatz wegen Verletzung der Informationspflicht nach § 7 Abs. 2 TzBfG bzw. wegen Verletzung der Pflicht zur bevorzugten Berücksichtigung nach § 9 TzBfG (jeweils in der bis zum 31. Dezember 2018 geltenden Fassung; im Folgenden TzBfG aF) in Anspruch genommen. Mit dem am 18. August 2017 beim Arbeitsgericht eingegangenen und der Beklagten am 28. August 2017 zugestellten Schriftsatz hat die Klägerin ihren Schadensersatzanspruch zudem auf § 15 Abs. 1 AGG gestützt und ihre Klage um einen Antrag auf Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG erweitert. Ihren Antrag auf Zustimmung zu einer Erhöhung ihrer wöchentlichen Arbeitszeit auf 39 Stunden hat sie im weiteren Verlauf des erstinstanzlichen Verfahrens zurückgenommen.
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Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, sie habe nach § 9 TzBfG aF einen Anspruch darauf gehabt, ab dem 1. November 2014 bzw. dem 15. Januar 2015, jedenfalls aber ab dem Zeitpunkt der unbefristeten Weiterbeschäftigung der Mitarbeiter/in H, D und W auf einer der neuen Sachbearbeiterstellen im FBF im Rahmen eines Vollzeitarbeitsverhältnisses beschäftigt zu werden. Nachdem dieser Anspruch durch die anderweitige Besetzung der Stellen unmöglich geworden sei, schulde ihr die Beklagte für die Zeit bis Mai 2018 Schadensersatz iHd. Differenz zwischen dem ihr gezahlten Entgelt und dem ihr bei einer Vollzeittätigkeit zustehenden Entgelt. Zudem habe die Beklagte gegen ihre Verpflichtung aus § 7 Abs. 2 TzBfG aF verstoßen, sie über entsprechende zu besetzende Arbeitsplätze zu informieren und sei ihr auch deshalb zum Schadensersatz verpflichtet. Sie, die Klägerin, sei für eine Tätigkeit auf den mit den Beschäftigten H, D und W besetzten Stellen zumindest gleich geeignet gewesen wie diese Personen. Die Neueinstellungen seien auch nicht aus haushaltsrechtlichen Gründen befristet erfolgt. Nach ihrer Kenntnis habe die Beklagte bereits vor Ende der Legislaturperiode 2014 zusätzliche Stellen und Mittel erhalten. Im Übrigen sei mit den Neueinstellungen ein dauerhafter Bedarf abgedeckt worden.
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Ein Anspruch auf Ersatz des materiellen Schadens folge auch aus § 15 Abs. 1 AGG, da die Beklagte sie bei der Besetzung der Sachbearbeiterstellen im FBF wegen des Alters benachteiligt habe. Wie die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 21. Juni 2017 selbst eingeräumt habe, habe sie den Beschäftigten H, D und W zumindest auch wegen deren geringeren Lebensalters den Vorzug gegeben, ohne dass hierfür ein Rechtfertigungsgrund bestanden habe. Daher habe sie auch einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG.
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Die Klägerin hat zuletzt beantragt:
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1.
die Beklagte zu verurteilen, an sie 71.361,96 Euro zu zahlen zuzüglich Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 18.133,30 Euro seit dem 7. November 2016, aus 20.589,20 Euro seit dem 28. August 2017, aus 13.311,14 Euro seit dem 7. November 2017 und aus 19.328,32 Euro seit Rechtshängigkeit.
2.
die Beklagte zu verurteilen, an sie eine angemessene Entschädigung, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, die jedoch drei volle Gehälter der Entgeltgruppe 11, Stufe 6 TVöD nicht unterschreiten sollte, zuzüglich Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
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Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
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Sie hat die Auffassung vertreten, es habe, nachdem die jeweiligen Anträge der Klägerin auf Verlängerung ihrer Arbeitszeit abschlägig beschieden worden seien, an einer fortwirkenden Anzeige eines entsprechenden Wunsches der Klägerin gefehlt. Die Neueinstellungen im Fachbereich Förderung seien zudem nicht auf „entsprechenden, freien Arbeitsplätzen“ iSv. § 9 TzBfG aF erfolgt, da sie aus haushaltsrechtlichen Gründen sachgrundlos befristet vorgenommen worden seien. Die ausgeschriebenen befristeten Stellen seien geschaffen worden, um junge qualifizierte Nachwuchskräfte zu gewinnen, die über eine spezielle Verwaltungsausbildung für den gehobenen Dienst verfügten. Dies sei zur Herstellung bzw. zum Erhalt einer ausgewogenen Altersstruktur in diesem Bereich erforderlich gewesen. Darüber hinaus habe die Klägerin ausweislich der dienstlichen Beurteilungen nicht über die gleiche fachliche und persönliche Eignung verfügt wie die neu eingestellten Beschäftigten. Zwar verfügten diese - ebenso wie die Klägerin - nicht über eine verwaltungsspezifische Ausbildung, sie hätten sich aber - anders als die Klägerin - während ihres befristeten Arbeitsverhältnisses im Rahmen externer fachbezogener Schulungen erfolgreich weitergebildet. Außerdem bestünden bei der Klägerin Defizite hinsichtlich ihrer persönlichen Eignung. Ein Schadensersatzanspruch der Klägerin scheitere überdies am fehlenden Verschulden. Inwieweit ein Aufstockungsverlangen nach einer Verbescheidung fortwirke, sei eine schwierig zu beantwortende Rechtsfrage, die bis heute höchstrichterlich nicht geklärt sei.
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Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG. Sie, die Beklagte, habe die Klägerin nicht entgegen den Vorgaben des AGG wegen des Alters benachteiligt. Der Grund „Lebensalter“ sei nicht ursächlich dafür gewesen, dass die Klägerin bei der Besetzung der befristeten Stellen nicht berücksichtigt worden sei. Eine jüngere Teilzeitbeschäftigte hätte die entsprechende Stelle ebenfalls nicht bekommen können, da wegen der Befristung „kein entsprechender freier Arbeitsplatz“ iSv. § 9 TzBfG aF vorgelegen habe.
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Das Arbeitsgericht hat dem auf Zahlung von Schadensersatz für die Zeit von November 2014 bis Oktober 2017 iHv. 81.605,27 Euro gerichteten Klageantrag zu 1. teilweise stattgegeben und der Klägerin entgangene Differenzvergütung für die Zeit von Januar 2016 bis Oktober 2017 iHv. 52.033,64 Euro zugesprochen. Im Übrigen hat es den Klageantrag zu 1. mit der Begründung abgewiesen, dass Ansprüche für die Zeit von November 2014 bis Dezember 2015 nach der tariflichen Ausschlussfrist des TVöD verfallen seien. Dem auf Zahlung einer Entschädigung gerichteten Klageantrag zu 2. hat das Arbeitsgericht - unter Klageabweisung im Übrigen - iHv. 3.000,00 Euro entsprochen. Gegen dieses Urteil hat ausschließlich die Beklagte Berufung eingelegt. Die Klägerin hat in der Berufungsinstanz ihre auf Zahlung von Schadensersatz gerichtete Klage um die Differenzansprüche für die Zeit von November 2017 bis Mai 2018 einschließlich einer hälftigen Sonderzahlung für 2017, mithin um insgesamt 19.328,32 Euro erweitert. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte aufgrund der Klageerweiterung in der Berufungsinstanz verurteilt wurde, an die Klägerin anstelle des in Ziffer 1 des arbeitsgerichtlichen Urteilstenors genannten Betrags einen Betrag iHv. 71.361,96 Euro zuzüglich Zinsen zu zahlen. Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren nach vollständiger Klageabweisung weiter. Die Klägerin beantragt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
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A. Mit dem Einverständnis der Parteien konnte vorliegend im schriftlichen Verfahren ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, § 128 Abs. 2 ZPO.
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B. Die zulässige Revision der Beklagten hat überwiegend Erfolg. Sie ist insoweit begründet, als die Beklagte sich gegen ihre Verurteilung zur Zahlung von Schadensersatz iHv. 71.361,96 Euro zuzüglich Zinsen wendet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz. Soweit die Klägerin von der Beklagten Schadensersatz für die Zeit von Januar 2016 bis Oktober 2017 gefordert hat, hätte das Landesarbeitsgericht der Berufung der Beklagten stattgeben müssen. Soweit die Klägerin mit ihrer Klageerweiterung in der Berufungsinstanz von der Beklagten Schadensersatz für die Zeit von November 2017 bis Mai 2018 gefordert hat, hätte das Landesarbeitsgericht die als Anschlussberufung auszulegende Klageerweiterung zurückweisen müssen. Soweit die Beklagte ihre Verurteilung zur Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG iHv. 3.000,00 Euro angreift, ist die Revision dagegen unbegründet.
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I. Die Berufung der Beklagten und die als Anschlussberufung der Klägerin auszulegende Klageerweiterung in der Berufungsinstanz sind zulässig.
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1. Die Berufung der Beklagten ist zulässig, insbesondere entspricht die Berufungsbegründung den Anforderungen nach § 520 Abs. 3 Satz 2 ZPO.
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2. Die als Anschlussberufung auszulegende Klageerweiterung in der Berufungsinstanz ist ebenfalls zulässig.
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a) Soweit die Klägerin ihre auf Zahlung von Schadensersatz gerichtete Klage in der Berufungsinstanz um Schadensersatzforderungen für die Zeit von November 2017 bis Mai 2018 erweitert hat, ist eine solche Klageerweiterung für die Klägerin als Berufungsbeklagte nur im Wege der Anschlussberufung möglich. Damit ist die Klageerweiterung als Anschlussberufung auszulegen, auch wenn sie nicht als solche bezeichnet ist (vgl. BAG 21. August 2019 - 7 AZR 563/17 - Rn. 66; 10. Dezember 2014 - 7 AZR 1009/12 - Rn. 54 ; 12. November 2013 - 3 AZR 92/12 - Rn. 67 ; 24. Mai 2012 - 2 AZR 124/11 - Rn. 11 ; 30. Mai 2006 - 1 AZR 111/05 - Rn. 42 , BAGE 118, 211 ).
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b) Die Anschlussberufung der Klägerin ist zulässig.
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aa) Nach § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO iVm. § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG ist eine Anschlussberufung bis zum Ablauf der dem Berufungsbeklagten gesetzten Frist zur Berufungserwiderung zulässig. Im arbeitsgerichtlichen Verfahren wird zwar - anders als nach § 521 Abs. 2 Satz 1 ZPO - dem Berufungsbeklagten vom Gericht keine Frist zur Berufungserwiderung „gesetzt“; vielmehr gilt für die Berufungsbeantwortung die durch § 66 Abs. 1 Satz 3 ArbGG bestimmte gesetzliche Frist. Gleichwohl ist § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO gemäß § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG entsprechend anwendbar. Eine Anschlussberufung, die nicht innerhalb eines Monats nach Zustellung der Berufungsbegründung - bei Verlängerung der Berufungsbeantwortungsfrist nach § 66 Abs. 1 Satz 5 ArbGG innerhalb der dann geltenden Frist (vgl. BAG 24. Mai 2012 - 2 AZR 124/11 - Rn. 12 ) - eingeht, ist entsprechend § 522 Abs. 1 ZPO als unzulässig zu verwerfen, wenn das Berufungsgericht mit der Zustellung der Berufungsbegründung den nach § 66 Abs. 1 Satz 4 ArbGG gebotenen Hinweis auf die Berufungsbeantwortungsfrist erteilt hat ( BAG 21. August 2019 - 7 AZR 563/17 - Rn. 68; 10. Dezember 2014 - 7 AZR 1009/12 - Rn. 56 ; 30. Mai 2006 - 1 AZR 111/05 - Rn. 45 , BAGE 118, 211 ). Nach § 524 Abs. 3 Satz 1 ZPO muss die Anschlussberufung in der Anschlussschrift begründet werden.
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bb) Danach ist die Anschlussberufung der Klägerin zulässig. Der Berufungsbegründungsschriftsatz der Beklagten vom 27. April 2018 ist der Klägerin am 14. Mai 2018 mit einem Hinweis auf die Berufungsbeantwortungsfrist nach § 66 Abs. 1 Satz 3 ArbGG zugestellt worden. Die mit der Berufungserwiderung erfolgte Klageerweiterung ist am 11. Juni 2018, und damit innerhalb der Frist nach § 66 Abs. 1 Satz 3 ArbGG beim Landesarbeitsgericht eingegangen. Sie ist auch innerhalb der Anschlussberufungsfrist begründet worden.
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II. Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts ist die Beklagte nicht verpflichtet, an die Klägerin Schadensersatz iHv. 71.361,96 Euro nebst Zinsen zu zahlen. Die Klägerin hat gegen die Beklagte weder nach § 280 Abs. 1, § 251 Abs. 1, § 252 BGB iVm. § 7 Abs. 2 TzBfG aF, noch nach § 280 Abs. 1 und Abs. 3, § 283 Satz 1, § 251 Abs. 1, § 252 BGB iVm. § 9 TzBfG aF noch nach § 15 Abs. 1 AGG einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz iHd. Differenz zwischen dem ihr in der Zeit von Januar 2016 bis Mai 2018 gezahlten Entgelt und dem ihr in diesem Zeitraum bei einer Vollzeittätigkeit zustehenden Entgelt.
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1. Die Klägerin kann von der Beklagten nicht nach § 280 Abs. 1, § 251 Abs. 1, § 252 BGB iVm. § 7 Abs. 2 TzBfG aF Schadensersatz wegen unterbliebener Information über die Sachbearbeiterstellen verlangen, die von der Beklagten im FBF der B zum 1. November 2014/15. Januar 2015 bzw. zum 1. November 2016/15. Januar 2017 mit der Miarbeiterin D und den Mitarbeitern H und W besetzt wurden.
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a) Nach § 7 Abs. 2 TzBfG aF hat der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer, der ihm den Wunsch nach einer Veränderung von Dauer und Lage seiner vertraglich vereinbarten Arbeitszeit angezeigt hat, über entsprechende Arbeitsplätze zu informieren, die im Betrieb oder Unternehmen besetzt werden sollen. Eine - abgesehen vom Ersetzen der Wendung „von Dauer und Lage“ durch die Formulierung „von Dauer oder Lage oder von Dauer und Lage“ - inhaltsgleiche Regelung enthält nunmehr § 7 Abs. 3 TzBfG in der seit dem 1. Januar 2019 geltenden Fassung (im Folgenden TzBfG nF). Das pflichtwidrige Unterlassen einer Mitteilung nach § 7 Abs. 2 TzBfG aF bzw. nach § 7 Abs. 3 TzBfG nF kann einen Schadensersatzanspruch nach § 280 Abs. 1, § 251 Abs. 1, § 252 BGB auslösen. Voraussetzung für einen solchen Anspruch des Arbeitnehmers ist jedoch, dass dieser sich bei erfolgter Information durch den Arbeitgeber auf die Stelle beworben hätte und darlegt und ggf. beweist, dass er die Stelle auch tatsächlich hätte erhalten müssen. Nur in einem solchen Fall kann dem Arbeitnehmer durch den Verstoß gegen § 7 Abs. 2 TzBfG aF ein Schaden - wie hier von der Klägerin geltend gemacht - in Höhe der Differenz zwischen dem Einkommen als Teilzeitbeschäftigter und demjenigen als Vollzeitbeschäftigter entstehen (MüKoBGB/Müller-Glöge 8. Aufl. § 7 TzBfG Rn. 10 mwN; vgl. auch ErfK/Preis 21. Aufl. § 7 Rn. 8 jew. zu § 7 Abs. 3 TzBfG nF).
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b) Es kann vorliegend dahinstehen, ob die Beklagte zu dem Zeitpunkt, als die Sachbearbeiterstellen im FBF der B jeweils zur Besetzung anstanden, überhaupt verpflichtet war, die Klägerin über diese Arbeitsplätze zu informieren. Insoweit könnte zweifelhaft sein, ob zu diesen Zeitpunkten eine fortwirkende, einen Informationsanspruch nach § 7 Abs. 2 TzBfG aF auslösende Anzeige eines Wunsches der Klägerin nach einer Verlängerung der Dauer ihrer vertraglich vereinbarten Arbeitszeit vorlag.
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aa) Die Klägerin hatte mit Schreiben vom 11. Juni 2013 bei der Beklagten eine Erhöhung ihrer wöchentlichen Arbeitsstunden von 19,5 auf 39 Stunden beantragt und diesen Wunsch in ihrem Schreiben vom 14. November 2013 wiederholt. Mit Schreiben vom 13. Juni 2015 hatte sich die Klägerin sodann erneut an die Beklagte gewandt und ihren Wunsch nach einer Erhöhung ihrer vertraglich vereinbarten Arbeitszeit angezeigt. Diese Anzeige konnte die Beklagte vor dem Hintergrund der Schreiben der Klägerin vom 11. Juni 2013 und 14. November 2013 nur als Anzeige eines Wunsches auf Erhöhung ihrer wöchentlichen Arbeitszeit von 19,5 Stunden auf Vollzeit verstehen, weshalb offenbleiben kann, ob der Wunsch nach § 7 Abs. 2 TzBfG aF bzw. § 7 Abs. 3 TzBfG nF auch eine Angabe der genauen Dauer der angestrebten Arbeitszeit erfordert (so zu § 7 Abs. 2 TzBfG aF Laux in Laux/Schlachter TzBfG 2. Aufl. § 7 Rn. 50; einschränkend Meinel/Heyn/Herms TzBfG 5. Aufl. § 7 Rn. 20 „ungefährer Rahmen der gewünschten Dauer der Arbeitszeit“; verneinend zu § 9 TzBfG aF - LAG Düsseldorf 23. März 2006 - 5 (3) Sa 13/06 - zu II 1.2.1 der Gründe).
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bb) Der mit Schreiben vom 11. Juni 2013 und 14. November 2013 geäußerte Wunsch der Klägerin nach einer Verlängerung der Dauer ihrer wöchentlichen Arbeitszeit hatte sich nicht dadurch erledigt, dass die Klägerin ab Mai 2014 vom FBF in den Fachbereich Extremismus umgesetzt worden war. Zwar hatte die Klägerin ihren Aufstockungswunsch mit Schreiben vom 11. Juni 2013 und vom 14. November 2013 mit dem erhöhten Arbeitsaufwand bzw. der Personalsituation und der Arbeitsbelastung im FBF begründet. Allerdings sieht § 7 Abs. 2 TzBfG aF bzw. § 7 Abs. 3 TzBfG nF für den Wunsch nach einer Veränderung der Dauer der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit keine bestimmte Form vor, auch bedarf die Anzeige iSv. § 7 Abs. 2 TzBfG aF bzw. § 7 Abs. 3 TzBfG nF keiner Begründung. Schon deshalb sind die Anträge der Klägerin vom 11. Juni 2013 und vom 14. November 2013 dahin zu verstehen, dass es dieser mit den von ihr darin gegebenen Begründungen nur darum ging, ihrem Begehren nach Erhöhung ihrer Arbeitszeit Nachdruck zu verleihen.
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cc) Es kann vorliegend dahinstehen, ob die Beklagte den Informationsanspruch der Klägerin dadurch erfüllt hatte, dass sie dieser auf deren Anzeigen vom 11. Juni 2013 bzw. vom 14. November 2013 mit Schreiben vom 26. November 2013 sowie auf deren Anzeige vom 13. Juni 2015 mit Schreiben vom 10. Juli 2015 jeweils mitgeteilt hatte, dass ihrem Begehren nicht entsprochen werden könne, da keine entsprechenden Stellen bzw. Stellenanteile zur Verfügung stünden.
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(1) In der Literatur ist umstritten, ob der Informationsanspruch des Arbeitnehmers nach § 7 Abs. 2 TzBfG aF bzw. § 7 Abs. 3 TzBfG nF nach einer erfolgten Information des Arbeitgebers über entsprechende Arbeitsplätze, dh. über solche Stellen, für die er aufgrund seiner persönlichen und fachlichen Eignung sowie seiner Arbeitszeitwünsche in Betracht kommt, fortbesteht. Insoweit wird teilweise angenommen, dass eine Unterrichtungspflicht des Arbeitgebers nach einer einmal erteilten Information nur dann bestehe, wenn der teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer seinen Wunsch nach einer Veränderung der Arbeitszeit erneut äußere ( jew. zu § 7 Abs. 2 TzBfG aF Hromadka NJW 2001, 400, 401 ; HK-TzBfG/Boecken 5. Aufl. § 7 Rn. 14; Laux in Laux/Schlachter TzBfG 2. Aufl. § 7 Rn. 62; Meinel/Heyn/Herms TzBfG 5. Aufl. § 7 Rn. 25; MüKoBGB/Müller-Glöge 7. Aufl. TzBfG § 7 Rn. 7). Begründet wird dies damit, dass der Anspruch mit der einmaligen Erteilung der Information erfüllt sei ( Laux in Laux/Schlachter TzBfG 2. Aufl. § 7 Rn. 62 ; Meinel/Heyn/Herms TzBfG 5. Aufl. § 7 Rn. 25 ) und dass das Gesetz keinen Anhaltspunkt für die Annahme eines Dauertatbestands enthalte, aufgrund dessen der Arbeitgeber über einen gewissen Zeitraum ständig wiederholend über die Arbeitsplatzsituation zu informieren habe (Laux in Laux/Schlachter TzBfG 2. Aufl. § 7 Rn. 62; HK-TzBfG/Boecken 5. Aufl. § 7 Rn. 14). Zudem wird eingewandt, dass eine solche Verpflichtung für den Arbeitgeber unzumutbar (Hromadka NJW 2001, 400, 401) bzw. unpraktikabel (HK-TzBfG/Boecken 5. Aufl. § 7 Rn. 14) sei. Andere Autoren nehmen dagegen an, der Anspruch aus § 7 Abs. 2 TzBfG aF erlösche nach dem Wortlaut und dem Sinn und Zweck der Vorschrift nicht bereits dann, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer einmalig informiert habe (jew. zu § 7 Abs. 2 TzBfG aF Hanau NZA 2001, 1168, 1168; HK-ArbR/Ahrendt 4. Aufl. TzBfG § 7 Rn. 8; HWK/Schmalenberg 8. Aufl. § 7 TzBfG Rn. 12).
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(2) Es kann vorliegend offenbleiben, welcher der unter Rn. 39 aufgeführten Auffassungen zu folgen ist.
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Allerdings spricht in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem es um eine Verlängerung der Arbeitszeit geht, und vor dem Hintergrund, dass § 9 TzBfG keine Sperrfrist für ein erneutes Verlangen vorsieht, nach Auffassung des Senats alles dafür, dass der Arbeitgeber, der die/den Beschäftigte(n) - wie hier - nicht positiv über entsprechende Arbeitsplätze informiert, sondern eine Negativauskunft erteilt hat, seine Informationspflicht nach § 7 Abs. 2 TzBfG aF bzw. § 7 Abs. 3 TzBfG nF nicht erfüllt hat und von einer fortbestehenden Anzeige des Wunsches nach einer Verlängerung der Arbeitszeit auszugehen ist (aA wohl Arnold/Gräfl/Spinner TzBfG 5. Aufl. § 7 Rn. 35). Dies legt bereits der Wortlaut von § 7 Abs. 2 TzBfG aF bzw. § 7 Abs. 3 TzBfG nF nahe, wonach den Arbeitgeber nicht die Pflicht trifft, den Arbeitnehmer, der ihm den Wunsch nach einer Veränderung … der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit angezeigt hat, darüber zu unterrichten, „ob überhaupt und ggf. welche Arbeitsplätze“ zu besetzen sind, sondern er verpflichtet ist, „über entsprechende Arbeitsplätze zu informieren, die im Betrieb oder Unternehmen besetzt werden sollen“. Dafür, dass der Informationsanspruch eines Beschäftigten, der die Verlängerung seiner Arbeitszeit begehrt, nach § 7 Abs. 2 TzBfG aF bzw. § 7 Abs. 3 TzBfG nF mit einer Negativauskunft grundsätzlich nicht erfüllt wird, spricht auch der Zweck der Norm, der darauf gerichtet ist, den Wechsel von einem Vollzeit- in ein Teilzeitarbeitsverhältnis oder umgekehrt zu erleichtern (vgl. BT-Drs. 14/4374 S. 11). § 7 Abs. 2 TzBfG aF bzw. § 7 Abs. 3 TzBfG nF geht erkennbar davon aus, dass der Arbeitnehmer, der eine Veränderung seiner vertraglich vereinbarten Arbeitszeit wünscht, zunächst der Information durch den Arbeitgeber über entsprechende freie Arbeitsplätze bedarf. Eine andere Sichtweise würde im Übrigen dazu führen, dass der Arbeitnehmer nach Erhalt einer jeden Negativauskunft seinen Wunsch nach einer Verlängerung der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit stets neu anzeigen müsste, was wiederum zahlreiche Negativauskünfte und sodann zahlreiche neue Anzeigen zur Folge hätte. Dass der Gesetzgeber, der auch den Wechsel von einem Teilzeit- in ein Vollzeitarbeitsverhältnis erleichtern und nicht erschweren wollte, ein solches Verfahren aufeinanderfolgender Anzeigen der Beschäftigten und Informationen durch den Arbeitgeber gewollt hat, kann nicht angenommen werden.
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Allerdings kann nicht in jedem Fall, in dem der Arbeitnehmer eine Verlängerung seiner Arbeitszeit begehrt, angenommen werden, dass der Arbeitgeber mit einer Negativauskunft seine Informationspflicht nach § 7 Abs. 2 TzBfG aF bzw. § 7 Abs. 3 TzBfG nF nicht erfüllt. Etwas anderes kann beispielsweise dann zu erwägen sein, wenn der Arbeitnehmer ausdrücklich den Wunsch geäußert hat, seine arbeitsvertraglich vereinbarte Arbeitszeit nur für einen bestimmten Zeitraum befristet zu verlängern und feststeht, dass bis zum Ablauf dieses Zeitraums kein entsprechender Arbeitsplatz zu besetzen ist. In einem solchen Fall spricht viel dafür, dass der Informationsanspruch des Arbeitnehmers durch die Mitteilung des Arbeitgebers erfüllt wird, dass keine entsprechenden Arbeitsplätze zur Verfügung stehen.
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dd) Letztlich kann die Frage offen bleiben, ob zu dem Zeitpunkt, als die Sachbearbeiterstellen im FBF der B jeweils zur Besetzung anstanden, eine fortwirkende, einen Informationsanspruch nach § 7 Abs. 2 TzBfG aF auslösende Anzeige eines Wunsches der Klägerin nach einer Verlängerung der Dauer ihrer vertraglich vereinbarten Arbeitszeit vorlag. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, würde es der auf § 280 Abs. 1, § 251 Abs. 1, § 252 BGB iVm. § 7 Abs. 2 TzBfG aF gestützten Klage nicht zum Erfolg verhelfen, weil ein Anspruch der Klägerin auf Schadensersatz nach diesen Bestimmungen aus anderen Gründen ausscheidet. Daher kommt es auch nicht darauf an, ob die Klägerin - wie sie behauptet - neben ihren schriftlichen Anträgen regelmäßig mündlich bei der Referatsleiterin Personal darum gebeten hat, ihre Arbeitszeit aufzustocken.
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c) Soweit die Klägerin ihren Schadensersatzanspruch darauf stützt, die Beklagte habe sie pflichtwidrig nicht darüber unterrichtet, dass zum Ende des Jahres 2014 bzw. zum Beginn des Jahres 2015 Sachbearbeiterstellen im FBF der B zu besetzen waren, scheitert ein auf diese Pflichtverletzung gestützter Schadensersatzanspruch daran, dass die Klägerin keinen schlüssigen Vortrag zur Kausalität der Pflichtverletzung durch die Beklagte für ihren Schaden geleistet hat. Die Klägerin hat nicht dargelegt, dass sie sich bei erfolgter Information durch die Beklagte auf eine dieser Stellen beworben hätte.
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aa) Zwar kommt der Klägerin grundsätzlich die Vermutung des aufklärungsgemäßen Verhaltens zugute, wonach davon auszugehen ist, dass sie bei entsprechender Information der Beklagten über die zum Ende 2014/Anfang 2015 im FBF zu besetzenden Sachbearbeiterstellen ihre Eigeninteressen in vernünftiger Weise gewahrt und sich auf diese Stellen beworben hätte (zur Vermutung des aufklärungsgemäßen Verhaltens vgl. etwa BAG 21. Februar 2017 - 3 AZR 542/15 - Rn. 45 mwN).
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bb) Diese Vermutungswirkung greift vorliegend allerdings ausnahmsweise nicht ein. Der Vermutung steht entgegen, dass die Beklagte die Sachbearbeiterstellen, die Ende 2014/Anfang 2015 im FBF zur Besetzung anstanden - der Ausschreibung entsprechend - nur auf zwei Jahre (sachgrundlos) befristet besetzt hat und grundsätzlich nicht angenommen werden kann, dass eine aufstockungswillige Mitarbeiterin, die sich - wie die Klägerin - in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis befindet, ihr unbefristetes Arbeitsverhältnis gegen ein auf zwei Jahre befristetes Arbeitsverhältnis eintauschen will.
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cc) Aus diesem Grund hätte die Klägerin, die insoweit die Darlegungs- und Beweislast traf, entweder dartun und ggf. beweisen müssen, dass es sich bei den Ende 2014/Anfang 2015 im FBF zur Besetzung anstehenden Sachbearbeiterstellen in Wahrheit um Dauerarbeitsplätze handelte, die von der Beklagten nur unbefristet hätten besetzt werden dürfen oder dass sie sich auch auf eine auf zwei Jahre befristete Sachbearbeiterstelle im FBF beworben hätte. Vorliegend hat die Klägerin weder das eine noch das andere dargetan bzw. bewiesen.
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(1) Nach den im deutschen Zivilprozessrecht geltenden Grundsätzen, die auch im arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahren nach dem ArbGG Anwendung finden, trifft denjenigen, der ein Recht für sich in Anspruch nimmt, die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der anspruchsbegründenden Tatsachen (BAG 16. Mai 2019 - 8 AZR 315/18 - Rn. 25, BAGE 167, 1), zu denen auch - wie unter Rn. 44 ausgeführt - die Kausalität der Pflichtverletzung durch die Beklagte für den von der Klägerin geltend gemachten Schaden gehört.
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Vorliegend ist allerdings zu berücksichtigen, dass es bei der Frage, ob eine bestimmte Stelle dauerhaft besetzt werden kann, um einen Sachverhalt geht, der in der Sphäre des Arbeitgebers liegt, während der Arbeitnehmer dies aus eigener Kenntnis regelmäßig nicht beurteilen kann, weshalb den sich hieraus ergebenden Beweisschwierigkeiten des Arbeitnehmers durch eine Abstufung der Darlegungs- und Beweislast Rechnung zu tragen ist (vgl. etwa BAG 28. März 2019 - 8 AZR 421/17 - Rn. 18; 28. Oktober 2010 - 8 AZR 647/09 - Rn. 51; 24. Oktober 2001 - 5 AZR 245/00 - zu I 2 b der Gründe). Daher hat der Arbeitgeber auf einen entsprechenden Vortrag des Arbeitnehmers, wonach es sich um einen Arbeitsplatz handelt, der dauerhaft besetzt werden soll, substantiiert die Tatsachen vorzutragen, aus denen sich ergibt, dass dies nicht der Fall ist. Kommt der Arbeitgeber dieser sog. sekundären Darlegungslast nach § 138 Abs. 2 ZPO nicht nach, gilt die Behauptung des Arbeitnehmers gem. § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden.
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(2) Die Klägerin hat nicht dargetan bzw. nicht bewiesen, dass es sich bei den Sachbearbeiterstellen, die Ende 2014/Anfang 2015 im FBF zur Besetzung anstanden, um Dauerarbeitsplätze handelte, die von der Beklagten nur unbefristet hätten besetzt werden dürfen.
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(a) Die Beklagte hat insoweit vorgetragen, die Begründung der Arbeitsverhältnisse der Mitarbeiterin D und der Mitarbeiter H und W habe aus haushaltsrechtlichen Gründen nur befristet erfolgen können, da sie keine entsprechenden neuen Stellen in den betreffenden Haushaltsjahren erhalten habe. Diesem Vorbringen ist die Klägerin mit ihrem Vortrag, nach ihrer Kenntnis habe die Beklagte bereits vor Ende der Legislaturperiode zusätzliche Mittel und Stellen erhalten, nicht in ausreichender Weise entgegengetreten. Aus der Zuweisung von Stellen im Haushalt folgt nicht, dass die Beklagte zum Ende des Jahres 2014 bzw. zum Beginn des Jahres 2015 konkret die in Rede stehenden drei Stellen dauerhaft besetzen durfte und musste. Jedenfalls ist die Klägerin dem Vortrag der Beklagten nicht entgegengetreten, wonach der Stellenhaushalt bei der B bis 2015 konstant war und diesem erst mit dem Inkrafttreten des Haushalts für 2015 weitere Stellen bewilligt wurden. Insoweit hat sie vielmehr lediglich pauschal angegeben, es handele sich um Dauerarbeitsplätze, die zuvor bereits besetzt waren und nachbesetzt wurden und nach ihrer Kenntnis keinen „kw-Vermerk“ trugen. Auch hieraus folgt nicht, dass die Beklagte, als sie die drei Sachbearbeiterstellen im FBF zum Ende des Jahres 2014 bzw. zum Beginn des Jahres 2015 besetzte, nach den haushaltsrechtlichen Vorgaben berechtigt gewesen wäre, diese drei Stellen dauerhaft zu besetzen. Etwas anderes könnte zwar gelten, wenn die betroffenen Arbeitnehmer als Ersatz für andere - zuvor ausgeschiedene - Arbeitnehmer eingestellt wurden, wofür es aber auch nach dem Vorbringen der Klägerin keine hinreichenden Anhaltspunkte gibt. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang behauptet, mit der Stellenbesetzung sei auch ihre alte Stelle besetzt worden und sie habe Herrn H eingearbeitet, sagt dies nichts darüber aus, ob damit genau die Stelle im FBF wiederbesetzt wurde, auf der die Klägerin bisher beschäftigt war. Dies ist insbesondere deshalb zweifelhaft, da die Klägerin bereits im Mai 2014 vom FBF in den Fachbereich Extremismus gewechselt war.
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(b) Jedenfalls aber ist die insoweit beweispflichtige Klägerin beweisfällig geblieben. Sie hat für ihre Behauptung, die Stellen im FBF der B seien bereits Ende 2014/Anfang 2015 dauerhaft zu besetzen gewesen, keinen Beweis angeboten. Zwar handelt es sich - wie unter Rn. 49 ausgeführt - bei der Frage, ob eine bestimmte Stelle dauerhaft besetzt werden soll, um einen Sachverhalt, der in der Sphäre des Arbeitgebers liegt, während der Arbeitnehmer dies aus eigener Kenntnis regelmäßig nicht beurteilen kann. Der Klägerin waren aber hinreichend Personen bekannt, die zu dieser Frage etwas aussagen konnten. Die Klägerin kannte aufgrund der Beweisangebote der Beklagten in deren Schriftsätzen vom 27. April 2018 und 5. September 2018 die Namen der bei der Beklagten beschäftigten Personen, die hierzu Angaben machen konnten. Danach wäre es ihr ohne Weiteres möglich gewesen, für ihre Behauptung, die Stellen im FBF der B seien bereits Ende 2014/Anfang 2015 dauerhaft zu besetzen gewesen, Beweis durch Benennung dieser Personen als Zeugen anzutreten (vgl. auch BAG 16. Mai 2019 - 8 AZR 315/18 - Rn. 28 ff., BAGE 167, 1).
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(3) Die Klägerin hat auch nicht dargetan, dass sie sich bei erfolgter Information durch die Beklagte auf eine der auf zwei Jahre befristeten Sachbearbeiterstellen im FBF beworben hätte.
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Hiergegen spricht zwar nicht, dass die Beklagte die im FBF Ende 2014/Anfang 2015 zu besetzenden Stellen als befristet zu besetzende ausgeschrieben und die Klägerin sich nicht auf eine dieser Stelle beworben hatte. In der Ausschreibung hatte die Beklagte nämlich nicht nur angegeben, dass das Arbeitsverhältnis auf zwei Jahre befristet würde, sondern zudem darauf hingewiesen, dass der befristete Arbeitsvertrag nach den rechtlichen Bestimmungen des § 14 Abs. 2 TzBfG geschlossen würde, so dass die Klägerin wegen ihrer „Vorbeschäftigung“ bei der Beklagten nicht zum Kreis derer gehörte, an die die Ausschreibung gerichtet war.
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Allerdings hat die Klägerin durch nichts zu erkennen gegeben, dass sie sich überhaupt auf eine auf zwei Jahre befristet zu besetzende Stelle beworben hätte. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass die Klägerin ihr unbefristetes Teilzeitarbeitsverhältnis gegen ein auf zwei Jahre befristetes Vollzeitarbeitsverhältnis austauschen wollte. Im Gegenteil, ihr ging es - wie ihre Antragstellung belegt, mit der sie Schadensersatz auch für die Zeit nach Ablauf der entsprechenden Befristungen verlangt - vielmehr ausschließlich darum, ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zu behalten, dies allerdings mit einer höheren Wochenarbeitszeit (vgl. zu einer ähnlichen Sachverhaltskonstellation BAG 27. Februar 2018 - 9 AZR 167/17 - Rn. 29).
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d) Soweit die Klägerin ihren Schadensersatzanspruch darauf stützt, die Beklagte habe sie pflichtwidrig nicht darüber unterrichtet, dass Ende des Jahres 2016 bzw. Anfang des Jahres 2017 Sachbearbeiterstellen im FBF der B unbefristet zu besetzen waren, scheitert ein auf diese Pflichtverletzung gestützter Schadensersatzanspruch der Klägerin ebenfalls daran, dass die Klägerin die Kausalität zwischen einer etwaigen Pflichtverletzung der Beklagten für ihren Schaden nicht dargetan hat. Die Klägerin hat nicht dargelegt, dass sie eine dieser - von der Beklagten nunmehr zur unbefristeten Besetzung vorgesehenen - Sachbearbeiterstellen auch tatsächlich hätte erhalten müssen. Dabei kann dahinstehen, ob die Klägerin die Stelle nur dann hätte erhalten müssen, wenn sie die am besten geeignete Bewerberin gewesen wäre oder ob es, da der Informationsanspruch ua. der Verwirklichung des Anspruchs nach § 9 TzBfG dient (vgl. BAG 8. Mai 2007 - 9 AZR 874/06 - Rn. 25, BAGE 122, 235), ausreichen würde, wenn die Klägerin mindestens gleich geeignet iSv. § 9 TzBfG aF gewesen wäre wie die Mitarbeiterin D oder die Mitarbeiter H und W. Die Klägerin war zu dem Zeitpunkt, als die Sachbearbeiterstellen im FBF zur unbefristeten Besetzung zur Verfügung standen, nämlich schlechter geeignet als diese Mitarbeiter/in, denn sie hatte eine schlechtere Beurteilung erhalten.
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2. Die Klägerin kann von der Beklagten auch nicht nach § 280 Abs. 1 und Abs. 3, § 283 Satz 1, § 275 Abs. 1 und Abs. 4, § 251 Abs. 1, § 252 BGB iVm. § 9 TzBfG aF Schadensersatz wegen Verletzung der Pflicht zur bevorzugten Berücksichtigung bei der Besetzung der Sachbearbeiterstellen im FBF der B zum 1. November 2014/15. Januar 2015 bzw. zum 1. November 2016/15. Januar 2017 verlangen.
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a) Nach § 9 TzBfG aF hat der Arbeitgeber einen teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer, der ihm den Wunsch nach einer Verlängerung seiner vertraglich vereinbarten Arbeitszeit angezeigt hat, bei der Besetzung eines entsprechenden freien Arbeitsplatzes bei gleicher Eignung bevorzugt zu berücksichtigen, es sei denn, dass dringende betriebliche Gründe oder Arbeitszeitwünsche anderer teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer entgegenstehen. Verletzt der Arbeitgeber schuldhaft seine Pflicht nach § 9 TzBfG aF zur bevorzugten Berücksichtigung eines teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmers und besetzt die Stelle endgültig mit einem anderen Arbeitnehmer, kann dies einen Schadensersatzanspruch des bevorzugt zu berücksichtigenden Arbeitnehmers nach § 280 Abs. 1 und Abs. 3, § 281 Abs. 2, § 283 Satz 1, § 275 Abs. 1 und Abs. 4, § 251 Abs. 1, § 252 BGB iVm. § 9 TzBfG aF auslösen (BAG 1. Juni 2011 - 7 ABR 117/09 - Rn. 31; 16. September 2008 - 9 AZR 781/07 - Rn. 14, BAGE 127, 353).
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b) Danach hat die Klägerin keinen Anspruch auf Schadensersatz nach § 280 Abs. 1 und Abs. 3, § 283 Satz 1, § 275 Abs. 1 und Abs. 4, § 251 Abs. 1, § 252 BGB iVm. § 9 TzBfG aF. Die Beklagte war weder zum Ende des Jahres 2014 bzw. zum Beginn des Jahres 2015, noch zum Ende des Jahres 2016 bzw. zum Beginn des Jahres 2017 nach § 9 TzBfG aF verpflichtet, die Klägerin bei der Besetzung der Sachbearbeiterstellen im FBF bevorzugt zu berücksichtigen.
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aa) Zum Ende des Jahres 2014 bzw. zum Beginn des Jahres 2015, als die Beklagte die Sachbearbeiterstellen im FBF auf zwei Jahre befristet mit der Mitarbeiterin D und den Mitarbeitern H und W besetzt hat, fehlte es an einem entsprechenden freien Arbeitsplatz iSv. § 9 TzBfG aF, mit dem einem Wunsch der Klägerin nach einer Verlängerung der vertraglichen Wochenarbeitszeit unter Beibehaltung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses hätte entsprochen werden können.
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(1) Der Anspruch nach § 9 TzBfG aF setzt ua. voraus, dass der Arbeitgeber einen entsprechenden freien Arbeitsplatz zu besetzen hat, was - anders als nach § 9 TzBfG in der Fassung, die die Bestimmung mit Wirkung ab dem 1. Januar 2019 durch Art. 1 Nr. 3 des Gesetzes vom 11. Dezember 2018 (BGBl. 2018 I S. 2384) erhalten hat - vom Arbeitnehmer als Gläubiger des Anspruchs auf bevorzugte Berücksichtigung darzulegen und zu beweisen ist.
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(a) Ein „entsprechender“ Arbeitsplatz ist regelmäßig gegeben, wenn auf diesem die gleiche oder eine zumindest vergleichbare Tätigkeit auszuüben ist, wie sie die oder der Teilzeitbeschäftigte schuldet. Beide Tätigkeiten müssen in der Regel dieselben Anforderungen an die persönliche und fachliche Eignung der Arbeitnehmerin beziehungsweise des Arbeitnehmers stellen. Als ein entsprechender Arbeitsplatz gilt auch ein Arbeitsplatz mit höherwertiger Tätigkeit, wenn die oder der Teilzeitbeschäftigte vor der Arbeitszeitverringerung bereits eine höherwertige Tätigkeit ausgeübt hat und nur wegen der Teilzeitmöglichkeit auf eine niedrigere Hierarchiestufe gewechselt ist. Bei dem Arbeitsplatz kann es sich auch um einen neu eingerichteten Arbeitsplatz handeln (BT-Drs. 19/3452 S. 16; vgl. etwa BAG 16. September 2008 - 9 AZR 781/07 - Rn. 21, BAGE 127, 353; 8. Mai 2007 - 9 AZR 874/06 - Rn. 20, BAGE 122, 235).
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(b) Nach § 9 TzBfG aF muss zumindest ein freier und nach dem Willen des Arbeitgebers zu besetzender Arbeitsplatz vorhanden sein. Der Arbeitnehmer hat regelmäßig keinen gesetzlichen Anspruch darauf, dass der Arbeitgeber einzurichtende und zu besetzende Arbeitsplätze nach den Arbeitszeitwünschen des Arbeitnehmers schafft, zuschneidet oder ihm die für einen anderen (Teilzeit-)Arbeitsplatz vorgesehene Arbeitszeit ganz oder teilweise zuteilt (BAG 17. Oktober 2017 - 9 AZR 192/17 - Rn. 27 mwN, BAGE 160, 280).
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Allerdings darf die Organisationsfreiheit des Arbeitgebers nicht zur Umgehung des § 9 TzBfG genutzt werden. Wenn der Arbeitgeber, anstatt die Arbeitszeiten der aufstockungswilligen Teilzeitbeschäftigten zu verlängern, weitere Teilzeitarbeitsplätze ohne höhere Arbeitszeit einrichtet, müssen für diese Entscheidung arbeitsplatzbezogene Sachgründe bestehen (BAG 17. Oktober 2017 - 9 AZR 192/17 - Rn. 28 mwN, BAGE 160, 280).
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Für das Vorliegen eines freien Arbeitsplatzes ist maßgeblich, ob unter Berücksichtigung der Organisationsfreiheit des Arbeitgebers bei Antragstellung ein geeigneter Arbeitsplatz mit dem vom Arbeitnehmer begehrten Arbeitszeitvolumen zum Zeitpunkt des beantragten Beginns der Arbeitszeitverlängerung vorliegt. Ein freier Arbeitsplatz besteht danach, wenn der Arbeitgeber eine Stelle neu schafft oder die unternehmerische Entscheidung trifft, einen unbesetzten Arbeitsplatz neu zu besetzen. In der Entscheidung des Arbeitgebers, einen entstandenen Arbeitskräftebedarf durch Erhöhung der Arbeitszeit eines bereits beschäftigten Arbeitnehmers zu befriedigen, liegt nicht die Einrichtung eines entsprechenden freien Arbeitsplatzes iSv. § 9 TzBfG(vgl. BAG 17. Oktober 2017 - 9 AZR 192/17 - Rn. 29 mwN, BAGE 160, 280).
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(2) Zum Ende des Jahres 2014 bzw. zum Beginn des Jahres 2015, als die Beklagte die Sachbearbeiterstellen im FBF auf zwei Jahre befristet mit der Mitarbeiterin D und den Mitarbeitern H und W besetzt hat, stand kein für die Klägerin geeigneter Arbeitsplatz mit dem von der Klägerin begehrten Arbeitszeitvolumen zur Verfügung. Wie unter Rn. 51 ausgeführt, standen die Sachbearbeiterstellen im FBF zu diesem Zeitpunkt nur zur befristeten Besetzung zur Verfügung. Die Beklagte hatte nach ihrem Vorbringen aus haushaltsrechtlichen Gründen die Organisationsentscheidung getroffen, diese Stellen nur befristet zu besetzen. Die Klägerin hat demgegenüber weder dargetan noch bewiesen, dass es sich bei diesen Arbeitsplätzen um Dauerarbeitsplätze gehandelt hat, die unbefristet hätten besetzt werden können bzw. müssen. Sie hat zudem
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- wie unter Rn. 55 ausgeführt - nicht zu erkennen gegeben und auch nicht geltend gemacht, dass sie bereit gewesen wäre, ihr unbefristetes Teilzeitarbeitsverhältnis gegen ein befristetes Vollzeitarbeitsverhältnis einzutauschen.
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bb) Die Beklagte war auch zum Ende des Jahres 2016 bzw. zum Beginn des Jahres 2017, als sie die Sachbearbeiterstellen im FBF unbefristet mit der Mitarbeiterin D und den Mitarbeitern H und W besetzt hat, nicht nach § 9 TzBfG aF verpflichtet, die Klägerin bevorzugt zu berücksichtigen. Zu diesem Zeitpunkt fehlte es an der gleichen Eignung der Klägerin. Wie unter Rn. 56 ausgeführt, war diese schlechter beurteilt worden als die Mitarbeiterin D und die Mitarbeiter H und W. Da der Inhalt der Beurteilungen zwischen den Parteien nicht im Streit steht, kommt es im vorliegenden Verfahren nicht auf die Frage an, welche Partei für das Vorliegen oder Fehlen einer gleichen Eignung iSv. § 9 TzBfG aF welche Darlegungs- und Beweislast trifft und inwieweit durch die Neufassung von § 9 TzBfG eine Übertragung der Darlegungs- und Beweislast auf den Arbeitgeber bezweckt war (vgl. hierzu BT-Drs. 19/3452 S. 16; Schaub ArbR-HdB/Linck 18. Aufl. § 43 Rn. 118).
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3. Die Klägerin kann ihren Anspruch auf Schadensersatz auch nicht mit der Begründung mit Erfolg auf § 15 Abs. 1 AGG stützen, die Beklagte habe sie bei der Besetzung der Sachbearbeiterstellen im FBF entgegen den Vorgaben des AGG wegen des Alters benachteiligt.
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a) Der Anspruch auf Ersatz des materiellen Schadens nach § 15 Abs. 1 AGG setzt einen Verstoß gegen das in § 7 Abs. 1 AGG geregelte Benachteiligungsverbot voraus, wobei § 7 Abs. 1 AGG sowohl unmittelbare als auch mittelbare Benachteiligungen ( § 3 Abs. 1 und Abs. 2 AGG ) wegen eines Grundes iSv. § 1 AGG, hier des Alters verbietet.
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Nach § 252 BGB gehört zu dem nach § 15 Abs. 1 AGG zu ersetzenden Vermögensschaden auch entgangenes Arbeitsentgelt (vgl. BAG 11. August 2016 - 8 AZR 406/14 - Rn. 104).
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Streiten die Parteien - wie hier - darüber, ob der Arbeitgeber nach § 15 Abs. 1 AGG zum Ersatz eines Vermögensschadens in Form entgangenen Arbeitsentgelts verpflichtet ist, hat der/die Anspruchsteller/in die Darlegungs- und Beweislast für die haftungsausfüllende Kausalität. Danach müsste die Klägerin darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass die Benachteiligung für die Nichtberücksichtigung bei der Besetzung der Sachberarbeiterstellen im FBF ursächlich geworden ist, sie also die Stelle bei benachteiligungsfreier Auswahl erhalten hätte (ua. BAG 19. August 2010 - 8 AZR 530/09 - Rn. 76 ; BGH 23. April 2012 - II ZR 163/10 - Rn. 63 , BGHZ 193, 110 ), wobei ihr allerdings Beweiserleichterungen nach den allgemeinen zivilprozessualen Grundsätzen und Vorschriften zugutekommen (vgl. BAG 11. August 2016 - 8 AZR 406/14 - Rn. 105).
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b) Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Schadensersatz nach § 15 Abs. 1 AGG wegen einer Benachteiligung wegen des Alters bei der Besetzung der Sachbearbeiterstellen im FBF.
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aa) Soweit die Klägerin Schadensersatz verlangt, weil sie bei der Besetzung der Sachbearbeiterstellen zum Ende des Jahres 2014 bzw. zum Beginn des Jahres 2015 nicht berücksichtigt wurde, scheitert der Anspruch bereits daran, dass es an einer unmittelbaren Benachteiligung der Klägerin iSv. § 3 Abs. 1 AGG - nur eine solche kommt vorliegend überhaupt in Betracht - fehlt. Die Klägerin hat keine ungünstigere Behandlung erfahren als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Anders als die Mitarbeiter/in D, H und W hatte sich die Klägerin nicht auf die Ausschreibung der Beklagten hin auf die zum Ende des Jahres 2014 bzw. Anfang des Jahres 2015 im FBF zu besetzenden Sachbearbeiterstellen beworben.
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bb) Soweit die Klägerin Schadensersatz verlangt, weil sie bei der Besetzung der Sachbearbeiterstellen zum Ende des Jahres 2016 bzw. zum Beginn des Jahres 2017 nicht berücksichtigt wurde, hat sie nicht dargelegt, dass die Benachteiligung für die Nichtberücksichtigung bei der Besetzung der Sachberarbeiterstellen im FBF ursächlich geworden ist, sie also die Stelle bei benachteiligungsfreier Auswahl erhalten hätte. Die Klägerin war - wie unter Rn. 56 ausgeführt - unstreitig schlechter beurteilt als die Mitarbeiter/in D, H und W.
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III. Soweit sich die Beklagte gegen ihre Verurteilung zur Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG iHv. 3.000,00 Euro wendet, ist die Revision der Beklagten unbegründet. Insoweit hat das Landesarbeitsgericht die Berufung der Beklagten zu Recht zurückgewiesen. Die Klägerin hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG iHv. 3.000,00 Euro.
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1. Die auf Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG gerichtete Klage ist zulässig, insbesondere ist der Klageantrag hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die Klägerin durfte die Höhe der von ihr begehrten Entschädigung in das Ermessen des Gerichts stellen.
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§ 15 Abs. 2 AGG räumt dem Gericht bei der Bestimmung der Höhe der Entschädigung einen Ermessensspielraum ein (vgl. BAG 28. Mai 2020 - 8 AZR 170/19 - Rn. 27), weshalb eine Bezifferung des Zahlungsantrags nicht notwendig ist. Die Klägerin hat auch Tatsachen benannt, die das Gericht dabei heranziehen soll und die Größenordnung der geltend gemachten Forderung angegeben, indem sie geltend gemacht hat, die Entschädigung solle drei Vollzeitgehälter der Entgeltgruppe 11, Stufe 6 des TVöD nicht unterschreiten (zu den Anforderungen an die Bestimmtheit des Klageantrags: vgl. etwa BAG 14. November 2013 - 8 AZR 997/12 - Rn. 16; 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - Rn. 16).
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2. Die Klage ist auch begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG iHv. 3.000,00 Euro.
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a) Der persönliche Anwendungsbereich des AGG ist eröffnet. Für die Klägerin ergibt sich dies aus § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AGG. Die Beklagte ist Arbeitgeberin iSv. § 6 Abs. 2 AGG.
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b) Die Klägerin hat den Entschädigungsanspruch auch frist- und formgerecht geltend gemacht und eingeklagt (§ 15 Abs. 4 AGG, § 61b Abs. 1 ArbGG).
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In unionsrechtskonformer Auslegung von § 15 Abs. 4 Satz 2 AGG beginnt die Frist zur außergerichtlichen Geltendmachung von Ansprüchen aus § 15 Abs. 1 und Abs. 2 AGG in jedem Fall - dh. auch im Fall einer Bewerbung und eines beruflichen Aufstiegs - erst zu dem Zeitpunkt, zu dem der Arbeitnehmer von der behaupteten Diskriminierung Kenntnis erlangt (BAG 18. Mai 2017 - 8 AZR 74/16 - Rn. 56 mwN, BAGE 159, 159). Dies war vorliegend mit Kenntnis der Klägerin vom Inhalt des Schriftsatzes der Beklagten vom 21. Juni 2017 der Fall, mit dem diese sich darauf berufen hatte, eine bevorzugte Einstellung junger Mitarbeiter sei zur Senkung des Altersdurchschnitts und Förderung einer ausgewogenen Altersstruktur erfolgt. Durch ihre Klageerweiterung mit Schriftsatz vom 17. August 2017, der am 18. August 2017 beim Arbeitsgericht eingegangen und der Beklagten am 28. August 2017 - also demnächst iSv. § 167 ZPO - zugestellt worden ist, hat die Klägerin daher die zweimonatige Frist nach § 15 Abs. 4 Satz 2 AGG und zugleich die Klagefrist nach § 61b Abs. 1 ArbGG gewahrt.Auf § 15 Abs. 4 AGG findet § 167 ZPO Anwendung. Damit kommt es für den Zugang auf den Zeitpunkt des Eingangs der Klageerweiterung bei Gericht an (vgl. BAG 22. Mai 2014 - 8 AZR 662/13 - Rn. 9, BAGE 148, 158).
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c) Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Voraussetzungen des § 15 Abs. 2 AGG für einen Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung vorliegen. Die Beklagte hat die Klägerin entgegen den Vorgaben des AGG unmittelbar wegen ihres Alters benachteiligt.
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aa) Der Anspruch auf Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG setzt einen Verstoß gegen das in § 7 Abs. 1 AGG geregelte Benachteiligungsverbot voraus, wobei § 7 Abs. 1 AGG sowohl unmittelbare als auch mittelbare Benachteiligungen ( § 3 Abs. 1 und Abs. 2 AGG ) verbietet. Das Benachteiligungsverbot in § 7 Abs. 1 AGG untersagt im Anwendungsbereich dieses Gesetzes eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, ua. wegen des Alters.
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bb) Soweit die Klägerin ihren Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG darauf stützt, die Beklagte habe sie bei der Besetzung der Sachbearbeiterstellen zum Ende des Jahres 2014 bzw. zum Beginn des Jahres 2015 wegen ihres Alters nicht berücksichtigt, scheitert der Anspruch allerdings - anders als das Landesarbeitsgericht angenommen hat - daran, dass es an einer unmittelbaren Benachteiligung der Klägerin iSv. § 3 Abs. 1 AGG - nur eine solche kommt vorliegend überhaupt in Betracht - fehlt. Die Klägerin hat - wie unter Rn. 73 ausgeführt - keine ungünstigere Behandlung erfahren als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Anders als die Mitarbeiter/in D, H und W hatte sich die Klägerin nicht auf die Ausschreibung der Beklagten hin auf die zum Ende des Jahres 2014 bzw. Anfang des Jahres 2015 im FBF zu besetzenden Sachbearbeiterstellen beworben.
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cc) Die Klägerin kann ihren Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG jedoch mit Erfolg darauf stützen, die Beklagte habe sie bei der Besetzung der Sachbearbeiterstellen zum Ende des Jahres 2016 bzw. zum Beginn des Jahres 2017 entgegen den Vorgaben des AGG wegen ihres Alters nicht berücksichtigt.
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(1) Die Klägerin wurde dadurch, dass sie bei der Besetzung der Sachbearbeiterstellen zum Ende des Jahres 2016 bzw. zum Beginn des Jahres 2017 nicht berücksichtigt wurde, unmittelbar iSv. § 3 Abs. 1 AGG benachteiligt, denn sie hat eine weniger günstige Behandlung erfahren als die Mitarbeiterin D und die Mitarbeiter H und W, die ihrerseits von der Beklagten unbefristet auf den Sachbearbeiterstellen im FBF weiterbeschäftigt wurden. Zwar hatte sich die Klägerin auch auf eine dieser Stellen nicht beworben; das gleiche gilt allerdings auch für die Mitarbeiterin D sowie die Mitarbeiter H und W. Sowohl von der Klägerin als auch von der Mitarbeiterin D und den Mitarbetern H und W war indes bekannt, dass sie gleichermaßen Interesse an diesen Stellen hatten. Für die Klägerin ergab sich dies aus ihren Schreiben vom 11. Juni 2013, 14. November 2013 sowie vom 13. Juni 2015.
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(2) Die Klägerin hat die unmittelbare Benachteiligung iSv. § 3 Abs. 1 AGG auch wegen ihres Alters erfahren.
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(a) Das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG erfasst nicht jede Ungleichbehandlung, sondern nur eine Ungleichbehandlung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes. Zwischen der Benachteiligung und einem in § 1 AGG genannten Grund muss demnach ein Kausalzusammenhang bestehen.
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Soweit es - wie im vorliegenden Fall - um eine unmittelbare Benachteiligung iSv. § 3 Abs. 1 AGG geht, ist hierfür nicht erforderlich, dass der betreffende Grund iSv. § 1 AGG das ausschließliche oder auch nur ein wesentliches Motiv für das Handeln des Benachteiligenden ist; vielmehr ist der Kausalzusammenhang bereits dann gegeben, wenn die Benachteiligung iSv. § 3 Abs. 1 AGG an einen Grund iSv. § 1 AGG anknüpft oder durch diesen motiviert ist, wobei die bloße Mitursächlichkeit genügt (BAG 23. November 2017 - 8 AZR 372/16 - Rn. 20 mwN).
- § 22 AGG
- § 1 AGG
- (BAG 25. Oktober 2018 - 8 AZR 501/14 -
- Rn. 51
- , BAGE 164, 117)
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Die Würdigung der Tatsachengerichte, ob die von einem Bewerber vorgetragenen und unstreitigen oder bewiesenen Tatsachen eine Benachteiligung wegen des Alters vermuten lassen, ist nur eigeschränkt revisibel. Die revisionsgerichtliche Kontrolle beschränkt sich darauf, ob die Würdigung der Tatsachengerichte möglich und in sich widerspruchsfrei ist und nicht gegen Rechtssätze, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (vgl. BAG 23. Januar 2020 - 8 AZR 484/18 - Rn. 67, BAGE 169, 302; 11. August 2016 - 8 AZR 375/15 - Rn. 48 mwN, BAGE 156, 107).
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(b) Danach hat die Klägerin die unmittelbare Benachteiligung iSv. § 3 Abs. 1 AGG wegen ihres Alters erfahren.
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Die Beklagte hat - wie das Landesarbeitsgericht im Ergebnis zutreffend angenommen hat - mit Schriftsatz vom 21. Juni 2017 eingeräumt, dass das Lebensalter der Klägerin (auch) ein Motiv für deren Nichtberücksichtigung bei der Stellenbesetzung war. Insoweit hat die Beklagte ausgeführt, sie habe die Organisationsentscheidung getroffen, die befristeten Stellen zu schaffen, um junge, qualifizierte Nachwuchskräfte für das Amt gewinnen zu können. Auch ihre Organisationsentscheidung, die Arbeitsverhältnisse der Mitarbeiterin D und der Mitarbeiter H und W zu entfristen, habe der Förderung von jungen Nachwuchskräften gedient. Die Stellen sollten demnach mit jüngeren Mitarbeitern besetzt werden. Damit hat die Beklagte selbst vorgetragen, dass das Lebensalter der Klägerin für deren Nichtberücksichtigung bei der Stellenbesetzung mitursächlich war.
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(3) Die unmittelbare Benachteiligung der Klägerin wegen des Alters ist auch nicht nach § 10 AGG zulässig. Nach § 10 Satz 1 AGG ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters zulässig, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Dass diese Voraussetzungen vorliegen, hat die Beklagte, die sich insoweit darauf beruft, mit der Förderung von jungen Nachwuchskräften das Ziel verfolgt zu haben, eine ausgewogene Altersstruktur im gehobenen Dienst herzustellen bzw. zu erhalten, schon nicht substantiiert dargetan.
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(a) Ob eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters nach § 10 AGG mit der Begründung gerechtfertigt werden kann, der Arbeitgeber strebe mit der Einstellung jüngerer Arbeitnehmer eine ausgewogene Altersstruktur an, ist im juristischen Schrifttum umstritten (bejahend etwa MüKoBGB/Thüsing 8. Aufl. AGG § 10 Rn. 49; ablehnend dagegen: HK-ArbR/Ahrendt 4. Aufl. TzBfG § 9 Rn. 13; MHdB ArbR/Schüren 4. Aufl. § 50 Rn. 98). Der Senat hat im Jahr 2013 unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zur möglichen Zulässigkeit von Altersgrenzen bei der Beendigung von Arbeitsverhältnissen (vgl. insoweit EuGH 21. Juli 2011- C-159/10 und C-160/10 - [Fuchs und Köhler]) die Auffassung vertreten, die Sicherung einer ausgewogenen Altersstruktur könne grundsätzlich als ein legitimes Ziel iSv. von § 10 Satz 1 AGG angesehen werden (BAG 24. Januar 2013 - 8 AZR 429/11 - Rn. 49), gleichzeitig aber ausdrücklich offengelassen, ob es ein legitimes Ziel nach § 10 Satz 1 und Satz 2 AGG sein könne, wenn der Arbeitgeber nur noch jüngere Bewerber einstellen will, um eine verjüngte Personalstruktur erst zu schaffen (BAG 24. Januar 2013 - 8 AZR 429/11 - Rn. 50).
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(b) Diese Frage kann im vorliegenden Fall allerdings offenbleiben. Die Beklagte hat - wie das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen hat - nicht substantiiert dargetan, dass sie mit der Förderung junger Nachwuchskräfte ein legitimes Ziel iSv. § 10 Satz 1 AGG verfolgte. Sie hätte hierfür zunächst vortragen müssen, aus welchen Gründen sie welche konkrete Altersstruktur schaffen oder erhalten wollte. Schlagwortartige Bezeichnungen genügen dafür nicht. Andernfalls kann nicht überprüft werden, ob die Ungleichbehandlung durch das verfolgte Ziel gerechtfertigt ist (BAG 24. Januar 2013 - 8 AZR 429/11 - Rn. 50; 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - Rn. 59, BAGE 129, 181).
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d) Der vom Landesarbeitsgericht auf 3.000,00 Euro bestimmte Entschädigungsbetrag ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
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aa) Im Fall einer Nichteinstellung ist für die Bemessung der Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG an das Bruttomonatsentgelt anzuknüpfen, das der/die erfolglose Bewerber/in (ungefähr) erzielt hätte, wenn er/sie die ausgeschriebene Stelle erhalten hätte. Dies folgt aus der in § 15 Abs. 2 AGG getroffenen Bestimmung, wonach die Entschädigung bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen darf, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre (vgl. etwa BAG 26. November 2020 - 8 AZR 59/20 - Rn. 68; 28. Mai 2020 - 8 AZR 170/19 - Rn. 24). Geht es - wie hier - um eine unterbliebene Erhöhung der Arbeitszeit, erscheint es angemessen, die (ungefähre) Entgeltdifferenz zwischen der bisherigen Vergütung und der Vergütung auf der angestrebten Vollzeitstelle zugrunde zu legen.
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bb) Die Klägerin, die eine Vollzeitbeschäftigung anstrebte, wird durch eine Entschädigung iHv. 3.000,00 Euro angemessen für den durch die unzulässige Diskriminierung - ausschließlich - wegen des Alters erlittenen immateriellen Schaden entschädigt; dieser Betrag ist zudem erforderlich, aber auch ausreichend, um die notwendige abschreckende Wirkung zu erzielen. Da es auf ein Verschulden nicht ankommt (vgl. etwa BAG 28. Mai 2020 - 8 AZR 170/19 - Rn. 20 f.), können Gesichtspunkte, die mit einer etwaigen Abwesenheit oder einem geringen Grad von Verschulden zusammenhängen, nicht mindernd bei der Bemessung der Entschädigung berücksichtigt werden. Die von den Vorinstanzen getroffene und von der Klägerin nicht angegriffene Festsetzung der Entschädigung auf 3.000,00 Euro liegt wenig unterhalb einer 1,5-fachen Vergütungsdifferenz zu einer Vollzeitstelle. Im Übrigen macht die Beklagte auch mit der Revision nicht geltend, bei der Festsetzung seien nicht alle relevanten Umstände gewürdigt worden. Insbesondere rügt sie nicht, es seien Umstände nicht gewürdigt worden, bei deren Einbeziehung die Entschädigung hätte geringer ausfallen müssen. Auf die Frage, ob die Entschädigung nach § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG die Kappungsgrenze von drei Monatsgehältern nicht übersteigen durfte, weil die Klägerin auch bei benachteiligungsfreier Auswahl keine der Vollzeitstellen erhalten hätte (dazu etwa BAG 23. Januar 2020 - 8 AZR 484/18 - Rn. 82 ff. mwN, BAGE 169, 302), kommt es nach alledem nicht an.
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