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BAG 27.01.2011 - 2 ABR 114/09
BAG 27.01.2011 - 2 ABR 114/09 - Außerordentliche Kündigung gegenüber Betriebsratsmitglied
Normen
§ 103 Abs 2 BetrVG, § 626 Abs 1 BGB
Vorinstanz
vorgehend ArbG Hannover, 3. Mai 2007, Az: 3 BV 3/06, Beschluss
vorgehend Landesarbeitsgericht Niedersachsen, 27. August 2009, Az: 4 TaBV 76/07, Beschluss
Tenor
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1. Auf die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 27. August 2009 - 4 TaBV 76/07 - aufgehoben.
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2. Das Verfahren wird zur neuen Anhörung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Gründe
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A. Die Arbeitgeberin begehrt die Ersetzung der vom Betriebsrat verweigerten Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung des Beteiligten zu 3.
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Die Arbeitgeberin betreibt ein psychiatrisches Akutkrankenhaus und beschäftigt rund 900 Arbeitnehmer. Der Beteiligte zu 3. trat am 1. Oktober 2002 als Justiziar in ihre Dienste. In Vorbereitung der am 8./9. Dezember 2005 durchgeführten Betriebsratswahl wurde er zum Mitglied des Wahlvorstands bestellt und trat selbst als Wahlbewerber auf. Er wurde in den Betriebsrat gewählt.
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Bereits vor der Betriebsratswahl hatte die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis mit dem Beteiligten zu 3., den sie als leitenden Angestellten ansah, mit Schreiben vom 28. November 2005 fristlos gekündigt. Diese und ihr folgende weitere fünf Kündigungen erwiesen sich mangels der nach § 15 KSchG, § 103 BetrVG erforderlichen Zustimmung des Betriebsrats vor Gericht als unwirksam.
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Mit Schreiben vom 27. Februar 2006 bat die Arbeitgeberin den Betriebsrat um Zustimmung zu einer beabsichtigten außerordentlichen Kündigung des Beteiligten zu 3. Dieser habe gegen ein ihm erteiltes Hausverbot verstoßen. Nachdem der Betriebsrat die Zustimmung verweigert hatte, leitete sie mit einem am 3. März 2006 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz das vorliegende Verfahren ein. Wegen weiterer Vorfälle bat die Arbeitgeberin den Betriebsrat erneut mehrfach um Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung und führte, nachdem der Betriebsrat die Zustimmung stets verweigert hatte, weitere Ersetzungsanträge in das Verfahren ein.
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Schon zuvor hatte die Arbeitgeberin die Betriebsratswahl vom 8./9. Dezember 2005 angefochten. Das Arbeitsgericht erklärte die Wahl für unwirksam. Das Landesarbeitsgericht wies die Beschwerde des Betriebsrats durch Beschluss vom 27. März 2008 zurück. Noch bevor ihm der Beschluss am 15. Mai 2008 zugestellt wurde, trat der Betriebsrat am 17. April 2008 geschlossen zurück.
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Im unmittelbaren Anschluss daran kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Beteiligten zu 3. mit Schreiben vom 17. April 2008 fristlos. Nachdem dieser dagegen Klage erhoben hatte, ließ die Arbeitgeberin ihn wissen, die Kündigung sei „vorsorglich zur Wahrung der Zwei-Wochen-Frist“ erfolgt. Das Arbeitsgericht gab der Klage statt. Das Landesarbeitsgericht wies die Berufung der Arbeitgeberin mit Urteil vom 17. Juni 2009 zurück. Das Zustimmungserfordernis für die Kündigung sei durch den Rücktritt des Betriebsrats nicht entfallen.
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Bei der am 3./4. Juli 2008 durchgeführten Betriebsratswahl wurde der Beteiligte zu 3. erneut in den Betriebsrat gewählt.
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Die Arbeitgeberin hat geltend gemacht, für die von ihr weiterhin beabsichtigte außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Beteiligten zu 3. lägen wichtige Gründe vor. Der Betriebsrat habe seine Zustimmung zu Unrecht verweigert. An der Fortsetzung des Verfahrens sei sie nicht durch den Ausspruch der Kündigung vom 17. April 2008 gehindert. Sie habe diese Kündigung nur vorsorglich für den Fall ausgesprochen, dass eine Kündigung nicht mehr zustimmungspflichtig nach § 103 BetrVG sei.
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Die Arbeitgeberin hat beantragt,
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die Zustimmung des Betriebsrats zur außerordentlichen Kündigung des Beteiligten zu 3. zu ersetzen.
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Der Betriebsrat und der Beteiligte zu 3. haben beantragt, den Antrag abzuweisen. Sie haben die Auffassung vertreten, wichtige Gründe für eine außerordentliche Kündigung lägen nicht vor. Außerdem habe die Arbeitgeberin das Zustimmungsersetzungsverfahren durch den Ausspruch der Kündigung vom 17. April 2008 „abgebrochen“.
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Das Arbeitsgericht hat den Antrag der Arbeitgeberin abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde der Arbeitgeberin zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt diese ihren Antrag weiter.
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B. Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht. Anders als dieses angenommen hat, ist der Antrag der Arbeitgeberin nicht unzulässig.
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I. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig.
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1. Nach § 94 Abs. 2 Satz 2 ArbGG muss die Rechtsbeschwerdebegründung angeben, inwieweit die Abänderung des angefochtenen Beschlusses beantragt wird, welche Bestimmungen verletzt sein sollen und worin die Verletzung bestehen soll. Der Rechtsbeschwerdeführer muss darlegen, warum er die Begründung des Beschwerdegerichts für unrichtig hält (BAG 16. Mai 2007 - 7 ABR 45/06 - Rn. 12 mwN, BAGE 122, 293).
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2. Entgegen der Auffassung der übrigen Beteiligten wird die Rechtsbeschwerdebegründung der Arbeitgeberin diesen Anforderungen gerecht. Das Landesarbeitsgericht hat ausgeführt, der Antrag auf Zustimmungsersetzung werde unzulässig, wenn der Arbeitgeber nach Einleitung des Verfahrens eine Kündigung ausspreche. Die Betriebsratsanhörung sei in solchen Fällen mit dem Zugang der Kündigungserklärung „verbraucht“. Die Beschwerdebegründung weist darauf hin, dass diese Rechtsauffassung § 103 BetrVG verletze. Sie führt aus, nach dem Beschluss des Senats vom 12. März 2009 (- 2 ABR 24/08 - Rn. 27, NZA-RR 2010, 180) trete ein „Abbruch“ des Verfahrens und damit ein „Verbrauch“ der Anhörung dann ausnahmsweise nicht ein, wenn während eines laufenden Zustimmungsersetzungsverfahrens der Arbeitgeber vorsorglich für den Fall, dass der Sonderkündigungsschutz entfallen sei, eine Kündigung ausspreche. Ein solcher Fall sei hier gegeben. Damit sind sowohl die nach Auffassung der Arbeitgeberin verletzte Rechtsnorm als auch der Grund der Rechtsverletzung benannt.
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II. Die Rechtsbeschwerde ist begründet.
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1. Der Antrag der Arbeitgeberin ist zulässig. Das Verfahren hat sich weder wegen des Endes der Amtszeit des Beteiligten zu 3. noch wegen des Ausspruchs der Kündigung vom 17. April 2008 objektiv erledigt. Das Rechtsschutzbedürfnis der Arbeitgeberin ist nicht entfallen.
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a) Endet das Amt des Betriebsratsmitglieds, hat sich der Antrag des Arbeitgebers auf Ersetzung der Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung nach § 103 Abs. 2 BetrVG objektiv erledigt und wird mangels Fortbestands des Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig (so für den Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses Senat 27. Juni 2002 - 2 ABR 22/01 - BAGE 102, 30; 30. Mai 1978 - 2 AZR 637/76 - BAGE 30, 320; aA Richardi/Thüsing BetrVG 12. Aufl. § 103 Rn. 76: der Antrag bleibt zulässig, wird aber unbegründet). Das gilt auch, wenn das Amt aufgrund einer erfolgreichen Anfechtung der Betriebsratswahl endet. Der Arbeitgeber ist nunmehr berechtigt, ohne Zustimmung des Betriebsrats nach § 103 BetrVG die Kündigung auszusprechen. Als Beendigung des Amtes ist es jedoch nicht anzusehen, wenn sich an das Ende der Amtszeit, in der ein Antrag nach § 103 Abs. 2 BetrVG gestellt wurde, ohne Unterbrechung eine neue Amtszeit des Betriebsratsmitglieds anschließt. In diesem Fall gilt die Zustimmungsverweigerung durch den Betriebsrat fort. Das Zustimmungsersetzungsverfahren erledigt sich nicht, sondern kann weitergeführt werden (Senat 19. September 1991 - 2 ABR 14/91 - zu B III 3 der Gründe, RzK II 3 Nr. 20).
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b) Das Amt des Beteiligten zu 3. hat nicht geendet. Dessen Amtszeit dauert seit der Betriebsratswahl vom 8./9. Dezember 2005 durchweg an. Er besaß deshalb ununterbrochen den Sonderkündigungsschutz nach § 15 Abs. 1 KSchG, § 103 BetrVG.
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aa) Die Anfechtung einer Betriebsratswahl wirkt nicht zurück. Bis zur Rechtskraft des der Anfechtung stattgebenden Beschlusses bleiben die gewählten Betriebsratsmitglieder im Amt und genießen den besonderen Kündigungsschutz (Senat 12. März 2009 - 2 ABR 24/08 - Rn. 25, NZA-RR 2010, 180). Im Streitfall wurde der die Anfechtung bestätigende Beschluss des Landesarbeitsgerichts dem Betriebsrat am 15. Mai 2008 zugestellt. Der Betriebsrat legte Nichtzulassungsbeschwerde ein, die sich im August 2008 erledigt hat. Der Beschluss wurde damit nicht vor August 2008 rechtskräftig. Bei der zuvor erfolgten Neuwahl des Betriebsrats war der Beteiligte zu 3. wiederum in das Gremium gewählt worden. Er war demnach ohne Unterbrechung Mitglied des Betriebsrats.
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bb) Der Sonderkündigungsschutz war auch nicht durch den Rücktritt des Betriebsrats am 17. April 2008 unterbrochen worden. Der zurückgetretene Betriebsrat bleibt bis zur Wahl des neuen Betriebsrats im Amt. Die Mitglieder behalten den Sonderkündigungsschutz nach § 15 Abs. 1 KSchG und § 103 BetrVG (Senat 12. März 2009 - 2 ABR 24/08 - Rn. 26, NZA-RR 2010, 180).
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c) Das Zustimmungsersetzungsverfahren hat sich ebenso wenig durch den Ausspruch der Kündigung vom 17. April 2008 objektiv erledigt.
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aa) Hält der Arbeitgeber an seinem Zustimmungsersuchen gegenüber dem Betriebsrat nicht mehr fest, ist einem bei Gericht anhängigen Zustimmungsersetzungsverfahren die Grundlage entzogen. Es hat sich objektiv erledigt (BAG 28. Februar 2006 - 1 ABR 1/05 - Rn. 22 mwN, BAGE 117, 123 für das Verfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG). Der gleichwohl aufrechterhaltene bisherige Sachantrag wird unzulässig.
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Im Streitfall hat die Arbeitgeberin ihr Zustimmungsersuchen nicht fallengelassen. Ein solcher Inhalt ist insbesondere ihrer Kündigungserklärung vom 17. April 2008 nicht zu entnehmen. Eine Kündigung, die der Arbeitgeber während des Verfahrens nach § 103 Abs. 2 BetrVG gegenüber dem beteiligten Arbeitnehmer ausspricht, ist jedenfalls dann nicht als Rücknahme des Zustimmungsersuchens gegenüber dem Betriebsrat zu verstehen, wenn die Kündigung nur vorsorglich für den Fall ausgesprochen wurde, dass es einer Zustimmung des Betriebsrats nicht (mehr) bedarf. Eine gegenüber dem Arbeitnehmer im Lauf des Zustimmungsersetzungsverfahrens in diesem Sinne vorsorglich ausgesprochene Kündigung seitens des Arbeitgebers lässt dessen Ersuchen um Zustimmung gegenüber dem Betriebsrat und den Fortgang des gerichtlichen Verfahrens nach § 103 Abs. 2 BetrVG unberührt (vgl. Senat 12. März 2009 - 2 ABR 24/08 - Rn. 27, NZA-RR 2010, 180). Dabei ist in der Regel davon auszugehen, dass ein Arbeitgeber, der im Lauf des gerichtlichen Verfahrens eine Kündigung gegenüber dem betreffenden Arbeitnehmer ohne Zustimmung des Betriebsrats unter Aufrechterhaltung seines Ersetzungsantrags erklärt, dies im beschriebenen Sinne vorsorglich tut. Hier liegen Erklärungen der Arbeitgeberin, aus denen etwas anderes geschlossen werden müsste, nicht vor.
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bb) Der Grundsatz, dass jeder Kündigung eine gesonderte Anhörung des Betriebsrats vorauszugehen hat, wird dadurch nicht verletzt.
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(1) Zwar ist eine im Rahmen des Zustimmungsersuchens nach § 103 Abs. 1 BetrVG erfolgte Anhörung nach § 102 Abs. 1 BetrVG ausreichend, wenn sich herausstellt, dass es einer Zustimmung des Betriebsrats für eine Kündigung nicht (mehr) bedarf (Senat 8. Juni 2000 - 2 AZN 276/00 - BAGE 95, 60). Nicht zutreffend ist aber die daraus vom Landesarbeitsgericht gezogene Schlussfolgerung für den Fall, dass es ihrer in Wirklichkeit doch bedarf. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die im Lauf des gerichtlichen Ersetzungsverfahrens ausgesprochene und mangels erforderlicher Zustimmung unwirksame Kündigung verbrauche die im Rahmen von § 103 Abs. 1 BetrVG durchgeführte Anhörung nach § 102 Abs. 1 BetrVG. Das habe zur Folge, dass das anhängige Ersetzungsverfahren nicht weitergeführt werden könne, sondern ein neues Zustimmungsersuchen an den Betriebsrat gerichtet und ggfs. ein neues Ersetzungsverfahren nach § 103 Abs. 2 BetrVG bei Gericht eingeleitet werden müsse.
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(2) Das entspricht nicht der Rechtslage. Der während des Laufs des Zustimmungsersetzungsverfahrens erfolgte (vorsorgliche) Ausspruch einer mangels Zustimmung des Betriebsrats unwirksamen Kündigung verbraucht weder die erfolgte, auch im Rahmen des Ersuchens um Zustimmung nach § 103 Abs. 1 BetrVG erforderliche Anhörung nach § 102 Abs. 1 BetrVG (Senat 23. April 2008 - 2 ABR 71/07 - Rn. 23 mwN, AP BetrVG 1972 § 103 Nr. 56 = EzA BetrVG 2001 § 103 Nr. 6; Fischermeier ZTR 1998, 433, 435) noch das an den Betriebsrat gerichtete und vom Arbeitgeber aufrechterhaltene Ersuchen um Zustimmung als solches. Solange der Arbeitgeber sein Ersuchen um Zustimmung gegenüber dem Betriebsrat aufrechterhält und das gerichtliche Ersetzungsverfahren andauert, kommt ein „Verbrauch“ der zu den fraglichen Kündigungsgründen erfolgten Anhörung nach § 102 Abs. 1 BetrVG durch den (vorsorglichen) Ausspruch einer auf diese Gründe gestützten Kündigung für die beantragte Zustimmungsersetzung nicht in Betracht. Die erforderliche Anhörung zu der weiterhin auf denselben Lebenssachverhalt gestützten Kündigungsabsicht liegt im Aufrechterhalten des Zustimmungsersuchens gegenüber dem Betriebsrat. Der Betriebsrat kann daraus unschwer ersehen, dass der Arbeitgeber die beabsichtigte Kündigung und seinen Antrag auf Zustimmungsersetzung weiterhin auf die schon mitgeteilten Gründe stützen will. Einer förmlichen neuen Anhörung nach § 102 Abs. 1 BetrVG bedarf es dafür nicht. Dies entspricht dem Gesetzeszweck.
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(a) Sinn und Zweck der Anhörung nach § 102 Abs. 1 BetrVG ist es, dem Betriebsrat Gelegenheit zu geben, anhand der ihm mitgeteilten Kündigungsgründe auf den Kündigungsentschluss des Arbeitgebers Einfluss zu nehmen. Ein spätestens mit Ablauf der einschlägigen Fristen beendetes Anhörungsverfahren kann deshalb grundsätzlich nur der Kündigung zur Wirksamkeit verhelfen, für die es eingeleitet worden ist (Senat 3. April 2008 - 2 AZR 965/06 - Rn. 26 mwN, AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 159 = EzA BetrVG 2001 § 102 Nr. 21). Wurde diese Kündigung ausgesprochen, ist die Möglichkeit der Beeinflussung beendet; auf die Absicht, eine weitere Kündigung auszusprechen, kann der Betriebsrat ohne neuerliche Anhörung regelmäßig nicht einwirken.
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(b) In Fällen wie dem vorliegenden ist dies anders. Für die beabsichtigte neuerliche Kündigung bedarf es nach wie vor der Zustimmung des Betriebsrats. Im laufenden Zustimmungsersetzungsverfahren kann deshalb der Betriebsrat der Kündigung auch weiterhin all das entgegensetzen, was ihn schon bislang dazu bewogen hat, ihr seine Zustimmung zu versagen. Seine im Rahmen des Ersetzungsverfahrens ununterbrochen gegebene Möglichkeit der Einflussnahme auf die Kündigungsabsicht des Arbeitgebers ist um nichts geringer als sie es wäre, wenn dieser die zwischenzeitlich vorsorglich ausgesprochene Kündigung nicht erklärt hätte. Einer neuen Anhörung nach § 102 Abs. 1 BetrVG und eines neuen Zustimmungsersuchens nach § 103 Abs. 1 BetrVG bedarf es für die Möglichkeit des Einwirkens auf den Arbeitgeber deshalb nicht.
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cc) Hätte im Übrigen der Arbeitgeber die Möglichkeit einer in diesem Sinne folgenlosen vorsorglichen Kündigung während des Verfahrens nach § 103 Abs. 2 BetrVG nicht, könnte ihn das Zusammenspiel schwer einschätzbarer betriebsverfassungsrechtlicher Verfahrenslagen mit der Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB in kaum auflösbare Dilemmata führen (vgl. APS/Linck 3. Aufl. § 103 BetrVG Rn. 36, 37a; Diller NZA 2004, 579). Die Ausübung eines bestehenden Rechts - auch des Rechts zur außerordentlichen Kündigung - darf nicht durch Verfahrensvorschriften derart erschwert werden, dass dieses praktisch nicht mehr verwirklicht werden kann. So hat etwa der Senat schon bisher Kündigungen als nicht nach § 626 Abs. 2 BGB verfristet angesehen, wenn der Arbeitgeber irrtümlich das Bestehen von Sonderkündigungsschutz annahm und nach Kenntnis von den Kündigungsgründen zunächst ein Verfahren zur Klärung der Frage durchführte, ob Sonderkündigungsschutz bestand (Senat 27. März 1991 - 2 AZR 418/90 - RzK II 1a Nr. 5; ebenso KR/Etzel 9. Aufl. § 103 BetrVG Rn. 113a).
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Der durch § 103 Abs. 1 BetrVG gewährte Schutz des Arbeitnehmers wird durch die Möglichkeit der vorsorglichen Kündigung nicht beeinträchtigt. Steht ihm dieser Schutz materiellrechtlich weiterhin zu, so bleibt er ihm in Gestalt des weiterzuführenden Verfahrens nach § 103 Abs. 2 BetrVG ungeschmälert erhalten. Auch kann der Arbeitgeber auf eine von ihm durchgeführte Anhörung weiterhin nur eine Kündigung stützen: entweder diejenige, zu der er die Zustimmung des Betriebsrats benötigt und erstrebt, oder die vorsorglich - für den Fall, dass es einer Zustimmung nicht bedarf - ausgesprochene Kündigung.
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2. Ob der Antrag begründet ist, kann der Senat nicht entscheiden. Tatsachenfeststellungen hat das Landesarbeitsgericht hierzu nicht getroffen.
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