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BSG 17.12.2019 - B 8 SO 8/19 B
BSG 17.12.2019 - B 8 SO 8/19 B - Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Verfahrensmangel - Prozessurteil statt Sachurteil - Zulässigkeit einer vorbeugenden Feststellungsklage bzw einer Elementenfeststellungsklage - fortwirkender Verfahrensmangel - Bestätigung des erstinstanzlichen Prozessurteils durch das LSG
Normen
§ 160a Abs 1 S 1 SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 55 Abs 1 Nr 1 SGG
Vorinstanz
vorgehend SG Berlin, 22. September 2017, Az: S 195 SO 265/17
vorgehend Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, 25. Oktober 2018, Az: L 23 SO 248/17, Urteil
Tenor
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Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 25. Oktober 2018 wird als unzulässig verworfen.
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Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
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I. Im Streit ist die Feststellung, dass der Kläger nicht verpflichtet ist, Wohngeld nach dem Wohngeldgesetz (WoGG) zu beantragen, um Bedürftigkeit nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) abzuwenden.
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Der 1950 geborene Kläger erhielt neben einer nicht bedarfsdeckenden Altersrente vom Beklagten ergänzend Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (Grundsicherungsleistungen) nach dem Vierten Kapitel des SGB XII. Nachdem ihn der Beklagte hierzu aufgefordert hatte, beantragte er im November 2016 Leistungen nach dem WoGG, die er seither laufend erhält. Der Beklagte hob die Leistungsbewilligung nach dem SGB XII für die Zeit ab 1.1.2017 auf, weil der für den Kläger ermittelte Wohngeldanspruch höher sei als der errechnete Anspruch auf Grundsicherungsleistungen (Bescheid vom 7.12.2016; Widerspruchsbescheid vom 8.2.2017).
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Im Klageverfahren hat der Kläger zuletzt die Feststellung beantragt, dass er nicht verpflichtet sei, Wohngeld zu beantragen, solange er dem Grunde nach Leistungen nach dem SGB XII beanspruchen könne. Das Sozialgericht (SG) Berlin hat die Klage als unzulässig abgewiesen; das Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg hat die Berufung als unbegründet zurückgewiesen (Urteil des SG vom 22.9.2017; Urteil des LSG vom 25.10.2018). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, die Feststellungsklage sei unzulässig. Ein Feststellungsinteresse bestehe nicht, weil nichts dafür ersichtlich sei, dass der Beklagte bei Nichtinanspruchnahme von Wohngeld durch den Kläger Grundsicherungsleistungen ablehnen würde. Dies liege unter anderem deshalb nicht nahe, weil der Beklagte nach Auffassung des Senats einen möglichen Anspruch des Klägers nach dem WoGG in diesem Fall auf Grundlage von § 95 SGB XII selbst realisieren könne.
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Der Kläger macht mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde einen Verfahrensmangel geltend. Das LSG habe die Klage zu Unrecht mit der Begründung abgewiesen, dass kein Feststellungsinteresse bestehe. Die Abweisung der Klage durch Prozessurteil statt durch Sachurteil stelle einen Verfahrensmangel dar.
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II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der Zulassungsgrund des Verfahrensmangels (§ 160 Abs 2 Nr 3 Sozialgerichtsgesetz <SGG>) nicht in der gebotenen Weise bezeichnet worden ist. Der Senat konnte deshalb über die Beschwerde ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter nach § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 3 SGG entscheiden.
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Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 Satz 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Ein Verfahrensmangel liegt vor, wenn statt einer Sachentscheidung zu Unrecht ein Prozessurteil ergangen ist (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 160 RdNr 19; Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, 2. Aufl 2010, RdNr 658 ff jeweils mwN). Von einem fortwirkenden Verfahrensmangel ist auszugehen, wenn anstelle eines erstinstanzlichen Prozessurteils eine Sachentscheidung hätte ergehen müssen und das LSG das Prozessurteil des SG bestätigt (zuletzt etwa BSG vom 31.7.2017 - B 13 R 140/17 B - juris RdNr 5; BSG vom 6.2.2017 - B 4 AS 47/16 BH - juris RdNr 10).
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Den Verfahrensfehler, SG und LSG hätten in der Sache entscheiden müssen und kein Prozessurteil erlassen dürfen, hat der Kläger nicht diesen Erfordernissen entsprechend bezeichnet. Es fehlen ausreichende Darlegungen dazu, dass die von ihm begehrte Feststellungsklage hätte Erfolg haben müssen und die die Berufung zurückweisende Entscheidung des LSG also auf dem geltend gemachten Verfahrensfehler beruht, wie es § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1 SGG voraussetzt.
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Der Kläger hat zwar die Zulässigkeitsvoraussetzungen für die begehrte vorbeugende Feststellung eines negativen Tatbestandsmerkmals dargestellt. Danach kann nach § 55 Abs 1 Nr 1 SGG mit der Feststellungsklage das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Als sogenannte vorbeugende Feststellungsklage kann sich die begehrte Feststellung darauf beziehen, künftiges Verwaltungshandeln aus einem bestehenden Rechtsverhältnis zu unterbinden, wenn ein solches in Form belastender Maßnahmen bevorsteht. Schließlich ist auch die Feststellung einzelner Elemente eines Rechtsverhältnisses zulässig, wenn sicher anzunehmen ist, dass dadurch der Streit der Beteiligten insgesamt bereinigt wird (BSG vom 5.7.2018 - B 8 SO 21/16 R - SozR 4-3500 § 94 Nr 1 RdNr 17; BSG vom 15.6.2016 - B 4 AS 36/15 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 90 RdNr 18 mwN).
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Abgesehen davon, dass die klägerischen Ausführungen zu der von ihm letztlich mit dem Verfahren angestrebten Klärung des behaupteten "Zuständigkeitskonflikts" nur schwer verständlich sind, fehlen bezogen auf den vorliegenden Sachverhalt jedenfalls ausreichende Darlegungen dazu, dass es zur Klärung der Frage, welches Sozialsystem für ihn zuständig sei, einer Feststellungsklage bedarf und diese auch zur abschließenden Klärung der streitigen Fragen führt. Der Kläger trägt zwar vor, ein Interesse bestehe deshalb, weil der Beklagte einen Antrag auf Leistungen nach dem SGB XII mit dem Hinweis auf den Nachranggrundsatz in § 2 SGB XII in dem Fall ablehnen werde, dass er keinen Antrag auf Wohngeld stelle. Es fehlt aber eine Auseinandersetzung mit den Ausführungen des LSG, eine Ablehnung von Leistungen der Grundsicherung sei deshalb nicht zu erwarten, weil der Beklagte zunächst Leistungen nach dem SGB XII gewähren werde, um anschließend die Feststellung des vorrangigen Wohngeldanspruchs nach § 95 SGB XII selbst zu betreiben. Damit fehlen ausreichende Darlegungen dazu, dass mit der Feststellung, er selbst sei nicht verpflichtet, vorrangig Leistungen nach dem WoGG in Anspruch zu nehmen, das künftige Rechtsverhältnis zwischen ihm und dem Beklagten abschließend geklärt wird (vgl zu diesem Erfordernis BSG vom 5.7.2018 - B 8 SO 21/16 R - SozR 4-3500 § 94 Nr 1) und damit im Ergebnis der begehrten Feststellung ohne weiteren Streit die vom Kläger behauptete vorrangige Leistungspflicht des Beklagten feststeht.
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Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
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