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BSG 08.08.2019 - B 5 R 282/18 B
BSG 08.08.2019 - B 5 R 282/18 B - Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - grundsätzliche Bedeutung - Divergenz - Verfassungswidrigkeit
Normen
§ 160a Abs 2 S 3 SGG, § 160a Abs 4 S 1 SGG, § 169 SGG, § 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 160 Abs 2 Nr 2 SGG, FRG, Art 3 Abs 1 GG
Vorinstanz
vorgehend SG Speyer, 12. Oktober 2016, Az: S 10 R 181/16
vorgehend Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, 12. September 2018, Az: L 6 R 454/16, Urteil
Tenor
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Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 12. September 2018 wird als unzulässig verworfen.
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Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.
Gründe
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Mit Urteil vom 12.9.2018 hat das LSG Rheinland-Pfalz einen Anspruch des Klägers auf höhere Altersrente abgelehnt, weil seine in der ehemaligen Sowjetunion zurückgelegten Beschäftigungszeiten nicht nach dem FRG zu berücksichtigen seien. Der Kläger sei weder anerkannter Vertriebener oder anerkannter Spätaussiedler, noch falle er als Ehegatte einer Spätaussiedlerin in den Anwendungsbereich des § 1 Buchst a FRG.
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Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat der Kläger Beschwerde beim BSG eingelegt. Er beruft sich auf eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG (dazu 1.) und auf Divergenz iS des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG (dazu 2.).
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Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig, weil sie nicht formgerecht begründet ist.
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Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
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die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG),
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das Urteil von einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (aaO Nr 2) oder
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ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (aaO Nr 3).
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Derartige Gründe werden in der Beschwerdebegründung nicht nach Maßgabe der Erfordernisse des § 160a Abs 2 S 3 SGG dargetan. Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 S 1 iVm § 169 SGG zu verwerfen.
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1. Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (so genannte Breitenwirkung) darlegen (zum Ganzen vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN; Fichte in Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl 2014, § 160a RdNr 32 ff).
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Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.
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Der Kläger formuliert die Frage:
"Zählen Ehegatten eines Spätaussiedlers im Sinne des § 1 lit. a Alternative 1 FRG ebenso wie Ehegatten eines Vertriebenen im Sinne des § 1 lit. a Alternative 2 FRG zu dem von § 1 lit. a FRG erfassten Personenkreis?"
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Bei verständiger Würdigung nach dem Gesamtzusammenhang stellt der Kläger mit dieser Formulierung die Frage, ob Ehegatten von Spätaussiedlern ebenso wie Ehegatten von Vertriebenen in den Geltungsbereich des § 1 Buchst a FRG einbezogen sind. Die Klärungsbedürftigkeit dieser Frage legt der Kläger nicht hinreichend dar.
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Eine Rechtsfrage, die das BSG bereits entschieden hat, ist nicht mehr klärungsbedürftig und kann somit keine grundsätzliche Bedeutung mehr haben, es sei denn, die Beantwortung der Frage ist aus besonderen Gründen klärungsbedürftig geblieben oder erneut geworden; das muss substantiiert vorgetragen werden (BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 21, Juris RdNr 12). Der Kläger hätte in seiner Begründung unter Auswertung der Rechtsprechung des BSG zu dem angesprochenen Problemkreis aufzeigen müssen, dass zu diesem Fragenbereich noch keine höchstrichterliche Entscheidung ergangen oder durch die schon vorliegenden Urteile die hier maßgebende Frage von grundsätzlicher Bedeutung noch nicht beantwortet worden oder erneut klärungsbedürftig geworden ist.
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Er hätte hier vor allem auf die Urteile des BSG vom 23.6.1999 (B 5 RJ 44/98 R - SozR 3-5050 § 1 Nr 4) und vom 26.1.2000 (B 13 RJ 39/98 R) eingehen müssen, auf die sich das LSG im Hinblick auf die vom Kläger aufgeworfene Rechtsfrage maßgeblich gestützt hat und die die gestellte Frage beantwortet haben. Hiernach setzt § 1 FRG die Anerkennung als Vertriebener oder Spätaussiedler voraus; der Spätaussiedlerstatus erstreckt sich nicht auf Ehegatten von Spätaussiedlern, die nicht selbst anerkannte Spätaussiedler sind. Diese Rechtsprechung wird in der Beschwerdebegründung mit keinem Wort erwähnt. Dass das BSG diese Rechtsprechung in der Entscheidung vom 21.3.2006 ausdrücklich bestätigt hat (BSGE 96, 93 = SozR 4-7140 § 100 Nr 1, RdNr 14), wird ebenfalls nicht thematisiert. Weshalb sich die von ihm gestellte Frage nach diesen Entscheidungen des BSG nicht beantworten lässt, zeigt der Kläger daher nicht auf, ebenso wenig, weshalb sie ggf klärungsbedürftig geblieben oder erneut geworden ist.
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In seiner Beschwerdebegründung vertritt der Kläger die Auffassung, eine unterschiedliche Behandlung von Ehegatten von Spätaussiedlern einerseits und Ehegatten von Vertriebenen andererseits sei nicht gerechtfertigt. Während Ehegatten von Spätaussiedlern nach § 15 BVFG ihre Spätaussiedlereigenschaft nachweisen müssten, gälten Ehegatten eines Vertriebenen nach Maßgabe des § 1 Abs 3 BVFG selbst als Vertriebene. Dies sei eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung beider Gruppen. Soweit der Kläger damit die Klärungsbedürftigkeit seiner Rechtsfrage mit einem Verstoß des § 1 Buchst a FRG gegen Art 3 Abs 1 GG geltend machen will, sind diese Ausführungen unzureichend. Die bloße Äußerung von verfassungsrechtlichen Bedenken genügt nicht (BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 23, Juris RdNr 5). Der Kläger hat nicht einmal ausdrücklich benannt, welche Vorschrift des Grundgesetzes verletzt ist (vgl zu diesem Erfordernis BSG SozR 1500 § 160a Nr 11).
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Wer mit der Nichtzulassungsbeschwerde einen Verfassungsverstoß geltend macht, darf sich darüber hinaus nicht auf die bloße Benennung angeblich verletzter Grundrechte beschränken. Vielmehr muss der Beschwerdeführer unter Auswertung der einschlägigen Rechtsprechung des BVerfG und des BSG zu den gerügten Verfassungsnormen bzw -prinzipien in substantieller Argumentation darlegen, welche gesetzlichen Regelungen welche Auswirkungen haben und woraus sich im konkreten Fall die Verfassungswidrigkeit ergeben soll. Hierzu müssen der Bedeutungsgehalt der in Frage stehenden einfachgesetzlichen Normen aufgezeigt, die Sachgründe der jeweiligen Ausgestaltung erörtert und die Verletzung der konkreten Regelung des Grundgesetzes im Einzelnen dargelegt werden. Es ist aufzuzeigen, dass der Gesetzgeber die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit überschritten und in willkürlicher Weise verletzt hat (vgl BSG Beschluss vom 14.12.2017 - B 5 R 202/17 B - Juris RdNr 8; BSG Beschluss vom 4.10.2017 - B 12 R 6/17 B - Juris RdNr 15). Ausreichende Darlegungen liegen dazu nicht vor. Der Kläger setzt sich auch insoweit nicht mit den vom LSG zitierten Urteilen des BSG auseinander. In seiner Entscheidung vom 26.1.2000 hat das BSG die Entwicklung des Flüchtlings- und Vertriebenenrechts und die nach dem Zeitpunkt der Ausreise vorgenommene Unterscheidung zwischen Vertriebenen und Spätaussiedlern dargestellt. Dabei hat es im Hinblick auf die geänderte politische Situation und die damit zusammenhängende geänderte gesetzgeberische Intention (vgl Begründung der Bundesregierung zum Kriegsfolgenbeseitigungsgesetz BT-Drucks 12/3212 S 19 f) die unterschiedliche Behandlung von Ehegatten von Vertriebenen und solchen von Spätaussiedlern ausdrücklich gebilligt (B 13 RJ 39/98 R - Juris RdNr 31). Die Verfassungsbeschwerde gegen dieses Urteil ist nicht zur Entscheidung angenommen worden (Beschluss vom 25.8.2000 - 1 BvR 934/00). Hierzu verhält sich die Beschwerdebegründung nicht.
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Die weitere Begründung zur Klärungsbedürftigkeit steht in keinem erkennbaren Zusammenhang zur formulierten Rechtsfrage. Der Kläger meint, aus einem Urteil des BVerwG in einem Verfahren gegen das Bundesverwaltungsamt (1 C 29/14 - BVerwGE 152, 283) ergebe sich, dass das LSG seinen Status als "Vertriebener" eigenständig hätte prüfen müssen. Das LSG habe vom BVerwG aufgestellte Grundsätze außer Acht gelassen. Die Vorgehensweise der Beklagten sei nicht am Maßstab des Art 19 Abs 4 GG geprüft worden. Mit diesem Vorbringen bringt der Kläger lediglich zum Ausdruck, dass er die Entscheidung des LSG inhaltlich für unrichtig hält; dies kann indes nicht zur Zulassung der Revision führen (stRspr, vgl zB BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 22 RdNr 4; BVerfG SozR 4-1500 § 178a Nr 11 RdNr 28 mwN).
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2. Den Zulassungsgrund einer Divergenz iS des § 160a Abs 2 Nr 2 SGG hat der Kläger ebenfalls nicht hinreichend dargelegt.
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Wer sich auf den Zulassungsgrund der Divergenz beruft, muss entscheidungstragende abstrakte Rechtssätze im Urteil des Berufungsgerichts einerseits und in einem Urteil des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG andererseits gegenüberstellen und Ausführungen dazu machen, weshalb beide miteinander unvereinbar sein sollen (vgl BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 28 RdNr 4; BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 26 S 44). Eine Abweichung liegt nicht schon dann vor, wenn das LSG einen Rechtssatz nicht beachtet oder unrichtig angewandt hat, sondern erst dann, wenn es diesem Rechtssatz widersprochen, also einen anderen Rechtssatz aufgestellt und angewandt hat; nicht die Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die Zulassung der Revision wegen Divergenz (vgl zum Ganzen BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 72 mwN; BSG Beschluss vom 7.10.2009 - B 1 KR 15/09 B - RdNr 8 mwN). Das LSG-Urteil einerseits und die höchstrichterliche Entscheidung andererseits müssen jeweils abstrakte Rechtssätze enthalten, die einander widersprechen. Das muss in der Beschwerdebegründung aufgezeigt werden. Daran fehlt es hier.
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Der Kläger zitiert zunächst den Satz aus einem Urteil des BSG vom 21.3.2006 (B 5 RJ 54/04 R - BSGE 96, 93 = SozR 4-7140 § 100 Nr 1, RdNr 23): "Das LSG wird nunmehr die Vertriebeneneigenschaft der Klägerin materiell-rechtlich zu prüfen haben." Dies ist bereits kein abstrakter Rechtssatz, sondern eine Aussage zum konkreten Einzelfall. Diesem Satz stellt der Kläger einen Passus aus dem angefochtenen Urteil des LSG entgegen: "Wie die Beklagte dazu zutreffend ausführt, betrifft die zitierte Rechtsprechung eine andere Konstellation als die hiesige und ist daher nicht vergleichbar. Denn im vom BSG entschiedenen Verfahren stand der dortigen Klägerin hinsichtlich der Überprüfung der Entscheidung der Vertriebenenbehörde eine andere gerichtliche Kontrollmöglichkeit nicht zur Verfügung, während vorliegend der Antrag des Klägers auf Erteilung einer Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG vom BVA mit Bescheid vom 27.10.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.11.2014 bestandskräftig abgelehnt worden ist." Das LSG begründet mit der Passage, weshalb es die Entscheidung des BSG vom 21.3.2006 für die vorliegende Fallkonstellation nicht für einschlägig hält. Der Kläger zeigt nicht auf, dass das LSG damit einen - von der Rechtsprechung des BSG abweichenden - Rechtssatz aufgestellt hat. Aus den weiteren Ausführungen ist vielmehr zu schließen, dass der Kläger eine Verkennung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und damit die Unrichtigkeit der Entscheidung des LSG geltend macht und nicht eine Divergenz im Grundsätzlichen. Hierauf kann eine Nichtzulassungsbeschwerde indes nicht gestützt werden.
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Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 und 4 SGG.
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