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BSG 27.06.2019 - B 5 R 36/17 R
BSG 27.06.2019 - B 5 R 36/17 R - Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung - Witwe mit Wohnsitz in Polen seit 1982 - Zuständigkeit des polnischen Versicherungsträgers für die rentenrechtliche Berücksichtigung von vor dem 1.1.1991 zurückgelegten Versicherungszeiten
Normen
§ 30 Abs 1 SGB 1, § 30 Abs 2 SGB 1, § 37 SGB 1, § 46 Abs 2 SGB 6, § 110 Abs 1 SGB 6, § 110 Abs 2 SGB 6, § 110 Abs 3 SGB 6, Art 6 EWGV 1408/71, Art 7 Abs 2 Buchst c EWGV 1408/71, Anh 3 EWGV 1408/71, Art 8 Abs 1 S 1 EGV 883/2004, Art 8 Abs 1 S 2 EGV 883/2004, Art 8 Abs 1 S 3 EGV 883/2004, Anh 2 EGV 883/2004, Art 45 EUGrdRCh, Art 52 Abs 2 EUGrdRCh, Art 20 Abs 2 S 2 Buchst a AEUV, Art 21 AEUV, Art 3 SozSichAbk POL, Art 27 Abs 2 SozSichAbk POL, Art 4 SozSichAbkPOLG, Art 4 RV/UVAbk POL, Art 31 VtrRKonv
Vorinstanz
vorgehend SG Frankfurt (Oder), 1. März 2017, Az: S 29 R 520/16, Urteil
vorgehend Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, 6. Dezember 2017, Az: L 16 R 245/17, Urteil
Leitsatz
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Nach dem übereinstimmenden Verständnis der Vertragspartner der deutsch-polnischen Sozialversicherungsabkommen (juris: RV/UVAbk POL und SozSichAbk POL) entsprechend der Wiener Vertragsrechtskonvention (juris: VtrRKonv) ist für die rentenrechtliche Berücksichtigung von vor dem 1.1.1991 zurückgelegten Versicherungszeiten der polnische Versicherungsträger zuständig, wenn eine Hinterbliebene vor dem 1.1.1991 ihren Wohnsitz in Polen hatte und weiterhin dort ansässig ist.
Tenor
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Auf die Revision der Beklagten werden die Urteile des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 6. Dezember 2017 und des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 1. März 2017 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
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Die Beteiligten haben einander in allen Rechtszügen keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand
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Die Klägerin begehrt eine höhere Witwenrente. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob das deutsch-polnische Sozialversicherungsabkommen von 1975 (DPSVA 1975) Anwendung findet.
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Die Klägerin ist 1949 geboren und polnische Staatsangehörige. Sie ist keine anerkannte Vertriebene/Spätaussiedlerin und lebt nach einem Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland seit 1982 durchgehend in Polen.
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Sie ist die Witwe des 1935 geborenen und 2015 verstorbenen W. K. (Versicherter). Dieser legte vom 27.1.1954 bis 25.11.1963 Versicherungszeiten nach polnischem Rentenrecht zurück. Am 22.8.1966 reiste er als anerkannter Vertriebener/Spätaussiedler in die Bundesrepublik Deutschland ein und erwarb ab dem 10.10.1966 Pflichtbeitragszeiten zur gesetzlichen Rentenversicherung. Vom 1.8.1982 bis 31.8.1984 legte der Versicherte erneut Beitragszeiten in Polen zurück. Ab dem 1.9.1984 lebte und arbeitete er erneut in Deutschland. Seit dem 1.1.1996 bezog er eine Altersrente, bei deren Berechnung das DPSVA 1975 Anwendung fand. Nach seiner Rückkehr nach Polen im November 2004 wurde der Altersrentenanspruch des Versicherten ab 1.12.2005 neu festgestellt (Bescheid vom 4.11.2005). Grundlage für die Neuberechnung war nunmehr die VO 1408/71.
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Auf ihren Antrag bewilligte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 8.3.2016 ab 1.9.2015 eine Witwenrente iHv 37,35 Euro. Der Berechnung zugrunde gelegt wurden ausschließlich die nach dem 31.12.1990 zurückgelegten deutschen Beitragszeiten. Die Abgeltung der vor dem 1.1.1991 liegenden deutschen Zeiten obliege dem polnischen Versicherungsträger. Den Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit bestandskräftigem Widerspruchsbescheid vom 29.4.2016 zurück. Um eine Rentenleistung unter Anwendung des DPSVA 1975 aus der deutschen Rentenversicherung erhalten zu können, müssten Antragsteller ua bis zum 31.12.1990 ihren Wohnort in Deutschland begründet und dauerhaft beibehalten haben. Da sie durchgehend in Polen gewohnt habe, komme europäisches Verordnungsrecht zur Anwendung mit der Folge, dass der deutsche Rentenversicherungsträger nur für nach dem 31.12.1990 in Deutschland zurückgelegte Versicherungszeiten Rentenzahlungen leiste. Einen Überprüfungsantrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 14.9.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7.10.2016 ab.
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Auf ihre Klage hat das SG die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 14.9.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7.10.2016 verpflichtet, den Rentenbescheid vom 8.3.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.4.2016 zu ändern und die Witwenrente ab Rentenbeginn unter Berücksichtigung der Anzahl der Entgeltpunkte zu gewähren, die zuletzt bei der Rentengewährung des Versicherten aufgrund seiner in der Bundesrepublik zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten berücksichtigt wurden. Die Beklagte sei auch für die Erbringung der Rentenleistung für die in Deutschland zurückgelegten Beitragszeiten vom 10.10.1966 bis 31.12.1990 zuständig. Dies ergebe sich allerdings nicht bereits aus § 88 Abs 2 Satz 1 SGB VI. Bei den deutsch-polnischen SV-Abkommen handele es sich um § 88 Abs 2 SGB VI verdrängende Spezialregelungen. Ausgehend vom Wortlaut sowie Zweck und Ziel der im Jahr 1990 getroffenen Neuregelungen des deutsch-polnischen Sozialversicherungsabkommens 1990 (DPSVA 1990) ergebe sich eine eindeutige Fortgeltung des DPSVA 1975 nur für diejenigen Fälle der Renten wegen Todes, in denen bereits zum Stichtag des 31.12.1990 durch das Ableben des Versicherten eine Berechtigung, also mindestens eine Anwartschaft auf eine Hinterbliebenenleistung, bestanden habe. Zumindest in Fällen wie hier, in denen die Rente des Versicherten zu einem nach dem 31.12.1990 liegenden Zeitpunkt nicht mehr unter Anwendung des DPSVA 1975 berechnet worden sei, bestehe keine Rechtsgrundlage für die erneute Anwendbarkeit dieses Abkommens auf die Hinterbliebenenrente. Art 27 Abs 2 DPSVA 1990 gelte nur für "erworbene Ansprüche und Anwartschaften". Damit habe zum einen vermieden werden sollen, dass Berechtigte aufgrund der Neuregelung eine verfassungsrechtlich gesicherte Rechtsposition verlören. Zum anderen hätten aus Gründen des Verwaltungsaufwandes nicht hunderttausende Renten neu berechnet werden sollen. Nach dem Wortlaut und wohl dem Vertragszweck betreffe Art 27 Abs 2 DPSVA 1990 nur einen Teil der Hinterbliebenen, nämlich die, bei denen der Leistungsfall "Ableben des Versicherten" bis zum Stichtag eingetreten sei. In den Fällen, in denen der Versicherte am 31.12.1990 (bzw 30.6.1991) noch gelebt habe, seien die zukünftigen Hinterbliebenen noch keine Berechtigten iS des Art 4 DPSVA 1975 gewesen. Die erneute Anwendung des DPSVA 1975 bringe für beide Vertragsstaaten einen Verwaltungsmehraufwand. Wegen des Grundsatzes der Parallelität von Beitragszahlung und hieraus entstehenden Ansprüchen und Anwartschaften stelle das (dem DPSVA 1975 zugrundeliegende) Eingliederungsprinzip gegenüber dem (im DPSVA 1990 vereinbarten) Leistungsexportprinzip eine abweichende, begründungsbedürftige Ausnahme dar. Die historischen Gründe für das Eingliederungsprinzip (und damit für die Anwendung des DPSVA 1975) seien zumindest zu guten Teilen weggefallen. Das Leistungsexportprinzip entspreche auch dem Recht der Europäischen Union.
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Die dagegen eingelegte Berufung hat das LSG mit Urteil vom 6.12.2017 zurückgewiesen und auf die Begründung des SG verwiesen. Ergänzend hat es ausgeführt, eine von Art 14 GG geschützte Anwartschaft auf Hinterbliebenenrente entstehe frühestens mit dem Ableben des Versicherten. Eine beizubehaltende Rechtsposition oder einen Rechtsstatus auf der Grundlage des DPSVA 1975 habe die Klägerin in Bezug auf ihre Witwenrente zu keiner Zeit inne gehabt.
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Mit ihrer vom LSG zugelassenen Revision wendet sich die Beklagte gegen die Entscheidungen des SG und des LSG. Es werde übersehen, dass es sich bei den DPSVA 1975 und 1990 um zwischenstaatliche Regelungen handele, sodass ein deutscher Rentenversicherungsträger selbst dann keine Leistungen zuerkennen und an eine im Gebiet der Republik Polen wohnende Person auszahlen dürfe, wenn ein solcher Anspruch allein auf der Grundlage des innerstaatlichen Rechts an sich bestehe. Zudem seien beide Vertragsstaaten gehindert, das im DPSVA 1975 verankerte Eingliederungsprinzip einseitig im Wege innerstaatlicher Gesetzgebung zu erweitern oder einzuschränken. Tatsächlich werde in Fällen wie dem der Klägerin von beiden Abkommenspartnern das DPSVA 1975 angewendet. Im Zeitraum von 2000 bis 2002 hätten Gespräche der Vertragsparteien über die Anwendung des Art 27 Abs 2 DPSVA bei Hinterbliebenen stattgefunden. Die Abkommenspartner seien sich einig gewesen, dass das DPSVA 1975 über Art 27 Abs 2 DPSVA 1990 weiterhin für Berechtigte gelten solle, die vor dem 1.1.1991 ihren Wohnsitz in einem der beiden Vertragsstaaten genommen und seitdem diesen Wohnsitz beibehalten haben. Dass die Anwendung des DPSVA 1975 nicht gegen Europarecht verstoße, habe das BSG mit Urteil vom 10.7.2012 - B 13 R 17/11 R - festgestellt. Den Ausführungen des BSG sei zu entnehmen, dass nicht auf einen Anspruch, sondern lediglich auf die Beibehaltung des Wohnortes abzustellen sei. Das ergebe sich auch bei einer Auslegung nach dem Wiener Übereinkommen über das Recht der Verträge vom 23.5.1969.
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Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 6. Dezember 2017 und des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 1. März 2017 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
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Sie hält die Entscheidungen des LSG und des SG für zutreffend und bezweifelt eine zwischen den Abkommenspartnern bestehende Übereinkunft.
Entscheidungsgründe
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Die kraft Zulassung durch das LSG statthafte Revision (§ 160 Abs 1 Halbsatz 1 SGG) der Beklagten ist auch im Übrigen zulässig und begründet. Die Urteile des LSG und des SG waren aufzuheben. Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf höhere Witwenrente.
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Der nach § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X geltend gemachte Anspruch auf Rücknahme des bestands-kräftigen Bescheides und Gewährung höherer Witwenrente steht der Klägerin nicht zu. Nach § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X ist ein nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass des Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Der Bescheid vom 8.3.2016 ist rechtmäßig. Weder ist die Beklagte von einem "unrichtigen Sachverhalt" ausgegangen noch hat sie das "Recht unrichtig angewandt".
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1. Rechtsgrundlage für eine Witwenrente der Klägerin ist § 46 Abs 2 SGB VI. Die Höhe der Witwenrente hat die Beklagte zutreffend unter Anwendung der deutsch-polnischen Sozialversicherungsabkommen von 1990 und 1975 nur unter Berücksichtigung der nach dem 31.12.1990 vom Ehemann der Klägerin in Deutschland zurückgelegten Versicherungszeiten berechnet. Für die Berücksichtigung der vor dem 1.1.1991 zurückgelegten Zeiten ist der polnische Versicherungsträger zuständig.
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Da die Klägerin im Ausland wohnt, richtet sich der Anwendungsbereich der nationalen Vor-schriften nach den speziellen auslandsrentenrechtlichen Kollisionsregelungen in § 110 SGB VI, die gemäß § 37 Satz 1 und 2 SGB I Vorrang vor den allgemeinen Kollisionsvorschriften in § 30 Abs 1 und 2 SGB I haben (vgl BSGE 111, 184 = SozR 4-5075 § 1 Nr 9, RdNr 12; BSG SozR 3-6960 Teil II Art 8 Nr 1 S 5; zum Verhältnis des DPSVA 1975 als speziellere Regelung zum AVG: BSG SozR 3-1200 § 30 Nr 5 S 9; BSG SozR 3-2600 § 71 Nr 2 S 23: Art 22 Nr 3 Abk Israel SozSich als lex specialis zu §§ 71 bis 74 SGB VI). Danach erhalten Berechtigte, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben, Leistungen wie Berechtigte mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland (§ 110 Abs 2 iVm Abs 1 SGB VI), soweit nicht die nachfolgenden Vorschriften über Leistungen an Berechtigte im Ausland (§§ 111 bis 114 SGB VI) etwas anderes bestimmen oder soweit nicht nach über- und zwischenstaatlichem Recht etwas anderes bestimmt ist (§ 110 Abs 3 SGB VI). Der Vorrang von Regelungen des über- und zwischenstaatlichen Rechts ist in § 110 Abs 3 SGB VI in gleicher Weise wie in § 30 Abs 2 SGB I angeordnet (BSGE 111, 184 = SozR 4-5075 § 1 Nr 9, RdNr 12). Nach dem danach hier vorrangig geltenden zwischenstaatlichen Recht ist gemäß Art 27 Abs 2 DPSVA 1990 auf die Ansprüche der Klägerin das DPSVA 1975 anwendbar.
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2. Beide Sozialversicherungsabkommen zählen zu dem nach § 110 Abs 3 SGB VI auch für die Höhe des Witwenrentenanspruchs anwendbaren zwischenstaatlichen Recht. Sie wurden durch Zustimmungsgesetze in innerstaatliches Recht transformiert (Gesetze vom 12.3.1976 <BGBl II 393> und vom 18.6.1991 <BGBl II 741>). Für die vor dem 1.1.1991 zurückgelegten Zeiten des Versicherten hat die Beklagte hier zutreffend das DPSVA 1975 angewendet. Nach Art 4 dieses Abkommens sind entsprechend dem Eingliederungsprinzip vom Rentenversicherungsträger des Wohnsitzstaates auch die in dem anderen Staat zurückgelegten Zeiten zu berücksichtigen. Die Regelungen des DPSVA 1975 sind hier nach Art 27 Abs 2 Satz 1 DPSVA 1990 weiterhin zugrunde zu legen, weil die Klägerin seit 1982 unverändert in Polen lebt. § 27 Abs 2 des DPSVA 1990 bestimmt: "Die vor dem 1.1.1991 aufgrund des Abkommens vom 9.10.1975 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen über Renten- und Unfallversicherung (Abkommen von 1975) von Personen in einem Vertragsstaat erworbenen Ansprüche und Anwartschaften werden durch dieses Abkommen nicht berührt, solange diese Personen auch nach dem 31.12.1990 ihren Wohnort im Hoheitsgebiet dieses Vertragsstaates beibehalten. Für die Ansprüche dieser Personen in der Renten- und Unfallversicherung gelten die Bestimmungen des Abkommens von 1975; ...".
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a) Art 27 Abs 2 Satz 1 DPSVA 1990 ist nicht infolge des Beitritts Polens zur Europäischen Union (EU) am 1.5.2004 durch europarechtliche Regelungen verdrängt worden. Als überstaatlichem Recht iS des § 110 Abs 3 SGB VI kommt auch ihnen Vorrang vor den nationalen Bestimmungen zu. Zwar war mit dem Wirksamwerden des Beitritts Polens zur EU die EWGV 1408/71 auch im Verhältnis zu Polen anzuwenden. Nach Art 6 der EWGV 1408/71 (vom 14.6.1971, ABl L 149 vom 5.7.1971, S 2 in der konsolidierten Fassung, ABl EG Nr L 28 vom 30.1.1997, zuletzt geändert durch VO <EG> 592/2008 vom 17.6.2008, ABl EG Nr L 177/1 vom 4.7.2008) traten grundsätzlich die Regelungen des Gemeinschaftsrechts an die Stelle der Abkommen über soziale Sicherheit. Nach Art 7 Abs 2 Buchst c dieser Verordnung blieben aber die in Anh III aufgeführten Bestimmungen der Abkommen über soziale Sicherheit anwendbar. Unter Nr 84a des Anh III der EWGV 1408/71 war das "Abkommen vom 9.10.1975 über Renten- und Unfallversicherung, unter den in Art. 27 Abs. 2 bis 4 des Abkommens vom 8.12.1990 über soziale Sicherheit festgelegten Bedingungen" als gemäß Art 7 Abs 2 Buchst c weiterhin geltende Bestimmung als Abkommen über soziale Sicherheit aufgeführt.
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Auch Art 8 Abs 1 Satz 1 der EGV 883/2004 (vom 29.4.2004, ABl EU Nr L 166/1 vom 30.4.2004), die seit dem 1.5.2010 (Art 91 Satz 2 VO 883/2004 iVm Art 97 VO 987/2009) die EWGV 1408/71 abgelöst hat (Art 90 Abs 1 Satz 1 EGV 883/2004), enthält die Bestimmung, dass diese Verordnung an die Stelle aller zwischen den Mitgliedstaaten geltenden Abkommen über soziale Sicherheit tritt. Einzelne Regelungen der SV-Abkommen gelten jedoch fort, sofern sie für die Berechtigten günstiger sind oder sich aus besonderen historischen Umständen ergeben und ihre Geltung zeitlich begrenzt ist. Um weiterhin Anwendung zu finden, müssen diese Bestimmungen in Anh II EGV 883/2004 aufgeführt sein (Art 8 Abs 1 Satz 2 und Satz 3 EGV 883/2004). Letzteres ist hier der Fall. In Anh II (eingefügt durch Art 1 Nr 20 iVm Anhang Buchst B EGV 988/2009 vom 16.9.2009, ABl <EU> Nr L 284, 43) ist unter der Überschrift "Bestimmungen von Abkommen, die weiter in Kraft bleiben und gegebenenfalls auf Personen beschränkt sind, für die diese Bestimmungen gelten (Artikel 8 Absatz 1)" im Abschnitt Deutschland Polen unter Buchst a das "Abkommen vom 9. Oktober 1975 über Renten- und Unfallversicherung, unter den in Artikel 27 Absätze 2 bis 4 des Abkommens über soziale Sicherheit vom 8. Dezember 1990 festgelegten Bedingungen (Beibehaltung des Rechtsstatus auf der Grundlage des Abkommens von 1975 der Personen, die vor dem 1. Januar 1991 ihren Wohnsitz auf dem Hoheitsgebiet Deutschlands oder Polens genommen hatten und weiterhin dort ansässig sind; vgl dazu Bouraul/Nagel/Petersen, Soziale Sicherheit in Europa - Rentenversicherung, EGV 883/2004, Art 8, S 107)" aufgeführt.
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Die Fortgeltung des DPSVA 1975 für diejenigen, die bereits vor dem 1.1.1991 ihren Wohnsitz in Deutschland oder Polen hatten und weiterhin dort ansässig sind, beruht iS der 2. Alt von Art 8 Abs 1 Satz 2 EGV 883/2004 auf den besonderen historischen Umständen, die Deutschland und Polen veranlasst haben, zur Bewältigung der als Folge des 2. Weltkriegs entstandenen Lage im Jahr 1975 hinsichtlich der rentenrechtlichen Ansprüche der in Deutschland oder Polen lebenden Bürger das Eingliederungsprinzip, dh die Eingliederung der deutschen und polnischen Beitragszeiten in das System des Wohnsitzstaates, zugrunde zu legen und auch nach den Umwälzungen im Jahr 1990 für die genannte Personengruppe beizubehalten (BSGE 111, 184 = SozR 4-5075 § 1 Nr 9, RdNr 35, 50 f). Durch das Abkommen sollte den in Polen lebenden Versicherten erstmals ein vertraglich abgesicherter Rechtsanspruch auf die Einbeziehung in das polnische Sozialversicherungssystem und das Recht auf Anrechnung ihrer im Bereich des Deutschen Reiches zurückgelegten Versicherungszeiten verschafft werden, wenn auch im Rahmen des polnischen Systems (BSGE 111, 184 = SozR 4-5075 § 1 Nr 9, RdNr 50 unter Hinweis auf BVerfGE 53, 164, 180 f = SozR 2200 § 1318 Nr 5 S 14 mwN). Ziel der Vereinbarung war es außerdem, angesichts der Unterschiede in den Wirtschafts- und Lebensverhältnissen sowie der Sozialversicherungssysteme soziale Spannungen zu vermeiden und ein gerechteres Ergebnis zu erzielen als dies ein Export von Rentenleistungen hätte gewährleisten können. Die polnische Delegation hatte im Laufe der Vertragsverhandlungen deutlich gemacht, dass Polen unter diesem Gesichtspunkt eine unterschiedliche Behandlung von Deutschen und Polen auf seinem Staatsgebiet nicht zulassen könne (BSGE 111, 184 = SozR 4-5075 § 1 Nr 9, RdNr 50 mwN insbesondere BVerfG SozR 4-1100 Art 3 Nr 33 RdNr 18). Das Abkommen sollte nach dem übereinstimmenden Willen Deutschlands und Polens aus denselben Gründen für diejenigen Personen fortgelten, die bereits vor dem Stichtag 1.1.1991 in einem der beiden Länder wohnten, solange sie dort ansässig bleiben und damit dem Einkommens- und Preisniveau dieses Landes unterliegen (BSGE 111, 184 = SozR 4-5075 § 1 Nr 9, RdNr 51; hierzu auch Reiter, ZFSH/SGB 2002, 515, 519).
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Die Fortgeltung des DPSVA 1975 ist dadurch "zeitlich begrenzt", dass dessen Bestimmungen an Stelle der europarechtlichen Koordinierungsregelungen nur noch so lange Anwendung finden, wie die davon betroffenen Personen ihren bisherigen Wohnsitz in Deutschland oder Polen beibehalten. Sobald diese von ihrem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch machen und ihren Wohnsitz in ein anderes Land verlegen, werden die allgemeinen Regelungen des in den EWGV 1408/71 bzw EGV 883/2004 vereinbarten Leistungsexports auch für sie wirksam (BSGE 111, 184 = SozR 4-5075 § 1 Nr 9, RdNr 36; vgl Schuler, Anmerkung zum Urteil des EuGH vom 18.12.2007 <Habelt/Möser/Wachter>, ZESAR 2009, 40, 44).
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b) Die im Sekundärrecht (Art 8 iVm Anh II EGV 883/2004) für eine bestimmte Personengruppe verankerte Weitergeltung des DPSVA 1975 ist auch mit den im europäischen Vertragsrecht allen Unionsbürgern garantierten Grundfreiheiten vereinbar (BSGE 111, 184 = SozR 4-5075 § 1 Nr 9 193, RdNr 37). Der allenfalls einschlägige Grundsatz der Freizügigkeit (Art 20 Abs 2 Satz 2 Buchst a iVm Art 21 AEUV, s auch Art 45 iVm Art 52 Abs 2 Charta der Grundrechte der EU <GR-Charta>), der jedem Unionsbürger das Recht verleiht, "sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten vorbehaltlich der in den Verträgen und in den Durchführungsvorschriften vorgesehenen Beschränkungen und Bedingungen frei zu bewegen und aufzuhalten" (Art 21 Abs 1 AEUV), ist nicht verletzt. Von der Fortgeltung des DPSVA 1975 und des darin verankerten Eingliederungsprinzips sind nur Personen betroffen, die ihren vor dem 1.1.1991 begründeten Wohnsitz in Deutschland oder Polen weiterhin beibehalten, mithin davon, dass sie von der Freiheit, sich als Unionsbürger in einen anderen Mitgliedstaat zu begeben und sich dort aufzuhalten, gerade noch keinen Gebrauch gemacht haben (vgl BSGE 111, 184 = SozR 4-5075 § 1 Nr 9, RdNr 39). Ungeachtet dessen wäre eine Einschränkung der Freizügigkeit durch die Weitergeltung des DPSVA 1975 gemeinschaftsrechtlich durch objektive Erwägungen des Allgemeininteresses gerechtfertigt. Der EuGH hat bereits entschieden, dass der Wille, den außerhalb des betreffenden Staates wohnenden Begünstigten eine angemessene Leistung unter Berücksichtigung des Niveaus der Lebenshaltungskosten und der im Wohnsitzstaat gezahlten Sozialleistungen zu gewähren, Rechtfertigung dafür sein kann, die Freizügigkeit durch die Voraussetzungen oder die Modalitäten für die Zahlung von Leistungen zu berühren (EuGH vom 4.12.2008 - C-221/07 - <Zablocka-Weyhermüller>, Slg 2008, I-9029 RdNr 38 f). Entsprechende Erwägungen liegen auch der Anordnung der Weitergeltung des Eingliederungsprinzips zugrunde (vgl BSGE 111, 184 = SozR 4-5075 § 1 Nr 9, RdNr 40).
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3. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art 27 Abs 2 Satz 1 DPSVA 1990 für die Anwendung des DPSVA 1975 liegen vor.
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a) Die Vorinstanzen haben zu Recht für die Auslegung der DPSVA das Wiener Übereinkommen über das Recht der Verträge vom 23.5.1969 (auch: Wiener Vertragsrechtskonvention <WVK>) herangezogen. Dieses Abkommen ist maßgeblich für die Auslegung völkerrechtlicher Verträge, zu denen auch die Sozialversicherungsabkommen zählen. Gemäß Art 31 Abs 1 WVK erfolgt die Auslegung eines völkerrechtlichen Vertrages nach Treu und Glauben in Übereinstimmung mit der gewöhnlichen, seinen Bestimmungen in ihrem Zusammenhang zukommenden Bedeutung und im Lichte seines Ziels und Zwecks (vgl BSGE 118, 110 = SozR 4-3300 § 34 Nr 2, RdNr 23; BSGE 110, 194 = SozR 4-1100 Art 3 Nr 69, RdNr 24; BSG SozR 4-1500 § 158 Nr 4 RdNr 16; BSGE 107, 185 = SozR 4-2600 § 1 Nr 6, RdNr 22 mwN; ohne die WVK zu nennen BSG SozR 4-6480 Art 27 Nr 1 RdNr 27 und Art 22 Nr 2 RdNr 35: Wortlaut und Wille der Vertragsparteien; vgl auch Graf Vitzthum in Graf Vitzthum/Proelß, Völkerrecht, 7. Aufl 2016, RdNr 123 mwN). Für die Auslegung eines Vertrags bedeutet gemäß Art 31 Abs 2 WVK der Zusammenhang außer dem Vertragswortlaut samt Präambel und Anlagen a) jede sich auf den Vertrag beziehende Übereinkunft, die zwischen allen Vertragsparteien anlässlich des Vertragsabschlusses getroffen wurde; b) jede Urkunde, die von einer oder mehreren Vertragsparteien anlässlich des Vertragsabschlusses abgefasst und von den anderen Vertragsparteien als eine sich auf den Vertrag beziehende Urkunde angenommen wurde. Nach Art 31 Abs 3 WVK sind außer dem Zusammenhang jede spätere Übereinkunft zwischen den Vertragsparteien über die Auslegung des Vertrags oder die Anwendung seiner Bestimmungen zu berücksichtigen (a) sowie jede spätere Übung bei der Anwendung des Vertrages, aus der die Übereinstimmung der Vertragsparteien über seine Auslegung hervorgeht (b). Die WVK ist für die Bundesrepublik Deutschland seit dem 20.8.1987 in Kraft (vgl BGBl II 1987, 757).
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b) Nach der an Art 31 WVK orientierten Auslegung ist Art 27 Abs 2 DPSVA 1990 so zu verste-hen, dass es maßgeblich auf den unveränderten Wohnsitz derjenigen Person ankommt, die einen konkreten Anspruch auf Rentenleistungen geltend macht. Erfasst werden damit auch Hinterbliebene.
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aa) Hinterbliebene werden in Art 27 Abs 2 des DPSVA 1990 zwar nicht ausdrücklich genannt. Die Rede ist vielmehr neutral von "Personen". Art 3 DPSVA 1990 schreibt indes ausdrücklich die Geltung des Abkommens vor für die versicherten "Personen" sowie deren Hinterbliebenen, die ihre Rechte von diesen "Personen" ableiten. Hinsichtlich des Geltungsbereichs des DPSVA 1990 werden damit Personen und ihre Hinterbliebenen zwar unterschieden, jedoch in gleicher Weise in den Geltungsbereich des Abkommens einbezogen.
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bb) Bereits in der Denkschrift zum DPSVA 1990 findet sich zu Art 27 als "zentraler Bestimmung des Anwendungsbereichs des Abkommens" keine Differenzierung zwischen Versicherten und Hinterbliebenen. Zu Art 27 ist ausgeführt, das neue Abkommen gelte "für alle Ansprüche aus Versicherungszeiten <…>, die nach dem 31.12.1990 in den Vertragsstaaten zurückgelegt werden" (BT-Drucks 12/470 vom 3.5.1991 S 23 f). Weiterhin sollte es für die Ansprüche der Personen gelten, die nach dem 31.12.1990 ihren Wohnsitz in das Hoheitsgebiet des anderen Staates verlegen. Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers erwarben nach dem DPSVA 1975 noch Ansprüche und Anwartschaften Personen, die bereits vor dem 1.1.1991 in einen Vertragsstaat eingereist waren und sich dort seither ununterbrochen aufhielten und zwar Personen, die im Zeitpunkt des Versicherungsfalles in diesem Vertragsstaat wohnten. Im Bericht des Ausschusses für Gesundheit und Sozialordnung wird ausgeführt, das Abkommen enthalte aus Gründen des Vertrauensschutzes umfassende Bestandsschutzregelungen für diejenigen Personen, die bereits aufgrund der bisherigen Rechtslage Ansprüche und Anwartschaften erworben haben (BT-Drucks 12/445 S 4).
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cc) Aus den von der Beklagten vorgelegten Materialien ist ersichtlich, dass die Vertragspartner übereingekommen sind, Art 27 Abs 2 DPSVA 1990 auch auf Hinterbliebene anzuwenden, die bis zum 31.12.1990 geboren sind.
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(a) Zur Frage, welches Verständnis die Vertragspartner von Art 27 Abs 2 DPSVA 1990 im Hinblick auf Hinterbliebene haben, hat die Beklagte eine Niederschrift über die deutsch-polnischen Regierungsvereinbarungen über Soziale Sicherheit aus Juni 2000 vorgelegt. Unter Punkt 5.4 der behandelten Fragen findet sich: "Art. 27 Abs. 2 des Abkommens von 1990: Einigung auf einen gemeinsamen Standpunkt zur Gewährung von Hinterbliebenenrenten (welches Abkommen findet Anwendung: von 1975 oder von 1990)". Hierzu enthält die Anlage den Beschluss, die Behandlung dieser Fragen den zuständigen Verbindungsstellen der Rentenversicherung zu übertragen, damit diese anhand von konkreten Fällen Lösungen ausarbeiten und die zuständigen Behörden unterrichten. Im Protokoll der deutsch-polnischen Regierungsverhandlungen über die Durchführung der Sozialversicherungsabkommen im Mai 2002 wird unter Punkt 4.2 das Thema "Anwendung der deutsch-polnischen Abkommen von 1975 und 1990 in Rentenfällen für Hinterbliebene" aufgeführt. Dazu ist in der Anlage festgehalten, dass beide Seiten mit den Ergebnissen der Gespräche der Verbindungsstellen im Oktober 2001 einverstanden seien. Für diese Besprechung der deutschen und polnischen Verbindungsstellen und Träger der Rentenversicherung zur praktischen Durchführung der Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über Renten- und Unfallversicherung ist unter TOP 25: "Abkommensanwendung in besonderen Fällen der Hinterbliebenenberechtigung unter Berücksichtigung der Ereignisse, die erst nach dem 31.12.1990, dh nach dem Inkrafttreten des Abkommens aufgetreten sind bzw eventuell erst auftreten werden" aufgeführt. Hierzu ist protokolliert: "Die ZUS (Sozialversicherungsanstalt Warschau)-Vertreter haben den Vorschlägen der deutschen Versicherungsträger über die Abgrenzung der Anwendung der deutsch-polnischen Abkommen von 1975 und 1990 über die Hinterbliebenenrente zugestimmt. Es wurden folgende neue Verfahrensgrundsätze in diesen Angelegenheiten festgelegt:
1) Anwendung eines der deutsch-polnischen Abkommen je nach Verlegung oder Beibehaltung des Wohnsitzes des berechtigten Familienmitgliedes des Verstorbenen.
2) In Bezug auf die berechtigten Familienmitglieder des Verstorbenen, die nach dem 31. Dezember 1990 geboren wurden, wird ausschließlich das Abkommen von 1990 angewandt."
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In einem Schreiben der BfA vom 29.11.2000 an den polnischen Sozialversicherungsträger im Vorfeld des Treffens der Verbindungsstellen wurde ein Konzept zur Abgrenzung der Rechtsanwendung zwischen den beiden Abkommen bei Hinterbliebenenrenten vorgestellt. Dabei wurde eine Reihe von Fallkonstellationen mit der von deutscher Seite angestrebten Lösung mit der Bitte um Stellungnahme der polnischen Seite aufgeführt, über die eine Einigung herbeigeführt werden sollte. Unter anderem findet sich unter "Beispiel 12" eine Fallkonstellation, bei der eine Frau am 31.12.1990 ihren Wohnsitz in Polen hat und ihn dort auch beibehält, während der Ehemann (Eheschluss November 1990) den Wohnsitz im August 1992 wechselt und im August 2000 verstirbt. In einem solchen Fall sollte das DPSVA 1975 zur Anwendung kommen, weil zum Stichtag bereits eine Rechtsbeziehung zum Ehemann bestanden habe und damit eine Anwartschaft erworben worden sei (Lösung 12a). Im Antwortschreiben vom 11.5.2001 hat die polnische Seite hierzu ausdrücklich ihr Einverständnis erklärt.
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(b) Die Auffassung der Vorinstanzen, Art 27 Abs 2 DPSVA 1990 könne nach seinem Wortlaut nur die Konstellationen betreffen, in denen der Leistungsfall im Sinne des Ablebens des Versicherten bei gleichzeitigem Vorliegen der weiteren versicherungsrechtlichen Voraussetzungen bis zum 31.12.1990 eingetreten sei, weil die Hinterbliebene erst dann eine Anwartschaft erworben habe, greift zu kurz und berücksichtigt nicht hinreichend die Besonderheiten der Abkommen. Dieser Auslegung, die auch nach den Feststellungen des SG erkennbar nicht mit dem Konsens der Vertragsparteien übereinstimmt, liegt ein Verständnis der Begriffe "Ansprüche" und "Anwartschaften" zugrunde, das dem deutschen Recht entspricht. Danach kann eine Anwartschaft oder ein Anspruch auf Hinterbliebenenrente erst mit dem Ableben des Versicherten entstehen. Zuvor besteht nur eine Aussicht auf eine Leistung (vgl BVerfGE 97, 297 = SozR 3-2940 § 58 Nr 1 S 5 f). Art 27 DPSVA 1990 lag aber ein anderes Begriffsverständnis zugrunde. Wie sich aus dem zitierten Schriftverkehr der Verbindungsstellen ergibt, ging das übereinstimmende Verständnis der Vertragspartner dahin, dass für die Anwendung des Art 27 Abs 2 DPSVA 1990 bei Hinterbliebenen darauf abzustellen war, ob die hinterbliebene Person zum Stichtag in einer Rechtsbeziehung zum Versicherten stand. Als ausreichend für die Begründung einer Anwartschaft wurde es - wie im dargestellten Beispielsfall - angesehen, dass etwa aufgrund der Eheschließung die begründete Aussicht bestand, im Fall des Todes eines Versicherten Hinterbliebenenrente beanspruchen zu können.
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Dass nicht an die Rechtslage für den Versicherten angeknüpft wurde, entspricht im Übrigen dem Umstand, dass es sich bei der Hinterbliebenenrente nach deutschem Recht rechtstechnisch nicht um eine von der Versichertenrente abgeleitete Leistung handelt. Sie wird vielmehr davon unabhängig nach den §§ 63 ff SGB VI ermittelt, wenngleich aus dem Versichertenkonto des Verstorbenen (vgl BSG SozR 4-2600 § 88 Nr 3 RdNr 17). Dabei können die Grundlagen für die Berechnung der Leistung für Versicherte und Hinterbliebene unterschiedlich sein.
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Da die Rente von Hinterbliebenen bei Eintritt des Versicherungsfalles stets neu berechnet werden muss, steht auch das vom SG angeführte Argument der Verwaltungsvereinfachung der Anwendung des DPSVA 1975 nicht entgegen.
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4. Zu einer solchen Übereinkunft waren die Vertragspartner auch berechtigt. Nach der Rechtsprechung des BVerfG ermächtigt die parlamentarische Zustimmung zu einem völkerrechtlichen Vertrag die Regierung zur Fortentwicklung dieses Vertrages (vgl BVerfGE 118, 244, 259; 104, 151, 209; 89, 155, 188; 58, 1, 37). Die konkrete Ausfüllung und Entwicklung des im Vertrag niedergelegten Programms fällt in den Aufgabenbereich der Regierung. Der Gestaltungsspielraum der Exekutive ist insofern begrenzt, als nicht wesentlich von der Vertragsgrundlage abgewichen oder die Identität des Vertrages betreffende Änderungen vorgenommen werden dürfen, die von dem ursprünglichen Zustimmungsgesetz nicht mehr gedeckt sind (BVerfGE 118, 244, 260 mwN). Das ist erst dann der Fall, wenn die konsensuale Fortentwicklung gegen wesentliche Strukturentscheidungen des Vertragswerks verstößt und den Boden des dort festgelegten politischen Programms verlässt (vgl BVerfGE 118, 244, 260, 261 mwN).
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Dementsprechend enthält Art 4 des Zustimmungsgesetzes zum DPSVA 1990 (BGBl 1991 II 741) eine Ermächtigung der Bundesregierung, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Vereinbarungen zur Durchführung des Abkommens in Kraft zu setzen oder in Ermangelung solcher Vereinbarungen das Nähere zu regeln. Als Gegenstände, über die Regelungen getroffen werden können, werden exemplarisch ("insbesondere") das Verfahren beim Erbringen von Geld- und Sachleistungen und die Zuständigkeit der Versicherungsträger genannt. Der Konsens der Vertragspartner über die Anwendung von Art 27 Abs 2 DPSVA 1990 steht auch im Einklang mit den Prinzipien des Abkommens. Die Beteiligten haben die Regelung zur Anwendung der Abkommen je nach Verlegung oder Beibehaltung des Wohnortes des berechtigten Familienmitgliedes als neuen Verfahrensgrundsatz gesehen. In der Sache haben die Partner eine Regelung über die Zuständigkeit des Rentenversicherungsträgers getroffen. Sie haben damit weder die grundsätzliche Geltung des Leistungsexportprinzips statt des Eingliederungsprinzips in Frage gestellt noch einen Berechtigten im Sinne des Abkommens von Ansprüchen ausgeschlossen. Die Anknüpfung an den konkreten Familienangehörigen entspricht der grundsätzlichen Geltung der DPSVA auch für Familienangehörige und der Anwendung der jeweiligen Leistungsprinzipien auf jede individuelle Person. Die Stichtagsregelung wurde nicht verändert.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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