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BSG 08.09.2015 - B 1 KR 27/14 R
BSG 08.09.2015 - B 1 KR 27/14 R - Krankenversicherung - Fahrkostenerstattung - räumlich kürzeste Wegstrecke zum nächsterreichbaren Leistungserbringer - Übernahme zusätzlicher Fahrkosten bei zwingenden medizinischen oder wertungsmäßig vergleichbaren Gründen - Zulässigkeit der vorbeugenden Feststellungsklage
Normen
§ 60 Abs 1 S 1 SGB 5 vom 14.11.2003, § 60 Abs 1 S 4 SGB 5 vom 16.07.2015, § 75 Abs 1a S 2 SGB 5 vom 16.07.2015, § 75 Abs 1a S 3 SGB 5 vom 16.07.2015, § 76 Abs 1 S 1 SGB 5, § 76 Abs 1 S 2 SGB 5, § 76 Abs 2 SGB 5, § 82 Abs 1 SGB 5, § 92 Abs 1 S 2 Nr 12 SGB 5, § 194 RVO, § 8 Abs 3 S 1 KrTRL 2004, § 17 Abs 6 S 1 BMV-Ä, § 17 Abs 7 BMV-Ä, § 54 Abs 1 S 1 Alt 2 SGG, § 55 Abs 1 Nr 1 SGG, § 99 Abs 1 SGG, § 99 Abs 3 Nr 2 SGG, § 164 Abs 2 SGG, § 168 SGG
Vorinstanz
vorgehend SG Nürnberg, 10. Januar 2012, Az: S 7 KR 40/11, Urteil
vorgehend Bayerisches Landessozialgericht, 6. März 2013, Az: L 4 KR 58/12, Urteil
Leitsatz
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1. Der Anspruch Versicherter auf Fahrkostenerstattung erfasst grundsätzlich nur die räumlich kürzeste Wegstreckendistanz zum nächsterreichbaren Leistungserbringer (Aufgabe von BSG vom 20.1.1982 - 3 RK 72/80 = SozR 2200 § 368d Nr 4).
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2. Will ein Versicherter aus zwingenden medizinischen oder wertungsmäßig hiermit vergleichbaren Gründen nicht zum räumlich nächsterreichbaren Leistungserbringer, hat die Krankenkasse auch zusätzliche Fahrkosten zu dem nächsterreichbaren nicht ablehnungsfähigen Behandler zu übernehmen.
Tenor
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Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 6. März 2013 wird zurückgewiesen.
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Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten über die Feststellung der nächsterreichbaren Ärzte.
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Der bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherte Kläger (Grad der Behinderung 90, Merkzeichen "aG") befindet sich wiederkehrend bei einer Vielzahl von Ärzten in ambulanter Behandlung. Die Beklagte verpflichtete sich vergleichsweise, für die Zeit vom 1.4.2009 bis 31.8.2010 die Fahrkosten für die tatsächlich ambulant in Anspruch genommenen Behandler zu übernehmen. Der Kläger teilte der Beklagten für die Folgezeit seine Bedenken gegen die von ihr benannten nächsterreichbaren Behandler mit. Die Beklagte stellte dennoch fest, die von ihr Benannten seien für den Kläger jeweils die nächsterreichbaren geeigneten Behandler. Abgesehen von drei Ausnahmen (Dr. D., Klinikum N., Physiotherapieeinrichtung) müsse der Kläger die Mehrkosten aufgrund von Fahrten zu den von ihm gewünschten Vertragsärzten selbst tragen (Bescheid vom 30.9.2010, Widerspruchsbescheid vom 14.1.2011). Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 10.1.2012), das LSG die Berufung zurückgewiesen: Es bestünden keine zwingenden Gründe, die nächsterreichbaren Behandler nicht in Anspruch zu nehmen. Die geltend gemachten Behandlungsfehler seien nicht nachgewiesen (Urteil vom 6.3.2013).
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Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung des § 76 Abs 2 SGB V. Die von der Beklagten vorgeschlagenen Ärzte seien sämtlich entweder von ihm, von seiner Ehefrau oder von seiner Tochter aufgesucht worden, ein Vertrauensverhältnis indes nicht entstanden. Einigen dieser Ärzte seien Behandlungsfehler unterlaufen, ein Arzt habe ihm keine Hausbesuche angeboten und vergebe nicht immer sofort Termine, ein weiterer Arzt spreche Dialekt. Er habe zu den ihn seit vielen Jahren behandelnden Ärzten ein Vertrauensverhältnis.
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Der Kläger beantragt,
die Urteile des Bayerischen Landessozialgerichts vom 6. März 2013 und des Sozialgerichts Nürnberg vom 10. Januar 2012 sowie den Bescheid der Beklagten vom 30. September 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Januar 2011 zu ändern und festzustellen, dass für ihn für Fahrten zwischen seiner Wohnung und dem Ort der ambulanten Behandlung die Vertragsärzte Dr.-S., Dr. A., Dr. Sch., Dr. W., Dr. C., Dr. K. und Dr. von Ko. in ihrem jeweiligen Fachgebiet nächsterreichbare Ärzte im Rechtssinne sind,
hilfsweise,
das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 6. März 2013 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.
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Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
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Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet (§ 170 Abs 1 S 1 SGG). Die Anfechtungsklage des Klägers ist zwar zulässig (dazu 1.), aber unbegründet (dazu 2.). Gleiches gilt für die hiermit verbundene vorbeugende Feststellungsklage (dazu 3.).
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1. Der Kläger behauptet mit seiner zulässigen Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 SGG), die Feststellung der nächsterreichbaren Ärzte durch die beklagte KK beschwere ihn. Sie begrenze die erstattungsfähigen Fahrkosten auf kilometermäßig bestimmte Entfernungen bei Inanspruchnahme vertragsärztlicher Leistungen aus benannten ärztlichen Fachgebieten (Allgemeinmedizin, Orthopädie, Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Augenheilkunde, Urologie, Lungenheilkunde, Dermatologie; Bescheid vom 30.9.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.1.2011; zur Befugnis des Revisionsgerichts, den Verfügungssatz auszulegen, vgl BSGE 96, 161 = SozR 4-2500 § 13 Nr 8, RdNr 12; BSG SozR 4-2500 § 133 Nr 6 RdNr 36).
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2. Die Anfechtungsklage ist unbegründet. Die Beklagte war befugt, die generellen Grenzen der erstattungsfähigen Fahrkosten auf kilometermäßig bestimmte Entfernungen bei künftiger Inanspruchnahme vertragsärztlicher Leistungen aus benannten ärztlichen Fachgebieten für den Kläger durch Verwaltungsakt festzustellen (dazu a). Die Beklagte legte hierfür rechtmäßig zugrunde, dass die betroffenen erstattungsfähigen Fahrkosten sich auf die Strecken zwischen dem Wohnsitz des Klägers und im Rechtssinne nächsterreichbaren Leistungserbringern beschränken. Maßgeblich sind die tatsächlichen Entfernungen zwischen dem Wohnsitz des Klägers und den nächsterreichbaren zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringern der jeweiligen Fachgruppe, wenn nicht ein zwingender Grund für die Inanspruchnahme entfernterer zugelassener Leistungserbringer besteht (dazu b). Die Beklagte lehnte rechtmäßig einen zwingenden Grund dafür ab, dass der Kläger die von ihm benannten Vertragsärzte mit weiter entfernt gelegenen Praxissitzen in Anspruch nimmt (dazu c).
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a) Die Beklagte trug mit der vorbeugenden Feststellung dem berechtigten Rechtsschutzziel des Klägers Rechnung, unabhängig vom konkreten Leistungsfall vorab Klarheit darüber zu erhalten, ob die von ihm benannten Ärzte für Fahrten zwischen seiner Wohnung und dem Ort der ambulanten Behandlung in ihrem jeweiligen Fachgebiet nächsterreichbare Ärzte im Rechtssinne sind. Sie durfte über ein Teilelement künftig entstehender Leistungsansprüche entscheiden, um den sich aus dem Rechtsverhältnis zwischen dem Kläger und ihr ergebenden zukünftigen Streit um die Übernahme von Fahrkosten insgesamt auszuräumen. Die weiteren Anspruchsvoraussetzungen für die Übernahme der Fahrkosten sind kein Streitpunkt zwischen den Beteiligten, nämlich die ärztliche Verordnung als Beleg der zwingenden Notwendigkeit aus medizinischen Gründen sowie das Merkzeichen "aG" oder die Feststellung der Pflegestufe 2 gemäß SGB XI (vgl § 60 Abs 1 S 3 idF des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung <GKV-Modernisierungsgesetz - GMG> vom 14.11.2003, BGBl I 2190 mWv 1.1.2004 und § 60 Abs 1 S 3 und 4 SGB V idF des Gesetzes zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung <GKV-Versorgungsstärkungsgesetz - GKV-VSG> vom 16.7.2015, BGBl I 1368 mWv 23.7.2015, jeweils iVm § 8 Abs 3 S 1 Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses <GBA> über die Verordnung von Krankenfahrten, Krankentransportleistungen und Rettungsfahrten nach § 92 Abs 1 S 2 Nr 12 SGB V - Krankentransport-Richtlinien - idF vom 22.1.2004, BAnz Nr 18 vom 28.1.2004 S 1342, zuletzt geändert am 21.12.2004, BAnz Nr 41 vom 1.3.2005 S 2937 mWv 2.3.2005).
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b) Nach dem Rechtsgedanken des § 60 Abs 1 S 1 SGB V (idF des GMG) müssen in allen Fällen des § 60 SGB V die Fahrten im Zusammenhang mit einer Leistung der KK aus zwingenden medizinischen Gründen notwendig sein, um einen Anspruch auf Übernahme der Kosten zu begründen (vgl BSG SozR 4-2500 § 60 Nr 1 RdNr 13). Versicherte können zwischen den für die vertragsärztliche Versorgung zugelassenen, näher im Gesetz bezeichneten Leistungserbringern frei wählen (§ 76 Abs 1 S 1 SGB V). Nimmt der Versicherte allerdings ohne zwingenden Grund einen anderen als einen der "nächsterreichbaren an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte, Einrichtungen oder medizinische Versorgungszentren" (im Folgenden: Leistungserbringer) in Anspruch, hat er die Mehrkosten zu tragen (§ 76 Abs 2 SGB V). Dem entspricht ein zweistufiges Prüfverfahren: Zunächst sind die tatsächlich räumlich nächsterreichbaren Leistungserbringer - unter Berücksichtigung des gebotenen "Facharztstandards" der Fachgebietsgruppe - festzustellen. Spricht ein zwingender Grund für die Inanspruchnahme eines anderen Leistungserbringers als des räumlich nächsterreichbaren, ist der dann räumlich nächsterreichbare Leistungserbringer unter den verbleibenden Leistungserbringern festzustellen, gegen dessen Inanspruchnahme kein zwingender Grund besteht. Das ist der "im Rechtssinne nächsterreichbare" Leistungserbringer.
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Der "tatsächlich räumlich nächsterreichbare" Leistungserbringer ist anhand der Entfernung vom Ausgangs- zum Zielort nach der kürzesten Wegstreckendistanz zu bestimmen. Maßgeblich ist dabei die Entfernung zwischen dem durch die äußeren Umstände vorgegebenen Ausgangsort des Versicherten - hier die Wohnung des Klägers (s zu anderen Möglichkeiten wie die Arbeitsstätte zB BSGE 55, 241, 245 = SozR 2200 § 194 Nr 11 S 30) - und dem Ort, an dem der geeignete Leistungserbringer behandelt. Soweit sich ein oder mehrere weitere Leistungserbringer genau auf dem so bestimmten Radius um den Ausgangsort befinden, sind sie alle nächsterreichbar. Nur mindestens ein zwingender Grund lässt die Inanspruchnahme eines anderen Leistungserbringers zu. Dies folgt nicht nur aus dem dargelegten Wortlaut, sondern auch aus Entstehungsgeschichte (dazu aa), Regelungssystem (dazu bb) und Regelungszweck (dazu cc). Die hiervon abweichende frühere Rechtsprechung zu § 194 RVO gibt der erkennende Senat auf (dazu dd). Die vom Kläger gewählten Vertragsärzte sind in diesem Sinne keine tatsächlich räumlich nächsterreichbaren Leistungserbringer (dazu ee).
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aa) Bereits unter Geltung der RVO diente die Beschränkung auf den "nächsterreichbaren" Leistungserbringer dazu, den Umfang der Fahrkostenübernahme zu begrenzen (vgl zB BSGE 55, 37 = SozR 2200 § 194 Nr 10; BSGE 48, 139 = SozR 2200 § 194 Nr 4). Dies knüpfte an die räumliche Entfernung an. Daran änderte sich in der Folgezeit nichts, auch wenn das Gesetz zur Strukturreform im Gesundheitswesen (Gesundheits-Reformgesetz vom 20.12.1988, BGBl I 2477) das Regel-Ausnahme-Verhältnis dahingehend änderte, dass die KKn grundsätzlich keine Reisekosten übernehmen, während hierauf zuvor gemäß § 194 RVO grundsätzlich ein Anspruch bestand. Die Kosten für Fahrten zur ambulanten Behandlung sollten künftig nur noch in Ausnahmefällen übernommen werden, wenn sie im Zusammenhang mit einer Leistung "notwendig sind" (BT-Drucks 11/2237 S 186 zu § 68). Dabei blieb es auch, als Art 1 Nr 37 Buchst a, Doppelbuchst aa GMG die Formulierung "notwendig" durch die Formulierung "aus zwingenden medizinischen Gründen" im Sinne einer weiteren Einschränkung ersetzte, um noch stärker auf die medizinische Notwendigkeit der im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme einer KK-Leistung erforderlichen Fahrt abzustellen (BT-Drucks 15/1525 S 94). Die Gesetzesmaterialien verdeutlichen, dass zur Neuordnung der Finanzierung ua Fahrkosten in der ambulanten Versorgung grundsätzlich nicht mehr erstattet werden und Ausnahmen nur nach Genehmigung durch die KKn gelten sollten (vgl Entwurf der Fraktionen SPD, CDU/CSU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eines GMG, BT-Drucks 15/1525 S 76 f und S 94 f zu Nr 37). Die Regelung wollte die Möglichkeit für KKn ausschließen, Fahrkosten zur ambulanten Behandlung bereits generell in Härtefällen zu übernehmen. Auch die Anfügung von Satz 4 in § 60 Abs 1 SGB V durch Art 1 Nr 21 Buchst b GKV-VSG hat an dem aufgezeigten Grundprinzip nichts geändert. Sie soll Krankentransporte zu einer ambulanten Behandlung klar unter einen Genehmigungsvorbehalt stellen (vgl Gesetzentwurf der BReg eines GKV-VSG BT-Drucks 18/4095 S 82 zu Nr 21).
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bb) Auch das Regelungssystem spricht für die aufgezeigte zweistufige Prüfung. Grundsätzlich gehören Maßnahmen und Leistungen, die nicht durch medizinische Erfordernisse der Krankheitserkennung oder -behandlung veranlasst sind, nicht zum Gegenstand der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Als eine Ausnahme regelt das Gesetz ua die Gewährung von Fahrkosten als akzessorischer Leistung zur Krankenbehandlung (§ 60 SGB V; vgl BSGE 99, 111 = SozR 4-2500 § 39 Nr 10, RdNr 19 f). Der Gesetzgeber hat den Umfang des Anspruchs auf Übernahme von Fahrkosten seit Einführung des SGB V deutlich eingeschränkt, da es nicht um eine Kernleistung der GKV geht. Das Zusammenspiel des allgemeinen Grundsatzes in § 60 Abs 1 S 1 SGB V und der Regelung in § 76 Abs 2 SGB V unterstreicht, dass zwingende medizinische Gründe notwendig sind, um einen Anspruch auf Übernahme der Fahrkosten zu begründen. Sie müssen erst recht vorliegen, wenn ausnahmsweise nicht der räumlich nächsterreichbare Leistungserbringer in Anspruch genommen werden soll, sondern ein entfernterer.
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cc) Schließlich spricht der Regelungszweck für das dargelegte Auslegungsergebnis, die bloß ergänzende Leistung "Fahrkosten für ambulante Behandlung" auf das Unerlässliche zu beschränken, um den Finanzierungsspielraum für die Kernleistungen der GKV zu erhalten.Sinn und Zweck der Regelung ist die Verminderung der finanziellen Belastung der GKV (vgl BT-Drucks 11/2237 S 186 zu § 68). Die Regelung der freien Wahl unter zugelassenen Leistungserbringern (§ 76 Abs 1 SGB V) erhält durch die Übertragung des Risikos auf die Versicherten, hieraus erwachsende Mehrkosten selber zu tragen, das erforderliche Korrektiv, um die Gesamtregelung mit dem Wirtschaftlichkeitsgebot zu harmonisieren (zur Vereinbarkeit von Mehrkostenregelungen mit dem Wirtschaftlichkeitsgebot vgl BSGE 113, 231 = SozR 4-2500 § 40 Nr 7, RdNr 20 mwN).
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dd) Soweit der 3. Senat des BSG zur früheren Regelung des Anspruchs auf Reisekosten (§ 368d Abs 2 RVO) ausgeführt hat, relativ geringfügige Abweichungen unter den Fahrkostensummen führten zu keinen den Selbstbehalt rechtfertigenden "Mehrkosten" (vgl BSG SozR 2200 § 368d Nr 4), ist diese Rechtsauffassung mit der geltenden Rechtslage nach dem SGB V nicht mehr vereinbar. Aus Gründen der Klarstellung gibt der hierfür allein zuständige erkennende 1. Senat des BSG diese frühere Rechtsprechung auf. Der Superlativ "nächsterreichbar" schließt es unter Berücksichtigung des aufgezeigten Regelungszwecks der Gesamtregelung aus, einen auch nur geringfügig entfernteren anderen Leistungserbringer hierunter mit zu erfassen.
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ee) Die Vertragsärzte, die der Kläger auswählte, sind in diesem Sinne keine tatsächlich räumlich nächsterreichbaren Leistungserbringer. Die Entfernung ihrer Praxissitze von seiner Wohnung übersteigt nach den unangegriffenen Feststellungen des LSG die Entfernung der von der Beklagten benannten "nächsterreichbaren" Leistungserbringer. Hierfür ist es unerheblich, dass der Kläger für seine "Wunschärzte" im Revisionsverfahren teilweise andere, aber immer noch größere Entfernungen als zu den "nächsterreichbaren" Leistungserbringern genannt hat.
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c) Die Beklagte verneinte rechtmäßig einen zwingenden Grund (dazu aa) dafür, dass der Kläger die von ihm benannten Vertragsärzte mit weiter entfernt gelegenen Praxissitzen in Anspruch nimmt (dazu bb).
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aa) Der in § 60 Abs 1 S 1 und § 76 Abs 2 wurzelnde Begriff "zwingende Gründe" ist bewusst wertungsoffen gefasst. Das steht einer abschließenden, umfassenden Definition entgegen. Nach dem Regelungszusammenhang müssen - wie dargelegt - die Fahrten im Zusammenhang mit einer Leistung der KK aus zwingenden medizinischen Gründen notwendig sein, um einen Anspruch auf Übernahme der Kosten zu begründen (§ 60 Abs 1 S 1 SGB V). Diese Vorgabe lässt es - zweckgerecht - zu, hierbei zwingende Gründe iS von § 76 Abs 2 SGB V einzubeziehen. Welche zwingenden medizinischen Gründe einen Anspruch auf Kostenübernahme von Fahrkosten bei ambulanter Behandlung ausnahmsweise rechtfertigen, hat der GBA ermächtigungskonform in § 8 Krankentransport-Richtlinien konkretisiert. Nach § 8 Abs 3 S 1 Krankentransport-Richtlinien kann die Fahrt zur ambulanten Behandlung für Versicherte ua verordnet und genehmigt werden, die - wie der Kläger - einen Schwerbehindertenausweis mit dem Merkzeichen "aG" bei der Verordnung vorlegen. Diese Grundvoraussetzungen geben kaum Anlass, einen anderen als den nächsterreichbaren Arzt in Anspruch zu nehmen. Sie lassen es zu, die Wertungen des § 60 Abs 1 S 1 SGB V durch weitere zwingende Gründe iS von § 76 Abs 2 SGB V zu ergänzen. Diese wurzeln regelmäßig in der Behandlungsebene, etwa wenn ein besonderer Behandlungsbedarf die Inanspruchnahme eines weiter entfernt praktizierenden Arztes zwingend erfordert (vgl zu den Maßstäben BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 24 RdNr 24 ff). Ein besonderes Vertrauensverhältnis, das sich aus positiven Erfahrungen in der Vergangenheit speist, genügt hierfür in aller Regel nicht. Spezielle Kenntnisse oder Fähigkeiten eines Arztes können erst dann eine Inanspruchnahme zu Lasten der GKV rechtfertigen, wenn sie sich in einem besonderen, vom räumlich nächsterreichbaren Arzt nicht oder nicht ausreichend vorgehaltenen Leistungsangebot niederschlagen, das nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse Teil einer zweckmäßigen medizinischen Behandlung der betreffenden Krankheit ist (vgl BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 24 RdNr 27).
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Ausnahmsweise können aber insbesondere nicht vom Versicherten provozierte, objektiv fundierte, besonders schwerwiegende Störungen des Vertrauensverhältnisses zwischen Arzt und Patient ausreichen, wenn sie sich nach außen manifestiert haben, den Behandlungserfolg gefährden und dem Versicherten deshalb die Inanspruchnahme des Arztes unzumutbar machen, um zwingende Gründe für die Inanspruchnahme eines anderen Leistungserbringers zu bejahen. So liegt es namentlich bei nachgewiesenen oder mit erheblichen Verdachtsgründen untermauerten vermuteten schwerwiegenden Behandlungsfehlern. Der Gesetzgeber hat nach der aufgezeigten Entwicklungsgeschichte (vgl oben, 2. b aa) den Begriff der "zwingenden Gründe" bewusst eng gefasst, um eine allgemeine Härteklausel auszuschließen. Bei der gebotenen restriktiven Auslegung kommen hierfür nur solche Umstände in Betracht, die in ihrer Wertigkeit zwingenden medizinischen Gründen entsprechen.
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bb) Nach den nicht mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen angegriffenen, den erkennenden Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) bestehen keine zwingenden Gründe im dargelegten Sinne. Das LSG hat keine Behandlungsfehler der tatsächlich räumlich nächsterreichbaren Leistungserbringer festgestellt, die eine Behandlung für den Kläger unzumutbar machen könnten. Soweit der Kläger mit der Revision geltend macht, das LSG habe seinen Sachvortrag falsch gewürdigt, bezeichnet er iS von § 164 Abs 2 S 3 SGG nicht hinreichend Tatsachen, die den Mangel ergeben sollen (vgl § 164 Abs 2 S 3 SGG; näher BSG Urteil vom 11.12.2008 - B 9 VS 1/08 R - Juris RdNr 68 ff, insoweit in BSGE 102, 149 = SozR 4-1100 Art 85 Nr 1 nicht abgedruckt; BSGE 111, 168 = SozR 4-2500 § 31 Nr 22, RdNr 27 f mwN). Notwendig hierfür ist eine Darlegung, die das Revisionsgericht in die Lage versetzt, sich allein anhand der Revisionsbegründung ein Urteil darüber zu bilden, ob die angegriffene Entscheidung auf einem Verfahrensmangel beruhen kann (BSG SozR 1500 § 164 Nr 31 S 49). Bei einem Verstoß gegen die Pflicht, den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln, muss der Revisionskläger deshalb die Tatsachen bezeichnen, aus denen sich ergibt, dass sich das LSG von seinem sachlich-rechtlichen Standpunkt aus zu weiteren Ermittlungen hätte gedrängt fühlen müssen (BSGE 111, 168 = SozR 4-2500 § 31 Nr 22, RdNr 28; BSG Urteil vom 11.12.2008 - B 9 VS 1/08 R - Juris RdNr 69 mwN, insoweit in BSGE 102, 149 = SozR 4-1100 Art 85 Nr 1 nicht abgedruckt; BSG SozR 1500 § 160a Nr 34 S 50; BSG SozR Nr 40 zu § 103 SGG; BSG SozR Nr 7 zu § 103 SGG). Hierzu gehört auch die Benennung konkreter Beweismittel, deren Erhebung sich dem LSG hätte aufdrängen müssen. Hieran fehlt es.
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Die übrigen vom Kläger geltend gemachten Gründe erfüllen nicht die dargelegten Voraussetzungen eines zwingenden Grundes. Hierzu genügen weder ein über die Jahre gewachsenes Vertrauensverhältnis noch die Spracheinfärbung durch Dialekt, etwas kürzere Wartezeiten auf einen Termin oder das fehlende Angebot von Hausbesuchen. Ein Anspruch auf Hausbesuche besteht nur dann, wenn das Aufsuchen des Arztes in dessen Praxisräumen wegen Krankheit nicht möglich oder nicht zumutbar ist (vgl § 17 Abs 6 S 1, Abs 7 Bundesmantelvertrag-Ärzte). Die Terminvergabe liegt grundsätzlich im Ermessen des Arztes (bei Vorliegen einer Überweisung zu einem Facharzt sieht § 75 Abs 1a S 3 SGB V aufgrund der entsprechenden Ergänzung durch das GKV-VSG mWv 1.1.2016 die Vermittlung eines Behandlungstermins bei einem Leistungserbringer nach § 95 Abs 1 S 1 SGB V durch Terminservicestellen nach § 75 Abs 1a S 2 SGB V binnen einer Woche vor), sofern kein Notfall vorliegt; in einem solchen Fall hat der Versicherte im Übrigen einen Anspruch auf eine Notfallbehandlung, für die sogar ein nicht zugelassener Arzt in Anspruch genommen werden darf (§ 76 Abs 1 S 2 SGB V). Der Kläger trägt selbst nicht vor, dass der seitens der Beklagten benannte Arzt gegen diese Pflicht verstoßen hätte.
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3. Die vorbeugende Feststellungsklage ist zulässig (dazu a), aber unbegründet (dazu b).
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a) Der Kläger kann ergänzend zur Anfechtungsklage mit der vorbeugenden Feststellungsklage (§ 55 Abs 1 Nr 1 SGG) sein Rechtsschutzziel verfolgen, unabhängig vom konkreten Leistungsfall vorab Klarheit darüber zu erhalten, ob die von ihm benannten Ärzte für Fahrten zwischen seiner Wohnung und dem Ort der ambulanten Behandlung in ihrem jeweiligen Fachgebiet nächsterreichbare Ärzte im Rechtssinne sind. Das für eine Feststellungsklage erforderliche berechtigte Interesse ist zu bejahen. Nach der Rechtsprechung des BSG kann im Einzelfall auch ein einzelnes Element eines Rechtsverhältnisses Gegenstand einer (vorbeugenden) Feststellungsklage sein (Elementenfeststellungsklage), wenn sicher anzunehmen ist, dass durch sie der (zukünftige) Streit der Beteiligten insgesamt bereinigt wird (BSGE 31, 235, 240 = SozR Nr 14 zu § 141 SGG Da 8; BSGE 43, 134, 137 = SozR 4100 § 34 Nr 6 S 8; BSG SozR 3-2500 § 124 Nr 9 S 58; BSGE 105, 1 = SozR 4-2500 § 125 Nr 5, RdNr 36; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 55 RdNr 9a mwN). So liegt der Fall hier. Der sich aus dem Rechtsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten ergebende zukünftige Streit um die Übernahme von Fahrkosten wird durch die vorbeugende Feststellung insgesamt ausgeräumt. Die übrigen Voraussetzungen für die Übernahme der Fahrkosten sind kein Streitpunkt zwischen den Beteiligten (vgl oben, II. 2. a).
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Die Zulässigkeit der Feststellungsklage scheitert nicht an dem grundsätzlichen Vorrang der Verpflichtungsklage (§ 54 Abs 1 S 1 2. Alt SGG). Hiermit könnte der Kläger den Erlass eines Bescheides geltend machen, der eine Feststellung entsprechend der begehrten gerichtlichen Feststellung trifft. Demgegenüber ist die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage einfacher und nicht weniger rechtsschutzintensiv (vgl zur Durchbrechung des Grundsatzes der Subsidiarität der Feststellungsklage nur BSGE 105, 1 = SozR 4-2500 § 125 Nr 5, RdNr 17 mwN und BSG SozR 4-2500 § 51 Nr 3 RdNr 11 f, auch für BSGE vorgesehen).
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Der Kläger kann noch im Revisionsverfahren von der Leistungsklage zur vorbeugenden Feststellungsklage übergehen, obwohl eine Klageänderung im Revisionsverfahren unzulässig ist (§ 168 S 1 SGG). Hierin liegt keine Klageänderung (§ 99 Abs 1 SGG). Der Kläger beschränkt lediglich den Klageantrag in der Hauptsache, ohne den Klagegrund zu ändern (§ 99 Abs 2 Nr 2 SGG).
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b) Die Feststellungsklage ist jedoch unbegründet. Die Beklagte stellte die geeigneten nächsterreichbaren Ärzte rechtmäßig fest (vgl oben, II. 2.).
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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