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BSG 18.07.2012 - B 12 P 2/12 B
BSG 18.07.2012 - B 12 P 2/12 B - Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Begründung - Darlegung der Klärungsbedürftigkeit
Normen
§ 160a Abs 2 S 3 SGG, § 160 Abs 2 Nr 1 SGG
Vorinstanz
vorgehend SG Marburg, 21. Juli 2010, Az: S 6 P 3/10, Urteil
vorgehend Hessisches Landessozialgericht, 12. Januar 2012, Az: L 8 P 42/10, Beschluss
Tenor
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Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Hessischen Landessozialgerichts vom 12. Januar 2012 wird als unzulässig verworfen.
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Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
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I. In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrundeliegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten darüber, ob der Kläger den Beitragszuschlag für Kinderlose in der sozialen Pflegeversicherung zu zahlen hat.
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Der bei der beklagten Pflegekasse in der sozialen Pflegeversicherung pflichtversicherte Kläger verlangte von der Beklagten die Rückzahlung des im Januar 2005 gemäß § 55 Abs 3 S 1 SGB XI erhobenen Beitragszuschlags für Kinderlose in Höhe von 8,82 Euro sowie die künftige Nichterhebung dieses Beitragszuschlags in Höhe von 0,25 Beitragssatzpunkten. Dies lehnte die Beklagte ab. Widerspruch, Klage und Berufung sind ohne Erfolg geblieben.
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Mit seiner Beschwerde wendet sich der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Hessischen LSG vom 12.1.2012.
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II. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des LSG ist in entsprechender Anwendung von § 169 S 2 und 3 SGG als unzulässig zu verwerfen. Der Kläger hat in der Begründung des Rechtsmittels entgegen § 160a Abs 2 S 3 SGG keinen Zulassungsgrund hinreichend dargelegt oder bezeichnet.
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Das BSG darf gemäß § 160 Abs 2 SGG die Revision gegen eine Entscheidung des LSG nur dann zulassen, wenn
- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1) oder
- das angefochtene Urteil von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht (Nr 2) oder
- bestimmte Verfahrensmängel geltend gemacht werden (Nr 3).
Die Behauptung, die Berufungsentscheidung sei inhaltlich unrichtig, kann demgegenüber nicht zur Revisionszulassung führen.
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Der Kläger beruft sich allein auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG). Hierzu muss die Beschwerdebegründung ausführen, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und deren Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (BSG SozR 1500 § 160a Nr 60 und 65; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 16 mwN; vgl auch BVerfG SozR 3-1500 § 160a Nr 7). Die Beschwerdebegründung hat deshalb auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage nach dem Stand von Rechtsprechung und Lehre nicht ohne Weiteres zu beantworten ist, und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht zur Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse vornehmen soll (BSG SozR 1500 § 160a Nr 31). Zwar kann auch eine bereits höchstrichterlich entschiedene Frage erneut klärungsbedürftig werden, hierfür ist jedoch darzulegen, dass und mit welchen Gründen der höchstrichterlichen Rechtsprechung widersprochen worden ist oder dass sich völlig neue, nicht erwogene Gesichtspunkte ergeben haben, die eine andere Beurteilung nahelegen könnten (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 13). Eine Rechtsfrage ist auch dann als höchstrichterlich geklärt anzusehen, wenn das BSG bzw das BVerfG diese zwar noch nicht ausdrücklich entschieden haben, jedoch schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beurteilung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben (vgl BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 8 S 17 sowie SozR 3-1500 § 146 Nr 2 S 6). Zur Darlegung verfassungsrechtlicher Bedenken gegen Regelungen, auf die das Berufungsgericht seine Entscheidung stützt, genügt die Behauptung der Verfassungswidrigkeit nicht. Vielmehr muss unter Einbeziehung der einschlägigen Literatur und Rechtsprechung, insbesondere des BVerfG, aber auch das BSG, im Einzelnen aufgezeigt werden, woraus sich im konkreten Fall die Verfassungswidrigkeit ergeben soll (vgl BSGE 40, 158 = SozR 1500 § 160a Nr 11; vgl auch BSG Beschluss vom 2.6.2009 - B 12 KR 65/08 B). In der Begründung ist deshalb auch darzulegen, dass und inwiefern die Frage der Verfassungsmäßigkeit durch die bisherige Rechtsprechung nicht geklärt oder in der Rechtsprechung und Literatur mit beachtlichen Gründen in Zweifel gezogen worden ist. Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.
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Der Kläger wirft die Frage auf, "ob der durch Art. 1 Kinderberücksichtigungsgesetz ab dem 01.01.2005 eingeführte Beitragszuschlag in der gesetzlichen Pflegeversicherung gemäß § 55 Abs. 3 SGB XI um 0,25 % mit der Anknüpfung allein an das Merkmal 'Kinderlosigkeit' verfassungsmäßig ist." Die Klärungsbedürftigkeit dieser Frage legt der Kläger jedoch nicht in der gebotenen Weise dar.
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Zur Begründung führt er zwar aus, ein Verstoß gegen Art 3 GG liege in der Gleichbehandlung der Personen mit einer längeren Ausbildungszeit mit Personen, die nach dem Schulabschluss eine Lehre erfolgreich absolvieren und sodann in diesem Alter bereits selbst erwerbstätig sein könnten und damit auch früher in eine Familienplanung einsteigen könnten. Darüber hinaus sei Art 3 GG verletzt, weil ein Beitragszahler für die kostenlose Mitversicherung des Ehepartners und mindestens eines Kindes den vor Beitragserhöhung gleichen Betrag zahle wie eine alleinstehende Person. Art 1 GG sei verletzt, weil Personen mit einer seelischen oder körperlichen Behinderung oder Personen, die aus medizinischen Gründen kinderlos bleiben müssten, in ihrer Würde verletzt würden, "da auch sie ohne die Möglichkeit der Änderung oder Einflussnahme zusätzlich durch den höheren Beitrag abgestraft" würden. Dies gelte auch für Personen, die eine schwere Erbkrankheit an ein weiteres Kind weitergeben würden. Auch zähle die Geburt eines Kindes, das erst bei den leiblichen Eltern aufwachse und dann als Pflegekind aufgenommen werde, doppelt. Schließlich begründe die Elternschaft als solche nicht die Betreuungs- und Erziehungsleistungen, die nach der Vorgabe des BVerfG als konstitutiver Beitrag Berücksichtigung finden solle. Auch unter kinderlosen Erwachsenen ergebe sich, dass sie sich im Alter gegenseitig unterstützen und zur Entlastung der Pflegekassen beitragen würden. Die ehrenamtliche Versorgung älterer Menschen sei in der Leistung ebenso zu würdigen wie rein familiäre Hilfe. Gerade für die Hilfen auf der Grundlage ehrenamtlicher Tätigkeit sei der Vergleich zu der Gruppe der von dem Zusatzbeitrag befreiten Zivildienstleistenden zu sehen. Hinzu komme, dass die Befreiung der Gruppe Wehr- und Zivildienstleistender per se nur für Männer, nicht aber für Frauen gelten könne, und auch die einen sozialen Dienst Absolvierenden von dem Beitragszuschlag freigestellt werden müssten.
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Mit diesem Vorbringen gibt der Kläger allein seine eigene verfassungsrechtliche Auffassung wieder, ohne jedoch die von ihm behauptete Verfassungswidrigkeit anhand der von der Rechtsprechung entwickelten Maßstäbe zu prüfen und ohne Rechtsprechung des BSG und des BVerfG zur Beitragsbelastung in der Pflegeversicherung eingehend zu berücksichtigen. Soweit der Kläger darüber hinaus die Verletzung des Art 6 GG rügt, fehlt es an einer Begründung. Sein ergänzender Hinweis, das BSG habe bisher zu diesem Problemkreis nur in einer Entscheidung im Falle der ungewollten Kinderlosigkeit Stellung genommen und insbesondere die aufgeworfene Frage von grundsätzlicher Bedeutung nicht geklärt, vermag die Klärungsbedürftigkeit nicht zu begründen. Vielmehr hätte der Kläger ausführen müssen, aus welchen Gründen den Entscheidungen des Senats zum Beitragszuschlag für Kinderlose nach § 55 Abs 3 S 1 SGB XI vom 27.2.2008 (BSGE 100, 77 = SozR 4-3300 § 55 Nr 2) sowie vom 5.5.2010 (BSG SozR 4-3300 § 59 Nr 3) und des BVerfG zur Beitragsbemessung in der Pflegeversicherung sowie zum Beitragszuschlag für Kinderlose (BVerfGE 103, 242 = SozR 3-3300 § 54 Nr 2; BVerfG SozR 4-3300 § 55 Nr 3) keine Beantwortung der von ihm gestellten Frage zu entnehmen ist. Zwar weist der Kläger selbst darauf hin, dass auch beim Vorliegen höchstrichterlicher Entscheidungen die Klärungsbedürftigkeit nach wie vor anzunehmen sei, soweit der vertretenen Auffassung in nicht unerheblichem Umfang entgegengetreten werde. Es fehlen jedoch jegliche Ausführungen dazu, dass, inwieweit und von wem der höchstrichterlichen Rechtsprechung widersprochen worden ist.
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Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
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Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
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