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BSG 24.02.2011 - B 14 AS 49/10 R
BSG 24.02.2011 - B 14 AS 49/10 R - Arbeitslosengeld II - Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung - Lebensmittel- bzw Konservierungsstoffunverträglichkeit - Notwendigkeit eines Sachverständigengutachtens - Abtrennbarkeit des Streitgegenstands bei Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts - keine Bindungswirkung der Leistungsversagung für zukünftige Bewilligungszeiträume bei Streit nur um Höhe der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts - keine Einbeziehung von Folgebescheiden - kein gesonderter Folgeantrag nur für Mehrbedarf
Normen
§ 21 Abs 5 SGB 2, § 37 Abs 1 SGB 2 vom 24.12.2003, § 41 Abs 1 S 4 SGB 2, § 95 SGG, § 96 SGG, § 106 SGG, § 123 SGG
Vorinstanz
vorgehend SG Mannheim, 28. November 2007, Az: S 7 AS 178/07, Urteil
vorgehend Landessozialgericht Baden-Württemberg, 9. Mai 2008, Az: L 8 AS 90/08, Urteil
Leitsatz
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1. Eine Entscheidung über einen Anspruch auf Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung bei einer Unverträglichkeit gegen bestimmte Lebensmittel setzt konkrete Feststellungen in medizinischer und ernährungswissenschaftlicher Hinsicht voraus, um beurteilen zu können, inwieweit krankheitsbedingte Mehrkosten tatsächlich entstehen.
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2. Einer ablehnenden Behördenentscheidung über einen Mehrbedarf kommt keine Bindungswirkung für künftige Bewilligungsabschnitte zu.
Tenor
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Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 9. Mai 2008 aufgehoben, der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung an das Landessozialgericht zurückverwiesen, soweit der Rechtsstreit den Zeitraum vom 1. Juni 2006 bis 31. Mai 2007 umfasst.
Tatbestand
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Die Klägerin begehrt von der Beklagten höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung.
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Die 1958 geborene, alleinstehende Klägerin bezog von der Beklagten als Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) laufend eine Regelleistung in Höhe von 345 Euro ua für die Zeit vom 1.6.2006 bis zum 30.11.2006 (Bescheid vom 3.5.2006), vom 1.12.2006 bis zum 31.5.2007 (Bescheid vom 28.11.2006) und vom 1.6.2007 bis zum 30.11.2007 (Bescheid vom 25.4.2007), daneben bezog sie von dem Rhein-Neckar-Kreis Leistungen für Unterkunft und Heizung nach dem SGB II. Vom 13.9.2007 bis zum 16.12.2007 befand sie sich in Haft, woraufhin die Beklagte die Bewilligung von Leistungen mit Wirkung vom 13.9.2007 aufhob (Bescheid vom 28.9.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7.1.2008; hiergegen ist eine Klage vor dem Sozialgericht (SG) Mannheim anhängig <Az S 8 AS 90/08>). Außerdem hob die Beklagte die Entscheidung vom 25.4.2007 über die Bewilligung von Leistungen im September 2007 wegen der Inhaftierung gemäß § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 4 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch in Höhe von 208,20 Euro auf und forderte diesen Betrag von der Klägerin zurück (Bescheid vom 11.1.2008). Mit Bescheid vom 20.12.2007 bewilligte die Beklagte erneut Leistungen in Höhe von 347 Euro monatlich vom 17.12.2007 bis zum 31.5.2008 (für Dezember 2007 anteilig für die Zeit ab 17.12.2007).
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Am 30.5.2006 legte die Klägerin bei der Beklagten eine ärztliche Bescheinigung zur Anerkennung eines Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung von Dr. W/Dr. B vor, wonach sie wegen einer Allergie gegen Konservierungsstoffe ausschließlich biologische Kost von Biobauern benötige. Nach Einholung einer Stellungnahme des ärztlichen Dienstes vom 13.11.2006, wonach ein Mehrbedarf für Ernährung wegen der vorliegenden Gesundheitsstörungen nicht erforderlich sei, lehnte die Beklagte die Gewährung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung ab (Bescheid vom 21.12.2006; Widerspruchsbescheid vom 8.1.2007). Die Klage zum SG Mannheim, mit der die Klägerin einen ernährungsbedingten Mehrbedarf von mindestens 200 Euro monatlich geltend gemacht hatte, blieb ohne Erfolg (Urteil vom 28.11.2007). Zur Begründung hat das SG ausgeführt, die Klägerin sei aufgrund ihrer durch zwei Allergiepässe nachgewiesenen Allergie zwar in ihrer Lebensführung eingeschränkt und müsse ihre Ernährungsgewohnheiten entsprechend anpassen. Für die Stoffe, auf die die Klägerin allergisch reagiere, bestehe aber eine gesetzliche Kennzeichnungspflicht, sodass sie sich ohne Zusatzkosten geeignete Lebensmittel aus dem Warenangebot heraussuchen könne. Dass die Klägerin bei unbehandelten Produkten, die überhaupt nicht durch Zusatzstoffe verändert seien, auf besondere Kost angewiesen sei, habe sie weder dargetan noch sei dies ersichtlich. Mangelerscheinungen seien offenbar nicht aufgetreten, wie sich aus den beigezogenen medizinischen Unterlagen ergebe. Das vorgelegte Attest, wonach "biologische Kost vom Biobauern ausschließlich" angezeigt sei, sei nicht nachvollziehbar, denn nicht konservierte Lebensmittel könnten nicht nur beim Biobauern, sondern in jedem Supermarkt erworben werden.
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Mit ihrer Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg trug die Klägerin unter Wiederholung ihres Vorbringens vor, die bisherigen ärztlichen Gutachten seien unzureichend, da sie alle keine Angaben über ihr Untergewicht enthielten. Es bedeute einen erhöhten Kostenaufwand, wenn sie auf nicht konservierte Lebensmittel zurückgreifen müsse. Hierzu sei ein Gutachten einzuholen, wenn nötig mithilfe eines Ernährungsberaters.
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Mit Urteil vom 9.5.2008 änderte das LSG das Urteil des SG und verurteilte die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 25.4.2007 für die Zeit vom 1.7.2007 bis zum 31.8.2007 zur Zahlung von weiteren 2 Euro monatlich und für die Zeit vom 1.9.2007 bis zum 12.9.2007 zur Zahlung von 1 Euro. Den Bescheid vom 28.9.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7.1.2008 und des Bescheides vom 11.1.2008 hob es auf, soweit der Erstattungsbetrag auf mehr als 207 Euro festgesetzt worden sei. Die weitergehende Berufung und die Klage der Klägerin blieben ohne Erfolg. Streitgegenstand sei der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf höhere Leistungen für die Zeit vom 30.5.2006 bis zum 31.5.2008. Die Beklagte habe über den geltend gemachten Mehrbedarf nicht isoliert mit Bescheid vom 21.12.2006 entscheiden dürfen, da eine Beschränkung des Streitgegenstands auf Berücksichtigung eines Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung nicht zulässig sei. Gegenstand des Verfahrens seien vielmehr sämtliche Bescheide, die die dem Antrag folgenden Bewilligungszeiträume beträfen (Bescheide vom 3.5.2006, vom 28.11.2006, vom 25.4.2007 und vom 20.12.2007). Gegenstand nach § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) seien ebenfalls die Aufhebungs- und Erstattungsbescheide vom 28.9.2007 und vom 11.1.2008, mit denen die Beklagte in Änderung des Bescheides vom 25.4.2007 im Hinblick auf die Inhaftierung der Klägerin vom 13.9.2007 bis zum 16.12.2007 die ihr gewährten Leistungen mit Wirkung für die Vergangenheit und die Zukunft aufgehoben habe. Ein Anspruch auf höhere Leistungen ergebe sich nur in geringfügiger Höhe, weil der Klägerin für die Zeit vom 1.7.2007 bis zum 13.9.2007 eine Regelleistung in Höhe von 347 Euro statt lediglich 345 Euro zustehe. Ein Anspruch auf den begehrten Mehrbedarf ergebe sich aus den vom SG ausgeführten Gründen nicht. Im Übrigen werde die Auffassung des SG durch eine von ihm eingeholte telefonische Auskunft des Dr. T bestätigt, über die der Senat die Klägerin zuvor schriftlich in Kenntnis gesetzt hatte. Vor dem Hintergrund dieser Auskunft halte der Senat den maßgeblichen Sachverhalt für geklärt, weshalb kein Anlass zu weiteren Ermittlungen insbesondere durch Einholung eines Sachverständigengutachtens bestehe. Die Klage gegen den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid sei unbegründet, da die Voraussetzungen für die Aufhebung der Leistungen mit Wirkung für die Vergangenheit vorlägen, was das LSG unter Bezugnahme auf den Inhalt beigezogener Akten im Einzelnen ausgeführt hat.
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Mit der vom Senat zugelassenen Revision macht die Klägerin geltend, das LSG habe in unzulässiger Weise unter dem Gesichtspunkt des "Heraufholens von Prozessresten" den Streitstoff erweitert. Ihr sei so eine Tatsacheninstanz abgeschnitten worden. Es habe ferner mit der Bezugnahme auf eine vom SG eingeholte telefonische Auskunft des Dr. T gegen das Verbot der antizipierten Beweiswürdigung verstoßen. Die Verwertung einer telefonischen Auskunft verstoße gegen das Prinzip der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme. Indem das LSG unter Hinweis auf diese, vom SG eingeholte Auskunft den Beweisantrag der Klägerin abgelehnt habe, habe es gegen § 103 SGG verstoßen. Sie habe wegen der verspäteten Zusendung einer Fahrkarte an dem Termin vor dem Berufungsgericht nicht teilnehmen können. Insoweit habe das Berufungsgericht auch ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt.
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Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 9. Mai 2008 und das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 28. November 2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 21. Dezember 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Januar 2007 aufzuheben und die Bescheide der Beklagten vom 3. Mai 2006 und vom 28. November 2006 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr für die Zeit vom 1. Juni 2006 bis zum 31. Mai 2007 einen Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung in Höhe von monatlich 200 Euro zu gewähren.
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Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
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Ein Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung bestehe nur, wenn wegen einer Erkrankung aus medizinischen Gründen zwingend eine besondere Ernährung einzuhalten sei und diese teurer sei als eine sogenannte Vollkost. Bei einer Allergie gegen Stoffe aus der Gruppe der "paraben mix" würden keine besonderen Lebensmittel erforderlich, sondern lediglich eine Vollkost. Das Allergen könne durch gezielten Einkauf gut vermieden werden. Dies habe auch die Untersuchung durch ihren ärztlichen Dienst ergeben.
Entscheidungsgründe
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Die Revision der Klägerin hat im Sinne der Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung des Rechtsstreits an das LSG, soweit er den Zeitraum vom 1.6.2006 bis zum 31.5.2007 betrifft, Erfolg. Bei Auslegung des klägerischen Vorbringens vor dem SG richtet sich das im Wege der Anfechtungs- und Leistungsklage verfolgte Begehren allein auf höhere laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung in diesem Zeitraum. Soweit das LSG dennoch über Ansprüche für folgende Bewilligungsabschnitte entschieden hat, hat es den Streitgegenstand verkannt und damit § 123 SGG verletzt. Sein Urteil war schon deshalb insoweit aufzuheben (vgl § 170 Abs 2 Satz 1 SGG; hierzu unter 1). Die Feststellungen des LSG lassen im Übrigen keine abschließende Entscheidung darüber zu, ob der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch besteht und ihr im Zeitraum vom 1.6.2006 bis zum 31.5.2007 über die Regelleistung in Höhe von 345 Euro hinaus ein Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung nach § 21 Abs 5 SGB II zusteht (vgl § 170 Abs 2 Satz 2 SGG; hierzu unter 2).
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1. Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens waren bei zutreffender Auslegung des klägerischen Vortrags von Klageerhebung an ausschließlich Ansprüche auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in der Zeit vom 30.5.2006 (Einreichung des Attests bei der Beklagten) bis zum 31.5.2007, soweit sie von der Beklagten erbracht werden (vgl § 6 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB II), wobei die Klägerin Ansprüche für den 30. und 31.5.2006 im Revisionsverfahren zuletzt nicht mehr geltend gemacht hat.
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Nach § 123 SGG entscheidet das Gericht über die vom Kläger erhobenen Ansprüche, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein. Bei unklaren Anträgen muss das Gericht mit den Beteiligten klären, was gewollt ist, und darauf hinwirken, dass sachdienliche und klare Anträge gestellt werden (§ 106 Abs 1, § 112 Abs 2 Satz 2 SGG). Im Übrigen muss dann, wenn der Wortlaut eines Antrags nicht eindeutig ist, im Wege der Auslegung festgestellt werden, welches das erklärte Prozessziel ist. In entsprechender Anwendung der Auslegungsregel des § 133 Bürgerliches Gesetzbuch ist nicht am Wortlaut der Erklärung zu haften; die Auslegung von Anträgen richtet sich vielmehr danach, was als Leistung möglich ist, wenn jeder verständige Antragsteller mutmaßlich seinen Antrag bei entsprechender Beratung angepasst hätte und keine Gründe zur Annahme eines abweichenden Verhaltens vorliegen. Im Zweifel ist davon auszugehen, dass der Kläger alles zugesprochen haben möchte, was ihm aufgrund des Sachverhalts zusteht (stRspr, zuletzt etwa BSG SozR 4-2600 § 43 Nr 3).
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a) Auf dieser Grundlage ist das LSG im Ausgangspunkt zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin mit ihrem Klageantrag höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung begehrt. Die Gewährung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung allein kann nicht zulässiger Streitgegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sein. Die Regelungen der Beklagten über die laufenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (mit Ausnahme der Kosten der Unterkunft, über die vorliegend vom zuständigen Landkreis in getrennter Trägerschaft entschieden worden ist) lassen sich in rechtlich zulässiger Weise nicht in weitere Streitgegenstände aufspalten (vgl etwa BSGE 104, 48 = SozR 4-1500 § 71 Nr 2, jeweils RdNr 11; BSG SozR 4-4200 § 21 Nr 9 RdNr 11).
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b) Unzutreffend ist allerdings die weitergehende Auslegung durch das LSG, damit habe die Klägerin (in zulässiger Weise) einerseits den gesamten Zeitraum vom 30.5.2006 bis zur Entscheidung des SG am 28.11.2007 und andererseits auch den anschließenden Zeitraum bis zum 31.5.2008, über den das LSG kraft Klage zu entscheiden gehabt habe, zur gerichtlichen Überprüfung gestellt. Lediglich sofern der Träger der Grundsicherung Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts gänzlich ablehnt, kann zulässiger Streitgegenstand des gerichtlichen Verfahrens - je nach Klageantrag - die gesamte bis zur Entscheidung verstrichene Zeit sein (stRspr seit BSGE 97, 242 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1, jeweils RdNr 30). Ist dagegen - wie hier - lediglich die Höhe der laufenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts streitig, kann einer Entscheidung des Trägers der Grundsicherung wegen der in § 41 Abs 1 Satz 4 SGB II vorgesehenen abschnittsweisen Bewilligung von Leistungen grundsätzlich keine Bindungswirkung für künftige Bewilligungsabschnitte zukommen (so ausdrücklich zum Mehrbedarf BSG Urteil vom 22.3.2010 - B 4 AS 59/09 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 9 RdNr 16). Der Bescheid der Beklagten vom 21.12.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8.1.2007 lässt zwar eine ausdrückliche Bezugnahme auf einen bestimmten Bewilligungsabschnitt nicht erkennen. Dies allein lässt aber - aus der insoweit für die Auslegung maßgeblichen Sicht eines verständigen Beteiligten, der in Kenntnis der tatsächlichen Zusammenhänge den wirklichen Willen der Behörde erkennen kann (BSGE 67, 104, 110 = SozR 3-1300 § 32 Nr 2 S 11) - nicht den Schluss zu, die Beklagte habe abschließend für die Zukunft über den geltend gemachten Mehrbedarf entscheiden wollen. Vernünftigerweise ergibt sich für den Bescheidempfänger in diesem Fall vielmehr die Auslegung, die rechtlich die einzig zulässige ist, mithin eine (ablehnende) Regelung der Beklagten über eine höhere Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts unter Berücksichtigung des geltend gemachten Mehrbedarfs nur für solche Bewilligungsabschnitte, die im Zeitpunkt der Behördenentscheidung in der Vergangenheit bzw der Gegenwart lagen. Nur auf diesen Zeitraum bezieht sich damit der im Wege der Auslegung gewonnene Klageantrag.
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c) Gegenstand des Verfahrens sind damit neben dem ausdrücklich angefochtenen Bescheid der Beklagten vom 21.12.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8.1.2007 der Bescheid vom 3.5.2006 betreffend den Bewilligungsabschnitt vom 1.6.2006 bis zum 30.11.2006 und der Bescheid vom 28.11.2006 betreffend den Bewilligungsabschnitt vom 1.12.2006 bis zum 31.5.2007. Diese Bescheide regeln für den jeweiligen Bewilligungsabschnitt die laufenden, von der Beklagten zu erbringenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und bilden deshalb mit dem ausdrücklich angefochtenen Bescheid eine Einheit.
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Die übrigen Bescheide, die die anschließenden Bewilligungszeiträume ab dem 1.6.2007 regeln, sind entgegen der Annahme des LSG aus den dargestellten Gründen nicht nach § 96 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden (vgl bereits BSGE 97, 242 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1, jeweils RdNr 30). Dem Vorbringen der Klägerin in den Instanzen lässt sich auch nicht entnehmen, sie hätte wegen der Zeiträume ab dem 1.6.2007 im Wege der Klageerweiterung eine Klage gegen Folgebescheide erheben wollen unabhängig davon, ob insoweit die Zulässigkeitsvoraussetzungen für eine Klageänderung und die dann geänderte Klage vorgelegen hätten (dazu BSG aaO). Sie hat insbesondere den Bescheid vom 28.9.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7.1.2008 gesondert mit einer Klage zum SG Mannheim (Az S 8 AS 90/08) angefochten. Im Revisionsverfahren hat sie schließlich - nunmehr rechtskundig vertreten - den Leistungsantrag ausdrücklich begrenzt und wegen der Zeiträume ab dem 1.6.2007 lediglich die Aufhebung des Urteils des LSG beantragt, soweit ihr nicht weitergehende Leistungen zugesprochen worden sind.
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Da bei verständiger Würdigung des klägerischen Vortrags Ansprüche für Zeiträume nach dem 31.5.2007 nicht Streitgegenstand des Verfahrens vor dem SG waren und das SG zutreffend nur für Zeiträume davor eine Entscheidung getroffen hat, ist unerheblich, in welchem Umfang ein so genanntes "Heraufholen von Prozessresten" zulässig sein kann. Das Berufungsurteil war für Zeiträume nach dem 31.5.2007 schon deshalb aufzuheben, weil das LSG unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu einer Entscheidung über Folgebescheide befugt war (vgl etwa BSG SozR 4-2700 § 9 Nr 13).
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2. Die Revision im Übrigen ist im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung begründet. Die Feststellungen des LSG lassen keine abschließende Entscheidung darüber zu, ob der Klägerin im streitigen Zeitraum über die Regelleistung in Höhe von 345 Euro hinaus ein Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung nach § 21 Abs 5 SGB II zusteht.
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a) Die Beklagte ist nach den zum 1.1.2011 in Kraft getretenen Änderungen des SGB II durch das Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisation der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 3.8.2010 (BGBl I 1112) weiterhin passiv legitimiert. Im Rhein-Neckar-Kreis, in dem die Klägerin ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat, werden die Aufgaben nach dem SGB II nach wie vor in getrennter Trägerschaft wahrgenommen; eine gemeinsame Einrichtung zur Aufgabenwahrnehmung (vgl § 44b Abs 1 Satz 1 SGB II in der seither geltenden Fassung) ist bislang noch nicht gebildet. Dies ist übergangsweise noch bis Ende des Jahres 2011 zulässig (vgl § 76 Abs 1 SGB II).
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b) Ein Anspruch insbesondere für den zweiten streitigen Bewilligungsabschnitt scheitert nicht daran, dass die Klägerin lediglich am 30.5.2006 gegenüber der Beklagten ausdrücklich auf den geltend gemachten Mehrbedarf hingewiesen hat. Ausreichend ist, dass sie wegen der Folgezeiträume, für die ein Fortzahlungsantrag rechtzeitig gestellt worden ist (dazu BSG Urteil vom 18.1.2011 - B 4 AS 99/10 R, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen), angegeben hat, maßgebliche Änderungen in ihren persönlichen Verhältnissen hätten sich nicht ergeben. Ein Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung, bei dem es sich um eine laufende Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts handelt, muss nicht gesondert beantragt werden (vgl nur Urteil des Senats vom 6.5.2010 - B 14 AS 3/09 R - SozR 4-4200 § 28 Nr 3 RdNr 14 mwN).
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c) Nach § 21 Abs 5 SGB II erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, einen Mehrbedarf in angemessener Höhe. Das Gesetz begründet damit beim medizinischen Erfordernis kostenaufwändiger Ernährung einen Rechtsanspruch des Hilfebedürftigen. Voraussetzung ist eine gesundheitliche Beeinträchtigung, die eine Ernährung erforderlich macht, deren Kosten höher ("aufwändiger") sind als dies für Personen ohne eine solche Einschränkung der Fall ist (vgl Düring in Gagel, SGB II/SGB III, Stand November 2010, § 21 SGB II RdNr 31; O. Loose in GK-SGB II, Stand Juli 2010, § 21 RdNr 34 f; Münder in ders, SGB II, 3. Aufl 2009, § 21 RdNr 25). Ein solches besonderes, medizinisch begründetes Ernährungsbedürfnis führt zu einem Anspruch auf einen Mehrbedarf in angemessener Höhe (zum Ganzen bereits BSGE 100, 83 = SozR 4-4200 § 20 Nr 6, jeweils RdNr 39 und BSG SozR 4-4200 § 21 Nr 2 RdNr 24).
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Das LSG hat sich zur Begründung seiner ablehnenden Entscheidung im Hinblick auf den begehrten Mehrbedarf unter Hinweis auf § 153 Abs 2 SGG "voll umfänglich" den Entscheidungsgründen des SG im angefochtenen Urteil angeschlossen. Damit ist dem Erfordernis an eine Begründung des Urteils aus § 136 Abs 1 Nr 6 SGG (dazu zuletzt Urteil des Senats vom 15.4.2008 - B 14/11b AS 3/07 R - Juris RdNr 13) noch Genüge getan. Ein Berufungsgericht kann dann pauschal auf die Begründung des angefochtenen Urteils nach § 153 Abs 2 SGG verweisen, wenn es dem Urteil des SG nichts hinzuzufügen hat und es keinen neuen Vortrag tatsächlicher oder rechtlicher Art gibt (BSGE 87, 95, 99 f = SozR 3-2500 § 35 Nr 1 mwN). So liegt der Fall hier. Der klägerische Vortrag im Berufungsverfahren ist gegenüber dem Vortrag im Klageverfahren unverändert. Dies schließt insbesondere die Beweisanträge ein, die die Klägerin bereits in der ersten Instanz hinreichend zum Ausdruck gebracht hat.
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Die damit in Bezug genommenen Feststellungen des SG genügen jedoch zur abschließenden Entscheidung über den geltend gemachten Mehrbedarf nicht. Im Ausgangspunkt zutreffend geht das SG davon aus, dass bei der Klägerin als gesundheitliche Beeinträchtigung, die Auswirkungen auf ihre Ernährungsweise hat, eine Allergie gegen Paraben besteht. Es handelt sich nach den Feststellungen des SG insoweit um eine Allergie gegen para-Hydroxybenzoesäure (kurz PHB-Ester; auch Parahydroxybenzoat), die insbesondere in Kosmetika und bestimmten Lebensmitteln häufig als Konservierungsmittel eingesetzt werden. Zutreffend hat das SG schließlich unter Bezugnahme auf die Verordnung über Anforderungen an Zusatzstoffe und das Inverkehrbringen von Zusatzstoffen für technologische Zwecke (vom 29.1.1998 <BGBl I 230, 269>, zuletzt geändert mit Verordnung vom 11.6.2009 <BGBl I 1277>) dargelegt, dass die entsprechenden Konservierungsstoffe (also die Verbindungen, die Parahydroxybenzoat enthalten) bei ihrer Verwendung in der Lebensmittelverarbeitung eine Kennzeichnungspflicht auslösen.
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Die dargestellten Ausgangsannahmen konnte das SG allesamt als allgemeinkundige Tatsachen bei seiner Entscheidung zugrunde legen. Allgemeinkundige Tatsachen sind solche, von denen verständige und erfahrene Menschen regelmäßig ohne weiteres Kenntnis haben oder von denen sie sich aus allgemein zugänglichen, zuverlässigen Quellen unschwer überzeugen können oder auch solche, die in einem größeren oder kleineren Bezirk einer beliebig großen Menge bekannt sind oder wahrnehmbar waren und über die man sich aus zuverlässigen Quellen ohne besondere Fachkunde unterrichten kann (vgl BSG Urteil vom 5.3.2002 - B 2 U 27/01 R - ZfS 2002, 237). Die Klassifizierung von Parahydroxybenzoat als Konservierungsmittel, das in den Zusatzstoffen E 214 bis E 219 nach der Anlage Liste B Teil I zur Verordnung über Anforderungen an Zusatzstoffe und das Inverkehrbringen von Zusatzstoffen für technologische Zwecke enthalten ist, ist eine solche allgemeinkundige Tatsache. Entsprechende Informationen sind etwa über die Internetpräsenz des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz allgemein verfügbar (http://www.aktionsplan-allergien.de; Suchbegriff "Parabene"). Über besondere Sachkunde musste das Gericht insoweit nicht verfügen.
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Die auf Grundlage dieser Ausgangsannahmen getroffene abschließende Würdigung des SG, die Klägerin könne durch aufmerksames und lediglich zeitaufwändiges, aber nicht kostenintensives Verbraucherverhalten das Allergen gut vermeiden, sodass die erforderliche Ernährungsweise sich nicht als kostenaufwändig darstelle, ist dagegen weder eine allgemeinkundige Tatsache im dargestellte Sinne noch wird aus dem Urteil sonst erkennbar, worauf das SG diese Schlussfolgerung stützt. Die Annahme, auch bei strikter Vermeidung von Lebensmitteln, die Parahydroxybenzoat enthielten, würden keine weitergehenden Kosten im Hinblick auf eine ausgewogene Ernährung entstehen, kann nicht als allgemeines Erfahrungswissen des Gerichts unterstellt werden. Es ist durchaus denkbar, dass eine so große Anzahl von Lebensmitteln vermieden bzw ersetzt werden muss, dass dies nicht kostenneutral erfolgen kann. Auch aus der ärztlichen Stellungnahme des medizinischen Dienstes der Beklagten wird nicht erkennbar, auf welchen ernährungswissenschaftlichen Erfahrungen und Grundannahmen sie beruht. Dies gilt schließlich auch für die vom LSG ergänzend in Bezug genommene telefonische Auskunft eines Dr. T Ohnehin kann nach der älteren Rechtsprechung des Bundessozialgerichts eine sachkundige Einschätzung zum streitigen Sachverhalt im sozialgerichtlichen Verfahren regelmäßig nur durch Begutachtung durch einen Sachverständigen (§ 106 Abs 3 Nr 5 SGG) oder seine Anhörung im Termin zur mündlichen Verhandlung bzw - in eng begrenzten, geeigneten Fällen - im Wege der Vernehmung durch den Kammervorsitzenden erfolgen (vgl § 106 Abs 3 Nr 4 SGG; dazu bereits BSGE 2, 197, 199). Ob daneben die Verwertung einer telefonisch von einem Arzt eingeholten Auskunft iS des § 106 Abs 3 Nr 3 SGG in jedem Fall ausscheidet (so ausdrücklich BSG, aaO und im Anschluss Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 106 RdNr 11), kann offen bleiben. Entscheidend ist vorliegend auch insoweit, dass unklar geblieben ist, über welche Sachkunde Dr. T verfügte und auf welche medizinischen und ernährungswissenschaftlichen Grundlagen er seine Aussagen stützt.
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Das LSG wird nach Zurückverweisung des Rechtsstreits eine gutachterliche Stellungnahme (ggf nach Aktenlage) einholen müssen, wobei der Sachverständige in erster Linie über besondere Kenntnisse auf ernährungswissenschaftlichem Gebiet verfügen sollte. Erst wenn geklärt ist, wie konsequent die Klägerin die fraglichen Konservierungsstoffe vermeiden muss, um gesundheitliche Beeinträchtigungen auszuschließen, wie häufig die fraglichen, von der Klägerin ggf strikt zu vermeidenden Konservierungsmittel eingesetzt werden, welche Möglichkeiten bestehen, auf andere Lebensmittel auszuweichen bzw auf welche Lebensmittel bei einer ausgewogenen Ernährung verzichtet werden kann, kann entschieden werden, ob und ggf welche Mehrkosten für eine solche Ernährungsweise entstehen.
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Das LSG wird auch über die Kosten des Rechtsstreits zu entscheiden haben.
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