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BVerfG 31.10.2023 - 2 BvE 4/21
BVerfG 31.10.2023 - 2 BvE 4/21 - Organklage der AfD-Bundestagsfraktion im Zusammenhang mit dem Eigenmittelbeschluss-Ratifizierungsgesetz (ERatG; RIS: GII210322) mangels Darlegung einer Antragsbefugnis unzulässig
Normen
§ 64 Abs 1 BVerfGG, EUBes 2020/2053, GII210322
Vorinstanz
vorgehend BVerfG, 8. Juni 2021, Az: 2 BvE 4/21, Ablehnung einstweilige Anordnung
Tenor
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Der Antrag wird verworfen.
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Der Antrag der Antragstellerin auf Erstattung ihrer notwendigen Auslagen wird abgelehnt.
Gründe
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A.
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Die Antragstellerin wendet sich im Wege der Organklage gegen die Mitwirkung der Bundesregierung und des Deutschen Bundestages, der Antragsgegnerin zu 1. und des Antragsgegners zu 2., an dem Zustandekommen des Gesetzes zum Beschluss des Rates vom 14. Dezember 2020 über das Eigenmittelsystem der Europäischen Union und zur Aufhebung des Beschlusses 2014/335/EU, Euratom (vgl. BGBl II 2021 S. 322, Eigenmittelbeschluss-Ratifizierungsgesetz - ERatG), mit dem die Bundesrepublik Deutschland dem Beschluss (EU, Euratom) 2020/2053 des Rates über das Eigenmittelsystem der Europäischen Union und zur Aufhebung des Beschlusses 2014/335/EU, Euratom (vgl. ABl EU Nr. L 424 vom 15. Dezember 2020, S. 1 ff.; im Folgenden: Eigenmittelbeschluss 2020) zugestimmt hat. Dieser bildet die Grundlage für die Ermächtigung der Europäischen Kommission, zur Finanzierung des temporären Aufbauinstruments "Next Generation EU" (im Folgenden: NGEU) bis 2026 am Kapitalmarkt Mittel bis zu einem Betrag von 750 Milliarden Euro aufzunehmen. Zudem wendet sich die Antragstellerin gegen die Mitwirkung der Antragsgegnerin zu 1. an dem Beschluss des Rates der Europäischen Union über die Verordnung (EU) 2020/2094 des Rates vom 14. Dezember 2020 zur Schaffung eines Aufbauinstruments der Europäischen Union ("European Union Recovery Instrument" - EURI) zur Unterstützung der Erholung nach der COVID-19-Krise (vgl. ABl EU Nr. L 433 I vom 22. Dezember 2020, S. 23 ff.; im Folgenden: EURI-VO).
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I.
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1. Auf der Tagung des Europäischen Rates vom 17. bis 21. Juli 2020, die unter dem Eindruck der COVID-19-Pandemie stattfand, vereinbarten die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten der Europäischen Union den Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) 2021 bis 2027 und das temporäre Aufbauinstrument NGEU (vgl. Außerordentliche Tagung des Europäischen Rates 17., 18., 19., 20. und 21. Juli 2020> - Schlussfolgerungen, EUCO 10/20 vom 21. Juli 2020). Mit diesem sollen die gravierenden wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen der Pandemie in den Mitgliedstaaten eingedämmt und gemildert werden.
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Am 14. Dezember 2020 nahm der Rat der Europäischen Union den Eigenmittelbeschluss 2020 an. Darin wird die Europäische Kommission - ausschließlich zur Bewältigung der Folgen der COVID-19-Pandemie - ermächtigt, an den Kapitalmärkten im Namen der Europäischen Union Mittel bis zu einem Betrag von 750 Milliarden Euro zu Preisen von 2018 aufzunehmen. Das temporäre Aufbauinstrument NGEU findet seine Grundlage in der auf Art. 122 AEUV gestützten EURI-VO. Als Kernstück des NGEU wurde die auf Art. 175 Abs. 3 AEUV gestützte Verordnung (EU) 2021/241 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Februar 2021 zur Einrichtung der Aufbau- und Resilienzfazilität (vgl. ABl EU Nr. L 57 vom 18. Februar 2021, S. 17 ff.) geschaffen.
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2. Am 19. Februar 2021 legte die Bundesregierung den Gesetzentwurf zur Zustimmung der Bundesrepublik Deutschland zum Eigenmittelbeschluss 2020 vor (vgl. BTDrucks 19/26821). Der Deutsche Bundestag nahm den Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Eigenmittelbeschluss-Ratifizierungsgesetz - wie vom Haushaltsausschuss empfohlen (vgl. BTDrucks 19/27901) - am 25. März 2021 an. Das vom Bundestag beschlossene Gesetz wurde noch am selben Tag auf die Tagesordnung des Bundesrates gesetzt, der ihm am 26. März 2021 gemäß Art. 23 Abs. 1 Satz 2 GG einstimmig zustimmte (vgl. BRDrucks 235/21 <Beschluss>). Das Eigenmittelbeschluss-Ratifizierungsgesetz wurde durch den Bundespräsidenten am 23. April 2021 ausgefertigt und am 28. April 2021 im Bundesgesetzblatt verkündet (vgl. BGBl II S. 322). Der Eigenmittelbeschluss 2020 trat am 1. Juni 2021 rückwirkend zum 1. Januar 2021 in Kraft (Art. 12 Eigenmittelbeschluss 2020), nachdem ihm alle Mitgliedstaaten gemäß ihren jeweiligen verfassungsrechtlichen Vorschriften zugestimmt hatten. Eine erste Auszahlung von NGEU-Mitteln erfolgte am 28. Juni 2021 (vgl. Europäische Kommission, Pressemitteilung vom 28. Juni 2021, IP/21/3262).
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3. In dem parallelen Verfassungsbeschwerdeverfahren 2 BvR 547/21 ordnete der Senat mit Beschluss vom 26. März 2021 an, dass das Eigenmittelbeschluss-Ratifizierungsgesetz durch den Bundespräsidenten bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht ausgefertigt werden durfte (vgl. BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 26. März 2021 - 2 BvR 547/21 -). Mit Beschluss vom 15. April 2021 lehnte der Senat den Antrag der Beschwerdeführer auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ab (vgl. BVerfGE 157, 332 - ERatG - eA).
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4. Mit Urteil vom 6. Dezember 2022 (BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 6. Dezember 2022 - 2 BvR 547/21, 2 BvR 798/21 - ERatG - NGEU) wies der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts in den parallelen Verfahren 2 BvR 547/21 und 2 BvR 798/21 die dort erhobenen Verfassungsbeschwerden als unbegründet zurück.
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Er stellte fest, dass das Eigenmittelbeschluss-Ratifizierungsgesetz die Beschwerdeführer nach Maßgabe der vom Senat zur Ultra-vires- und zur Identitätskontrolle entwickelten Maßstäbe nicht in ihren geltend gemachten Rechten verletze. Der dem Eigenmittelbeschluss-Ratifizierungsgesetz zugrundeliegende Eigenmittelbeschluss 2020 stelle weder eine offensichtliche Überschreitung der Ermächtigung aus Art. 311 Abs. 2 und 3 in Verbindung mit Art. 122 Abs. 1 und 2 AEUV dar (a), noch beeinträchtige er die haushaltspolitische Gesamtverantwortung des Deutschen Bundestages (b). Eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV sei nicht veranlasst (c). Der Richter des Bundesverfassungsgerichts Müller gab ein Sondervotum zu der Entscheidung ab (d).
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a) Zwar enthielten die Verträge keine Einzelermächtigung im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 EUV, die die Europäische Union berechtige, Kredite an den Kapitalmärkten aufzunehmen. Ausnahmsweise komme jedoch die Aufnahme von Krediten als sonstige Einnahmen im Sinne von Art. 311 Abs. 2 AEUV in Betracht, wenn die Ermächtigung zur Kreditaufnahme im Eigenmittelbeschluss 2020 vorgesehen sei, die Mittel ausschließlich zweckgebunden für eine der Europäischen Union zugewiesene Einzelermächtigung eingesetzt würden, die Kreditaufnahme zeitlich befristet und der Höhe nach begrenzt sei und die Summe der sonstigen Mittel den Umfang der Eigenmittel nicht übersteige. Dass Art. 5 Eigenmittelbeschluss 2020 diese Anforderungen erfülle, erscheine vor allem im Hinblick auf die Tatbestandsvoraussetzungen von Art. 122 Abs. 1 und 2 AEUV und die Summe der Eigenmittel fraglich, sei jedoch nicht offensichtlich ausgeschlossen. Auch eine Umgehung des Art. 125 Abs. 1 AEUV komme in Betracht, sei jedoch ebenfalls nicht offensichtlich (vgl. im Einzelnen BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 6. Dezember 2022 - 2 BvR 547/21, 2 BvR 798/21 -, Rn. 149 ff.).
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b) Der Eigenmittelbeschluss 2020 berühre auch nicht die Verfassungsidentität des Grundgesetzes im Sinne von Art. 79 Abs. 3 GG (vgl. BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 6. Dezember 2022 - 2 BvR 547/21, 2 BvR 798/21 -, Rn. 211 ff.). In Ansehung der strikten Zweckbindung und klaren Begrenzung von Höhe und Dauer der aufgenommenen Mittel und der Zustimmung des Deutschen Bundestages im Verfahren nach Art. 311 Abs. 3 Satz 3 AEUV beeinträchtige er - für sich genommen - nicht dessen haushaltspolitische Gesamtverantwortung. Eine Gesamtbetrachtung sämtlicher vom Bundestag gebilligter Schulden, Haftungszusagen und Garantien im Kontext der Europäischen Union lasse zwar erhebliche Risiken für den Bundeshaushalt erkennen, überschreite aber nicht den weiten haushaltspolitischen Einschätzungsspielraum des Deutschen Bundestages. Dieser sei - im Zusammenwirken mit der Bundesregierung - im Rahmen seiner Integrationsverantwortung allerdings verpflichtet, die Verwendung der Mittel aus NGEU und die Entwicklung des mit ihm verbundenen Haftungsrisikos für den Bundeshaushalt fortlaufend zu beobachten und gegebenenfalls geeignete Maßnahmen zum Schutz des Bundeshaushalts zu ergreifen.
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c) Eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV sei nicht veranlasst (vgl. BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 6. Dezember 2022 - 2 BvR 547/21, 2 BvR 798/21 -, Rn. 236 f.). Es sei nicht davon auszugehen, dass der Gerichtshof die in Rede stehenden Einzelermächtigungen in Art. 122 und Art. 311 Abs. 2 und 3 AEUV im Ergebnis enger auslegen werde als das Bundesverfassungsgericht. Bei der Auslegung von Art. 125 Abs. 1 AEUV handele es sich unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Gerichtshofs in der Rechtssache Pringle (vgl. EuGH, Urteil vom 27. November 2012, Pringle, C-370/12, EU:C:2012:756) um einen "acte éclairé".
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d) In einem Sondervotum legte der Richter des Bundesverfassungsgerichts Müller seine von der Entscheidung abweichende Meinung nieder. Angesichts der von der Senatsmehrheit selbst ausgeführten, schwerwiegenden Zweifel an der Primärrechtskonformität des Eigenmittelbeschlusses 2020 habe es vorliegend zumindest einer Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union bedurft.
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II.
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Die Antragstellerin wendet sich in ihrer Antragsschrift vom 1. April 2021 in der Hauptsache gegen Handlungen und Unterlassungen der Antragsgegner und vertritt die Auffassung, beide seien in mehrfacher Hinsicht ihren sich aus der Integrationsverantwortung ergebenden Pflichten im Zusammenhang mit der Novellierung des Eigenmittelbeschlusses nicht nachgekommen. Sie begehrt jeweils festzustellen, dass die Antragsgegner hierdurch die eigenen Rechte der Antragstellerin als Fraktion sowie die Rechte und Verantwortlichkeiten des Deutschen Bundestages, welche sie im Wege der Prozessstandschaft für diesen wahrnehme, verletzt hätten.
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1. Der Antrag sei zulässig. Als Fraktion im Deutschen Bundestag sei die Antragstellerin im Organstreit beteiligtenfähig. Sie sei berechtigt, Rechte, die dem Bundestag zustünden, in Prozessstandschaft auch gegenüber dem Antragsgegner zu 2. selbst geltend zu machen. Die Antragstellerin sei nach § 64 Abs. 1 BVerfGG antragsbefugt, weil sie in substantiierter Weise jedenfalls die Möglichkeit dargelegt habe, dass die Antragsgegner durch die im Antrag im Einzelnen genannten Handlungen und Unterlassungen die Rechte und Pflichten des Bundestages und damit auch ihre Rechte als stärkster Oppositionsfraktion verletzt hätten. Das Rechtsschutzbedürfnis sei gegeben, da die Antragstellerin Initiativen ergriffen habe, die aber von der Mehrheit des Deutschen Bundestages abgelehnt worden seien.
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2. In der Sache erhebt die Antragstellerin im Wesentlichen eine Ultra-vires- sowie eine Identitätsrüge.
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a) Die Europäische Union sei nicht befugt, die Europäische Kommission zur Aufnahme von Krediten - zumal in einer Höhe von 750 Milliarden Euro - zu ermächtigen. Diese erfolge ultra vires, was auch Art. 17 Abs. 2 der Haushaltsordnung der Europäischen Union und die ausnahmsweise Ermächtigung zur Kreditaufnahme in Art. 266 Abs. 6 der Haushaltsordnung der Europäischen Union bestätigten. Gegen eine allgemeine Kreditaufnahmebefugnis spreche weiterhin die Rolle der Europäischen Investitionsbank mit eigener Rechtspersönlichkeit. Außerdem sei der Eigenmittelbeschluss 2020 selbst kein Primärrecht, weswegen seine Änderung auch keine Vertragsänderung sei oder bezwecke. Art. 136 Abs. 3 AEUV entfalte eine Sperrwirkung für eine Kreditfinanzierung der Europäischen Union. Auch der Fiskalpakt stehe der Kreditaufnahme entgegen. Eine Ermächtigung zur Kreditaufnahme ergebe sich weder aus Art. 311 Abs. 3 AEUV noch aus Art. 122 AEUV. Mittel bis zu 750 Milliarden Euro könnten wegen des viel zu hohen Kreditvolumens nicht als "sonstige Einnahmen" im Sinne des Art. 311 Abs. 2 AEUV verstanden werden. Die COVID-19-Krise könne die Kreditaufnahme nicht rechtfertigen. Eine allgemeine Befugnis der Europäischen Union, in Notlagen den Mitgliedstaaten finanzielle Hilfestellung zu geben, sei den Verträgen nicht zu entnehmen. Es lägen zudem ein Verstoß gegen das Bail-out-Verbot des Art. 125 AEUV sowie eine offensichtliche und strukturell bedeutsame Verschiebung zulasten mitgliedstaatlicher Kompetenzen vor. Das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung werde grob und strukturwidrig missachtet.
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b) Die vertragswidrige Ermächtigung der Europäischen Kommission zur Kreditaufnahme im Umfang von 750 Milliarden Euro sei auch mit der Identität des Grundgesetzes unvereinbar. Diese Belastung zukünftiger Generationen durch hohe Schulden sei nicht verantwortbar. Der Wiederaufbaufonds trage weniger dem Ausgleich der wirtschaftlichen und gesundheitlichen Folgen der Corona-Krise Rechnung, sondern transferiere vornehmlich Ressourcen von den finanzstärkeren zu den finanzschwächeren Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Dies gehe vor allem zulasten Deutschlands, das mit 25 % den größten Anteil der Kosten der Union trage. Darüber hinaus werde Deutschland durch das Wiederaufbauinstrument zusätzlich in Anspruch genommen, wenn andere Mitgliedstaaten Verpflichtungen aus dem Eigenmittelbeschluss 2020 nicht erfüllten, was angesichts der hohen Verschuldung der meisten Mitgliedstaaten mit großer Wahrscheinlichkeit zu erwarten sei. Die Verletzung der haushaltspolitischen Gesamtverantwortung und damit des demokratischen Prinzips durch die Zustimmung zum Wiederaufbauprogramm sei - in Anbetracht eines Volumens von circa 800 Milliarden Euro und derzeit nicht überblickbarer Haftungsfolgen - offensichtlich. Schließlich lege die Überdeckung der auszureichenden Kredite die Vermutung nahe, dass Kreditausfälle einiger Mitgliedstaaten bereits einkalkuliert seien.
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c) In formeller Hinsicht vertritt die Antragstellerin außerdem die Ansicht, die Zustimmung des Bundestages zum Eigenmittelbeschluss 2020 sei nicht in einem den Anforderungen des Art. 23 Abs. 1 Satz 3 GG entsprechenden Verfahren zustande gekommen.
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3. Die Antragstellerin beantragt ferner, "die Kosten des Verfahrens den Antragsgegnern aufzuerlegen".
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4. Mit Schriftsatz vom 20. Juli 2022 bekräftigt die Antragstellerin ihr bisheriges Vorbringen. Auch die aktuelle Fraktion der Alternative für Deutschland der 20. Wahlperiode halte an der Organklage fest. Das Rechtsschutzbedürfnis bestehe weiterhin. Das Projekt "Next Generation" sei noch nicht zu Ende geführt, und es müsse mit weiteren Kreditaufnahmen sowie weiterer Finanzierung der Agenden der Europäischen Union gerechnet werden. Weitere Schriftsätze der Antragstellerin sind bis zum Entscheidungszeitpunkt nicht eingegangen.
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III.
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Den Antrag, dem Bundespräsidenten im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, das Eigenmittelbeschluss-Ratifizierungsgesetz auszufertigen, zu unterschreiben und zu verkünden sowie dem zuständigen Bundesminister zu untersagen, das Gesetz vor der Unterzeichnung durch den Bundespräsidenten gegenzuzeichnen, hat der Senat mit Beschluss vom 8. Juni 2021 nach § 24 BVerfGG verworfen (vgl. BVerfGE 158, 202 - ERatG - eA II). Der Antrag sei mangels Rechtsschutzbedürfnisses im Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts unzulässig, nachdem der Bundespräsident auf den Beschluss des Senats vom 15. April 2021 das Eigenmittelbeschluss-Ratifizierungsgesetz ausgefertigt habe und dieses im Bundesgesetzblatt verkündet worden sei (vgl. BVerfGE 158, 202 208 Rn. 6> insbesondere unter Bezugnahme auf BVerfGE 157, 332). Im Übrigen wäre dem Antrag, unabhängig von der Frage, ob und inwieweit die Anträge im Hauptsacheverfahren von vornherein unzulässig oder offensichtlich unbegründet seien, aus den im Beschluss des Senats vom 15. April 2021 dargelegten Gründen, die sich auf das vorliegende Verfahren entsprechend übertragen ließen, der Erfolg in der Sache von vornherein zu versagen gewesen (vgl. BVerfGE 158, 202 208 Rn. 7> unter Bezugnahme auf BVerfGE 157, 332 387 Rn. 95>).
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B.
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Der Antrag ist unzulässig. Die Antragstellerin hat ihre Antragsbefugnis nicht hinreichend dargelegt.
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I.
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Die Antragsbefugnis gemäß § 64 Abs. 1 BVerfGG setzt voraus, dass nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann, dass der Antragsgegner Rechte des Antragstellers, die aus einem verfassungsrechtlichen Rechtsverhältnis zwischen den Beteiligten erwachsen, durch die beanstandete rechtserhebliche Maßnahme oder Unterlassung verletzt oder unmittelbar gefährdet hat (vgl. BVerfGE 94, 351 362 f.>; 99, 19 28>; 104, 14 19>; 104, 310 325>; 108, 251 271 f.>; 118, 277 317>; 134, 141 194 Rn. 160>; 140, 115 144 Rn. 74>; BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 24. Januar 2023 - 2 BvE 5/18 -, Rn. 53 - PartGuaÄndG 2018 - Organstreit; Beschluss des Zweiten Senats vom 20. Juni 2023 - 2 BvE 1/17 -, Rn. 34 - Organstreit Finanzierungsausschluss NPD). Für die Zulässigkeit eines Organstreitverfahrens erforderlich, aber auch ausreichend ist es, dass die von dem Antragsteller behauptete Verletzung oder unmittelbare Gefährdung seiner verfassungsmäßigen Rechte unter Beachtung der vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Maßstäbe nach dem vorgetragenen Sachverhalt möglich erscheint (vgl. BVerfGE 138, 256 259 Rn. 6>; 140, 1 22 Rn. 58>; 150, 194 201 Rn. 20>; 151, 191 199 Rn. 22> - Bundesverfassungsrichterwahl II; BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 24. Januar 2023 - 2 BvE 5/18 -, Rn. 53; Beschluss des Zweiten Senats vom 20. Juni 2023 - 2 BvE 1/17 -, Rn. 34; stRspr).
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II.
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Nach diesen Maßstäben fehlt der Antragstellerin die Antragsbefugnis. Die Antragstellerin sieht bei sachgerechter Würdigung ihres Begehrens (vgl. zur Auslegung von Anträgen BVerfGE 139, 194 220 Rn. 97>; 150, 194 199 Rn. 15> m.w.N.) durch Handlungen und Unterlassungen der Antragsgegner jeweils deren Integrationsverantwortung im Zusammenhang mit der Novellierung des Eigenmittelbeschlusses verletzt, weil die Ermächtigung der Europäischen Kommission zur Kreditaufnahme im Umfang von 750 Milliarden Euro ultra vires erfolge und nicht mit der Identität des Grundgesetzes vereinbar sei. Hierdurch hätten die Antragsgegner sowohl die eigenen Rechte der Antragstellerin als Fraktion verletzt als auch die Rechte des Bundestages, welche sie im Wege der Prozessstandschaft für diesen wahrnehme.
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1. Nach dem Urteil des Senats vom 6. Dezember 2022 (BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 6. Dezember 2022 - 2 BvR 547/21, 2 BvR 798/21 -) sind die geltend gemachten Rechte nicht verletzt. Der Senat hat mit diesem Urteil entschieden, dass das Eigenmittelbeschluss-Ratifizierungsgesetz nach Maßgabe der vom Senat zur Ultra-vires- und zur Identitätskontrolle entwickelten Maßstäbe keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken unterliegt. Der Eigenmittelbeschluss 2020 stelle weder eine offensichtliche Überschreitung der Ermächtigung aus Art. 311 Abs. 2 und 3 in Verbindung mit Art. 122 Abs. 1 und 2 AEUV dar, noch beeinträchtige er die haushaltspolitische Gesamtverantwortung des Deutschen Bundestages (vgl. BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 6. Dezember 2022 - 2 BvR 547/21, 2 BvR 798/21 -, Rn. 120 ff.). Der Senat hat dabei die von der Antragstellerin im hiesigen Verfahren aufgeworfenen Rechtsfragen umfassend behandelt. Eine Verletzung der von der Antragstellerin im hiesigen Verfahren geltend gemachten organschaftlichen Rechte des Deutschen Bundestages scheidet danach aus. Es kann daher offenbleiben, ob die Antragsbefugnis bereits bei Antragstellung gefehlt hat. Jedenfalls ist sie infolge der Klärung der Rechtslage durch das Urteil vom 6. Dezember 2022 entfallen. Zumindest wäre es Sache der Antragstellerin gewesen, substantiiert darzulegen, inwieweit trotz des Urteils des Zweiten Senats vom 6. Dezember 2022 die Antragsbefugnis fortbesteht. Daran fehlt es.
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Die geltend gemachte Verletzung in eigenen Rechten als Oppositionsfraktion scheidet bereits dem Grunde nach aus, weil die Verfassung weder explizit spezifische Oppositionsfraktionsrechte begründet noch sich aus dem Grundgesetz ein Gebot der Schaffung solcher Rechte ableiten lässt (vgl. hierzu BVerfGE 142, 25 58 ff. Rn. 91 ff.>; 160, 411 424 f. Rn. 42> - Wahl eines Vizepräsidenten des Bundestages - Vorschlagsrecht; BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 24. Januar 2023 - 2 BvE 5/18 -, Rn. 59 ff.).
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2. Soweit die Antragstellerin rügt, die Zustimmung des Bundestages zum Eigenmittelbeschluss 2020 sei nicht in einem den Anforderungen des Art. 23 Abs. 1 Satz 3 GG entsprechenden Verfahren zustande gekommen, ist der Antrag mangels der Übertragung von Hoheitsrechten (vgl. BVerfGE 157, 332 378 f. Rn. 78 ff.>) durch das Eigenmittelbeschluss-Ratifizierungsgesetz ebenfalls unzulässig.
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C.
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Der Antrag auf Erstattung der notwendigen Auslagen ist abzulehnen. Die Auslagenerstattung richtet sich im Organstreitverfahren nach § 34a Abs. 3 BVerfGG und kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn besondere Billigkeitsgründe vorliegen (vgl. BVerfGE 96, 66 67> m.w.N.; 148, 11 39 Rn. 81> m.w.N.; 150, 194 203 Rn. 29>; 154, 320 353 Rn. 97> m.w.N. - Seehofer-Interview auf der Homepage des BMI; 157, 1 30 Rn. 86> - CETA-Organstreit I; 160, 411 426 Rn. 46>; 162, 207 269 Rn. 186> - Äußerungsbefugnisse der Bundeskanzlerin; stRspr). Solche Gründe sind hier weder vorgetragen noch ersichtlich.
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