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BVerfG 01.12.2020 - 2 BvQ 93/20
BVerfG 01.12.2020 - 2 BvQ 93/20 - Erfolgloser Eilantrag auf Folgenbeseitigung einer vermeintlich rechtswidrigen Abschiebung, mithin auf Rückholung des Antragstellers - Unzulässigkeit des Antrags wegen Subsidiarität - kein Rechtsschutzbedürfnis für Gegenstandswertfestsetzung
Normen
§ 32 Abs 1 BVerfGG, § 90 Abs 2 S 1 BVerfGG, § 90 Abs 2 S 2 BVerfGG, § 58 AufenthG 2004
Tenor
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Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
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Der Antrag auf Erstattung von Auslagen wird abgelehnt.
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Der Antrag auf Festsetzung des Gegenstandswerts wird verworfen.
Gründe
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I.
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Der Antragsteller hatte zunächst beantragt, seine Abschiebung in den Kosovo im Wege einstweiliger Anordnung zu untersagen. Der Antrag ist am 23. November 2020 per Fax von 10:53 bis 12:39 Uhr beim Bundesverfassungsgericht eingegangen. Am 23. November 2020 um 12:20 Uhr ist der Antragsteller in den Kosovo abgeschoben worden. Mit Fax vom 25. November 2020 hat der Antragsteller seinen Antrag abgeändert und beantragt nunmehr, die Ausländerbehörde im Wege einstweiliger Anordnung dazu zu verpflichten, ihn aus dem Kosovo zurückzuholen. Zudem beantragt er Auslagenerstattung und Gegenstandswertfestsetzung.
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II.
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1. Der Eilantrag wird abgelehnt, da er den Subsidiaritätsanforderungen nicht genügt. Nach § 32 Abs. 1 BVerfGG kann das Bundesverfassungsgericht im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist. Auch im vorgelagerten verfassungsgerichtlichen Eilrechtsschutzverfahren gilt jedoch der Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde (vgl. § 90 Abs. 2 BVerfGG). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 32 Abs. 1 BVerfGG kommt daher nur in Betracht, wenn der Antragsteller bestehende Möglichkeiten, fachgerichtlichen Eilrechtsschutz zu erlangen, ausgeschöpft hat (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 13. Februar 2020 - 2 BvR 168/20 -, Rn. 2; Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 22. September 2016 - 2 BvQ 52/16 -, Rn. 2; Beschluss der 1. Kammer des Erstens Senats vom 13. August 2019 - 1 BvQ 66/19 -, Rn. 2).
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Der Antragsteller hat mit Blick auf seinen geänderten verfassungsgerichtlichen Eilantrag den fachgerichtlichen Rechtsweg nicht beschritten. Er begehrt nunmehr seine Rückholung aus dem Kosovo, mithin die Beseitigung der Folgen seiner (vermeintlich) rechtswidrigen Abschiebung. Einen derartigen Folgenbeseitigungsanspruch hat er vor den primär zuständigen Fachgerichten - im Haupt- wie im Eilrechtsschutz - allerdings noch nicht geltend gemacht.
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Dass dem Antragsteller ein Zuwarten bis zu einer fachgerichtlichen (Eil-)Entscheidung unzumutbar ist, weil ihm ein schwerer oder unabwendbarer Nachteil drohte (vgl. § 90 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG), ist vor dem Hintergrund, dass bei Prüfung der Voraussetzungen des § 32 Abs. 1 BVerfGG ein strenger Maßstab zugrunde zu legen ist (vgl. BVerfGE 87, 107 111>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 24. März 2014 - 1 BvQ 9/14 -, Rn. 3), nicht ersichtlich. Das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vor dem Bundesverfassungsgericht ist - anders als der vorläufige Rechtsschutz im fachgerichtlichen Verfahren - nicht darauf angelegt, möglichst lückenlos vorläufigen Rechtsschutz zu bieten (vgl. BVerfGE 94, 166 216 f.>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 11. März 1999 - 2 BvQ 4/99 -, Rn. 10; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 24. März 2014 - 1 BvQ 9/14 -, Rn. 3). Erst recht ist das Verfahren nach § 32 Abs. 1 BVerfGG nicht darauf angelegt, das fachgerichtliche Verfahren vorwegzunehmen (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 22. September 2016 - 2 BvQ 52/16 -, Rn. 4).
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2. Der Antrag auf Auslagenerstattung wird abgelehnt, weil die Voraussetzungen nach § 34a Abs. 3 BVerfGG nicht vorliegen. Besondere Billigkeitsgründe sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
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3. Der Antrag auf Festsetzung des Gegenstandswertes ist zu verwerfen. Nach § 37 Abs. 2 Satz 2 des Gesetzes über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG) ist der Gegenstandswert unter Berücksichtigung der in§ 14Abs. 1RVG genannten Umstände nach billigem Ermessen zu bestimmen; er beträgt mindestens 5.000 Euro. § 14 Abs. 1 RVG nennt als zu berücksichtigende Umstände den Umfang und die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, die Bedeutung der Angelegenheit sowie die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, des Weiteren das anwaltliche Haftungsrisiko. Wird eine Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen, über sie also nicht inhaltlich befunden, kommt für die Berechnung der Rechtsanwaltsgebühren ein höherer Gegenstandswert als der gesetzliche Mindestwert im Regelfall nicht in Betracht. In diesen Fällen besteht kein Rechtsschutzbedürfnis für die Festsetzung des Gegenstandswerts (vgl. BVerfGE 79, 365 369>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 25. Mai 1999 - 2 BvR 1790/94 -, Rn. 2; ähnlich BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 12. Februar 2020 - 2 BvR 718/18 -, Rn. 8 f.). Auf Anträge gemäß § 32 BVerfGG ist dieser Grundsatz entsprechend anzuwenden (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 23. September 2020 - 1 BvQ 63/20 -, Rn. 2).
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Im vorliegenden Fall ist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung bereits unzulässig, so dass es keiner inhaltlichen Auseinandersetzung mit dem Sachverhalt und den sich stellenden Rechtsfragen bedurfte. Anhaltspunkte, die es vorliegend rechtfertigen könnten, einen über den gesetzlichen Mindestbetrag hinausgehenden Gegenstandswert festzusetzen, wurden mit der Antragsbegründung nicht dargetan und sind auch sonst nicht ersichtlich. In der Folge ist es nicht gerechtfertigt, hier über den gesetzlichen Mindestwert hinauszugehen. Dann besteht auch kein Rechtsschutzbedürfnis für die Festsetzung des Gegenstandswerts.
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
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