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BVerfG 15.09.2020 - 1 BvR 2435/18, 1 BvR 2520/18, 1 BvR 908/19
BVerfG 15.09.2020 - 1 BvR 2435/18, 1 BvR 2520/18, 1 BvR 908/19 - Nichtannahmebeschluss: Zum Anspruch auf hinreichende Sachaufklärung im Verfahren über ein Ablehnungsgesuch - Sowie zu den Voraussetzungen einer Vorbefassung iSd § 41 Nr 6 ZPO bzgl der Mitwirkung an Geschäftsverteilungsplänen - hier: Verletzung von Grundrechten durch Handhabung von Ablehnungsgesuchen in einem KapMuG-Verfahren teils nicht hinreichend dargelegt, teils nicht gegeben
Normen
Art 2 Abs 1 GG, Art 20 Abs 3 GG, Art 101 Abs 1 S 2 GG, § 23 Abs 1 S 2 Halbs 1 BVerfGG, § 92 BVerfGG, § 11 Abs 1 S 2 KapMuG 2012, § 41 Nr 6 ZPO, § 42 Abs 1 ZPO, § 42 Abs 2 ZPO, § 45 Abs 1 ZPO
Vorinstanz
vorgehend OLG Celle, 8. Oktober 2018, Az: 13 Kap 1/16, Beschluss
vorgehend OLG Celle, 10. September 2018, Az: 13 Kap 1/16, Beschluss
vorgehend OLG Celle, 29. Oktober 2018, Az: 13 Kap 1/16, Beschluss
vorgehend OLG Celle, 4. Oktober 2018, Az: 13 Kap 1/16, Beschluss
vorgehend OLG Celle, 4. April 2019, Az: 13 Kap 1/16, Beschluss
vorgehend OLG Celle, 28. März 2019, Az: 13 Kap 1/16, Beschluss
Tenor
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Die Verfassungsbeschwerden werden nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe
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A.
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Die Verfassungsbeschwerden richten sich gegen die Zurückweisung dreier aufeinanderfolgender Befangenheitsanträge im Rahmen eines laufenden Kapitalanleger-Musterverfahrens (im Folgenden: Musterverfahren) nach dem Gesetz über Musterverfahren in kapitalmarktrechtlichen Streitigkeiten (Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz - KapMuG). Bei der Beschwerdeführerin handelt es sich um die Musterklägerin.
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I.
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1. Innerhalb des für das Musterverfahren zuständigen Senats des Oberlandesgerichts fanden nach Beginn des Musterverfahrens mehrere aufeinanderfolgende Richterwechsel statt; auch der Berichterstatter wechselte mehrfach. Im Zusammenhang mit einem Richterablehnungsgesuch, das nicht Gegenstand der Verfassungsbeschwerden ist, bat der Bevollmächtigte der Beschwerdeführerin für die Verfassungsbeschwerdeverfahren den Vorsitzenden des Senats um Übersendung der senatsinternen Geschäftsverteilungspläne. Daraufhin übersandte der Senatsvorsitzende Geschäftsverteilungspläne vom 1. September 2017, 1. Januar 2018 und 1. April 2018. Einen weiteren Beschluss über die Geschäftsverteilung ab dem 1. März 2018 erhielten die Prozessbevollmächtigten der Beschwerdeführerin für das Musterverfahren, nicht aber der Bevollmächtigte für die Verfassungsbeschwerdeverfahren, erst nach einem weiteren Ablehnungsgesuch wegen vermeintlicher Unstimmigkeiten, welche die an dem Musterverfahren beteiligten Richter betrafen. Die Geschäftsverteilungspläne weisen das Musterverfahren jeweils einem der Beisitzer als Berichterstatter zu, zuletzt einem neu in den Senat eingetretenen Richter am Oberlandesgericht, der nach dem Beschluss über die Geschäftsverteilung ab dem 1. März 2018 ausschließlich mit dem Musterverfahren befasst war. In dem Beschluss über die senatsinterne Geschäftsverteilung ab dem 1. April 2018 heißt es wörtlich: "Zuständig für das Musterverfahren (…) ist nunmehr RiOLG K. (Sitzgruppe II)". Außerdem geht aus den Beschlüssen hervor, dass der Senat mit fünf, beziehungsweise − im März 2018 − mit sechs Richtern einschließlich des Vorsitzenden besetzt war.
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2. Die Beschwerdeführerin lehnte daraufhin den Senatsvorsitzenden sowie den Berichterstatter für das Musterverfahren wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Sie vertritt die Ansicht, der Beschluss vom 1. März 2018 sei entweder dem Bevollmächtigten bewusst vorenthalten oder nachträglich gefälscht worden, um zum einen eine unzulässige Überbesetzung des Senats im März 2018 und zum anderen die ebenfalls unzulässige Zuweisung der Berichterstattung zu verschleiern; dies begründe Zweifel an der Unvoreingenommenheit des Vorsitzenden.
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Mit angegriffenem Beschluss vom 10. September 2018, der Gegenstand der Verfassungsbeschwerde 1 BvR 2435/18 ist, wies der Senat durch eine Richterin sowie zwei weitere Richter den Befangenheitsantrag der Beschwerdeführerin gegen den Senatsvorsitzenden und den Berichterstatter für das Musterverfahren zurück. Die Zuweisung der Berichterstattung beruhe auf dem sachlichen Grund, dass dem neu eingetretenen Senatsmitglied die Möglichkeit zur Einarbeitung in das Musterverfahren unter Freistellung von den übrigen Senatsgeschäften gegeben worden sei. Ohnehin hätten die Parteien keinen Anspruch auf die Berichterstattung durch eine bestimmte Person innerhalb der Sitzgruppe. Eine bewusste Zurückhaltung oder nachträgliche Fälschung des Geschäftsverteilungsplans vom 1. März 2018 sei nicht ersichtlich.
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3. Daraufhin lehnte die Beschwerdeführerin die Richterin wegen der Besorgnis der Befangenheit ab. Es liege nahe, dass in ihrer Person ein Ausschließungsgrund gemäß § 41 Nr. 6 ZPO vorliege, der sie hindere, an der Entscheidung über das vorangegangene Ablehnungsgesuch mitzuwirken. Denn die Richterin habe an den Beschlüssen über die senatsinterne Geschäftsverteilung ab dem 1. März 2018 und ab dem 1. April 2018 mitgewirkt.
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Mit angegriffenem Beschluss vom 4. Oktober 2018, der Gegenstand der Verfassungsbeschwerde 1 BvR 2520/18 ist, wies der Senat das Ablehnungsgesuch betreffend die Richterin als unbegründet zurück. Sie sei nicht nach § 41 Nr. 6 ZPO analog von der Ausübung des Richteramtes ausgeschlossen gewesen, da es sich bei den Beschlüssen über die senatsinterne Geschäftsverteilung nicht um mit einem ordentlichen Rechtsmittel angreifbare Entscheidungen handele. Eine analoge Anwendung des § 41 Nr. 6 ZPO komme nicht in Betracht.
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4. Im Zusammenhang mit einem weiteren, hier nicht gegenständlichen Ablehnungsgesuch gab der Senatsvorsitzende eine dienstliche Stellungnahme ab, in der er unter anderem auf die Versendung der Geschäftsverteilungspläne einging. Daraufhin lehnte eine der Beigeladenen des Musterverfahrens den Senatsvorsitzenden erneut wegen der Besorgnis der Befangenheit ab; die Beschwerdeführerin schloss sich dem Befangenheitsantrag an. Der Vorsitzende habe eine unwahre Erklärung des Inhalts abgegeben, der Senat habe die senatsinterne Geschäftsverteilung für den Monat März 2018 an den Bevollmächtigten im Verfassungsbeschwerdeverfahren nachgesandt. Damit stelle der Senatsvorsitzende die unterlassene Versendung als ein korrigiertes Versehen und damit als eine "unbedeutende Lappalie" dar. Dies werde den Umständen jedoch nicht gerecht.
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Mit angegriffenem Beschluss vom 28. März 2019, der Gegenstand der Verfassungsbeschwerde 1 BvR 908/19 ist, wies der Senat das Ablehnungsgesuch als unbegründet zurück, ohne zuvor eine dienstliche Äußerung des abgelehnten Richters einzuholen.
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5. Die von der Beschwerdeführerin in allen drei Ablehnungsverfahren erhobenen Anhörungsrügen blieben jeweils erfolglos.
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II.
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Die Beschwerdeführerin rügt mit ihren Verfassungsbeschwerden eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehörs aus Art. 103 Abs. 1 GG, eine Verletzung des Rechts auf den gesetzlichen Richter aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG sowie eine Verletzung des allgemeinen Justizgewährungsanspruchs aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG.
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1. Der Senat habe den das Ablehnungsverfahren beherrschenden Amtsermittlungsgrundsatz und damit Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG verletzt, indem er es versäumt habe, durch Einholung dienstlicher Stellungnahmen aller an den Beschlüssen über die Geschäftsverteilung beteiligten Richter die Umstände der Zuweisung der Berichterstattung für das Musterverfahren weiter aufzuklären.
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Des Weiteren verletze der Beschluss über das Ablehnungsgesuch die Beschwerdeführerin in ihrem grundrechtsgleichen Recht auf den gesetzlichen Richter aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, soweit an dem Beschluss die Richterin am Oberlandesgericht mitgewirkt habe. Diese sei sowohl gemäß § 42 Abs. 1, Abs. 2 ZPO befangen als auch gemäß § 41 Nr. 6 ZPO analog von der Ausübung des Richteramtes in dieser Sache ausgeschlossen, da sie an dem senatsinternen Geschäftsverteilungsplan mitgewirkt und somit in eigener Sache entschieden habe.
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2. Aus denselben Gründen verletze auch die Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs gegen die Richterin die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf den gesetzlichen Richter aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG.
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3. Der Beschluss des Senats, mit dem das erneute Ablehnungsgesuch gegen den Senatsvorsitzenden zurückgewiesen wurde, verletze schließlich Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG sowie Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsgebot in der Ausprägung des Anspruchs auf Justizgewähr. Angesichts der objektiven Unwahrheit der dienstlichen Erklärung des Senatsvorsitzenden, die dieser offensichtlich in Kenntnis der Unwahrheit abgegeben habe, erweise sich die Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs, ohne zuvor eine dienstliche Stellungnahme des Senatsvorsitzenden einzuholen, als willkürlich und unhaltbar.
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B.
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Die Verfassungsbeschwerden werden nicht zur Entscheidung angenommen, da die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen. Den Verfassungsbeschwerden kommt weder grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu, noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt (§ 93a Abs. 2 BVerfGG). Die Verfassungsbeschwerden 1 BvR 2435/18 und 1 BvR 2520/18 sind nicht ausreichend begründet (I.). Auch die Verfassungsbeschwerde 1 BvR 908/19 hat mangels eines plausiblen Grundes für die Annahme von Befangenheit keine Aussicht auf Erfolg (II.).
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I.
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Die Verfassungsbeschwerden 1 BvR 2435/18 und 1 BvR 2520/18 sind schon mangels einer den Anforderungen der § 92, § 23 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 BVerfGG genügenden Begründung unzulässig.
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1. Nach diesen Vorschriften ist die Beschwerdeführerin gehalten, den Sachverhalt, aus dem sich die Grundrechtsverletzung ergeben soll, substantiiert und schlüssig darzulegen. Ferner muss sich die Verfassungsbeschwerde mit dem zugrundeliegenden einfachen Recht sowie mit der verfassungsrechtlichen Beurteilung des vorgetragenen Sachverhalts auseinandersetzen und hinreichend substantiiert darlegen, dass eine Grundrechtsverletzung möglich erscheint (vgl. BVerfGE 89, 155 171>; 108, 370 386 f.>). Liegt zu den mit der Verfassungsbeschwerde aufgeworfenen Verfassungsfragen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bereits vor, so ist der behauptete Grundrechtsverstoß in Auseinandersetzung mit den vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Maßstäben zu begründen (vgl. BVerfGE 123, 186 234>; 130, 1 21>).
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2. Eine Verletzung der Beschwerdeführerin in ihren Grundrechten weisen die Verfassungsbeschwerden 1 BvR 2435/18 und 1 BvR 2520/18 aber nicht auf.
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a) Insbesondere wird die Rüge der Beschwerdeführerin nicht hinreichend begründet, der mit der Verfassungsbeschwerde 1 BvR 2435/18 angegriffene Beschluss über die Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs gegen den Senatsvorsitzenden und den Berichterstatter für das Musterverfahren genüge nicht dem Grundsatz der Amtsermittlung und verletze das Rechtsstaatsgebot in der Ausprägung des Anspruchs auf Justizgewähr.
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aa) Das Rechtsstaatsprinzip des Grundgesetzes enthält auch die Gewährleistung eines wirkungsvollen Rechtsschutzes, der die grundsätzlich umfassende tatsächliche und rechtliche Prüfung des Verfahrensgegenstands ermöglichen muss (vgl. BVerfGE 54, 277 291>; 101, 275 294 f.>). Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG verleiht dem Einzelnen einen Anspruch auf eine tatsächlich wirksame gerichtliche Kontrolle. Eine Verletzung der einfachgesetzlichen Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung begründet aber grundsätzlich noch keinen Verfassungsverstoß. Ein Verfassungsverstoß kommt vielmehr nur unter besonderen Umständen in Betracht (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 14. September 2015 - 1 BvR 1321/13 -, Rn. 21 f.).
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bb) Solche besonderen Umstände werden von der Beschwerdeführerin indes weder vorgetragen, noch sind sie sonst ersichtlich.
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(1) Nach der Rechtsauffassung des Senats des Oberlandesgerichts hatten die Parteien keinen Anspruch auf die Übernahme der Berichterstattung durch eine bestimmte Person innerhalb der Sitzgruppe, so dass für den Senatsvorsitzenden kein Anlass bestand, die Zuweisung des Musterverfahrens an den Berichterstatter zu verschleiern. Eine weitere Sachverhaltsaufklärung war daher mangels Entscheidungserheblichkeit nicht erforderlich.
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(2) Diese Rechtsauffassung entspricht sowohl der Rechtsprechung von Bundesverfassungsgericht und Bundesgerichtshof (vgl. BVerfGE 95, 322 331>; BGHZ 126, 63 79 f.>; BGH, Beschluss vom 8. Januar 2009 - 5 StR 537/08 -, NJW 2009, S. 931 932>) als auch der Literatur (vgl. Mayer, in: Kissel/Mayer, GVG, 9. Aufl. 2018, § 21g Rn. 41; Zimmermann, in: Münchener Kommentar ZPO, 5. Aufl. 2017, § 21g GVG Rn. 5; kritisch Valerius, in: BeckOK GVG, § 21g Rn. 5 (Mai 2020) m.w.N.). Danach kann der Vorsitzende grundsätzlich im Einzelfall nach seinem Ermessen ohne Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG bestimmen, wer von den Mitgliedern einer konkreten Sitzgruppe die Aufgaben des Berichterstatters wahrnimmt.
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Zwar unterliegen die Gerichte bei der Erstellung der Geschäftsverteilungspläne hinsichtlich der Festlegung der Zuständigkeit der Spruchkörper und der Zuweisung der Richter den Bindungen des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG. Für einen überbesetzten Spruchkörper muss sich außerdem aus dem spruchkörperinternen Geschäftsverteilungsplan durch eine abstrakt-generelle und hinreichend klare Regelung ergeben, welcher Richter bei der Entscheidung welcher Verfahren mitwirkt (vgl. BVerfGE 95, 322 328 ff.>). Das Gebot des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verlangt dementsprechend auch, dass immer dann, wenn die Entscheidung eines Rechtsstreits vom Kollegialgericht auf den Einzelrichter übertragen werden kann und der Einzelrichter der jeweilige Berichterstatter sein soll oder die Zusammensetzung der Sitzgruppe von der Person des Einzelrichters abhängt, bereits im Geschäftsverteilungsplan geregelt sein muss, welche Richter für die anhängig werdenden Sachen jeweils Berichterstatter sein werden (vgl. BVerfGE 95, 322 330 f.>).
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Nach dem Plan für die senatsinterne Geschäftsverteilung des für das Musterverfahren zuständigen Senats ab dem 1. April 2018 übernimmt eine etwaige Einzelrichtertätigkeit, wem nach dem Geschäftsverteilungsplan die Berichterstattung zugewiesen ist. Die Bestimmung des Berichterstatters hat demnach zwar unmittelbar Auswirkungen auf die Person des Einzelrichters. Allerdings entfaltet diese Regelung keine Bedeutung für Musterverfahren nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz (KapMuG), da nach § 11 Abs. 1 Satz 2 KapMuG die Übertragung auf den Einzelrichter nach §§ 348 ff. ZPO ausgeschlossen ist. Damit bestand aber kein Anlass für den Senatsvorsitzenden, die Zuweisung der Berichterstattung für das Musterverfahren an einen bestimmten Beisitzer durch Zurückhaltung oder Fälschung von Geschäftsverteilungsplänen zu verschleiern. Somit war auch der von der Beschwerdeführerin gerügte Umgang des Senatsvorsitzenden mit den Geschäftsverteilungsplänen nicht geeignet, die Besorgnis der Befangenheit zu begründen, so dass im Rahmen des Ablehnungsverfahrens auch kein Anlass für weitere Nachforschungen bestand.
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(3) Soweit die Beschwerdeführerin darüber hinaus ein weiteres Motiv für die ursprüngliche Nichtversendung des Beschlusses über die Geschäftsverteilung ab dem 1. März 2018 in einer unzulässigen Überbesetzung des für das Musterverfahren zuständigen Senats mit dem Doppelten seiner gesetzlichen Mitgliederzahl im Monat März 2018 zu erkennen glaubt, legt sie bereits nicht substantiiert dar, dass dies von Verfassungs wegen zu beanstanden wäre.
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Der 1. Kartellsenat war ausweislich des Beschlusses über die Geschäftsverteilung ab dem 1. März 2018 mit sechs Richtern einschließlich des Vorsitzenden und damit mit dem Doppelten seiner gesetzlichen Mitgliederzahl nach § 122 Abs. 1 GVG besetzt. Zwar galt nach mehreren frühen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfGE 17, 294 301>; 18, 65, 70>; 18, 344 349 f.>), dass im Hinblick auf Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG ein Spruchkörper jeweils nur weniger als das Doppelte seiner gesetzlichen Mitgliederzahl haben dürfe (vgl. Mayer, in: Kissel/Mayer, GVG, 9. Aufl. 2018, § 21e Rn. 130). Seit der Entscheidung des Plenums des Bundesverfassungsgerichts vom 8. April 1997 (vgl. BVerfGE 95, 322 327 ff.>) ist jedoch geklärt, dass auch auf der Ebene des − überbesetzten − Spruchkörpers abstrakt-generelle Regelungen für die Mitwirkung der Richter aufgestellt werden müssen. Wenn solche abstrakt-generellen Mitwirkungsregeln bestehen, ist aber eine strenge zahlenmäßige Begrenzung auf weniger als das Doppelte der gesetzlichen Mitgliederzahl eines Spruchkörpers zur Gewährleistung des gesetzlichen Richters jedenfalls dann grundsätzlich nicht erforderlich, wenn sich die beteiligten Richter an einem Verfahren aus dem Geschäftsverteilungsplan ergeben (für die besondere Situation einer Großen Strafkammer offen gelassen in BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 3. Mai 2004 - 2 BvR 1825/02 -, Rn. 12 f.).
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Die Beschwerdeführerin hätte sich zur Begründung der behaupteten Unzulässigkeit der Überbesetzung daher mit den Anforderungen an die Geschäftsverteilung innerhalb eines überbesetzten Spruchkörpers auseinandersetzen und deren Umsetzung im konkreten Fall darlegen müssen; allein der Verweis auf die Anzahl von sechs Richtern reicht zur Begründung eines Verstoßes gegen die Garantie des gesetzlichen Richters aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG jedenfalls nicht aus.
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b) Auch die Rüge, der 1. Kartellsenat habe mit falscher Besetzung entschieden und so das Recht der Beschwerdeführerin auf den gesetzlichen Richter nach Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verletzt, wird nicht hinreichend substantiiert begründet.
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aa) Eine "Entziehung" des gesetzlichen Richters kann nicht in jeder fehlerhaften Rechtsanwendung gesehen werden. Die Grenzen zum Verfassungsverstoß sind erst dann überschritten, wenn die Auslegung einer Zuständigkeitsnorm oder ihre Handhabung im Einzelfall willkürlich oder offensichtlich unhaltbar ist oder wenn die richterliche Entscheidung Bedeutung und Tragweite der Verfassungsgarantie des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG grundlegend verkennt (vgl. BVerfGE 3, 359 364>; 29, 45 49>; 58, 1 45>; 82, 159 197>; 82, 286 299>; 131, 268 311 f.>).
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bb) Aus dem Vortrag der Beschwerdeführerin ergibt sich indes nicht, dass die Mitwirkung der Richterin am Oberlandesgericht an der angegriffenen Entscheidung offensichtlich unhaltbar gewesen wäre.
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(1) Das Bundesverfassungsgericht hat bereits wiederholt entschieden, dass Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG keine verfassungskonforme Auslegung dahingehend gebietet, dass über den Wortlaut des § 41 Nr. 6 ZPO hinaus in Fällen, in denen der Richter ohne Beteiligung an der angefochtenen Entscheidung mit der Sache bereits befasst war, er von der Ausübung des Richteramtes ausgeschlossen ist (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 4. Juli 2001 - 1 BvR 730/01 -, Rn. 10; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 2. Oktober 2017 - 1 BvR 1574/17 -, Rn. 12). Das geltende Verfahrensrecht ist von dem Gedanken geprägt, dass ein Richter grundsätzlich auch dann unvoreingenommen an die Beurteilung einer Sache herantritt, wenn er sich schon früher über denselben Sachverhalt ein Urteil gebildet hat (vgl. BVerfGE 30, 149 153 f.>). Bei der näheren Ausgestaltung denkbarer Konfliktfälle steht dem Gesetzgeber ein Gestaltungsspielraum zu (vgl. BVerfGE 30, 149 154>). Der Ausschluss kraft Gesetzes nach § 41 Nr. 6 ZPO ist geeignet, für bestimmte Fallgruppen aus sich heraus Klarheit zu schaffen. Daneben ermöglicht das Ablehnungsverfahren nach §§ 42 ff. ZPO die Berücksichtigung von besonderen Umständen des Einzelfalls. Auf dieser Grundlage kann bei gegebenem Anlass den Belangen der Prozessparteien auch dann Rechnung getragen werden, wenn § 41 Nr. 6 ZPO nicht eingreift (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 4. Juli 2001 - 1 BvR 730/01 -, Rn. 10).
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(2) Über eine analoge Anwendung des § 41 Nr. 6 ZPO wird zwar in solchen Fällen diskutiert, in denen ein Richter an einem vorausgegangenen nicht-gerichtlichen Verfahren (z.B. einem Verwaltungsverfahren) beteiligt war (vgl. Bork, in: Stein/Jonas, ZPO, 23. Aufl. 2014, § 41 Rn. 17). Die Darstellung der diesbezüglichen Rechtsauffassung der Beschwerdeführerin ist indes nicht geeignet zu begründen, warum die Auffassung des Senats des Oberlandesgerichts, wonach eine analoge Anwendung auf die Mitwirkung an Geschäftsverteilungspläne nicht geboten ist, offensichtlich unhaltbar sein sollte.
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(3) Die Beschwerdeführerin legt auch nicht substantiiert dar, dass der Senat in willkürlicher oder offensichtlich unhaltbarer Weise eine Besorgnis der Befangenheit im Sinne des § 42 Abs. 1, Abs. 2 ZPO hinsichtlich der abgelehnten Richterin verneint habe.
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Die Mitwirkung an der spruchkörperinternen Geschäftsverteilung allein führt nicht zu Zweifeln an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung der mitwirkenden Richter, wenn in einem nachfolgenden Verfahren Fragen zum Zustandekommen oder zu einzelnen Formulierungen des Geschäftsverteilungsplans zu klären sind. Vielmehr müssen besondere Umstände hinzukommen, die vom Standpunkt des Ablehnenden aus bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung wecken können, der Richter stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber. Solche besonderen Umstände hat die Beschwerdeführerin indes weder vorgetragen noch sind sie sonst ersichtlich.
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II.
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Soweit die Beschwerdeführerin mit der Verfassungsbeschwerde 1 BvR 908/19 eine Verletzung von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG und Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG durch die Zurückweisung ihres erneuten Ablehnungsgesuchs gegen den Senatsvorsitzenden geltend macht, ist eine Annahme der Verfassungsbeschwerde ebenfalls nicht angezeigt. Die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg (vgl. BVerfGE 90, 22 25 f.>).
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Weder für die Richterablehnung noch für die anschließende Anhörungsrüge der Beschwerdeführerin gab es einen vernünftigen Anlass. Für sie ist unerheblich, ob der Beschluss ihren Prozessbevollmächtigten für das Musterverfahren oder ihrem Bevollmächtigten für die Verfassungsbeschwerdeverfahren zugesandt wurde; für eine bewusste Vorenthaltung gegenüber dem Bevollmächtigten für das Verfassungsbeschwerdeverfahren sind Gründe nicht ersichtlich. Da mit hinreichender Sicherheit der Erfolg des Antrags ausgeschlossen werden konnte, führte dessen Zurückweisung auch ohne vorherige Einholung einer dienstlichen Stellungnahme des abgelehnten Richters nicht zu einem die Annahme der Verfassungsbeschwerde rechtfertigenden Nachteil (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 23. Oktober 2007 - 1 BvR 782/07 -, Rn. 29).
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Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
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