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BVerfG 23.08.2017 - 2 BvR 1745/17
BVerfG 23.08.2017 - 2 BvR 1745/17 - Nichtannahmebeschluss: Kommunalverfassungsrechtliches Abwahlverfahren begründet keine "besondere Suspendierungsschranke" bzgl der vorläufigen Dienstenthebung eines kommunalen Wahlbeamten auf Zeit (hier: Bürgermeisterin einer sachsen-anhaltinischen Stadt; § 38 Abs 1 S 2 Alt 1, 2 DG ST) - keine Verletzung des Anspruchs aus Art 33 Abs 5 GG auf amtsangemessene Beschäftigung
Normen
Art 33 Abs 5 GG, § 38 Abs 1 S 1 DG ST 2006, § 38 Abs 1 S 2 Alt 1 DG ST 2006, § 38 Abs 1 S 2 Alt 2 DG ST 2006, § 64 Abs 1 KomVerfG ST
Vorinstanz
vorgehend Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt, 4. Juli 2017, Az: 10 M 7/17, Beschluss
vorgehend VG Magdeburg, 25. April 2017, Az: 15 B 3/17 MD, Beschluss
Tenor
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Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
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Damit erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
Gründe
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I.
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Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen ihre vorläufige Dienstenthebung sowie die hierzu ergangenen verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen.
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1. Die im Jahr 1961 geborene Beschwerdeführerin ist seit dem 7. Juli 2015 gewählte hauptamtliche Bürgermeisterin der Stadt H. Ihre Amtszeit endet im Juli 2022. Am 10. März 2016 eröffnete der Stadtrat der Stadt H. ein Disziplinarverfahren gegen die Beschwerdeführerin und setzte sie hierüber mit Schreiben vom 16. März 2016 in Kenntnis. Ursprünglich wurden der Beschwerdeführerin fünf Pflichtverletzungen vorgeworfen; mit Beschlüssen des Stadtrates vom 23. Juni 2016, 10. November 2016, 2. Februar 2017 und 27. April 2017 wurde das Disziplinarverfahren auf weitere Vorwürfe ausgedehnt. Bei den zum Gegenstand des Disziplinarverfahrens gemachten und der Beschwerdeführerin zur Last gelegten Verstößen handelt es sich insbesondere um Weisungsverstöße, Verstöße gegen Unterrichtungs- und Beteiligungspflichten gegenüber dem Stadtrat, die Nichtumsetzung von Stadtratsbeschlüssen, rechtswidrige Personalentscheidungen sowie Verstöße im Bereich des Nebentätigkeitsrechts. Der für die Kommunalaufsicht zuständige Landkreis B. lehnte es unter dem 3. Februar 2017 ab, das Disziplinarverfahren an sich zu ziehen.
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2. Daraufhin ordnete der Stadtrat der Stadt H. mit Verfügung vom 3. Februar 2017 die vorläufige Dienstenthebung der Beschwerdeführerin gemäß § 38 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Disziplinargesetz Sachsen-Anhalt (DG LSA) an. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Vielzahl der vorgehaltenen disziplinarrechtlich relevanten Pflichtverletzungen rechtfertige die Prognose im Sinne von § 38 Abs. 1 Satz 1 DG LSA, dass in einem späteren gerichtlichen Disziplinarverfahren voraussichtlich auf die Entfernung der Beschwerdeführerin aus dem Beamtenverhältnis erkannt werde. Unabhängig davon werde die vorläufige Dienstenthebung auf § 38 Abs. 1 Satz 2 DG LSA gestützt. Bereits aus den disziplinarisch relevanten Vorwürfen ergebe sich, dass von einer wesentlichen Beeinträchtigung des Dienstbetriebes auszugehen sei (§ 38 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 DG LSA). Im Verhältnis zum Stadtrat, jedenfalls aber zur Mehrheit seiner Mitglieder, sei aufgrund der Konfrontationsstrategie der Beschwerdeführerin eine gedeihliche Zusammenarbeit zum Wohle der Kommune nicht mehr gegeben. Hinzu komme, dass die Beschwerdeführerin durch das Erteilen unberechtigter Abmahnungen und Kündigungen gegenüber Mitarbeitern ein Verhalten zeige, das zu einem "Klima von Angst und Schrecken" führe. Darüber hinaus sei davon auszugehen, dass die andauernden disziplinarrechtlichen Ermittlungen bei einem Verbleib der Beschwerdeführerin im Dienst nicht erfolgreich durchgeführt werden könnten (§ 38 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 DG LSA), da es bereits zu Behinderungen der Ermittlungsführerin (Nichtherausgabe von Akten durch die Beschwerdeführerin) gekommen sei. Zudem stehe zu befürchten, dass sich eine Vielzahl von Bediensteten bei einem Verbleiben der Beschwerdeführerin im Dienst scheuten, diese im Disziplinarverfahren zu belasten beziehungsweise bei der Aufklärung des Sachverhaltes konstruktiv mitzuwirken. Die vorläufige Dienstenthebung sei auch verhältnismäßig; sie stehe insbesondere nicht außer Verhältnis zu der zu erwartenden Disziplinarmaßnahme.
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3. Unter dem 8. Februar 2017 beantragte die Beschwerdeführerin bei dem Verwaltungsgericht Magdeburg gemäß § 61 Abs. 1 DG LSA, die Verfügung über die vorläufige Dienstenthebung aufzuheben. Diesen Antrag lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 25. April 2017 - 15 B 3/17 MD - ab. Zur Begründung stellte es allein auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 38 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 beziehungsweise Alt. 2 DG LSA ab. Zum einen sei eine wesentliche Beeinträchtigung des Dienstbetriebes zu besorgen (§ 38 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 DG LSA). So bestätige der vorliegende Fall die allgemeine Lebenswirklichkeit, dass bei (dienstlicher) Anwesenheit des Behördenleiters beziehungsweise der Behördenleiterin Ermittlungen erschwert würden und Bedienstete nicht unbeschwert aussagen wollten oder könnten. Dies beeinträchtige nicht nur die Ermittlungen, sondern störe auch den Dienstbetrieb. Aufgrund der langjährigen Auseinandersetzungen zwischen der Beschwerdeführerin und dem Stadtrat der Stadt H. sei der Betriebsfrieden beziehungsweise Dienstbetrieb erheblich gestört. Zum anderen würden bei einem Verbleib der Beschwerdeführerin im Dienst die (disziplinarrechtlichen) Ermittlungen wesentlich erschwert (§ 38 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 DG LSA). Die vorläufige Dienstenthebung stehe schließlich nicht außer Verhältnis zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Disziplinarmaßnahme.
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4. Gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts legte die Beschwerdeführerin unter dem 4. Mai 2017 Beschwerde ein, die mit Beschluss des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt vom 4. Juli 2017 - 10 M 7/17 - zurückgewiesen wurde. Jedenfalls mit Blick auf die wesentliche Beeinträchtigung des Dienstbetriebes (§ 38 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 DG LSA) bestünden keine ernstlichen Zweifel an der vorläufigen Dienstenthebung. Dass es zu Anspannungen der dienstlichen Zusammenarbeit gekommen sei, bestreite auch die Beschwerdeführerin nicht. Sie gehe aber unzutreffend davon aus, dass es für die Rechtmäßigkeit der Verfügung maßgeblich darauf ankomme, wem diese Anspannungen zugerechnet werden müssten. Zwar sei nicht zu verkennen, dass durch die vorläufige Dienstenthebung eine Wahlentscheidung der Bürger (zeitweise) außer Kraft gesetzt werde. Solange aber kein Anhaltspunkt dafür bestehe, dass disziplinarrechtliche Vorwürfe dafür genutzt würden, um die Wahlentscheidung bewusst zu unterlaufen beziehungsweise das kommunalrechtliche Abwahlverfahren zu ersetzen, könne offen bleiben, wer die Hauptverantwortung an der Beeinträchtigung des Dienstbetriebes trage. Maßgeblich für die vorläufige Maßnahme sei dann allein die Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Erfüllung der Verwaltungsaufgaben. Schließlich stehe die vorläufige Dienstenthebung auch nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache, da die vielfältigen disziplinarrechtlichen Vorwürfe zu einer erheblichen Disziplinarmaßnahme - jedenfalls zu einer Kürzung der Dienstbezüge - führen könnten.
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An dem Beschluss vom 4. Juli 2017 wirkten zwei Richter am Oberverwaltungsgericht sowie der am 23. Juni 2017 ernannte neue Präsident des Oberverwaltungsgerichts mit.
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II.
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Mit ihrer Verfassungsbeschwerde vom 18. Juli 2017 wendet sich die Beschwerdeführerin gegen die ihr gegenüber verfügte vorläufige Dienstenthebung vom 3. Februar 2017, die hierzu ergangenen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts vom 25. April 2017 sowie des Oberverwaltungsgerichts vom 4. Juli 2017 und macht eine Verletzung von Art. 33 Abs. 5 GG, Art. 19 Abs. 4 GG, Art. 3 Abs. 1 GG sowie Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG geltend. Zudem beantragt sie den Erlass einer einstweiligen Anordnung.
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1. Zur Begründung führt sie aus, Art. 33 Abs. 5 GG sei in Gestalt ihres Anspruchs auf amtsangemessene Beschäftigung verletzt.
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a) Weder die Verfügung vom 3. Februar 2017 noch die gerichtlichen Entscheidungen setzten sich mit den Besonderheiten einer vorläufigen Dienstenthebung von kommunalen Wahlbeamten auseinander. Zur Beschränkung des Wirkens von kommunalen Hauptverwaltungsbeamten sei vom Gesetzgeber ein kommunalpolitisches Abwahlverfahren vorgesehen. Komme die für einen Abwahlantrag gesetzlich vorgesehene qualifizierte Mehrheit in der Gemeindevertretung nach § 64 Abs. 1 Kommunalverfassungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt (KVG LSA) nicht zustande, sei einer vorläufigen Dienstenthebung, für die lediglich die einfache Mehrheit genüge, mit besonderer Skepsis zu begegnen. Gerade wenn die vorläufige Dienstenthebung auf das angespannte Verhältnis von Bürgermeister und Stadtrat gestützt werde, gelte bei direkt gewählten Hauptverwaltungsbeamten eine "besondere Suspendierungsschranke". Da es durch die vorläufige Dienstenthebung zu einer nicht nur vorübergehenden Aussetzung der Wahlentscheidung komme und die vom Gesetzgeber vorgesehene starke Stellung des Bürgermeisters nicht unterlaufen werden dürfe, seien auch im Übrigen verschärfte verfassungsrechtliche Anforderungen zu beachten.
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b) Unabhängig davon sei zu berücksichtigen, dass sich in ihrer konkreten Situation jedenfalls besondere Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit einer vorläufigen Dienstenthebung ergäben. Die Rechtsprechung fordere in diesem Zusammenhang, dass eine Suspendierung, die über die Nichtausübung des Dienstes hinausgehende nachteilige Wirkungen zeitige, nur im Falle einer Verhängung der disziplinarischen Höchstmaßnahme in Betracht komme. Obwohl in ihrem Fall von einer über die bloße Untersagung der Dienstausübung hinausgehenden Beeinträchtigung auszugehen sei, setzten sich die Gerichte nicht mit den von ihr vorgebrachten Verteidigungsmitteln sowie der Frage auseinander, ob die gegen sie erhobenen Vorwürfe zu einer Entfernung aus dem Beamtenverhältnis führen könnten. Das Oberverwaltungsgericht halte zwar eine Kürzung der Dienstbezüge im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung für ausreichend, nehme aber keine Gewichtung der Disziplinarvorwürfe vor.
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2. Die angegriffenen Entscheidungen verstießen zudem gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sowie gegen das Willkürverbot und den Gleichbehandlungsgrundsatz. Für eine Prüfung der Verhältnismäßigkeit der vorläufigen Dienstenthebung hätten die Disziplinarvorwürfe insgesamt auf ihre Schlüssigkeit und Nachweisbarkeit hin überprüft werden müssen. Dies sei aber unterblieben. Vielmehr sei ausschließlich der Tatsachenvortrag des Stadtrates zugrunde gelegt worden. Auch sei versäumt worden, objektiv nachvollziehbare Anhaltspunkte für die Annahme einer Beeinträchtigung des Dienstbetriebes darzulegen.
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Zudem verstießen die angegriffenen gerichtlichen Entscheidungen gegen Art. 19 Abs. 4 GG, da sie im gerichtlichen Verfahren nachgeschobene Ermessenserwägungen berücksichtigt hätten.
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3. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts vom 4. Juli 2017 verletze schließlich den Anspruch der Beschwerdeführerin auf den gesetzlichen Richter, Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG. Der vormalige Präsident des Oberverwaltungsgerichts sei mit Ablauf des 31. Mai 2017 in den Ruhestand getreten. Für die Zeit ab dem 1. Juni 2017 sei im Geschäftsverteilungsplan für den Vorsitz des 10. Senats "N.N." angegeben. Ein neuer Geschäftsverteilungsplan sei bislang nicht bekannt gemacht worden. Dies genüge nicht den von der Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen an eine im Voraus erfolgende und unmissverständliche Zuweisung von Streitsachen an den jeweiligen Richter.
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III.
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Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil ihr weder grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zukommt noch ihre Annahme zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt ist (§ 93b Satz 1 i.V.m. § 93a Abs. 2 BVerfGG). Die Verfassungsbeschwerde hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.
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Hinsichtlich der geltend gemachten Verletzung von Art. 33 Abs. 5 GG ist die Verfassungsbeschwerde unbegründet. Die Beschwerdeführerin wird durch die vorläufige Dienstenthebung sowie die hierzu ergangenen gerichtlichen Entscheidungen nicht in ihrem grundrechtsgleichen Recht aus Art. 33 Abs. 5 GG verletzt.
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1. Ein hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums ist der Anspruch des Beamten auf amtsangemessene Beschäftigung, das heißt auf Übertragung einer seinem Status entsprechenden Funktion (vgl. BVerfGE 141, 56 71 Rn. 37>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 24. Februar 2017 - 2 BvR 2524/16 -, juris, Rn. 40). Der Beamte braucht grundsätzlich in Ausübung seines Amtes nur solche Tätigkeiten zu verrichten, die seinem Status entsprechen (vgl. BVerfGE 70, 251 266>). Erst recht ist dieser aus der Fürsorgepflicht des Dienstherrn folgende Anspruch betroffen, wenn - wie im vorliegenden Fall - dem Beamten nicht lediglich ein anderes, seinem Status nicht entsprechendes Amt zugewiesen, sondern ihm die Ausübung seiner bisher ausgeübten Tätigkeit bis auf Weiteres untersagt wird. Denn die vorläufige Dienstenthebung hindert den Beamten (für einen bestimmten Zeitraum) vollständig an der Ausübung seines Amtes, auf die er kraft des bestehenden Beamtenverhältnisses grundsätzlich einen Anspruch hat (vgl. BVerfGE 46, 17 27 f.>).
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Der Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung besteht allerdings nicht unbeschränkt. Er kann etwa durch die Regelungen des Disziplinarrechts, das ebenfalls zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums im Sinne von Art. 33 Abs. 5 GG zählt (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 18. Januar 2008 - 2 BvR 313/07 -, juris, Rn. 19 m.w.N.), eingeschränkt werden. Der Eingriff in den Status eines Beamten ist als eine vorläufige Maßnahme im Zusammenhang mit einem förmlichen Disziplinarverfahren aber nur dann mit den - innerhalb bestimmter Grenzen verfassungsmäßig verbürgten - Grundrechten und grundrechtsähnlichen Rechtspositionen vereinbar, wenn ohne diesen Eingriff der Dienstbetrieb oder die ordnungsgemäße Tätigkeit der Verwaltung durch den im Disziplinarverfahren Angeschuldigten empfindlich gestört oder in besonderem Maße gefährdet würde. Diese (prognostische) Feststellung lässt sich nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nur treffen, wenn dabei auch die Belastung des Angeschuldigten mit dem auf dem Spiel stehenden Ausmaß der unmittelbaren Gefährdung oder Störung der dienstlichen Interessen abgewogen wird (vgl. BVerfGE 46, 17 27>). Die unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit gebotene Abwägung kann das Bundesverfassungsgericht nicht in allen Einzelheiten, sondern nur daraufhin überprüfen, ob eine solche überhaupt stattgefunden hat und ob die dabei angewandten Maßstäbe der Verfassung entsprechen (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 29. Februar 1996 - 2 BvR 136/96 -, juris, Rn. 22 unter Verweis auf BVerfGE 27, 344 352 f.>; 28, 264 280>).
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2. Von diesen Grundsätzen haben sich die angegriffenen Entscheidungen erkennbar leiten lassen. Gegen die Anordnung der vorläufigen Dienstenthebung und die Bestätigung dieser Maßnahme durch die Disziplinargerichte bestehen daher keine verfassungsrechtlichen Bedenken.
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Während die vorläufige Dienstenthebung vom 3. Februar 2017 noch auf sämtliche Gründe des § 38 Abs. 1 Satz 1 beziehungsweise Satz 2 DG LSA - jeweils selbständig tragend - gestützt wurde und das Verwaltungsgericht seine ablehnende Entscheidung sowohl mit der Beeinträchtigung des Dienstbetriebes wie auch der disziplinarischen Ermittlungen begründete (§ 38 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 bzw. 2 DG LSA), stellte das Oberverwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 4. Juli 2017 allein auf eine Beeinträchtigung des Dienstbetriebes ab (§ 38 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 DG LSA). Die vom Verwaltungsgericht zu § 38 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 DG LSA vertretene Rechtsauffassung sei nicht zu beanstanden, da ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Verfügung nicht vorlägen. Die Vielzahl der zwischen der Beschwerdeführerin und der Mehrheit des Stadtrates geführten Auseinandersetzungen, die sich gerade auch in den disziplinarrechtlichen Vorwürfen widerspiegelten, führe zu der Annahme, dass ihr Verbleiben im Dienst bis zur endgültigen Klärung der gegen sie erhobenen Vorwürfe den Betrieb innerhalb der Stadtverwaltung in nicht unerheblichem Maße beeinträchtigen würde. Nach der Kommunalverfassung des Landes Sachsen-Anhalt müssten die Vertretung und der Hauptverwaltungsbeamte als die beiden Organe der Kommune eng zusammenarbeiten. Dies sei gegenwärtig offensichtlich nicht gewährleistet. Die vorläufige Dienstenthebung stehe auch nicht außer Verhältnis zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Disziplinarmaßnahme, zumal auch bereits eine mögliche Kürzung der Dienstbezüge eine vorläufige Dienstenthebung rechtfertigen könne.
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Diese Ausführungen verkennen die Gewährleistungen des Art. 33 Abs. 5 GG nicht, sondern tragen den Anforderungen Rechnung, die das Bundesverfassungsgericht an disziplinarrechtliche Maßnahmen der vorliegenden Art gestellt hat: Allen Maßnahmen dieser Art ist danach gemeinsam, dass ihre Anordnung eines besonderen, sie rechtfertigenden Grundes bedarf. Sie muss im Interesse des gemeinen Wohls geboten sein und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen (vgl. BVerfGE 46, 17 27> m.w.N.).
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Als besonderen Grund im vorgenannten Sinne haben die Gerichte im Rahmen der bei § 38 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 DG LSA anzustellenden Prognoseentscheidung den Umstand berücksichtigt, dass die - sich durch die Einleitung des Disziplinarverfahrens weiter verschärfende - Konfrontation zwischen Beschwerdeführerin und Stadtrat eine Zusammenarbeit zum Wohle der Stadt H. erheblich beeinträchtigen könne. Diese Würdigung unterliegt einer nur eingeschränkten Nachprüfung durch das Bundesverfassungsgericht. Vor dem Hintergrund, dass auch die Beschwerdeführerin selbst eine "Anspannung der dienstlichen Zusammenarbeit" nicht in Abrede stellt und in der Verfügung vom 3. Februar 2017 zudem weitere Vorfälle seit der Einleitung des Disziplinarverfahrens im März 2016 genannt werden, um die die disziplinarischen Vorwürfe erweitert wurden, erscheinen die von den Gerichten angestellten Erwägungen zu einem besonderen rechtfertigenden Grund für die vorläufige Dienstenthebung auch nicht willkürlich oder sachfremd.
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Die verfügte Maßnahme ist auch mit Blick auf das Verhältnismäßigkeitsgebot, das einfach-rechtlich seinen Ausdruck in § 38 Abs. 1 Satz 2 DG LSA findet, nicht zu beanstanden, insbesondere steht sie nicht außer Verhältnis zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Disziplinarmaßnahme. In der Verfügung betreffend die vorläufige Dienstenthebung vom 3. Februar 2017 sind die der Beschwerdeführerin vorgehaltenen Pflichtverletzungen umfassend dargelegt worden. Unter anderem werden ihr Verstöße gegen Informations- und Unterrichtungspflichten gegenüber dem Stadtrat, gegen die Pflicht zur Aufrechterhaltung des Dienstbetriebes, zur Befolgung von Weisungen des Dienstvorgesetzten, zur Anzeige von Nebentätigkeiten und Ablieferung der Nebentätigkeitsvergütung, zur Umsetzung von Beschlüssen des Stadtrates und zur Beantwortung der Anfragen einzelner Stadtratsmitglieder sowie Pflichtverstöße im Rahmen von Personalmaßnahmen vorgeworfen. Vor diesem Hintergrund erscheint die Verhängung einer erheblichen Disziplinarmaßnahme jedenfalls nicht als ausgeschlossen. Ob die gegen die Beschwerdeführerin erhobenen Vorwürfe, sollten sie sich als zutreffend erweisen, eine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (§ 10 DG LSA) rechtfertigen oder "lediglich" zu einer Kürzung der Dienstbezüge (§ 8 DG LSA) führen könnten, kann dabei offen bleiben. Denn es ist in der fachgerichtlichen Rechtsprechung, auf die auch die angegriffenen gerichtlichen Entscheidungen Bezug nehmen, anerkannt, dass auch bei einer zu erwartenden Kürzung der Dienstbezüge eine vorläufige Dienstenthebung nicht wegen Unverhältnismäßigkeit ausgeschlossen ist (Nds. OVG, Beschluss vom 25. März 2013 - 19 ZD 4/13 -, juris, Rn. 12). Verfassungsrechtlich ist hiergegen nichts zu erinnern (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 29. Februar 1996 - 2 BvR 136/96 -, juris, Rn. 23).
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Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin ergeben sich Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der vorläufigen Dienstenthebung auch nicht mit Blick auf das von ihr bislang ausgeübte Amt einer kommunalen Wahlbeamtin auf Zeit.
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Sie macht zum einen geltend, mit dem in der Kommunalverfassung vorgesehenen speziellen Instrument des Abwahlverfahrens bestehe eine "besondere Suspendierungsschranke", so dass eine vorläufige Dienstenthebung von kommunalen Wahlbeamten von vornherein schon nicht in Betracht komme. Für eine solche Annahme ist von Verfassungs wegen aber nichts ersichtlich. Zwar ist es richtig, dass der Gesetzgeber als Instrument zur (dauerhaften) Beschränkung des amtlichen Wirkens eines Hauptverwaltungsbeamten der Gemeinden das Abwahlverfahren vorgesehen hat. Eine solche kommunalpolitische Handlungsoption verdrängt aber nicht das beamtenrechtliche Disziplinarverfahren, welches andere Ziele verfolgt. Bei kommunalen Wahlbeamten handelt es sich um Beamte im statusrechtlichen Sinne; sie stehen ebenso wie die Berufsbeamten in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis. Zwar werden kommunale Wahlbeamte wie die Beschwerdeführerin nicht nach beamtenrechtlichen Kriterien ernannt, sondern auf Grund einer demokratischen Wahl in ihr Amt berufen. In ihrer wesentlichen Funktion als Teil der vollziehenden Gewalt unterscheiden sie sich aber nicht von den Berufsbeamten (vgl. auch BayVerfGH, Entscheidung vom 19. April 1989 - Vf. 1 - VI/88 -, NVwZ 1990, S. 357). Die Bindung an Recht und Gesetz als Element der Rechtsstaatlichkeit sowie die Gemeinwohlorientierung sind Direktiven jeder staatlichen Verwaltung, auch der Kommunalverwaltung. Im Hinblick auf ihre Rechtsstellung als Beamte darf der Gesetzgeber anordnen, dass die Amtstätigkeit der kommunalen Wahlbeamten auf der Grundlage des für alle Beamten geltenden Disziplinarrechts überprüft und gegebenenfalls als Dienstpflichtverletzung geahndet werden kann. Weder das Demokratieprinzip noch die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums gebieten es, die kommunalen Wahlbeamten von einer solchen Rechtskontrolle freizustellen und es allein dem Wähler zu überlassen, durch Abwahl oder Wiederwahl über ihre bisherige Amtstätigkeit zu entscheiden. Angesichts des Zwecks des Disziplinarrechts - die Sicherstellung einer leistungsfähigen Verwaltung - ist seine Anwendung auf kommunale Wahlbeamte nicht zu beanstanden (vgl. zum Ganzen aus der Perspektive der Bayerischen Verfassung auch BayVerfGH, Entscheidung vom 19. April 1989 - Vf. 1 - VI/88 -, a.a.O.).
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Aus den vorstehenden Gründen trägt auch das weitere Argument der Beschwerdeführerin nicht, unter anderem wegen der kommunalwahlrechtlichen Besonderheiten seien jedenfalls an die Verhältnismäßigkeitsprüfung und die dort vorzunehmende Abwägung zwischen der Beeinträchtigung des Dienstbetriebes und der zu erwartenden Disziplinarmaßnahme besondere Anforderungen zu stellen. Zutreffend legt sie allerdings dar, dass sich nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts besondere Anforderungen an eine vorläufige Dienstenthebung ergeben können, wenn ihre Wirkung für den Betroffenen über die bloße Nichtausübung des Dienstes hinausgeht (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 9. September 1994 - 2 BvR 1089/94 -, juris, Rn. 23).
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Solche in ihrer Person liegenden Gründe hat die Beschwerdeführerin aber weder dargelegt noch sind sie sonst ersichtlich. Soweit sie hierzu vorträgt, durch die vorläufige Dienstenthebung bezwecke der Stadtrat, die von ihr als Bürgermeisterin ausgeübte Kontrolle zu unterbinden und die mit ihrem Amtsantritt verbundenen Ankündigungen und Programme zu vereiteln, wird nicht deutlich, welche über die bloße Nichtausübung des Dienstes hinausgehenden Wirkungen dieser Umstand gerade für die Beschwerdeführerin als der von der Disziplinarmaßnahme Betroffenen zeitigte. Gleiches gilt für den Umstand, dass durch die Suspendierung eine Entscheidung des Wahlvolkes außer Kraft gesetzt wird, ohne ein Abwahlverfahren durchzuführen. Auch dadurch ist nicht die Person der Beschwerdeführerin betroffen.
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Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
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