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BVerfG 30.01.2017 - 2 BvR 225/16
BVerfG 30.01.2017 - 2 BvR 225/16 - Nichtannahmebeschluss: Keine Verletzung des Willkürverbots (Art 3 Abs 1 GG) oder des Rechtsschutzanspruchs (Art 19 Abs 4 GG) durch Verwerfung eines Klageerzwingungsantrags als unzulässig - keine Bedenken hinsichtlich fachgerichtlicher Ausführungen zu mangelnden Erfolgsaussichten des Klageerzwingungsantrags - keine Überziehung der Formanforderungen (§ 172 Abs 3 S 1 StPO) bei Zurückweisung eines äußerlich einheitlichen Antrags von 129 Seiten, der neben eigenen Ausführungen des Beschwerdeführers zu 90% aus eingescannten Dokumenten bestand
Normen
Art 3 Abs 1 GG, Art 19 Abs 4 S 1 GG, § 172 Abs 3 S 1 StPO
Vorinstanz
vorgehend Brandenburgisches Oberlandesgericht, 15. Januar 2016, Az: 1 Ws 181/15, Beschluss
Tenor
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Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe
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Der Beschwerdeführer wendet sich mit seiner Verfassungsbeschwerde gegen einen Beschluss des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 15. Januar 2016 (1 Ws 181/15), mit dem ein Antrag des Beschwerdeführers auf gerichtliche Entscheidung nach § 172 Abs. 2 StPO als unzulässig verworfen wurde.
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I.
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Ausgangspunkt des Klageerzwingungsverfahrens war eine am 2. Mai 2015 er-stattete Strafanzeige des Beschwerdeführers gegen einen Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht sowie zwei Sachverständige wegen des Verdachts der Rechtsbeugung, des Betruges und weiterer in Betracht kommender Straftaten im Umfeld von Korruption. Der Beschwerdeführer warf den Sachverständigen vor, im Rahmen eines von ihm geführten familiengerichtlichen Verfahrens mit ihrer Rechnung vom 8. September 2014 bewusst überhöhte Stundensätze von 100 Euro für die Erstellung eines Gutachtens geltend gemacht zu haben, obwohl der Gutachtenauftrag mit Beweisbeschluss vom 27. Juli 2011 erteilt worden sei und zu diesem Zeitpunkt der Stundensatz noch 85 Euro betragen habe. Zur Rechtfertigung der überhöhten Stundensätze hätten die Gutachter mit der Angabe "27. Januar 2014" ein falsches Auftragsdatum angegeben. Der beschuldigte Vorsitzende Richter des Familiensenats am Brandenburgischen Oberlandesgericht soll den Beleg über die Auszahlung der Sachverständigenvergütung mit dem Auftragsdatum 27. Januar 2014 falsch beurkundet und so bewusst die Auszahlung einer zu hohen Vergütung veranlasst haben. Für diese Gefälligkeit habe er von den Sachverständigen ein Gutachten nach Wunsch erhalten.
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II.
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Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Die Voraussetzungen für eine Annahme liegen nicht vor. Die Verfassungsbeschwerde hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 93a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG). Die für die Entscheidung maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen sind bereits durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geklärt. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch nicht zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG), weil sie keine Aussicht auf Erfolg hat. Die Verfassungsbeschwerde ist jedenfalls unbegründet.
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1. Eine Verletzung des Beschwerdeführers in seinem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG in dessen Ausprägung als Willkürverbot ist nicht ersichtlich. Aus der Begründung der Verfassungsbeschwerde geht nicht hervor, dass das Oberlandesgericht eine offensichtlich einschlägige Norm nicht berücksichtigt oder den Inhalt der Norm in krasser Weise missdeutet haben könnte und sich der Schluss aufdrängen müsste, dass die Entscheidung auf sachfremden Erwägungen beruht (vgl. zu diesem Maßstab BVerfGE 18, 85 93>; 80, 48 51>; 87, 273 278 f.>; 96, 189 203>; stRspr). Indem das Oberlandesgericht ausgesprochen hat, dass der Klageerzwingungsantrag unabhängig von der fehlenden Zulässigkeit auch unbegründet sei, hat es lediglich eine zusätzliche materielle Prüfung des Antrags vorgenommen, für deren Willkürlichkeit der Beschwerdeführer nichts Substantielles vorträgt. Der Schriftsatz vom 20. November 2016, worin der Beschwerdeführer nochmals die Unrichtigkeit der Gutachtervergütung darlegt, ändert hieran nichts. Denn weder der Schriftsatz noch der beigefügte Beschluss des Oberlandesgerichts vom 16. November 2016 geben Aufschluss darüber, in welchem Punkt die Kostenrechnung für die Erstellung des Gutachtens unrichtig war. Insbesondere werden dort keine Angaben dazu gemacht, ob die Unrichtigkeit gerade aus der Differenz des vormals anzusetzenden Stundensatzes von 85 Euro und dem jetzt geltenden Stundensatz von 100 Euro resultiert. Vor allem aber geht aus der bloßen Unrichtigkeit einer Kostenrechnung, die auf eine entsprechende Erinnerung des Beschwerdeführers auch berichtigt wurde, nicht hervor, dass der vom Beschwerdeführer angezeigte Richter und die ebenfalls von ihm angezeigten Sachverständigen vorsätzlich eine Straftat begangen hätten, deren Vorliegen vom Oberlandesgericht aufgrund einer willkürlichen Auslegung der einschlägigen strafrechtlichen Tatbestände verneint worden wäre.
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2. Auch eine Verletzung von Art. 19 Abs. 4 GG ist nicht ersichtlich.
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a) Art. 19 Abs. 4 GG verbietet, ein von der jeweiligen Rechtsordnung eröffnetes Rechtsmittel durch eine überstrenge Handhabung verfahrensrechtlicher Vorschriften ineffektiv zu machen und für den Rechtsmittelführer "leer laufen" zu lassen (vgl. BVerfGE 96, 27 39>). Formerfordernisse dürfen nicht weiter gehen, als es durch ihren Zweck geboten ist, da von ihnen die Gewährung des Rechtsschutzes abhängt. Dies gilt auch für die Darlegungsanforderungen nach § 172 Abs. 3 Satz 1 StPO (vgl. BVerfGK 14, 211 214>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 27. Juli 2016 - 2 BvR 2040/15 -, juris, Rn. 13). § 172 Abs. 3 Satz 1 StPO spricht von der Angabe der Tatsachen, welche die Erhebung der öffentlichen Klage begründen sollen, und der diese belegenden Beweismittel. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist es verfassungsrechtlich unbedenklich, wenn diese Norm dahingehend ausgelegt wird, dass der Antrag auf gerichtliche Entscheidung eine aus sich selbst heraus verständliche Schilderung des Sachverhalts enthalten muss, der bei Unterstellung des hinreichenden Tatverdachts die Erhebung der öffentlichen Klage in materieller und formeller Hinsicht rechtfertigt, und dass die Sachdarstellung in groben Zügen den Gang des Ermittlungsverfahrens, den Inhalt der angegriffenen Bescheide und die Gründe für ihre Unrichtigkeit wiederzugeben hat, wodurch das Oberlandesgericht in die Lage versetzt werden soll, ohne Rückgriff auf die Ermittlungsakten eine Schlüssigkeitsprüfung vorzunehmen (vgl. BVerfGK 2, 45 50>; 5, 45 48>; 14, 211 214 f.>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 13. April 2016 - 2 BvR 1155/15 -, juris, Rn. 4; stRspr). Es verstößt insofern nicht gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, wenn von einem Antragsteller im Rahmen des § 172 Abs. 3 Satz 1 StPO verlangt wird, dass er den für strafbar erachteten Sachverhalt in sich geschlossen so darstellt, dass dieser - als wahr unterstellt - die Erhebung der öffentlichen Klage gegen den Beschuldigten rechtfertigen würde (BVerfG, ebd.).
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b) Im Lichte dieser Maßstäbe ist die vom Oberlandesgericht vorgenommene Auslegung und Anwendung von § 172 Abs. 3 Satz 1 StPO mit Art. 19 Abs. 4 GG vereinbar. Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Oberlandesgericht die Zusammenführung von eigenen Ausführungen des Beschwerdeführers mit zahlreichen eingescannten Dokumenten zu einem äußerlich einheitlichen Antrag nicht als den Formerfordernissen des § 172 Abs. 3 Satz 1 StPO entsprechend akzeptiert hat. Der 129 Seiten umfassende Klageerzwingungsantrag besteht zu ungefähr 90 % aus eingescannten Dokumenten. Die übrigen Teile des Antrags enthalten keine substantiellen Ausführungen, die die Prüfung des Vorliegens einer Strafbarkeit erlauben würden. Die Bewertung des Oberlandesgerichts, dass es dem Klageerzwingungsantrag damit an der Angabe der Tatsachen, welche die Erhebung der öffentlichen Klage begründen sollen, und der diese belegenden Beweismittel mangelt, stellt keine Verletzung der Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG dar.
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Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
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