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BVerfG 28.10.2015 - 1 BvR 2400/15
BVerfG 28.10.2015 - 1 BvR 2400/15 - Nichtannahmebeschluss: Zur Erstreckung des Umgehungsverbots des § 12 Abs 1 BORA (juris: RABerufsO) auf als Rechtsanwalt auftretende Insolvenzverwalter - Verfassungsbeschwerde mangels hinreichender Auseinandersetzung mit angegriffener Entscheidung unzulässig
Normen
Art 12 Abs 1 GG, § 23 Abs 1 S 2 BVerfGG, § 92 BVerfGG, § 73 Abs 2 Nr 1 BRAO, § 74 BRAO, § 12 Abs 1 RABerufsO
Vorinstanz
vorgehend BGH, 6. Juli 2015, Az: AnwZ (Brfg) 24/14, Urteil
vorgehend Anwaltsgerichtshof München, 17. Februar 2014, Az: BayAGH III - 4 - 5/13, Urteil
Gründe
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I.
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Der Beschwerdeführer ist Rechtsanwalt. Er ist zudem als Insolvenzverwalter tätig. In dieser Eigenschaft machte er einen Anfechtungsanspruch gegen ein vormaliges Vorstandsmitglied einer Insolvenzschuldnerin geltend. Daraufhin legitimierte sich ein Rechtsanwalt und bat darum, jegliche Kommunikation über sein Büro zu führen. Nachdem kein Zahlungseingang zu verzeichnen war, wandte sich der Beschwerdeführer erneut persönlich an das Vorstandsmitglied und forderte diesen zur Zahlung auf. Das Schreiben wurde auf dem Briefpapier der Rechtsanwaltssozietät des Beschwerdeführers abgesetzt und enthielt den Satz: "In meiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter fordere ich Sie hiermit dazu auf, den Betrag von insgesamt 4.250,00 an folgendes Anderkonto zu überweisen…". Das Schreiben war wie folgt unterzeichnet: "S…, LL.M. Rechtsanwältin für Dr. von G… Rechtsanwalt und vBP als Insolvenzverwalter".
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Die Rechtsanwaltskammer erteilte dem Beschwerdeführer daraufhin einen belehrenden Hinweis gemäß § 73 Abs. 2 Nr. 1 Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO), weil der Beschwerdeführer direkt mit dem vormaligen Vorstandsmitglied der Insolvenzschuldnerin Kontakt aufgenommen und gegen das in § 43 BRAO in Verbindung mit § 12 Abs. 1 Berufsordnung für Rechtsanwälte (BORA) geregelte Verbot der Umgehung des gegnerischen Anwalts verstoßen habe. Das Umgehungsverbot gelte auch im vorliegenden Fall. Es bestehe kein Grund, einen Rechtsanwalt, der als Partei kraft Amtes oder Ernennung Ansprüche für das von ihm verwaltete Vermögen gegen Dritte geltend mache und dabei ersichtlich als Rechtsanwalt in Erscheinung trete, von dem Umgehungsverbot auszunehmen.
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Die gegen diese Maßnahme gerichtete Klage hat der Anwaltsgerichtshof abgewiesen. Das anwaltliche Berufsrecht finde grundsätzlich auch auf den als Insolvenzverwalter tätigen Rechtsanwalt Anwendung, weil die Insolvenzverwaltung zum Berufsbild des Rechtsanwalts gehöre, sofern nicht der Rechtsanwalt seine Tätigkeit als Insolvenzverwalter durch geeignete Maßnahmen vollständig von seiner Kerntätigkeit als Rechtsanwalt trenne. Die von ihm zugelassene Berufung gegen dieses Urteil hat der Bundesgerichtshof zurückgewiesen. Zwar habe der Beschwerdeführer zum Ausdruck gebracht, als Insolvenzverwalter zu handeln, trete aber - wie hier - durch Verwendung des Briefpapiers einer Rechtsanwaltskanzlei der Rechtsanwalt als solcher in Erscheinung und übe er mit der Geltendmachung von Forderungen eine typische Anwaltstätigkeit aus, so habe er sich grundsätzlich an das Umgehungsverbot des § 12 Abs. 1 BORA zu halten.
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Mit der Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 2 und Abs. 3, Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 und Art. 103 Abs. 2 GG.
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II.
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Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Ihr kommt weder grundsätzliche Bedeutung zu, noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung der Rechte des Beschwerdeführers angezeigt (§ 93a Abs. 2 BVerfGG). Die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg. Sie ist unzulässig, weil sie den Begründungserfordernissen von §§ 92, 23 Abs. 1 Satz 2 BVerfGG nicht genügt.
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Nach §§ 92, 23 Abs. 1 Satz 2 1. Halbsatz BVerfGG ist ein Beschwerdeführer gehalten, den Sachverhalt, aus dem sich die Grundrechtsverletzung ergeben soll, substantiiert und schlüssig darzulegen. Er ist des Weiteren verpflichtet, das angeblich verletzte Grundrecht oder grundrechtsgleiche Recht zu bezeichnen und substantiiert darzutun, inwieweit es durch die angegriffene Maßnahme verletzt sein soll (vgl. BVerfGE 81, 208 214>; 99, 84 87>). Werden gerichtliche Entscheidungen angegriffen, muss sich der Beschwerdeführer auch mit deren Gründen auseinandersetzen (vgl. BVerfGE 85, 36 52>; 101, 331 345>; 105, 252 264>). Dies ist vorliegend nicht geschehen.
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Soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 12 Abs. 1 GG damit begründet, dass er durch die angegriffenen Entscheidungen in seiner Berufsfreiheit als Insolvenzverwalter verletzt sei, verkennt er, dass der Bescheid der Rechtsanwaltskammer und die diesen bestätigenden gerichtlichen Entscheidungen die Einhaltung seiner als Rechtsanwalt zu beachtenden Berufspflichten zum Gegenstand hatten. Es ging nicht darum, für den anwaltlichen Insolvenzverwalter Berufspflichten einzuführen, sondern darzulegen, dass der auch als Rechtsanwalt auftretende Insolvenzverwalter im konkret zu entscheidenden Fall an § 12 Abs. 1 BORA gebunden ist. Hierauf geht der Beschwerdeführer mit verfassungsrechtlichen Argumenten nicht ein. Insbesondere berücksichtigt er bei der Auseinandersetzung mit den angegriffenen gerichtlichen Entscheidungen nicht, dass die Gerichte über die Beachtung der anwaltlichen Berufspflichten durch den Insolvenzverwalter nur unter den Umständen in dem vorliegenden Einzelfall zu entscheiden hatten, in dem der Insolvenzverwalter unter seinem anwaltlichen Briefkopf aufgetreten war und auch unter Beifügung seiner Berufsbezeichnung als Rechtsanwalt unterzeichnet hatte.
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Schließlich setzt sich der Beschwerdeführer auch nicht mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auseinander, nach welcher selbst der mit dem Ausspruch einer Rüge nach § 74 BRAO verbundene Grundrechtseingriff kein erhebliches Gewicht hat (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 29. November 1999 - 1 BvR 2284/98 u.a. -, juris). Auch wenn im Einzelnen die Abgrenzung zwischen einer Rüge nach § 74 BRAO und einem belehrenden Hinweis nach § 73 Abs. 2 Nr. 1 BRAO unklar sein mag (vgl. Hartung, in: Henssler/Prütting, BRAO, 4. Aufl. 2014>, § 73 Rn. 24), hätte sich der Beschwerdeführer mit dieser Rechtsprechung unter Beachtung des Gewichts des belehrenden Hinweises im konkreten Fall auseinandersetzen müssen.
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Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
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