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BVerfG 04.11.2014 - 2 BvR 2238/13
BVerfG 04.11.2014 - 2 BvR 2238/13 - Zurückweisung einer sofortigen Beschwerde im Kostenfestsetzungsverfahren und Ablehnung der Neufestsetzung des Gegenstandswertes: Keine Erhöhungsgebühr gem Nr 1008 RVG-VV bei Mehrfachvertretung im Verfahren über eine Rechtssatzverfassungsbeschwerde
Normen
§ 14 Abs 1 RVG, § 37 Abs 2 S 2 RVG, Anl 1 Nr 1008 RVG, Nr 1008 RVG-VV
Vorinstanz
vorgehend BVerfG, 26. Februar 2014, Az: 2 BvE 2/13, Urteil
Tenor
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Die sofortige Beschwerde gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 8. September 2014 wird zurückgewiesen. Der Hilfsantrag auf Neufestsetzung des Werts des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit unter Abänderung des Beschlusses vom 19. Mai 2014 wird abgelehnt.
Gründe
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I.
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1. Mit Urteil vom 26. Februar 2014, das aufgrund mehrerer Organstreit- und dreier Verfassungsbeschwerdeverfahren mit einer jeweils unterschiedlichen Zahl von Beschwerdeführern erging, stellte der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts fest, dass § 2 Abs. 7 des Gesetzes zur Wahl der Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland (Europawahlgesetz - EuWG) gegen Art. 3 Abs. 1 und Art. 21 Abs. 1 GG verstößt und daher nichtig ist. Zugleich wurde die Bundesrepublik Deutschland zur Erstattung der notwendigen Auslagen der Beschwerdeführer verpflichtet. Mit Beschluss vom 19. Mai 2014 wurde der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit für die drei Verfassungsbeschwerdeverfahren gemäß § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG auf jeweils 250.000 € festgesetzt.
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2. a) Im Kostenfestsetzungsverfahren beantragte der Prozessbevollmächtigte des vorliegenden Verfassungsbeschwerdeverfahrens, in dem er 24 Beschwerdeführer vertrat, die Festsetzung von Kosten in Höhe von insgesamt 13.908,17 €, wobei er aufgrund der erfolgten Mehrfachvertretung eine Erhöhungsgebühr nach Nr. 1008 VV-RVG in Höhe von 4.506 € geltend machte. Nach einer teilweisen Kostenerstattung durch den Deutschen Bundestag haben die Beschwerdeführer den Antrag im Umfang der Erstattung für erledigt erklärt und nur noch die Erhöhungsgebühr nach Nr. 1008 VV-RVG nebst Umsatzsteuer und anteiligen Zinsen geltend gemacht.
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Das Bundesverfassungsgericht habe zwar bislang die Auffassung vertreten, dass eine Gebührenerhöhung für die Vertretung mehrerer Beschwerdeführer in einem Rechtssatzverfassungsbeschwerdeverfahren nicht stattfinde, sondern stattdessen dieser Umstand bei der Festsetzung des Gegenstandswerts berücksichtigt werde. Vorliegend sei jedoch mit Beschluss vom 19. Mai 2014 unabhängig davon, wie viele Beschwerdeführer in den einzelnen Verfassungsbeschwerdeverfahren vertreten worden seien, ein einheitlicher Gegenstandswert von 250.000 € festgesetzt worden. Diese einheitliche Gegenstandswertfestsetzung könne nur als Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung des Gerichts dahingehend verstanden werden, dass die Vertretung mehrerer Beschwerdeführer nunmehr durch die Zuerkennung einer Erhöhungsgebühr nach Nr. 1008 VV-RVG abgegolten werden solle.
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Eine Lösung dergestalt, dass unabhängig von der Anzahl der vertretenen Beschwerdeführer beziehungsweise Antragsteller in allen Verfahren derselbe Gegenstandswert festgesetzt und zugleich die Zuerkennung einer Erhöhungsgebühr nach Nr. 1008 VV-RVG abgelehnt werde, laufe sowohl Wortlaut als auch Sinn und Zweck der RVG-Vorschriften zuwider, welche ausdrücklich vorsähen, dass der mit der Vertretung mehrerer Auftraggeber verbundene Mehraufwand eines Rechtsanwalts bei der Bemessung der Vergütung zu berücksichtigen sei.
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b) Hilfsweise haben die Beschwerdeführer beantragt, den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit neu festzusetzen und unter Berücksichtigung der Vertretung von 24 Beschwerdeführern angemessen zu erhöhen.
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3. a) Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 8. September 2014 hat die Rechtspflegerin den Antrag auf Festsetzung einer Erhöhungsgebühr nach Nr. 1008 VV-RVG abgelehnt.
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Eine Erhöhung nach Nr. 1008 VV-RVG entstehe nur dann, wenn es sich bei dem Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit um denselben handele. Selbstständig nebeneinander bestehende Rechte, auch wenn sie jeweils den gleichen Inhalt hätten und auf das gleiche Ziel gerichtet seien, erfüllten jedoch den Begriff desselben Gegenstands nicht. Die Verfassungsbeschwerden mehrerer Auftraggeber hätten danach, auch wenn sie gegen denselben Akt der öffentlichen Gewalt gerichtet seien und demgemäß im Antrag übereinstimmten, nicht denselben Gegenstand. Eine Erhöhung der Verfahrens- und Geschäftsgebühr trete deshalb nicht ein.
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b) Über den hilfsweise gestellten Antrag könne im Kostenfestsetzungsverfahren nicht entschieden werden, da die Festsetzung des Gegenstandswerts durch das Gericht erfolge.
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4. Gegen diesen Beschluss wenden sich die Beschwerdeführer mit dem Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde. Zur Begründung wiederholen sie ihren Vortrag im Kostenfestsetzungsverfahren.
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Den Hilfsantrag hält der Prozessbevollmächtigte der Beschwerdeführer im eigenen Namen aufrecht.
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Die Rechtspflegerin hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen.
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II.
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1. Die gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 8. September 2014 erhobene sofortige Beschwerde ist gemäß § 11 Abs. 1 RPflG, § 104 Abs. 3 Satz 1, § 567 Abs. 2 ZPO zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg.
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Die Rechtspflegerin hat den Antrag auf Festsetzung einer Erhöhungsgebühr nach Nr. 1008 VV-RVG zu Recht abgelehnt.
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a) Da im Verfassungsbeschwerdeverfahren Wertgebühren anfallen, setzt die Entstehung einer Erhöhungsgebühr nach Nr. 1008 VV-RVG voraus, dass ein Rechtsanwalt in derselben Angelegenheit für mehrere Beschwerdeführer tätig wird und der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit derselbe ist. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
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Der Prozessbevollmächtigte ist zwar für die 24 von ihm vertretenen Beschwerdeführer in derselben Angelegenheit tätig geworden, da es hierfür regelmäßig schon genügt, dass die Begehren mehrerer Auftraggeber - wie hier - einheitlich in demselben Verfahren geltend gemacht werden und zwischen ihnen ein innerer Zusammenhang besteht (vgl. BVerfGE 96, 251 255>; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 22. März 2000 - 1 BvR 2437/95 -, juris, Rn. 2; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 28. Juni 2000 - 1 BvR 1864/94 -, juris, Rn. 2).
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Es fehlt jedoch an der Identität des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit: Mit der Verfassungsbeschwerde kann nur die subjektive Beschwer des jeweiligen Beschwerdeführers in einem Grundrecht oder grundrechtsgleichen Recht geltend gemacht werden (Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG; § 90 Abs. 1 BVerfGG). Diese subjektive verfassungsrechtliche Beschwer bestimmt den Gegenstand des Verfahrens. Verfassungsbeschwerden mehrerer Auftraggeber haben daher, auch wenn sie gegen denselben Akt der öffentlichen Gewalt gerichtet sind und demgemäß im Antrag übereinstimmen, nicht denselben Gegenstand. Dies gilt auch für Verfassungsbeschwerden, die sich unmittelbar gegen eine Rechtsnorm richten (vgl. BVerfGE 96, 251 257>; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 22. März 2000 - 1 BvR 2437/95 -, juris, Rn. 3; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 28. Juni 2000 - 1 BvR 1864/94 -, juris, Rn. 2; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 27. Oktober 2010 - 1 BvR 2736/08 -, juris, Rn. 8). Für eine Erhöhungsgebühr nach Nr. 1008 VV-RVG ist demgemäß vorliegend kein Raum.
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b) Dem steht auch nicht entgegen, dass der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit in den drei zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Verfassungsbeschwerdeverfahren mit Beschluss vom 19. Mai 2014 unabhängig von der unterschiedlichen Anzahl der Beschwerdeführer jeweils auf 250.000 € festgesetzt wurde. Dies ändert nichts an der fehlenden Identität des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit, soweit in den einzelnen Verfahren mehrere Beschwerdeführer vertreten wurden, und steht auch nicht im Widerspruch zur bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, wonach das Tätigwerden für mehrere Auftraggeber im Rahmen der Festsetzung des Gegenstandswerts hinreichend berücksichtigt werden kann (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 22. März 2000 - 1 BvR 2437/95 -, juris, Rn. 4; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 28. Juni 2000 - 1 BvR 1864/94 -, juris, Rn. 3).
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2. Soweit der Prozessbevollmächtigte hilfsweise beantragt, den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit unter Berücksichtigung der Vertretung von 24 Beschwerdeführern neu festzusetzen und angemessen zu erhöhen, kann dahinstehen, ob der Statthaftigkeit dieses Antrags bereits entgegensteht, dass ein Rechtsmittel gegen die Festsetzung des Gegenstandswerts durch das Bundesverfassungsgericht gemäß § 33 Abs. 1, § 37 Abs. 2 Satz 2 RVG nicht gegeben ist (vgl. BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 23. April 2014 - 2 BvR 2500/09, 2 BvR 1857/10 -). Selbst wenn der Hilfsantrag des Prozessbevollmächtigten als Gegenvorstellung gegen die Festsetzung des Gegenstandswerts angesehen und von der Statthaftigkeit dieses Rechtsbehelfs gegen die Festsetzung des Gegenstandswerts ausgegangen werden könnte (offenlassend: BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 4. Dezember 2013 - 1 BvR 1751/12 -, juris), hätte er in der Sache keinen Erfolg.
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Die Festsetzung des Gegenstandswerts durch den Beschluss vom 19. Mai 2014 auf 250.000 € entsprach dem Antrag des Prozessbevollmächtigten der Beschwerdeführer. Sie ist auch nicht deshalb zu beanstanden, weil der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit in den drei zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Verfassungsbeschwerdeverfahren unabhängig von der unterschiedlichen Anzahl der Beschwerdeführer jeweils auf 250.000 € festgesetzt wurde. Bei der Festsetzung des Gegenstandswerts nach § 37 Abs. 2 Satz 2, § 14 Abs. 1 RVG ist der über das subjektive Interesse jedes Beschwerdeführers hinausgehenden objektiven Bedeutung des Verfahrens Rechnung zu tragen und der Gegenstandswert gegebenenfalls entsprechend zu erhöhen (vgl. BVerfGE 79, 365 367 f.>; 96, 251 257 f.>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 27. Oktober 2010 - 1 BvR 2736/08 -, juris, Rn. 8 m.w.N.). In der vorliegenden Rechtssatzverfassungsbeschwerde überwiegt die mit der Feststellung der Nichtigkeit von § 2 Abs. 7 EuWG verbundene objektive Bedeutung des Verfahrens die subjektiven Interessen jedes einzelnen Beschwerdeführers bei Weitem, so dass eine von der jeweiligen Anzahl der Beschwerdeführer abhängige Festsetzung des Gegenstandswerts in den drei verbundenen Verfassungsbeschwerdeverfahren nicht in Betracht kam.
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