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BFH 29.05.2024 - IX B 83/23
BFH 29.05.2024 - IX B 83/23 - Nichtzulassungsbeschwerde: Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung; Verfahrensfehler wegen unterlassener Beiladung des Mieters und Verletzung der Hinweispflicht
Normen
§ 115 Abs 2 Nr 1 FGO, § 115 Abs 2 Nr 2 Alt 1 FGO, § 115 Abs 2 Nr 3 FGO, § 116 Abs 3 S 3 FGO, § 60 Abs 3 S 1 FGO, § 76 Abs 2 FGO, Art 103 Abs 1 GG
Vorinstanz
vorgehend Finanzgericht Baden-Württemberg, 25. September 2023, Az: 8 K 1468/21, Urteil
Leitsatz
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1. NV: Die Darlegung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung) verlangt substantiierte Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit einer hinreichend bestimmten --abstrakt beantwortbaren-- Rechtsfrage, die im konkreten Streitfall voraussichtlich klärbar/klärungsfähig (entscheidungserheblich) und deren Beurteilung zweifelhaft oder umstritten ist. Hierzu muss sich der Beschwerdeführer mit der einschlägigen Rechtsprechung, insbesondere des Bundesfinanzhofs, sowie den Äußerungen im Schrifttum auseinandersetzen.
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2. NV: Im Klageverfahren des Vermieters wegen steuerlicher Anerkennung des Mietverhältnisses ist der Mieter nicht notwendig beizuladen.
Tenor
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Die Beschwerde der Klägerin wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 25.09.2023 - 8 K 1468/21 wird als unbegründet zurückgewiesen.
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Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Gründe
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Die Beschwerde ist nicht begründet.
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Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) liegen nicht vor.
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1. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) hat die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO nicht entsprechend den gesetzlichen Anforderungen (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO) dargelegt.
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a) Die Darlegung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) verlangt substantiierte Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit einer hinreichend bestimmten --abstrakt beantwortbaren-- Rechtsfrage, die im konkreten Streitfall voraussichtlich klärbar/klärungsfähig (entscheidungserheblich) und deren Beurteilung zweifelhaft oder umstritten ist. Hierzu muss sich der Beschwerdeführer mit der einschlägigen Rechtsprechung, insbesondere des Bundesfinanzhofs (BFH), sowie den Äußerungen im Schrifttum auseinandersetzen. Dabei sind Ausführungen erforderlich, aus denen sich ergibt, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Rechtsfrage zweifelhaft und umstritten ist.
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b) Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht. Es fehlt bereits an Ausführungen, warum die in der Beschwerdebegründung aufgeworfenen Streitfragen zweifelhaft oder umstritten sind und deswegen einer höchstrichterlichen Klärung bedürfen.
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Hinsichtlich der Fragen zur Anerkennung von Mietverhältnissen zwischen nahe stehenden Personen und den dafür notwendigen Anforderungen fehlt es an einer Auseinandersetzung mit der bisher ergangenen Rechtsprechung des BFH (vgl. u.a. BFH-Urteile vom 21.11.2013 - IX R 26/12, Rz 12 ff. und vom 11.07.2017 - IX R 42/15, Rz 16 ff.) sowie Äußerungen im Schrifttum dazu (vgl. u.a. Schallmoser in Spiegelberger/Schallmoser/Wachter/Wälzholz, Immobilien im Zivil- und Steuerrecht, 4. Aufl., Rz 13.67 ff; Pfirrmann in Herrmann/Heuer/Raupach, § 21 EStG Rz 50; Schmidt/Kulosa, EStG, 43. Aufl., § 21 Rz 81 ff.). Stattdessen werden pauschal die aufgeworfenen Fragen als von "grundsätzliche[r] Bedeutung über den Einzelfall hinaus" und als "klärungsbedürftig" bezeichnet.
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Das Gleiche gilt für die von der Klägerin angesprochene Frage, ob es für die steuerliche Anerkennung einer Vermietung auf baurechtliche Nutzungsvoraussetzungen ankommt. Abgesehen davon, dass sich die Frage eindeutig aus dem Gesetz beantworten lässt (vgl. § 40 der Abgabenordnung), fehlt auch hier jegliche Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des BFH (vgl. BFH-Urteil vom 15.05.1973 - VIII R 153/70, BFHE 110, 182, BStBl II 1973, 814) und den Äußerungen in der Literatur (vgl. u.a. Drüen in Tipke/Kruse, § 40 AO Rz 13 ff.).
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Vielmehr wendet sich die Klägerin mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde gegen die tatsächliche und rechtliche Würdigung des Sachverhalts durch das Finanzgericht (FG). Damit kann die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO nicht erreicht werden.
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2. Aus diesem Grund liegen auch die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) nicht vor.
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3. Auch die von der Klägerin gerügten Verfahrensfehler (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) liegen nicht vor.
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a) Der Mieter war im erstinstanzlichen Verfahren nicht notwendig beizuladen.
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aa) Nach § 60 Abs. 3 Satz 1 FGO findet die notwendige Beiladung statt, wenn an dem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Eine solche Konstellation liegt nur vor, wenn die Entscheidung notwendigerweise und unmittelbar Rechte Dritter gestaltet, verändert oder zum Erlöschen bringt, insbesondere in Fällen, in denen das, was einen Prozessbeteiligten begünstigt oder benachteiligt, zwangsläufig umgekehrt den Dritten benachteiligen oder begünstigen muss. Die logische Notwendigkeit einheitlicher Entscheidung reicht nicht aus. Vielmehr muss die Entscheidung eine unmittelbare Gestaltungswirkung auf den Dritten haben (ständige Rechtsprechung, vgl. u.a. BFH-Beschluss vom 28.06.2023 - II B 79/22, Rz 22 f., m.w.N.).
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bb) Das ist im Verhältnis zwischen Mieter und Vermieter bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes nicht der Fall. Die steuerliche Behandlung der Einnahmen beim Vermieter hat keine Auswirkungen für die steuerliche Behandlung der Ausgaben beim Mieter. Eine wechselseitige Bindung, die eine einheitliche Entscheidung bedingt, liegt nicht vor. Vielmehr stehen das Besteuerungsverfahren von Vermieter und Mieter unabhängig nebeneinander.
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b) Die von der Klägerin vorgebrachte Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes --GG--) wegen Verletzung der richterlichen Hinweispflicht (§ 76 Abs. 2 FGO) ist nicht gegeben.
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aa) Die Verletzung der richterlichen Hinweispflicht gemäß § 76 Abs. 2 FGO bedeutet regelmäßig die Verletzung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG). Der Anspruch auf rechtliches Gehör gewährleistet den Beteiligten das Recht, sich vor der Entscheidung des Gerichts zum entscheidungserheblichen Sachverhalt und zur Rechtslage ausreichend äußern zu können. Das Gericht verletzt daher das Recht auf Gehör, wenn die Verfahrensbeteiligten von einer Entscheidung überrascht werden, weil das Urteil auf tatsächliche oder rechtliche Gesichtspunkte gegründet ist, zu denen sie sich nicht geäußert haben und zu denen sich zu äußern sie nach dem vorherigen Verlauf des Verfahrens auch keine Veranlassung hatten. Art. 103 Abs. 1 GG schützt daher die Beteiligten davor, von neuen rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkten überfahren zu werden, die dem Rechtsstreit eine Wendung geben, mit der auch ein kundiger Beteiligter nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht zu rechnen brauchte.
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Wurden die für die Entscheidung maßgeblichen Gesichtspunkte hingegen sowohl im Verwaltungsverfahren als auch im finanzgerichtlichen Verfahren angesprochen und ist der Kläger vor dem FG rechtskundig vertreten, bedarf es in der mündlichen Verhandlung keines richterlichen Hinweises, sich zu diesem entscheidungserheblichen Sachverhalt erneut zu äußern (ständige Rechtsprechung, vgl. u.a. BFH-Beschluss vom 17.07.2019 - II B 35-37/18, BFHE 265, 14, BStBl II 2020, 394, Rz 10, m.w.N.). Bei einem im Klageverfahren durch einen sachkundigen Prozessbevollmächtigten vertretenen Beteiligten stellt das Unterlassen eines (seiner Ansicht nach notwendigen) Hinweises gemäß § 76 Abs. 2 FGO regelmäßig keinen Verfahrensmangel dar. Ein sachkundig vertretener Beteiligter muss gerade bei umstrittener Sach- und/oder Rechtslage grundsätzlich alle vertretbaren rechtlichen Gesichtspunkte von sich aus in Betracht ziehen und seinen Vortrag darauf einrichten (vgl. BFH-Beschlüsse vom 29.03.2022 - IX B 18/21, Rz 20; vom 17.07.2019 - II B 35-37/18, BFHE 265, 14, BStBl II 2020, 394, Rz 13, jeweils m.w.N.; Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 19.05.1992 - 1 BvR 986/91, BVerfGE 86, 133, unter C.III.1.a; Gräber/Ratschow, Finanzgerichtsordnung, 9. Aufl., § 119 Rz 15, m.w.N.).
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bb) Demnach hat das FG seine Hinweispflicht nicht verletzt. Das Verhältnis zwischen der Klägerin und dem Zeugen … und die steuerlichen Folgen daraus waren bereits im Einspruchs- und im Klageverfahren streitig. Gleiches gilt für Behandlung des Mietvertrags. Zudem waren diese Fragen Gegenstand der (versuchten) Zeugeneinvernahme des (zwischenzeitlich verstorbenen) Zeugen … und des dazu hinzugezogenen umfangreichen Vernehmungsprotokolls. Die Klägerin selbst hatte in ihrem Schriftsatz vom 06.09.2023 vor dem FG zu diesen Fragen vorgetragen. Der Beklagte und Beschwerdegegner (Finanzamt) hatte zudem in seinem Schriftsatz vom 08.08.2023 ebenfalls ausführlich zu diesen Gesichtspunkten vorgetragen. Es war damit vorhersehbar und für die Klägerin von Beginn an nachvollziehbar, dass diese Punkte in der angefochtenen Entscheidung des FG entscheidungserheblich werden.
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4. Von einer Darstellung des Sachverhalts und einer weitergehenden Begründung wird gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO abgesehen.
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5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.
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