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BFH 14.12.2021 - VIII R 16/20
BFH 14.12.2021 - VIII R 16/20 - Zulässigkeit der im Fall einer Zusammenveranlagung nur von einem Ehegatten erhobenen Klage
Normen
§ 44 Abs 1 AO, § 269 Abs 2 S 2 AO, § 26 EStG 2009, § 26b EStG 2009, § 40 Abs 2 FGO, EStG VZ 2013, EStG VZ 2014, EStG VZ 2015, EStG VZ 2016, § 157 Abs 1 S 2 AO, § 36 Abs 4 S 2 EStG 2009
Vorinstanz
vorgehend FG Köln, 23. April 2020, Az: 15 K 1151/19, Gerichtsbescheid
nachgehend FG Köln, 13. Juli 2022, Az: 15 K 1151/19, Beschluss
Leitsatz
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Erhebt im Falle einer Zusammenveranlagung nur ein Ehegatte Klage gegen den Einkommensteuerbescheid und wird der Bescheid gegenüber dem anderen Ehegatten bestandskräftig, kann dem klagenden Ehegatten nicht allein deswegen die Klagebefugnis und das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis abgesprochen werden, weil die festgesetzte Steuer schon entrichtet ist und ein Aufteilungsbescheid gemäß § 269 Abs. 2 Satz 2 AO nicht mehr beantragt werden kann.
Tenor
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Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Finanzgerichts Köln vom 23.04.2020 - 15 K 1151/19 aufgehoben.
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Die Sache wird an das Finanzgericht Köln zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
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Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens übertragen.
Tatbestand
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I.
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Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Steuerberater und erzielte in den Streitjahren (2013 bis 2016) neben Einkünften aus selbständiger Arbeit u.a. Einkünfte aus Kapitalvermögen. Seine mit ihm zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Ehefrau erzielte Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.
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Gegen die für die Streitjahre vom Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) erlassenen Einkommensteuerbescheide legten der Kläger und seine Ehefrau Einsprüche ein. Sie begehrten u.a. eine Herabsetzung der vom FA bei der Besteuerung zugrunde gelegten Einkünfte aus Kapitalvermögen des Klägers um Auszahlungen ausländischer Kapitalgesellschaften, bei denen es sich nach ihrer Auffassung um eine nicht steuerbare Einlagenrückgewähr handelte.
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Nachdem das FA aus hier nicht streitbefangenen Gründen mehrere Teilabhilfebescheide erlassen hatte, wies es die Einsprüche des Klägers und seiner Ehefrau mit Einspruchsentscheidung vom 01.04.2019 als unbegründet zurück. Die Einspruchsentscheidung wurde dem Kläger und seiner Ehefrau am 04.04.2019 bekannt gegeben.
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Der durch einen Prozessbevollmächtigten vertretene Kläger erhob daraufhin am 06.05.2019 Klage. In der Klageschrift, die mit "Klage des C (Kläger)" überschrieben war, führte der Prozessbevollmächtigte des Klägers aus, "namens und in Vollmacht des Klägers" werde "gegen die Einspruchsentscheidung" Klage erhoben. Am 24.05.2019 reichte er unter Beifügung der angefochtenen Bescheide und der Einspruchsentscheidung die Klagebegründung ein, in der er auch die Ehefrau des Klägers als Klägerin benannte. Am 31.05.2019 legte er eine von beiden Eheleuten unterschriebene Prozessvollmacht vor.
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Auf entsprechende Nachfrage des Berichterstatters erklärte der Prozessbevollmächtigte des Klägers gegenüber dem Finanzgericht (FG) Köln, die Klage werde ausschließlich von dem Kläger geführt, da die Streitsache nur dessen Einkünfte, nicht dagegen die Einkünfte seiner Ehefrau betreffe.
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Das FG wies die Klage daraufhin mit Gerichtsbescheid vom 23.04.2020 aus den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2020, 1576 veröffentlichten Gründen als unzulässig ab. Die Zustellung des Gerichtsbescheids erfolgte durch Einwurf in den Kanzleibriefkasten des Prozessbevollmächtigten des Klägers am 02.05.2020.
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Mit der am 04.06.2020 eingegangenen Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts.
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Das FG habe die Klage zu Unrecht durch Prozessurteil abgewiesen. Unter Berücksichtigung effektiven Rechtsschutzes sei in den Fällen der Zusammenveranlagung die Klagebefugnis eines Ehegatten auch dann zu bejahen, wenn der Bescheid gegenüber dem anderen Ehegatten, der kein Rechtsmittel eingelegt habe, bestandskräftig geworden und die festgesetzte Einkommensteuer bereits entrichtet sei.
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Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des FG Köln vom 23.04.2020 - 15 K 1151/19 aufzuheben und die Einkommensteuerfestsetzungen 2013 bis 2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 01.04.2019 dahingehend zu ändern, dass seine Einkünfte aus Kapitalvermögen für 2013 um 2.090,43 €, für 2014 um 2.799,43 €, für 2015 um 3.371,52 € und für 2016 um 3.376,06 € vermindert werden.
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Das FA beantragt,
die Revision als unzulässig, hilfsweise als unbegründet zurückzuweisen.
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Das FA ist der Auffassung, die Revision sei verspätet eingelegt worden, da der Gerichtsbescheid dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 02.05.2020 zugestellt worden sei und daher die Frist zur Einlegung der Revision mit Ablauf des 02.06.2020 geendet habe.
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Hierzu verweist der Kläger darauf, das Datum der Zustellung sei auf dem Umschlag des zugestellten Gerichtsbescheids nicht vermerkt worden. Die Frist zur Einlegung der Revision habe daher erst am 05.05.2020 zu laufen begonnen, da erst an diesem Tag das zugestellte Schriftstück dem Kanzleibriefkasten entnommen worden sei.
Entscheidungsgründe
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II.
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Die zulässige Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
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1. Die Revision ist zulässig. Sie ist insbesondere innerhalb der dafür bestimmten Frist des § 120 Abs. 1 Satz 1 FGO eingelegt worden.
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a) Nach § 120 Abs. 1 Satz 1 FGO ist die Revision innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich beim Bundesfinanzhof (BFH) einzulegen. Die Frist beginnt nach § 54 Abs. 1 FGO mit der Bekanntgabe der Entscheidung oder dem Zeitpunkt, an dem die Bekanntgabe als bewirkt gilt. Urteile des FG werden gemäß § 104 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 i.V.m. § 53 Abs. 1 und 2 FGO nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung (ZPO) zugestellt. Die Revisionsfrist beginnt daher gemäß § 54 Abs. 2 FGO i.V.m. § 222 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 187 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs mit Ablauf des Tages zu laufen, an dem die Zustellung erfolgt ist.
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b) Im Streitfall ist dem Prozessbevollmächtigten des Klägers das angefochtene Urteil vom 23.04.2020 ausweislich der ordnungsgemäß unterschriebenen und an das FG zurückgesandten Zustellungsurkunde am 02.05.2020 durch Einlegen in den zur Kanzlei gehörenden Briefkasten zugestellt worden (§ 53 Abs. 2 FGO i.V.m. § 176 Abs. 2, § 180 ZPO). Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat jedoch zutreffend darauf hingewiesen, dass auf dem von ihm zur Akte gereichten Umschlag des FG-Urteils das Zustelldatum nicht vermerkt ist (§ 180 Satz 3 ZPO). Dieser Vermerk gehört zu den zwingenden Zustellungsvorschriften i.S. des § 189 ZPO. Fehlt der Vermerk, liegt ein Zustellungsmangel vor, der zur Unwirksamkeit der Zustellung führt (vgl. BFH-Beschlüsse vom 15.05.2020 - IX B 119/19, BFH/NV 2020, 1104, und vom 19.01.2005 - II B 38/04, BFH/NV 2005, 900; Beschluss des Großen Senats des BFH vom 06.05.2014 - GrS 2/13, BFHE 244, 536, BStBl II 2014, 645). Das unter Verletzung von § 180 Satz 3 ZPO zugestellte Schriftstück gilt gemäß § 189 ZPO erst in dem Zeitpunkt als zugestellt, in dem es der Person, an die die Zustellung gerichtet war, tatsächlich zugegangen ist. Der tatsächliche Zugang i.S. des § 189 ZPO liegt in dem Zeitpunkt vor, in dem der Empfänger das zuzustellende Schriftstück in die Hand bekommt (Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 244, 536, BStBl II 2014, 645, Rz 65).
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c) Danach ist das angefochtene FG-Urteil dem Prozessbevollmächtigten des Klägers erst am 05.05.2020 tatsächlich zugegangen, so dass die Monatsfrist des § 120 Abs. 1 Satz 1 FGO am 06.05.2020 zu laufen begann und mit Ablauf des 05.06.2020 endete.
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aa) Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat das Fehlen des Zustellungsvermerks i.S. des § 180 Satz 3 ZPO durch Vorlage des Briefumschlags nachgewiesen. Nach Auffassung des Senats bestehen keine Zweifel daran, dass es sich bei dem vorgelegten Briefumschlag um denjenigen handelt, in dem das angefochtene Urteil der Vorinstanz enthalten war. Dafür sprechen der Absenderstempel des FG Köln sowie der handschriftliche Zusatz auf dem Umschlag "15 K 1151/19 GB vom 23.4.2020".
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bb) Nach dem Vorbringen des Prozessbevollmächtigten des Klägers wurde das FG-Urteil erst am 05.05.2020 dem Kanzleibriefkasten entnommen, da die Kanzlei am 02.05.2020, einem Samstag, nicht besetzt war und die Kanzleimitarbeiter am 04.05.2020 pandemiebedingt im Homeoffice tätig waren. Anhaltspunkte dafür, dass diese Angaben unzutreffend wären, liegen nicht vor. Der Senat geht daher von einem tatsächlichen Zugang des angefochtenen Urteils im Sinne eines "In-die-Hand-Bekommens" beim Prozessbevollmächtigten am 05.05.2020 aus. Infolgedessen endete die Frist zur Einlegung der Revision erst mit Ablauf des 05.06.2020, so dass die am 04.06.2020 beim BFH eingegangene Revision fristgerecht eingelegt wurde.
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2. Die Revision ist auch begründet. Das FG hat die Klage zu Unrecht wegen fehlender Klagebefugnis bzw. fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig angesehen. Der Senat kann mangels hinreichender Feststellungen des FG nicht abschließend in der Sache entscheiden.
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a) Das FG ist zunächst ohne Rechtsfehler davon ausgegangen, dass die angefochtenen Einkommensteuerbescheide gegenüber der Ehefrau des Klägers in Bestandskraft erwachsen sind. Der Umstand, dass sie und der Kläger zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden, führt nicht dazu, dass die von dem Kläger erhobene Klage den Eintritt der Bestandskraft ohne weiteres auch zu ihren Gunsten hemmte.
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aa) Werden Steuerpflichtige zusammen zur Einkommensteuer veranlagt, sind sie nach § 44 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) Gesamtschuldner. Schulden mehrere Steuerpflichtige eine Steuer als Gesamtschuldner, kann gegen sie gemäß § 155 Abs. 3 Satz 1 AO ein zusammengefasster Steuerbescheid erlassen werden. Ein in der Form des § 155 Abs. 3 Satz 1 AO ergangener Zusammenveranlagungsbescheid enthält jedoch zwei inhaltlich und verfahrensrechtlich selbständige, nur der äußeren Form nach zusammengefasste Steuerverwaltungsakte, die ein unterschiedliches verfahrensrechtliches Schicksal haben können (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 28.07.2005 - III R 48/03, BFHE 210, 393, BStBl II 2005, 865, und vom 12.05.1992 - VIII R 33/88, BFH/NV 1992, 793). Verfahrensrechtlich sind zusammen veranlagte Ehegatten daher zwei getrennte Steuerschuldner (BFH-Urteil vom 20.11.2013 - X R 7/11, BFH/NV 2014, 482).
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bb) Aus der Eigenständigkeit jedes einzelnen Ehegatten in verfahrensrechtlicher Hinsicht folgt, dass ein von dem einen Ehegatten eingelegter Rechtsbehelf nicht ohne weiteres die Wirkung eines auch von dem anderen Ehegatten eingelegten Rechtsbehelfs hat. Auch wenn man annähme, dass der den Rechtsbehelf einlegende Ehegatte bereits aufgrund der gemeinsamen, von beiden Eheleuten unterschriebenen Einkommensteuererklärung von dem anderen Ehegatten wirksam zur Vornahme aller im Besteuerungsverfahren erforderlichen Rechtshandlungen bevollmächtigt worden wäre, so ist für die wirksame Rechtsbehelfseinlegung des einen Ehegatten auch für den anderen erforderlich, dass der das Rechtsmittel führende Ehegatte unmissverständlich zum Ausdruck bringt, er lege den Rechtsbehelf auch für den anderen Ehegatten ein (BFH-Urteile vom 20.12.2006 - X R 38/05, BFHE 216, 297, BStBl II 2007, 823; vom 27.11.1984 - VIII R 73/82, BFHE 143, 32, BStBl II 1985, 296; vom 30.10.1997 - III R 27/93, BFH/NV 1998, 942, und vom 26.08.2004 - IV R 68/02, BFH/NV 2005, 553; aus dem Schrifttum: Gräber/Teller, Finanzgerichtsordnung, 9. Aufl., § 44 Rz 12; vgl. auch Klein/Rätke, AO, 15. Aufl., § 357 Rz 10; Seer in Tipke/Kruse, § 357 AO Rz 13).
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cc) Nach diesen Grundsätzen ist die Auslegung des FG, die Klage sei von dem Kläger nur im eigenen Namen und nicht zugleich im Namen seiner Ehefrau erhoben worden, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
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aaa) Zwar haben der Kläger und seine Ehefrau Einspruch gegen die Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre eingelegt; entsprechend werden beide in der Einspruchsentscheidung vom 01.04.2019 als Inhaltsadressaten geführt. Der Prozessbevollmächtigte hat jedoch mit Schriftsatz vom 04.05.2019 ausdrücklich nur im Namen des Klägers Klage erhoben. Obgleich er in der Klagebegründung vom 23.05.2019 auch den Namen der Ehefrau des Klägers in der Betreffzeile genannt sowie am 31.05.2019 eine auch von der Ehefrau unterschriebene Prozessvollmacht bei Gericht eingereicht hat, hat er auf Nachfrage des FG klargestellt, dass die Klage nur von dem Kläger geführt werde, und dabei darauf hingewiesen, dass in der Streitsache ausschließlich die Einkünfte des Klägers, nicht auch die Einkünfte seiner Ehefrau, betroffen seien. Vor dem Hintergrund, dass es ein Gebot der Rechtssicherheit darstellt, Rechtskundige wie Angehörige der steuerberatenden Berufe oder Rechtsanwälte mit ihren Verfahrenserklärungen grundsätzlich beim Wort zu nehmen (vgl. BFH-Urteil vom 14.06.2016 - IX R 11/15, BFH/NV 2016, 1676; BFH-Beschlüsse vom 21.07.2005 - VIII B 77/05, BFH/NV 2005, 1861, und vom 10.04.2002 - VIII B 122/01, BFH/NV 2002, 1309), ist das FG deshalb zu Recht davon ausgegangen, dass die Klage nicht im Namen der Ehefrau des Klägers erhoben worden ist.
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bbb) Im Streitfall kann auch nicht angenommen werden, dass der Kläger im eigenen Namen Klage gegen die seiner Ehefrau gegenüber ergangenen Steuerfestsetzungen erhoben hat. Für eine solche Prozessstandschaft, bei der der Kläger als Sachwalter die Rechte seiner Ehefrau im eigenen Namen geltend machen könnte, ist im Finanzgerichtsprozess --abgesehen von hier nicht einschlägigen Sonderfällen wie des § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO-- kein Raum (BFH-Urteil vom 11.04.1991 - V R 86/85, BFHE 164, 219, BStBl II 1991, 729; BFH-Beschlüsse vom 22.12.2008 - I B 81/08, BFH/NV 2009, 948, und vom 31.03.1981 - VIII B 53/80, BFHE 133, 331, BStBl II 1981, 696; vgl. auch Gräber/Teller, a.a.O., § 40 Rz 79). Denn § 40 Abs. 2 FGO knüpft für die Klagebefugnis ausschließlich an die Verletzung eigener, gesetzlich begründeter Rechte durch den angefochtenen Verwaltungsakt an.
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b) Jedoch hat das FG zu Unrecht entschieden, die gegenüber der Ehefrau bestandskräftig gewordene Einkommensteuerfestsetzung habe zur Folge, dass der Kläger in Bezug auf die ihm gegenüber ergangenen Einkommensteuerfestsetzungen nicht mehr klagebefugt sei.
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aa) Nach § 40 Abs. 2 FGO ist eine Anfechtungsklage, um die es sich hier handelt, nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt in seinen Rechten verletzt zu sein. Die Verletzung eigener Rechte muss auf der Grundlage des Klagevorbringens möglich erscheinen. Dies ist regelmäßig zu bejahen, wenn der Kläger Adressat eines belastenden Verwaltungsakts ist. Etwas anderes gilt nur dann, wenn offensichtlich und nach keiner Betrachtungsweise subjektive Rechte des Klägers verletzt sein können (z.B. BFH-Urteile vom 10.10.2007 - VII R 36/06, BFHE 218, 458, und vom 03.02.1987 - VII R 116/82, BFHE 149, 362, BStBl II 1987, 346; vgl. auch Krumm in Tipke/Kruse, § 40 FGO Rz 37; Braun in Hübschmann/Hepp/Spitaler --HHSp--, § 40 FGO Rz 176).
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bb) Danach ist die Klagebefugnis des Klägers gegeben, denn dieser macht geltend, die Einkommensteuer sei in den Streitjahren aufgrund des unzutreffenden Ansatzes seiner Einkünfte aus Kapitalvermögen rechtswidrig zu hoch festgesetzt worden, wodurch er in seinen Rechten verletzt werde. Anhaltspunkte dafür, dass die von dem Kläger angestrebte Minderung der Einkommensteuer offensichtlich und von vorneherein ausscheidet, liegen nicht vor. Die Klagebefugnis des Klägers entfällt auch nicht deshalb, weil --wie das FG meint-- die gegenüber der Ehefrau des Klägers ergangenen Einkommensteuerfestsetzungen bereits bestandskräftig geworden sind und der Kläger für die hieraus resultierende Einkommensteuer gesamtschuldnerisch nach § 44 Abs. 1 AO haftet. Denn ungeachtet der Tatsache, dass der Kläger und seine Ehefrau gemäß § 26b des Einkommensteuergesetzes (EStG) gemeinsam als Steuerpflichtiger behandelt werden, bleiben sie verfahrensrechtlich unterschiedliche Rechtssubjekte. Steuerschuldner i.S. des § 157 Abs. 1 Satz 2 AO und Adressat der Einkommensteuerfestsetzung ist jeder Ehegatte für sich. Ob eine Verletzung eigener Rechte i.S. des § 40 Abs. 2 FGO möglich erscheint, beurteilt sich daher allein nach der gegenüber dem jeweiligen Ehegatten --hier also dem Kläger-- festgesetzten Einkommensteuer, bei der es sich insoweit um einen verfahrensrechtlich selbständigen Steuerverwaltungsakt handelt.
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cc) Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass nach der Rechtsprechung des BFH die Klagebefugnis entfällt, wenn eine geänderte Einkünfteaufteilung zwischen zusammen zur Einkommensteuer veranlagten Ehegatten keine steuerrechtliche Auswirkung mehr haben kann, weil ein Antrag auf Aufteilung der Steuerschuld wegen vollständiger Tilgung der rückständigen Steuer nicht mehr in Betracht kommt (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 16.08.1978 - I R 125/75, BFHE 126, 4, BStBl II 1979, 26; BFH-Beschlüsse vom 07.11.1986 - III B 50/85, BFHE 148, 126, BStBl II 1987, 94, und vom 29.06.2004 - IV B 127/03, juris; aus dem Schrifttum: Braun in HHSp, § 40 FGO Rz 252, m.w.N.). Denn die Zuerkennung der Klagebefugnis beruht in einem solchen Fall darauf, dass der Ehegatte bei einer Aufteilung der Einkommensteuerschuld nach §§ 268 ff. AO allein durch die fehlerhafte Zurechnung der Einkünfte beschwert sein kann, auch wenn sich dadurch die Höhe der festgesetzten Gesamtsteuerschuld nicht ändert. Dementsprechend kommt es zum Wegfall der Beschwer, wenn eine Aufteilung der Einkommensteuerschuld nicht mehr zulässig ist, weil dann nicht mehr die Möglichkeit besteht, aufgrund der Festsetzung der Einkommensteuerschuld einen irgendwie denkbaren Nachteil zu erleiden (vgl. BFH-Urteil in BFHE 126, 4, BStBl II 1979, 26, am Ende [Rz 8]; BFH-Beschluss in BFHE 148, 126, BStBl II 1987, 94, unter II.1. [Rz 8]). Hieraus kann aber nicht abgeleitet werden, dass die Klagebefugnis des allein gegen den Einkommensteuerbescheid klagenden Ehegatten auch dann fehlt, wenn er eine Verminderung der ihm gegenüber festgesetzten Einkommensteuer begehrt und dies damit begründet, dass seine eigenen Einkünfte zu hoch angesetzt worden seien.
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c) Zu Unrecht hat das FG die Zulässigkeit der Klage auch deswegen verneint, weil der Kläger durch ein Obsiegen in der Hauptsache keine Verbesserung seiner Rechtsposition mehr erreichen könne und ihm daher das erforderliche allgemeine Rechtsschutzbedürfnis fehle.
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aa) Zwar ist es zutreffend, dass das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis als Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Klage u.a. dann nicht gegeben ist, wenn der Kläger aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen eine Verbesserung seiner Rechtsstellung nicht mehr erreichen kann (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 31.01.2017 - V B 14/16, BFH/NV 2017, 611; BFH-Urteil vom 23.02.2011 - I R 20/10, BFHE 233, 114, BStBl II 2011, 822). Die Nutzlosigkeit des in Anspruch genommenen Rechtsschutzes muss jedoch eindeutig sein; im Zweifel ist das Rechtsschutzbedürfnis daher zu bejahen (Braun in HHSp, § 40 FGO Rz 163 ff., m.w.N.; vgl. auch Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 14.06.2011 - 8 B 74/10, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 2011, 1250). Das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis hat seine Funktion vor allem darin, zu verhindern, dass sowohl der Prozessgegner als auch das Gericht ohne ausreichendes Interesse an gerichtlichem Rechtsschutz durch ein Verfahren belastet werden. Ein solches Bedürfnis fehlt nur bei objektiv sinnlosen Klagen, wenn also der Kläger keinerlei schutzwürdiges Interesse an einem Sachurteil haben kann (z.B. BFH-Urteil vom 11.02.2021 - VI R 37/18, BFH/NV 2021, 1085; vgl. auch Braun in HHSp, § 40 FGO Rz 163 ff., m.w.N.).
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bb) Diesem Maßstab wird das angegriffene Urteil nicht gerecht. Soweit das FG ausführt, der Kläger könne keinen Vorteil in Gestalt einer tatsächlichen Steuererstattung erlangen, weil seinem Steuererstattungsanspruch die bestandskräftige Einkommensteuerfestsetzung seiner Ehefrau, die der Kläger als Gesamtschuldner nach § 44 Abs. 1 AO (mit-)schulde, entgegenstehe, überspannt es die an das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis zu stellenden prozessualen Anforderungen, indem es Umstände, die erst im Rahmen der Steuererhebung Bedeutung erlangen können, in unzulässiger Weise auf die Ebene des Steuerfestsetzungsverfahrens verlagert. Entgegen der Auffassung des FG ergibt sich ein hinreichendes Rechtsschutzinteresse nämlich bereits daraus, dass der Kläger, um die begehrte Erstattung der Einkommensteuer zu erlangen (§ 36 Abs. 4 Satz 2 EStG), den Einkommensteuerbescheid anfechten und eine Herabsetzung der festgesetzten Steuer erreichen muss (vgl. § 218 Abs. 1 AO). Ob das FA im Erhebungsverfahren die Auszahlung eines Guthabens an den Kläger verweigern könnte, weil einem Erstattungsanspruch des Klägers ein aus der bestandskräftigen Einkommensteuerfestsetzung seiner Ehefrau resultierender Haftungsanspruch nach § 44 Abs. 1 AO entgegengehalten werden könnte, bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Denn über die Frage, inwieweit die in dem Steuerbescheid ausgewiesenen Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis noch bestehen oder bereits erfüllt bzw. erloschen sind, wäre gemäß § 218 Abs. 2 Satz 2 AO im Rahmen eines Abrechnungsbescheids zu entscheiden (vgl. BFH-Urteile vom 30.08.1988 - VII R 149/85, BFH/NV 1989, 210, und vom 17.01.1995 - VII R 28/94, BFH/NV 1995, 580). Das Gleiche gilt für die Frage, ob bei einem Obsiegen des Klägers seine mit ihm zusammen veranlagte Ehefrau eine Anpassung des an sie gerichteten, bereits bestandskräftigen Einkommensteuerbescheids nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO verlangen könnte (so ausdrücklich Krumm in Tipke/Kruse, § 40 FGO Rz 81; Brandis in Tipke/Kruse, § 60 FGO Rz 57; Birkenfeld in HHSp, § 360 AO Rz 86; vgl. auch BFH-Urteil vom 05.02.1971 - VI R 301/66, BFHE 101, 358, BStBl II 1971, 331), weil in einem solchen Fall dieser Einkommensteuerbescheid ebenfalls nicht als Rechtsgrund i.S. von § 37 Abs. 2 AO für das Behaltendürfen überzahlter Steuern herangezogen werden könnte.
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Das Rechtsschutzbedürfnis des Klägers kann hiernach insbesondere nicht deshalb verneint werden, weil die Anfechtung des ihm gegenüber ergangenen Einkommensteuerbescheids nicht zu einer Verbesserung seiner Rechtsstellung führen könnte. Vielmehr liegt ein Rechtsschutzbedürfnis bereits dann vor, wenn --wie hier-- ein rechtlicher Vorteil in Gestalt eines Steuererstattungsanspruchs für den Kläger nicht von vornherein und nach jeder denkbaren Betrachtungsweise zu verneinen ist.
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3. Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH stellt es einen zur Aufhebung und Zurückverweisung führenden Verfahrensmangel dar, wenn über eine zulässige Klage nicht in der Sache, sondern durch Prozessurteil entschieden wird. In einem solchen Fall wird zugleich der Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG), § 96 Abs. 2 FGO verletzt (z.B. BFH-Urteil vom 25.09.2013 - VIII R 17/11, juris, Rz 30; BFH-Beschlüsse vom 10.03.2014 - X B 230/12, BFH/NV 2014, 888, Rz 12; vom 29.07.2009 - VI B 44/09, BFH/NV 2009, 1822, unter II.1. [Rz 8], und vom 23.04.2009 - X B 43/08, BFH/NV 2009, 1443, unter II.1. [Rz 12]).
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a) Zwar kann der BFH auch dann in der Sache selbst entscheiden, wenn das FG eine Klage zu Unrecht als unzulässig abgewiesen hat, die Klage aber nach den vom FG getroffenen Feststellungen zweifelsfrei unbegründet ist (§ 126 Abs. 4 FGO) oder wenn sich die Klage bei jeder denkbaren Sachverhaltsgestaltung als begründet erweist (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO).
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b) Im Falle einer zu Unrecht als unzulässig abgewiesenen Klage erfordert aber die verfassungsrechtliche Garantie des rechtlichen Gehörs nach Art. 103 Abs. 1 GG regelmäßig die Zurückverweisung an die Vorinstanz. Beurteilt das FG nämlich eine Klage als unzulässig, so entscheidet es über sie, ohne sich mit dem inhaltlichen Vorbringen der Beteiligten zu befassen (BFH-Urteile vom 22.06.2016 - V R 49/15, BFH/NV 2016, 1754; vom 04.07.2007 - VIII R 77/05, BFH/NV 2008, 53, unter II.3.b [Rz 29]; vom 17.10.1990 - I R 118/88, BFHE 162, 534, BStBl II 1991, 242, unter II.5. [Rz 22]). In einer solchen Verfahrenslage kommt ein Durcherkennen ausnahmsweise nur dann in Betracht, wenn vollständig ausgeschlossen ist, dass einer der Beteiligten durch einen weiteren Vortrag die Sachentscheidung noch beeinflussen könnte (BFH-Urteil in BFH/NV 2008, 53, unter II.3.b [Rz 30]). Das ist vorliegend nicht der Fall.
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4. Die Übertragung der Kostenentscheidung auf das FG beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.
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