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BFH 15.06.2021 - VII B 18/21 (AdV)
BFH 15.06.2021 - VII B 18/21 (AdV) - AdV wegen unterlassener Anhörung und Verstoß gegen Offenlegung der Besteuerungsgrundlagen
Normen
§ 71 AO, § 91 AO, § 126 Abs 1 Nr 3 AO, § 364 AO, § 370 AO, § 69 FGO, Art 3 EURL 64/2010, Art 6 Abs 3 Buchst a MRK
Vorinstanz
vorgehend Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern, 20. Januar 2021, Az: 3 V 40/20, Beschluss
Leitsatz
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1. NV: Wird die nach § 91 AO erforderliche Anhörung eines Beteiligten nachgeholt, wird der Verfahrensfehler gemäß § 126 Abs. 1 Nr. 3 AO rückwirkend geheilt.
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2. NV: Wenn ein Haftungsbescheid (§ 71 AO) die Wertungen eines rechtskräftigen Strafurteils übernimmt, kann der Verweis auf das dem Haftungsschuldner vorliegende Urteil eine ausreichende Offenlegung der Besteuerungsgrundlagen nach § 364 AO darstellen.
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3. NV: Die speziell für das Strafverfahren geltenden Bestimmungen, zu denen sowohl Art. 6 Abs. 3 lit. a) EMRK als auch Art. 3 der Richtlinie 2010/64/EU gehören, sind für das Besteuerungsverfahren nicht maßgeblich. Dem Haftungsschuldner muss deshalb nicht von Amts wegen eine Übersetzung des Strafurteils zur Verfügung gestellt werden.
Tenor
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Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Finanzgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 20.01.2021 - 3 V 40/20 wird als unbegründet zurückgewiesen.
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Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Antragsteller zu tragen.
Tatbestand
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I.
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Streitig ist die Aussetzung der Vollziehung (AdV) eines Haftungsbescheids.
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Der Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller), ein der deutschen Sprache nicht mächtiger tschechischer Staatsbürger, war Alleingesellschafter und Geschäftsführer der am 20.08.2013 gegründeten A Limited. Im Jahr 2013 wurde außerdem die B GmbH gegründet. Die A Limited erwarb ein Grundstück in F und verpachtete es an die B GmbH. Die B GmbH stellte auf dem Gelände die Produkte Cleanol-7 und Mol-F her.
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Gegen den Antragsteller und mehrere andere Personen wurde im Zusammenhang mit der Herstellung und dem Vertrieb dieser beiden Produkte ein Ermittlungsverfahren wegen Steuerhinterziehung geführt. Der Antragsteller wurde durch mittlerweile rechtskräftiges Urteil des Landgerichts (LG) D vom 06.07.2018 wegen Steuerhinterziehung zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt und verbüßt derzeit die ausgeurteilte Strafe.
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Das Urteil beruht auf den folgenden Feststellungen:
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Der Antragsteller habe gemeinsam mit dem Mitangeklagten E von Anfang an den Plan verfolgt, die in F hergestellten Produkte gegenüber dem Hauptzollamt als Reinigungs- und Schmiermittel zu deklarieren, sie aber tatsächlich zur Verwendung als Kraftstoff oder Kraftstoffzusatz in Verbrennungsmotoren abzugeben. Es sei beabsichtigt gewesen, die dadurch entstehende Energiesteuer zu hinterziehen; daher seien die Produkte zur Verdeckung als Reinigungs- und Schmiermittel deklariert worden.
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Bei dem Antragsgegner und Beschwerdegegner (Hauptzollamt --HZA--) seien die Produkte wie folgt in die Kombinierte Nomenklatur (KN) Stand 01.01.2002 eingeordnet worden:
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Cleanol-7:
Unterposition 2710 1999 KN ("andere Schmieröle und andere Öle")
Mol-F:
Unterposition 3824 9097 KN ("Zubereitete Bindemittel für Gießereiformen oder -kerne; chemische Erzeugnisse und Zubereitungen der chemischen Industrie oder verwandter Industrien (einschließlich Mischungen von Naturprodukten), anderweit weder genannt noch inbegriffen: andere")
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Das HZA habe der B GmbH am 16.10.2014 eine Erlaubnis zur steuerfreien Verwendung von Dieselkraftstoff zur Herstellung von Cleanol-7 und am 26.10. und 10.11.2015 eine Erlaubnis zur steuerfreien Verwendung von Dieselkraftstoff zur Herstellung von Mol-F erteilt. In der Folgezeit seien die Produkte hergestellt und in der Zeit bis Oktober 2016 an Abnehmer in verschiedene europäische Länder verkauft worden. Der Antragsteller habe dabei zusammen mit dem Mitangeklagten E die führende Rolle übernommen und die Geschäfte der B GmbH als faktischer Geschäftsführer geleitet. Die Konstruktion mit der A Limited als Verpächterin und der B GmbH als Herstellerin sei gewählt worden, um die verantwortliche Stellung des Antragstellers bei der Herstellung der beiden Produkte zu verschleiern.
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Der Antragsteller habe sich nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) strafbar gemacht. Durch ihn und durch die weiteren Mitangeklagten sei gegenüber dem HZA konkludent erklärt worden, dass die beiden Produkte bestimmungsgemäß als steuerfreies Reinigungs- und Schmiermittel abgegeben würden. Das sei objektiv falsch gewesen, denn tatsächlich seien die Produkte als Kraftstoff beziehungsweise Kraftstoffzusatz abgegeben worden.
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Über das Vermögen der B GmbH wurde am 11.04.2017 das Insolvenzverfahren eröffnet. Das HZA meldete die Steuerschuld in Höhe von 4.760.823,26 € zur Tabelle an.
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Mit Haftungsbescheid vom 03.02.2020 nahm das HZA den Antragsteller als Teilnehmer einer Steuerhinterziehung für die in der Zeit vom 11.12.2014 bis 18.10.2016 entstandenen Energiesteuern in Höhe von insgesamt 4.760.823,26 € gemäß § 71 AO in Haftung. Eine vorherige Anhörung des Antragstellers fand nicht statt.
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Dem Antragsteller wurde in dem Haftungsbescheid aufgegeben, diesen Betrag "sofort" zu zahlen. Das Produkt Cleanol-7 sei tatsächlich zur Verwendung als Kraftstoff bzw. Zusatz- oder Verlängerungsmittel von Kraftstoff abgegeben worden; dadurch sei die Steuer nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Energiesteuergesetzes (EnergieStG) entstanden. Für Mol-F sei die Energiesteuer nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Alternative 1 EnergieStG bereits durch Abweichen von der Betriebserklärung und der Bewilligung entstanden. Steuerschuldner sei jeweils die B GmbH. Ausweislich des landgerichtlichen Urteils sei der Antragsteller rechtskräftig wegen Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 3 AO schuldig gesprochen worden. Aus diesem Grunde werde er als Teilnehmer an einer Steuerhinterziehung nach § 71 AO in Haftung genommen. Dem Haftungsbescheid war als Anlage eine achtseitige Aufstellung der "Lieferungen der ... GmbH vom 11.12.2014 bis 18.10.2016" beigefügt, aus welcher sich auch die Beträge der Energiesteuer ergaben (717.292,50 € und 4.043.530,76 € = 4.760.823,26 €).
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Hiergegen legte der Antragsteller ohne weitere Begründung Einspruch ein und beantragte AdV. Zugleich beantragte er gemäß § 364 AO, ihm die Besteuerungsunterlagen mitzuteilen.
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Hierauf teilte das HZA dem Antragsteller mit Schreiben vom 05.05.2020 mit, dass das rechtskräftige Urteil des LG D die Grundlage für die Haftungsinanspruchnahme bilde. Der Haftungsbescheid beruhe auf der Steuerschuld der B GmbH für hinterzogene Energiesteuern in Höhe von 4.761.005,25 €. Über deren Vermögen sei das Insolvenzverfahren eröffnet und die Steuerforderung zur Tabelle angemeldet worden. Zur Kenntniserlangung von den Besteuerungsgrundlagen könne grundsätzlich nach Absprache in den Diensträumen des HZA Akteneinsicht genommen werden. Das sei momentan jedoch aufgrund der Pandemiesituation nicht möglich. Mit Hinweis auf das dem Antragsteller bekannte Urteil des LG D seien die Besteuerungsgrundlagen bereits offengelegt, so dass kein Bedürfnis nach Akteneinsicht an Amtsstelle bzw. Übersendung von Aktenkopien zum Verbleib erkennbar sei.
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Dem widersprach der Antragsteller. Er habe Anspruch auf diejenigen Unterlagen, mit denen er die Entscheidung der Finanzbehörde nachvollziehen und prüfen könne. Der Hinweis auf das Strafurteil reiche keinesfalls aus. Ihm sei keine tschechische Übersetzung des Urteils zur Verfügung gestellt worden und insoweit sei ihm der Inhalt des Urteils nicht bekannt. Außerdem seien die ihm vorgeworfenen Steuerstraftaten offenbar abweichend rechtlich gewürdigt worden; das gelte auch für die Höhe der vermeintlichen Steuerschuld.
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Mit Bescheid vom 11.06.2020 lehnte das HZA den AdV-Antrag ab und verwies darin zur Begründung jeweils unter Angabe der Seitenzahlen umfangreich auf das landgerichtliche Urteil. Auf den Einwand des Antragstellers, die Steuerschuld weiche ab, erläuterte das HZA, dass es sich bei gleicher Produktmenge um einen Schreib-/Rechenfehler handele; es seien 181,99 € zu wenig im Haftungsbescheid erfasst worden. Eine Verböserung im Einspruchsverfahren behalte man sich vor.
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Sodann stellte der Antragsteller gemäß § 69 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) den streitgegenständlichen gerichtlichen AdV-Antrag und beantragte, die Vollziehung des Haftungsbescheids vom 03.02.2020 ab der ursprünglichen Fälligkeit auszusetzen.
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Er trug vor, dass schon aus formalen Gründen AdV zu gewähren sei, weil das HZA bis heute die Besteuerungsgrundlagen gemäß § 364 AO nicht vollständig offengelegt habe. Ihm sei kein effektives rechtliches Gehör gewährt worden. Ein substantiierter Vortrag gegen die Richtigkeit der Feststellungen des Strafurteils sei ihm daher nicht möglich. Er habe zudem nach der Richtlinie 2010/64/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.10.2010 über das Recht auf Dolmetschleistungen und Übersetzungen in Strafverfahren (RL 2010/64/EU) Anspruch auf eine Übersetzung der wesentlichen Unterlagen, also hier insbesondere des Strafurteils. Mangels Mitteilung der Besteuerungsgrundlagen wisse er bis heute nichts über den Stand der primären Steuerforderung gegenüber der B GmbH. Weder könne beurteilt werden, ob die Steuerschuld inzwischen getilgt sei, noch ob das HZA sein Entschließungs- und Auswahlermessen fehlerfrei ausgeübt habe. Darüber hinaus sei ihm vor Erlass des Haftungsbescheids kein rechtliches Gehör gewährt worden, ohne dass dafür ein Grund nach § 91 Abs. 2 und 3 AO vorgetragen oder ersichtlich sei. Schon dieser Umstand begründe ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Haftungsbescheids. Der Mangel sei nicht geheilt, denn die zunächst unterlassene Gewährung des rechtlichen Gehörs könne im Gerichtsverfahren nicht nachgeholt werden. Der Haftungsbescheid genüge nicht den Formerfordernissen. Es fehle an der nach § 119 Abs. 3 Satz 2 AO erforderlichen Unterschrift oder Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten. Außerdem seien begründete Zweifel hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen, der Beweiswürdigung und der rechtlichen Würdigung durch das LG D gegeben. Insoweit dürfe die Beweiswürdigung und rechtliche Würdigung nicht ungeprüft aus dem Strafverfahren übernommen werden; vielmehr sei eine eigenständige Prüfung geboten. Der Straftatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO setze voraus, dass nicht nur unrichtige Angaben gegenüber der Finanzbehörde gemacht, sondern dass dadurch auch Steuern verkürzt würden. Die zuletzt genannte Voraussetzung sei hier nicht erfüllt. Selbst wenn man unterstelle, dass für jede Produktabgabe an Dritte inhaltlich unrichtige Avisierungen gegenüber der Zollbehörde erfolgt seien, habe dies keine steuerrechtlichen Auswirkungen gehabt. Den Avisierungen sei keine steuerliche Bedeutung zugekommen. Die Strafkammer habe keine Feststellungen dazu getroffen, dass der Antragsteller jemals beim Mischen oder beim Beladen der Fahrzeuge anwesend gewesen sei oder Avisierungen gegenüber der Zollbehörde vorgenommen habe. Dem Antragsteller sei zu Unrecht die Stellung eines faktischen Geschäftsführers zugesprochen worden; die nach der Rechtsprechung erforderlichen Kriterien seien nicht erfüllt. Im Strafverfahren seien die Tatsachen unzutreffend festgestellt worden. Das gelte insbesondere für die angeblich nicht erlaubniskonforme Produktion und Verwendung der Erzeugnisse Cleanol-7 und Mol-F. Fehlerhaft sei schließlich auch die Berechnung der Höhe der Steuer.
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Das Finanzgericht (FG) lehnte den AdV-Antrag mit Beschluss vom 20.01.2021 ab. Der Anspruch des Antragstellers auf Offenlegung der Besteuerungsgrundlagen nach § 364 AO sei nicht verletzt worden. Das Strafurteil liege seinem Verfahrensbevollmächtigten vor und der Antragsteller habe die Möglichkeit, selbst für eine Übersetzung Sorge zu tragen. Er habe keinen Anspruch auf eine Übersetzung von Amts wegen. Auch ansonsten seien ihm keine Unterlagen vorenthalten worden. AdV sei auch nicht deshalb zu gewähren, weil der Antragsteller vor Erlass des Haftungsbescheids nicht angehört worden sei. Jedenfalls sei diese Anhörung nachgeholt worden. Im laufenden Einspruchsverfahren habe der Antragsteller Gelegenheit, sich zu dem Strafurteil zu äußern. Verstöße gegen Formvorschriften lägen nicht vor. Auch sonst bestünden keine ernstlichen Zweifel. Die Einwände des Antragstellers gegen die dem Strafurteil zugrundeliegenden Feststellungen reichten nicht aus. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Beschluss des FG vom 20.01.2021 - 3 V 40/20, juris verwiesen.
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Gegen diesen Beschluss hat der Antragsteller Beschwerde eingelegt, der das FG nicht abgeholfen hat.
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Er begründet seine Beschwerde wie folgt: Seinem Antrag auf Offenlegung der Besteuerungsgrundlagen nach § 364 AO sei das HZA bislang nicht ausreichend nachgekommen. Ein pauschaler Hinweis auf das Urteil des LG genüge nicht. Auf die im Urteil herangezogenen Beweismittel habe er keinen Zugriff. Weil er in der Justizvollzugsanstalt nicht über einen Laptop verfüge, könne er auch keinen Einblick in die elektronische Verfahrensakte nehmen.
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Insbesondere fehlten auch Unterlagen zum Stand der primären Steuerforderung gegen die GmbH. Nach den vorliegenden Unterlagen seien verschiedene Vermögenswerte beschlagnahmt bzw. gepfändet worden; hierzu finde sich jedoch nichts im Haftungsbescheid. Unklar sei auch der Stand der Forderungsanmeldung gegenüber der GmbH. Auch die Ausübung des Auswahlermessens erschließe sich nicht aus dem Haftungsbescheid.
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Der Antragsteller rügt eine fehlende Anhörung gemäß § 91 AO vor Erlass des streitgegenständlichen Haftungsbescheids. Dieser Verfahrensfehler sei nicht nach § 126 Abs. 1 Nr. 3 AO geheilt.
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Des Weiteren rügt der Antragsteller unter Hinweis auf die Richtlinie 2010/64/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.10.2010 über das Recht auf Dolmetschleistungen und Übersetzungen in Strafverfahren (RL 2010/64/EU), dass er weder den Haftungsbescheid noch das Urteil des LG in tschechischer Sprache erhalten habe.
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Er verweist schließlich auf seine Schriftsätze im gerichtlichen AdV-Verfahren.
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Der Antragsteller beantragt,
den Beschluss des FG Mecklenburg-Vorpommern vom 20.01.2021 aufzuheben und die Vollziehung des Haftungsbescheids vom 03.02.2020 ab der ursprünglichen Fälligkeit auszusetzen,
hilfsweise,
den Beschluss aufzuheben und die Sache zu neuer Entscheidung, auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens, an das FG Mecklenburg-Vorpommern zurückzuverweisen.
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Das HZA beantragt, die Beschwerde gegen den Beschluss des FG Mecklenburg-Vorpommern vom 20.01.2021 als unbegründet zurückzuweisen, hilfsweise die AdV lediglich gegen Sicherheitsleistung zu bewilligen.
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Das HZA sei unter Rückgriff auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) berechtigt gewesen, das rechtskräftige Strafurteil als Grundlage für die Inanspruchnahme des Antragstellers als Haftenden heranzuziehen. Zutreffend stelle der Antragsteller dar, dass dieses Urteil keine Aussage zur Steuer- oder Haftungsschuld treffe. Diese Fragen seien durch die Finanzbehörde zu beantworten. Das HZA habe sein Ermessen erkannt und sachgerecht ausgeübt. Eine gesonderte Begründung sei gegenüber einem Steuerstraftäter sowohl bezüglich des Entschließungs- wie auch des Auswahlermessens entbehrlich, wie sich aus dem Senatsurteil vom 13.11.1990 - VII R 96/88 (BFH/NV 1991, 641) und dem Senatsbeschluss vom 12.09.2014 - VII B 99/13 (BFH/NV 2015, 161) ergebe. Das HZA habe auch deshalb sein Auswahlermessen nicht verletzt, weil es alle vom LG verurteilten Steuerstraftäter als Haftende in Anspruch genommen habe. Ob im Nachgang zum streitgegenständlichen Haftungsbescheid weitere Gesamtschuldner in Anspruch genommen würden, sei unerheblich. Im Übrigen habe das HZA im Haftungsbescheid klargestellt, dass die Hinzuziehung weiterer Gesamtschuldner denkbar sei.
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Soweit der Antragsteller auf die Primärschuld abstelle, würden in der Einspruchsentscheidung die durch andere Gesamtschuldner gezahlten Beträge angerechnet. Die vom Zollfahndungsamt am 19.10.2016 auf der Grundlage von Arrestanordnungen gesicherten Vermögenswerte seien bislang nicht berücksichtigt worden, weil noch keine vollstreckbaren Steuer- oder Haftungsbescheide vorgelegen hätten. Nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der B GmbH hätten die Pfändungspfandrechte aufgehoben werden müssen.
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Weil der Antragsteller nach § 71 AO als Steuerstraftäter in Haftung genommen worden sei, käme es auf eine faktische Geschäftsführung nach §§ 69, 35 AO nicht an.
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Die unterlassene Anhörung führe nicht zwingend zur Rechtswidrigkeit des Haftungsbescheids, weil für rechtskräftig verurteilte Täter einer Steuerhinterziehung das Ermessen dahingehend vorgeprägt sei, dass diese regelmäßig in Anspruch zu nehmen seien. Im Übrigen sei von einer Heilung gemäß § 126 Abs. 1 Nr. 3 AO auszugehen. Sollte man die Möglichkeit der Stellungnahme im Einspruchs- oder AdV-Verfahren nicht für ausreichend erachten, so habe das HZA mit Schreiben vom 10.03.2021 ausführlich Stellung genommen, so dass spätestens damit von einer Heilung auszugehen sei.
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Man habe dem Antragsteller keine tschechische Übersetzung von Haftungsbescheid und Urteil zur Verfügung stellen müssen. Die vom Antragsteller zitierte Richtlinie beziehe sich ausschließlich auf das Strafverfahren. Nach § 87 Abs. 1 AO sei die Amtssprache deutsch. Nach der Rechtsprechung habe der des Deutschen nicht mächtige Betroffene die ihm obliegenden Sorgfaltspflichten zu erfüllen. Das gelte auch für einen Betroffenen, der sich in Haft befinde (Verweis auf Senatsbeschluss vom 21.05.1997 - VII S 37/96, BFH/NV 1997, 634).
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Schließlich seien dem Antragsteller die Besteuerungsgrundlagen ausreichend mitgeteilt worden. Der Haftungsbescheid basiere auf dem Urteil des LG, welches dem Antragsteller vorliege. Im Übrigen sei er als Beteiligter gemäß § 90 Abs. 1 AO gehalten, an der Ermittlung des Sachverhalts vorbehaltslos mitzuwirken.
Entscheidungsgründe
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II.
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Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.
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Das FG hat zu Recht keine AdV gewährt, weil keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des streitgegenständlichen Haftungsbescheids bestehen.
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1. Gemäß § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO kann das Gericht auf Antrag die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen oder seine Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsakts bestehen, wenn und soweit bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage aufgrund der präsenten Beweismittel, des unstreitigen Sachverhalts und der gerichtsbekannten Tatsachen erkennbar wird, dass aus gewichtigen Gründen Unklarheit in der Beurteilung von Tatfragen oder Unsicherheit oder Unentschiedenheit in der Beurteilung von Rechtsfragen besteht und sich bei abschließender Klärung dieser Fragen der Verwaltungsakt als rechtswidrig erweisen kann (BFH-Beschluss vom 02.04.2009 - II B 157/08, BFH/NV 2009, 1146, m.w.N.).
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2. Unter Anwendung dieser Grundsätze war die Vollziehung des Haftungsbescheids nicht wegen der unterlassenen Anhörung auszusetzen.
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a) Das HZA hat den Antragsteller vor Erlass des Haftungsbescheids nicht angehört, obwohl keiner der in § 91 Abs. 2 AO genannten Ausnahmetatbestände vorgelegen hat.
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Nach § 91 Abs. 1 Satz 1 AO soll dem Beteiligten vor Erlass eines belastenden Verwaltungsakts Gelegenheit gegeben werden, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Die Sollvorschrift verpflichtet zur Anhörung im Regelfall, so dass hiervon nur in atypischen Fallkonstellationen abgewichen werden kann (vgl. Tipke/Kruse, § 91 AO Rz 2; Klein/Rätke, AO, 15. Aufl., § 91 Rz 1; Söhn in Hübschmann/Hepp/Spitaler --HHSp--, § 91 AO Rz 44).
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Eine solche atypische Fallkonstellation ist vorliegend nicht gegeben. Insbesondere ist eine solche nicht generell beim Erlass von Haftungsbescheiden gemäß § 71 AO anzunehmen, wie das HZA meint. Zwar ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats nicht nur das Entschließungs-, sondern auch das Auswahlermessen der Finanzbehörde im Falle einer vorsätzlich begangenen Steuerstraftat in der Weise vorgeprägt, dass die Abgaben gegen den Steuerstraftäter festzusetzen sind und dass es einer besonderen Begründung dieser Ermessensentscheidung nicht bedarf (vgl. Senatsbeschluss vom 08.06.2007 - VII B 280/06, BFH/NV 2007, 1822). Das bedeutet jedoch nicht, dass auf eine Anhörung vor Erlass des Haftungsbescheids verzichtet werden kann.
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b) Wegen der unterlassenen Anhörung war der Haftungsbescheid formell rechtswidrig, jedoch nicht nichtig i.S. des § 125 AO (vgl. Söhn in HHSp, § 91 AO Rz 198, m.w.N.).
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c) Die Verletzung des rechtlichen Gehörs durch die unterlassene Anhörung wurde jedoch rückwirkend durch den AdV-Ablehnungsbescheid vom 11.06.2020 gemäß § 126 Abs. 1 Nr. 3 AO geheilt.
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aa) Nach § 126 Abs. 1 Nr. 3 AO ist die erforderliche Anhörung unbeachtlich, wenn sie nachgeholt wird. Die zeitliche Wirkung der Heilung, d.h. eine Wirkung ex nunc oder ex tunc ist gesetzlich zwar nicht ausdrücklich geregelt, die Auslegung anhand der anerkannten Auslegungsmethoden ergibt jedoch eine Rückwirkung (ex tunc) der Heilung.
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Auf eine solche Rückwirkung lässt die Formulierung "ist unbeachtlich" schließen, aus der hervorgeht, dass der Fehler ungeschehen gemacht werden soll; er soll also keinerlei Folgen nach sich ziehen.
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Dieses Ergebnis wird auch durch die historische Auslegung gestützt. Die Gesetzesbegründung zur AO (BTDrucks VI/1982, S. 142) verweist auf den gleichlautenden § 35 des Entwurfs eines Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG). Darin stellt der Gesetzgeber klar, dass die Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften für den Bestand des Verwaltungsakts schlechthin "unbeachtlich" sein soll. Von einer Bestimmung, dass die nachgeholte Verfahrenshandlung den Verwaltungsakt "von Anfang an rechtmäßig macht", war danach abgesehen worden, weil diese Frage allenfalls von rechtstheoretischem, nicht aber von praktischem Interesse sei (BTDrucks VI/1173, S. 52; BTDrucks 7/910, S. 65). Daraus ist nach Ansicht des Senats zu schließen, dass der Gesetzgeber von einer Rückwirkung ausging und zur Klarstellung eine entsprechende Formulierung eingefügt hätte, wenn er die Relevanz dieser Frage zur damaligen Zeit erkannt hätte.
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Das Schrifttum beantwortet diese Frage nicht einheitlich (für eine ex-nunc-Wirkung Koenig/Vorbeck, Abgabenordnung, 4. Aufl., § 126 Rz 10, m.w.N.; Wedelstädt in Gosch, AO § 126 Rz 14.1; Frotscher in Schwarz/Pahlke, AO/FGO, § 126 Rz 1 und 3a; anderer Ansicht Seer in Tipke/Kruse, § 126 AO Rz 2; Niewerth in Lippross/Seibel, Basiskommentar Steuerrecht, 125. Lieferung 04.2021, § 126 AO, Rz 1; Szymczak in eKomm 01.01.2015, § 126 AO, Rz 3; offengelassen dagegen in Klein/Rätke, a.a.O., § 91 Rz 10 und Klein/Ratschow, AO, 15. Aufl., § 126, Rz 2, der dieser Frage vor allem theoretische Bedeutung beimisst; und Rozek in HHSp, § 126 AO Rz 13, der die Ansicht vertritt, dass die Unbeachtlichkeit einer ex tunc-Wirkung gleichkäme, und für Amtspflichtverletzungen eine Ausnahme vorsehen möchte).
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Die Instanzgerichte haben sich nur vereinzelt mit dieser Frage beschäftigt. So nimmt das FG Bremen (Urteil vom 28.11.1985 - II 125/84 K, Entscheidungen der Finanzgerichte 1986, 369) ohne weitere Begründung und unter Verweis auf Tipke/Kruse ebenfalls eine rückwirkende Heilung des formellen Fehlers an. Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat die Frage bislang offengelassen (vgl. BVerwG-Beschluss vom 09.04.2002 - 4 B 20/02, juris; Nachweise zur Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte bei Schneider in Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, § 45 VwVfG Rz 20, m.w.N.).
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Die hier vertretene Ansicht wird auch durch die teleologische Auslegung bestätigt. Denn die Heilungsmöglichkeit in § 126 Abs. 1 AO dient der Verfahrensökonomie (vgl. Klein/Ratschow, a.a.O., § 126 Rz 1). Sie soll verhindern, dass ein Verwaltungsakt allein wegen eines Verfahrensmangels aufgehoben wird und die Behörde danach einen Verwaltungsakt gleichen Inhalts erlassen muss (vgl. BFH-Urteil vom 17.01.2017 - VIII R 52/14, BFHE 257, 1, BStBl II 2018, 740, Rz 19). Dem verfahrensökonomischen Ziel dient eine rückwirkende Heilung, weil sie einen begrenzten Zeitraum der Rechtswidrigkeit vermeidet, der weitergehende Folgen (z.B. Zinsdifferenzen) nach sich ziehen könnte. Soweit die Gegenansicht darauf verweist, dass die formellen Anforderungen normative Kraft nur bei einem hinreichenden Restitutions- bzw. Sanktionsniveau im Fall behördlicher Fehler erlangten (vgl. Schneider in Schoch/Schneider, a.a.O., § 45 VwVfG Rz 20, m.w.N.), sind die Steuerpflichtigen nicht gänzlich schutzlos gestellt, weil sie unter den im Einzelnen geregelten Tatbestandsvoraussetzungen Ansprüche wegen Amtspflichtverletzungen (Art. 34 des Grundgesetzes, § 839 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) geltend machen können.
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bb) Im Streitfall ist der Verfahrensfehler der unterlassenen Anhörung spätestens durch den AdV-Ablehnungsbescheid des HZA vom 11.06.2020 geheilt worden.
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Dem Antragsteller ist im Einspruchsverfahren eine vollwertige Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt worden. Das HZA hat die Stellungnahme des Antragstellers nicht nur zur Kenntnis genommen, sondern ernsthaft in Erwägung gezogen (zu diesem Erfordernis: Rozek in HHSp, § 126 AO Rz 42f.; Seer in Tipke/Kruse, § 126 AO Rz 7; vgl. BFH-Urteil vom 23.01.2013 - X R 32/08, BFHE 240, 202, BStBl II 2013, 423, Rz 45).
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3. Der Haftungsbescheid ist nicht wegen einer Verletzung des rechtlichen Gehörs auszusetzen, insbesondere auch nicht deshalb, weil nach dem Vorbringen des Antragstellers Besteuerungsgrundlagen gemäß § 364 AO nicht offengelegt worden wären. Der behauptete Verstoß liegt nicht vor.
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a) AdV kann allein deshalb gerechtfertigt sein, weil die Finanzbehörde ihrer Verpflichtung zur Offenlegung der Besteuerungsgrundlagen nach § 364 AO nicht nachgekommen ist (Senatsurteil vom 04.04.1978 - VII R 71/77, BFHE 125, 20, BStBl II 1978, 402; FG Hamburg, Beschluss vom 30.01.2012 - 4 V 4/12, juris; Sächsisches FG, Beschluss vom 25.02.2013 - 8 V 1384/12, juris; Seer in Tipke/Kruse, § 364 AO Rz 11, m.w.N.; Klein/Rätke, a.a.O., § 364 Rz 4).
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aa) Nach § 364 AO sind den Beteiligten die Unterlagen der Besteuerung auf Antrag oder, wenn die Begründung des Einspruchs dazu Anlass gibt, von Amts wegen offenzulegen. Zu den Unterlagen der Besteuerung gehören alle entscheidungserheblichen Tatsachen- und Berechnungsgrundlagen, auch Bewertungs- und Schätzungsgrundlagen, Wertgutachten, Auskünfte, Amtshilfe- und Kontrollmitteilungen (Werth in Gosch, AO § 364 Rz 8). Im Einspruchsverfahren gegen einen Haftungsbescheid sind dem Haftungsschuldner die Gründe für seine Inanspruchnahme offenzulegen (BFH-Beschluss vom 16.10.2000 - V B 70/00, BFH/NV 2001, 419). Die Offenlegung muss so vollständig, schlüssig und verständlich sein, dass eine Überprüfung des angefochtenen Verwaltungsakts möglich ist (Koenig/Cöster, Abgabenordnung, 4. Aufl., § 364 Rz 8). Nicht offenzulegen sind jedoch Unterlagen, die dem Beteiligten bereits vorliegen (Seer in Tipke/Kruse, § 364 AO Rz 4).
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bb) Unter Anwendung dieser Grundsätze liegt kein Verstoß gegen § 364 AO vor.
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Im Streitfall war es ausreichend, auf das dem Antragsteller bzw. seinem Verfahrensbevollmächtigten vorliegende landgerichtliche Urteil zu verweisen. Aus diesem Urteil haben sich die Gründe für die Inanspruchnahme des Antragstellers hinreichend ergeben. Auf die Einzelheiten hat das HZA nochmals im AdV-Ablehnungsbescheid vom 11.06.2020 hingewiesen, wobei es konkret auf die Seitenzahlen im Urteil Bezug genommen hat.
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Soweit der Antragsteller rügt, er habe keinen Zugriff auf die Beweismittel gehabt, sei auf § 267 Abs. 1 der Strafprozessordnung verwiesen. Danach müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Daraus folgt, dass das Tatgericht in den Urteilsgründen im Rahmen der Beweiswürdigung die für den Schuld- und Rechtsfolgenausspruch wesentlichen Umstände in aller Regel zu belegen hat (Beschluss des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 02.11.2016 - 3 StR 356/16, juris). Deshalb sind in dem Urteil umfangreich die Beweismittel aufgeführt, auf welche das LG die Verurteilung stützt.
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Soweit der Antragsteller Unterlagen zum Auswahlermessen verlangt, sind solche nicht erforderlich, weil bei einer vorsätzlichen Steuerhinterziehung eine Haftungsinanspruchnahme nach den §§ 191, 71 AO auch ohne nähere Darlegung der Ermessenserwägungen im Haftungsbescheid oder in der Einspruchsentscheidung als ermessensgerecht nach § 102 FGO anzusehen ist (vgl. Senatsbeschluss vom 27.03.2006 - VII B 117/05, BFH/NV 2006, 1254).
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Soweit der Antragsteller Auskunft über die Primärschuld begehrt, hat das HZA im AdV-Ablehnungsbescheid vom 11.06.2020 (S. 9) die entsprechenden Besteuerungsgrundlagen mitgeteilt. Nachdem über das Vermögen der GmbH im Jahr 2017 das Insolvenzverfahren eröffnet worden war, sind die vom Antragsteller aufgeführten Pfändungsmaßnahmen (z.B. im Schriftsatz vom 12.01.2021) wegen § 87 der Insolvenzordnung hinfällig. Aus diesem Grunde erübrigen sich weitere Auskünfte des HZA zu diesen Maßnahmen. Dass das HZA die Steuerforderung gegen die GmbH zur Insolvenztabelle angemeldet hat, wurde dem Antragsteller mitgeteilt.
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Weitergehende Unterlagen waren nicht erforderlich, wie das FG zutreffend festgestellt hat.
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b) Dass dem Antragsteller das Strafurteil nicht in tschechischer Sprache zur Verfügung gestellt wurde, verletzt nicht seinen Anspruch aus § 364 AO.
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Diesbezüglich hat das FG zutreffend darauf verwiesen, dass das Strafurteil dem Verfahrensbevollmächtigten vorliegt und der Antragsteller die Möglichkeit hat, für eine Übersetzung zu sorgen (vgl. Birkenfeld in HHSp, § 364 AO Rz 36; Senatsbeschluss vom 21.05.1997 - VII S 37/96, BFH/NV 1997, 634; BFH-Beschluss vom 17.03.2010 - X B 114/09, BFH/NV 2010, 1239). Die speziell für das Strafverfahren geltenden Bestimmungen, zu denen sowohl Art. 6 Abs. 3 lit. a) der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) als auch Art. 3 RL 2010/64/EU gehören, sind für das Besteuerungsverfahren nicht einschlägig (vgl. Ziff. 12 der Erwägungsgründe). Der Verweis des Antragstellers auf das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union --EuGH-- vom 12.10.2017 - C-278/16 (EU:C:2017:757, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 2018, 142) geht fehl. Das Urteil betrifft die Auslegung der RL 2010/64/EU und damit wiederum nur das Recht auf Übersetzungen im Strafverfahren. In diesem Fall ging es um die Frage, ob der Begriff "Urteil" i.S. des § 37 Abs. 3 der Strafprozessordnung bei einer Auslegung im Licht des Art. 3 der RL 2010/64/EU auch Strafbefehle einschließen müsse, mit der Folge, dass in diesem Fall eine vollständige Übersetzung beizufügen sei. Vorliegend geht es jedoch nicht um ein Strafverfahren gegen den Antragsteller. Zudem besteht das Recht auf Dolmetschleistungen und Übersetzungen nur bis zum Abschluss des Verfahrens, worunter die endgültige Klärung der Frage zu verstehen ist, ob eine Straftat begangen worden ist, gegebenenfalls einschließlich der Festlegung des Strafmaßes und der abschließenden Entscheidung in einem Rechtsmittelverfahren (vgl. EuGH-Urteil, EU:C:2017:757, NJW 2018, 142, Rz 26). Im Streitfall ist das Strafverfahren nach der Entscheidung des BGH endgültig abgeschlossen gewesen.
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4. Auch im Übrigen bestehen keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Haftungsbescheids.
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a) Soweit der Antragsteller einen Verstoß gegen die formellen Anforderungen in § 119 Abs. 3 Satz 2 AO rügt, weil er einen Einzelauftrag des Behördenleiters an die den Haftungsbescheid unterzeichnende Mitarbeiterin bestreitet, fehlen für den behaupteten Verfahrensmangel jegliche Anhaltspunkte.
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Durch die Unterschrift oder Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten soll erkennbar werden, dass der Verwaltungsakt willentlich erlassen wurde und durch wen (Koenig/Fritsch, a.a.O., § 119 Rz 35). Diesen Anforderungen entspricht der Haftungsbescheid.
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b) Die weiteren Einwendungen des Antragstellers gegen das Urteil des LG greifen nicht durch.
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aa) Nach der Rechtsprechung des BFH kann sich das FG die tatsächlichen Feststellungen, Beweiswürdigungen und rechtlichen Beurteilungen des Strafverfahrens zu eigen machen, wenn nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO) diese Feststellungen zutreffend sind. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Tatsachen, auf die es ankommt, bereits im Strafverfahren rechtskräftig festgestellt worden sind und keine substantiierten Einwendungen dagegen erhoben werden (Senatsurteil vom 23.04.2014 - VII R 41/12, BFHE 245, 493, BStBl II 2015, 117, Rz 7).
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bb) Das FG hat zutreffend ausgeführt, dass solche substantiierten Einwendungen des Antragstellers nicht vorliegen. Hierzu äußert sich der Antragsteller im Beschwerdeverfahren nicht mehr.
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5. Die Vollziehung hat für den Antragsteller auch keine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge (§ 69 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO).
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a) Nach der Rechtsprechung des BFH ist eine Vollstreckung unbillig, wenn sie insgesamt oder wenn einzelne Vollstreckungsmaßnahmen dem Vollstreckungsschuldner einen unangemessenen Nachteil bringen, der durch kurzfristiges Zuwarten oder eine andere Vollstreckungsmaßnahme vermieden werden kann. Die Härten, die mit jeder Vollstreckung verbunden sind, sind dabei nicht gemeint (Senatsbeschluss vom 30.07.2020 - VII B 73/20 (AdV), BFHE 270, 60, BStBl II 2021, 127, Rz 92).
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b) Hierzu hat der Antragsteller weder vorgetragen noch sind Gründe anderweitig ersichtlich.
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6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.
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