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BFH 28.08.2019 - II R 7/17
BFH 28.08.2019 - II R 7/17 - Beginn des Laufs von Hinterziehungszinsen bei einer durch Unterlassen der Anzeige begangenen Hinterziehung von Schenkungsteuer
Normen
§ 235 Abs 1 S 1 AO, § 235 Abs 2 S 1 Halbs 1 AO, § 370 Abs 1 Nr 2 AO, § 370 Abs 4 S 1 Halbs 1 AO, § 30 Abs 1 ErbStG 1997, § 31 Abs 1 ErbStG 1997, § 31 Abs 7 ErbStG 1997, § 96 Abs 1 S 1 Halbs 1 FGO, Art 3 Abs 1 GG
Vorinstanz
vorgehend FG Münster, 24. November 2016, Az: 3 K 1627/15 Erb, Urteil
Leitsatz
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1. Bei einer durch Unterlassen der Anzeige begangenen Hinterziehung von Schenkungsteuer beginnt der Lauf der Hinterziehungszinsen zu dem Zeitpunkt, zu dem das FA bei ordnungsgemäßer Anzeige und Abgabe der Steuererklärung die Steuer festgesetzt hätte .
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2. Der Zeitpunkt für den Beginn des Zinslaufs kann unter Berücksichtigung der beim zuständigen FA durchschnittlich erforderlichen Zeit für die Bearbeitung eingegangener Schenkungsteuererklärungen bestimmt werden .
Tenor
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Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Finanzgerichts Münster vom 24.11.2016 - 3 K 1627/15 Erb aufgehoben.
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Die Klage wird abgewiesen.
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Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
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Die Kosten des Finanzgerichtsverfahrens tragen die Klägerin zu 80 % und der Beklagte zu 20 %.
Tatbestand
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I.
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Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) reichte zusammen mit ihrem Ehemann am 25.03.2010 eine Selbstanzeige beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) ein. Darin erklärte sie die schenkweise Übertragung zweier Konten bei Schweizer Banken auf sich und ihren Ehemann nach, die ihre Mutter zum Stichtag 17.04.2007 bzw. 19.12.2007 auf die Ehegatten umgeschrieben hatte. Zudem erklärte sie die ebenfalls schenkweise Übertragung eines schweizerischen Grundstücks von ihrer Mutter auf sich am 17.07.2008 nach. Am 11.04.2013 erließ das FA gegenüber der Klägerin für die Schenkungen vom 19.12.2007 (unter Berücksichtigung der Vorschenkung vom 17.04.2007) und vom 17.07.2008 (unter Berücksichtigung der Vorschenkungen vom 17.04.2007 und 19.12.2007) zwei Schenkungsteuerbescheide.
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Mit Bescheiden vom 14.11.2013 für die Schenkung vom 17.07.2008 und vom 20.01.2014 für die Schenkung vom 19.12.2007 setzte das FA Hinterziehungszinsen gemäß § 235 der Abgabenordnung (AO) wegen hinterzogener Schenkungsteuer fest. Den Zinslauf berechnete es für die Schenkung vom 19.12.2007 ab dem 19.06.2008 und für die Schenkung vom 17.07.2008 ab dem 18.01.2009.
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Nach erfolglosen Einspruchsverfahren, die die Klägerin wegen des nach ihrer Ansicht zu frühen Beginns des Zinslaufs führte, erhob sie Klage vor dem Finanzgericht (FG). Im finanzgerichtlichen Verfahren ermittelte das FA anhand eines internen Controllingberichts eine Bearbeitungsdauer von Schenkungsteuerfestsetzungen beim FA im Jahr 2008 von durchschnittlich 7,1 Monaten. Es änderte daraufhin mit Bescheiden vom 18.05.2016 den Beginn des Zinslaufs auf elf Monate nach dem jeweiligen Stichtag der Schenkung (Zinslaufbeginn für die Schenkung vom 19.12.2007 am 20.11.2008 und für die Schenkung vom 17.07.2008 am 18.06.2009). Dabei ging es von einer Anzeigefrist nach § 30 Abs. 1 des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) von drei Monaten sowie einer auf acht Monate aufgerundeten Bearbeitungszeit aus.
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Das FG kam zu dem Ergebnis, dass der Zinslauf einen weiteren Monat später beginne. Im Übrigen sei die Klage unbegründet. Da anders als bei Veranlagungssteuern für die Schenkungsteuer mangels eines kontinuierlichen abschnittsbezogenen Veranlagungsverfahrens kein allgemeiner Veranlagungsschluss festgestellt werden könne, sei zur Anzeigefrist von drei Monaten und der Frist zur Abgabe der Steuererklärung gemäß § 31 Abs. 1 Satz 2 ErbStG von mindestens einem Monat die durchschnittliche Bearbeitungsdauer des Finanzamts, das die Festsetzung der Schenkungsteuer durchzuführen habe, für die Berechnung des Zinslaufbeginns hinzu zu addieren. Ab diesem Zeitpunkt sei die Verkürzung oder Erlangung des Steuervorteils nach § 235 Abs. 2 Satz 1 AO eingetreten. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2017, 628 veröffentlicht.
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Das FA hat am 24.01.2017 geänderte Zinsbescheide erlassen, mit denen es das Urteil des FG umgesetzt hat (Zinslaufbeginn für die Schenkung vom 19.12.2007 am 20.12.2008 und für die Schenkung vom 17.07.2008 am 18.07.2009). Ferner hat es mit Zinsbescheiden vom 23.08.2019 einen Vorläufigkeitsvermerk hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit der Höhe des Zinssatzes von 0,5 % pro Monat hinzugefügt.
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Mit ihrer Revision rügt die Klägerin eine Verletzung von § 235 Abs. 2 Satz 1 AO. Diese Norm stelle wie § 370 Abs. 1 AO auf den Eintritt der Steuerverkürzung als Vollendung der Tat ab. Beim Unterlassungsdelikt müsse dabei auf einen fiktiven Moment abgestellt werden. Die Frage der Tatvollendung (Eintritt der Steuerverkürzung) sei anlassbezogen zu beantworten.
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Es führe zu einer Ungleichbehandlung zwischen der aktiven Tat und der Unterlassungstat, beim Zinsbeginn einer durch Unterlassen begangenen Schenkungsteuerhinterziehung auf die durchschnittliche Festsetzungsdauer statt auf die tatsächliche Bearbeitungsdauer abzustellen. Denn hätte die Klägerin --anders als im Streitfall-- eine fehlerhafte Steuererklärung abgegeben und hätte das FA die Schenkungsteuerfestsetzung erst nach mehr als drei Jahren durchgeführt, wäre der Taterfolg erst mit Bekanntgabe der Steuerfestsetzung eingetreten und wären erst ab diesem Zeitpunkt Hinterziehungszinsen angefallen. Ebenso liege eine nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung in Bezug auf die Unterscheidung des Zinslaufs für Hinterziehungszinsen bei laufend veranlagten Steuern und nur einmal festzusetzenden Steuern vor. Während bei ersteren fast unstreitig auf den Abschluss der wesentlichen Veranlagungsarbeiten abgestellt werde, solle es im Rahmen der anlassbezogenen Steuern für die Vollendung auf die durchschnittliche Festsetzungsdauer ankommen. Aus den Controllingdaten der Finanzverwaltung könne zwar ermittelt werden, in welcher Zeit etwa 95 % der Schenkungsteuerfälle abgearbeitet würden. Die pauschale Berücksichtigung einer durchschnittlichen Bearbeitungsdauer bei einer Tatbegehung durch Unterlassen sei aber keine sachgerechte Pauschalierung, da bei einem Einmalereignis wie der Schenkungsteuer mit der konkreten Bearbeitungsdauer ein transparenter Vergleichsmaßstab zur Verfügung stehe.
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Zudem sei die Festlegung der durchschnittlichen Bearbeitungsdauer für den Zinsbeginn auch rechtssystematisch nicht haltbar. § 235 AO setze eine vollendete Steuerhinterziehung voraus. Die Feststellungslast dafür trage das FA. Der Grundsatz in dubio pro reo sei zu beachten.
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Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und den Bescheid vom 23.08.2019 über die Festsetzung von Hinterziehungszinsen für die Schenkung vom 19.12.2007 dahin zu ändern, dass als Beginn des Zinslaufs der 05.04.2011 berücksichtigt wird, sowie den Bescheid vom 23.08.2019 über die Festsetzung von Hinterziehungszinsen für die Schenkung vom 17.07.2008 dahin zu ändern, dass als Beginn des Zinslaufs der 03.11.2011 berücksichtigt wird.
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Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
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Ein Rückgriff auf die tatsächliche Bearbeitungszeit sei nicht vertretbar. Die Klägerin habe die aufgrund des Strafverfahrens außergewöhnlich lange Bearbeitungsdauer der Veranlagungsarbeiten selbst beeinflusst. Bei pünktlicher und korrekter Erklärungsabgabe wäre die Durchlaufzeit --ohne Strafverfahren-- mit großer Wahrscheinlichkeit sehr viel kürzer ausgefallen und hätte der durchschnittlichen Bearbeitungszeit entsprochen.
Entscheidungsgründe
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II.
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Das Urteil des FG war aus verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben, weil sich während des Revisionsverfahrens der Verfahrensgegenstand, über dessen Rechtmäßigkeit das FG zu entscheiden hatte, geändert hat (§ 127 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). An die Stelle der Zinsbescheide vom 18.05.2016, über die das FG entschieden hat, sind während des Revisionsverfahrens zuletzt die Bescheide vom 23.08.2019 getreten. Diese sind nach § 121 Satz 1 i.V.m. § 68 Satz 1 FGO Gegenstand des Verfahrens geworden. Das angefochtene Urteil ist daher gegenstandslos und aufzuheben (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 14.11.2018 - II R 34/15, BFHE 263, 273, BStBl II 2019, 674, Rz 12, m.w.N.).
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Einer Zurückverweisung der Sache an das FG nach § 127 FGO bedarf es jedoch nicht, da sich aufgrund der Änderungsbescheide an den zwischen den Beteiligten streitigen Punkten im Übrigen nichts geändert hat (vgl. BFH-Urteil in BFHE 263, 273, BStBl II 2019, 674, Rz 13). Im Streitfall führen die Änderungsbescheide lediglich zu einer Reduzierung des Streitstoffs. Die vom FG getroffenen tatsächlichen Feststellungen bilden nach wie vor die Grundlage für die Entscheidung des BFH; sie fallen durch die Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils nicht weg, da das finanzgerichtliche Urteil nicht an einem Verfahrensmangel leidet (vgl. BFH-Urteil vom 26.06.2019 - II R 58/15, BFH/NV 2019, 1222, Rz 11, m.w.N.).
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III.
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Die Sache ist spruchreif. Die Klage ist unbegründet und war daher abzuweisen. Die Bescheide über die Festsetzung von Hinterziehungszinsen vom 23.08.2019 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Das FA und das FG sind zutreffend davon ausgegangen, dass der Zinslauf jedenfalls nicht später als am 20.12.2008 hinsichtlich der Schenkung vom 19.12.2007 und nicht später als am 18.07.2009 hinsichtlich der Schenkung vom 17.07.2008 begonnen hat.
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1. Gemäß § 235 Abs. 1 Satz 1 AO sind hinterzogene Steuern zu verzinsen. § 235 AO soll dem Nutznießer einer Steuerhinterziehung den durch die Tat erlangten Vorteil, dass er die gesetzlich entstandene Steuer erst zu einem späteren Zeitpunkt zahlen muss, wieder entziehen und die Gleichmäßigkeit der Besteuerung sicherstellen (vgl. BFH-Urteil vom 01.08.2001 - II R 48/00, BFH/NV 2002, 155, unter II.3.).
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§ 235 AO ist auch bei einer steuerbefreienden Selbstanzeige anwendbar. Denn die wirksame Selbstanzeige beseitigt als persönlicher Strafaufhebungsgrund nur die Straf- und damit Verfolgbarkeit der Tat (vgl. BFH-Urteil vom 29.04.2008 - VIII R 5/06, BFHE 222, 1, BStBl II 2008, 844, unter II.2. b bb (2); Loose in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 235 AO Rz 5).
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a) Voraussetzung des Zinsanspruchs ist eine vollendete Steuerhinterziehung. Der objektive und der subjektive Tatbestand des § 370 AO müssen erfüllt sein. Der Steuerschuldner muss eine der in § 370 Abs. 1 AO beschriebenen Tathandlungen mit Vorsatz begangen und dadurch Steuern verkürzt haben (BFH-Urteil vom 12.07.2016 - II R 42/14, BFHE 254, 105, BStBl II 2016, 868, Rz 12). Eine Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO begeht, wer die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt und dadurch Steuern verkürzt. Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden (§ 370 Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 1 AO).
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Über die tatsächlichen Voraussetzungen einer Steuerhinterziehung hat das FG nach Maßgabe des § 96 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 FGO nach freier Überzeugung zu entscheiden. Die Feststellungslast trägt das FA, da es sich um steuerbegründende Tatsachen handelt. Der BFH ist nach den Grundsätzen des § 118 Abs. 2 FGO an die tatsächlichen Feststellungen gebunden (vgl. im Einzelnen BFH-Urteil in BFHE 254, 105, BStBl II 2016, 868, Rz 13 bis 16, m.w.N.).
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b) Der Lauf der Hinterziehungszinsen beginnt grundsätzlich u.a. mit dem Eintritt der Verkürzung (§ 235 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 AO), also mit der Tatvollendung.
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aa) Ergeht bei einer Steuerhinterziehung durch Unterlassen (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO) kein Steuerbescheid, ist die Tat nach herrschender Meinung bei kontinuierlich abschnittsweise zu veranlagenden Steuern wie der Einkommensteuer erst vollendet und mithin die Steuer verkürzt, wenn das zuständige Finanzamt die Veranlagungsarbeiten für den betreffenden Zeitraum im Wesentlichen abgeschlossen hat. Entscheidend ist dabei der Zeitpunkt, zu dem bei ordnungsgemäßer Abgabe der Steuererklärung auch der unterlassende Täter spätestens veranlagt worden wäre (vgl. Beschlüsse des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 28.10.1998 - 5 StR 500/98, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 1999, 669, m.w.N.; vom 13.05.2009 - 1 StR 704/08, juris, und vom 02.11.2010 - 1 StR 544/09, Neue Zeitschrift für Strafrecht 2011, 294, Rz 77; BFH-Urteil vom 12.04.2016 - VIII R 24/13, BFH/NV 2016, 1537, Rz 27; Rolletschke, Steuerstrafrecht, 4. Aufl., Rz 138; Meyer in Gosch, AO § 370 Rz 189; Ransiek in Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 370 AO, Rz 413, jeweils m.w.N.; differenzierend die --in erster Linie den Zeitpunkt der Beendigung der Tat betreffenden-- BGH-Beschlüsse vom 07.11.2001 - 5 StR 395/01, BGHSt 47, 138, BStBl II 2002, 259, unter II.1.a aa, und vom 19.01.2011 - 1 StR 640/10, Zeitschrift für Wirtschafts- und Steuerstrafrecht --wistra-- 2012, 484, Rz 8, 9).
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bb) Im Falle einer Steuer, deren Festsetzung nicht kontinuierlich abschnittsbezogen nach Veranlagungszeiträumen, sondern anlassbezogen wie bei der Schenkungsteuer erfolgt, kann nicht festgestellt werden, wann im Wesentlichen die Bearbeitung der Steuererklärungen und –festsetzungen abgeschlossen ist (vgl. BGH-Beschlüsse vom 25.07.2011 - 1 StR 631/10, BGHSt 56, 298, Rz 41, und vom 08.07.2014 - 1 StR 240/14, HFR 2015, 408, Rz 3; Rolletschke, Steuerstrafrecht, 4. Aufl., Rz 157; Wiese in Wannemacher, Steuerstrafrecht, 6. Aufl., S. 214 Rz 519; Simon in Simon/Wagner, Steuerstrafrecht, 4. Aufl., S. 457; Ebner, Verfolgungsverjährung im Steuerstrafrecht, S. 241; Rolletschke in Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 2. Aufl., 900 AO, § 370 Rz 487 und § 376, Rz 48; Klein/Jäger, AO, 14. Aufl., § 376 Rz 23a; Krumm in Tipke/ Kruse, a.a.O., § 370 AO Rz 96; Weigell in Kuhn/Weigell/Görlich, Steuerstrafrecht, 3. Aufl., S. 67, Rz 218; Esskandari/Bick, Erbschaft-Steuerberater 2012, 108, 112; Einemann, Zeitschrift für Erbrecht und Vermögensnachfolge --ZEV-- 2017, 316, 319).
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Zwar ermöglicht die umfangreiche Datenerfassung der Finanzverwaltung die Feststellung, wann Erklärungen für derartige Steuern, die z.B. in einem konkreten Jahr eingegangen sind, weitgehend bearbeitet wurden. Dies entspricht aber nicht dem allgemeinen Veranlagungsschluss bei periodischen Steuern. Denn abschnittsbezogene Steuern entstehen in der Regel mit Ablauf des Veranlagungszeitraums (z.B. § 36 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes) und haben zudem eine weitgehend einheitliche Abgabefrist, durch die auf den Abschluss der Veranlagungsarbeiten für einen Veranlagungszeitraum hingewirkt wird. Bei der Schenkungsteuer ist hingegen gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG ein konkreter Moment, der Zeitpunkt der Ausführung der Schenkung, für die Entstehung der Steuer maßgeblich, mit der Folge, dass die Schenkungsteuer je nach Fallgestaltung zu unterschiedlichen Zeitpunkten entsteht. Insoweit gibt es keinen allgemeinen Veranlagungsschluss wie bei periodisch festzusetzenden Steuern (vgl. Rolletschke, Neue Zeitschrift für Wirtschafts-, Steuer- und Unternehmensstrafrecht --NZWiSt-- 2018, 37 f.).
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cc) Für den Eintritt der Steuerverkürzung ist bei der Schenkungsteuer als stichtagsbezogener Steuer der Zeitpunkt maßgebend, zu dem das FA bei ordnungsgemäßer Anzeige und Abgabe der Steuererklärung die Steuer festgesetzt hätte (vgl. BGH-Beschlüsse in HFR 2015, 408, Rz 3, und vom 14.10.2015 - 1 StR 521/14, wistra 2016, 74, Rz 21, jeweils zur Tabaksteuer; Rolletschke, Steuerstrafrecht, 4. Aufl., Rz 157; Rolletschke in Graf/ Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 2. Aufl., 900 AO, § 370 Rz 487 f.; Rolletschke, NZWiSt 2018, 37, 38; Hilgers-Klautsch in Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 370 AO, Rz 1523, anders aber Rz 1518; Krumm in Tipke/Kruse, a.a.O., § 370 AO Rz 96; Einemann, ZEV 2017, 316, 319). Wann dies der Fall ist, ist eine von den Umständen des Einzelfalls abhängige Tatfrage. Dabei kann der Zeitpunkt für den Beginn des Zinslaufs unter Berücksichtigung der beim zuständigen FA durchschnittlich erforderlichen Zeit für die Bearbeitung eingegangener Schenkungsteuererklärungen bestimmt werden.
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(1) Entgegen der Ansicht der Klägerin ist bei einer Steuerhinterziehung durch Unterlassen nicht auf die tatsächliche Dauer der Festsetzung der hinterzogenen Schenkungsteuer abzustellen, insbesondere wenn diese durch steuerstrafrechtliche Untersuchungen oder andere hinterziehungsbedingte Umstände beeinflusst ist.
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So kann aufgrund der Ermittlungsmaßnahmen oder der Überprüfung der Selbstanzeige eine Veranlagung zunächst zurückzustellen sein. Dementsprechend hieß es auch im Streitfall auf einer Mitteilung des Finanzamts für Steuerstrafsachen an das FA über die Einleitung eines Strafverfahrens gegen die Klägerin handschriftlich "auf Bericht warten"; die Wörter "ggfs. bevorzugte Bearbeitung" waren durchgestrichen. Dass die Veranlagung bei rechtzeitiger Anzeige und Erklärung ebenso lange gedauert hätte wie im Fall einer verspäteten Anzeige, ist Spekulation und nicht anhand von Tatsachen überprüfbar.
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(2) Anders als von der Klägerin und teilweise der Literatur (Joecks in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 8. Aufl., § 370, Rz 337, krit. hingegen in § 376, Rz 44 f.; Gehm, Kompendium Steuerstrafrecht, 3. Aufl., S. 210 f. zur Beendigung; Hilgers-Klautsch in Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 370 AO, Rz 1518; nur mit Ausführungen zu kontinuierlich veranlagten Steuern Wiese in Wannemacher, Steuerstrafrecht, 6. Aufl., S. 212 ff., Rz 516 ff.) ausgeführt wird, kann auch nicht nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" auf den spätesten Zeitpunkt für den Zinsbeginn abgestellt werden.
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Dieser Grundsatz setzt Zweifel des Tatrichters über tatsächliche Gegebenheiten voraus (vgl. BGH-Beschluss in BGHSt 47, 138, BStBl II 2002, 259, unter II.1.b bb; ebenso Klein/ Jäger, AO, 14. Aufl., § 370 Rz 201; Rolletschke, NZWiSt 2018, 37, 38; Ebner, Verfolgungsverjährung im Steuerstrafrecht, S. 241). Die Unsicherheit hinsichtlich des Zeitpunkts der Vollendung der durch Unterlassen begangenen Tat betrifft aber nicht den tatsächlichen, sondern einen fiktiven Geschehensablauf. Die Festsetzung von Hinterziehungszinsen setzt zwar eine vollendete Steuerhinterziehung voraus, und dies verlangt die Erfüllung der einzelnen Tatbestandsmerkmale. Der Taterfolg bei Begehung einer Hinterziehung von Schenkungsteuer durch Unterlassen der Anzeige lässt sich aber nicht an einen konkreten Umstand, der auf die Tatvollendung hindeutet, anknüpfen. Somit muss die Tatvollendung anhand der im Einzelfall gegebenen Tatsachen beurteilt werden. Bestehen hinsichtlich dieser Tatsachen keine Zweifel, ist für die Anwendung des Grundsatzes "im Zweifel für den Angeklagten" kein Raum. Zu Annahmen, für deren Vorliegen es an hinreichenden Anhaltspunkten fehlt, besteht kein Anlass (vgl. BGH-Beschluss in wistra 2012, 484, Rz 9, m.w.N.). Maßgebend für den Beginn des Zinslaufs ist danach der Zeitpunkt, zu dem nach Überzeugung des Tatsachengerichts bei ordnungsgemäßer Anzeige und Abgabe der Steuererklärung die Schenkungsteuer gegen den unterlassenden Täter festgesetzt worden wäre.
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(3) Der BGH selbst hat bei der Frage, wann die Hinterziehung von Schenkungsteuer beendet ist, auf den Zeitpunkt der frühestmöglichen Bekanntgabe des Schenkungsteuerbescheids abgestellt und kam so auf eine Frist von vier Monaten nach der Schenkung. Er führte zur Bearbeitungsdauer bei den Finanzbehörden aus, sie sei bei dieser fiktiven Steuerfestsetzung mit einem Monat anzusetzen, denn das Finanzamt könne gemäß § 31 Abs. 1 und Abs. 7 ErbStG die Abgabe einer Steuererklärung binnen eines Monats verlangen, in welcher der Steuerpflichtige die Steuer selbst zu berechnen habe (BGH-Beschluss in BGHSt 56, 298, Rz 41; ähnlich Simon in Simon/Wagner, Steuerstrafrecht, 4. Aufl., S. 457; krit. Krumm in Tipke/Kruse, a.a.O., § 370 AO Rz 96; Ebner, Verfolgungsverjährung im Steuerstrafrecht, S. 245).
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(4) Soweit die Klägerin auf die Rechtsprechung zur aktiven Tatbegehung verweist, nach der eine vollendete Hinterziehung von Einkommensteuer erst vorliegt, wenn der unzutreffende Bescheid dem Steuerpflichtigen bekannt gegeben wird (BFH-Urteil in BFHE 222, 1, BStBl II 2008, 844, m.w.N.), führt dies zu keiner anderen Bewertung. Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes liegt nicht vor. Denn die Sachverhalte beider Begehungsarten sind nicht vergleichbar. Durch die Bekanntgabe des Steuerbescheids aufgrund einer rechtzeitigen, aber unrichtigen Erklärung ist feststellbar, wann die nicht erklärten Tatsachen bei der Steuerfestsetzung berücksichtigt worden wären. Bei einer Tat durch Nichtabgabe irgendeiner Anzeige bzw. Erklärung fehlt dieser Anhaltspunkt.
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c) Wer für eine verspätete Festsetzung von Steuern verantwortlich ist, ist unerheblich (vgl. BFH-Urteil vom 31.07.1996 - XI R 82/95, BFHE 180, 533, BStBl II 1996, 354, unter II.2.e). Denn § 235 AO soll den steuerlichen Vorteil beim Nutznießer der Steuerhinterziehung abschöpfen. Hinterziehungszinsen stellen keine Strafe dar (vgl. BFH-Beschluss vom 30.10.2001 - X B 147/01, BFH/NV 2002, 505, unter 4.a, 4. Spiegelstrich, m.w.N. zu § 233a AO).
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2. Nach diesen Maßstäben hat das FA im Anschluss an die Entscheidung des FG den Beginn des Zinslaufs bei beiden Schenkungen jedenfalls nicht auf ein zu frühes Datum festgelegt.
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a) Die Feststellungen, die das FG zur Annahme des objektiven und subjektiven Hinterziehungstatbestandes veranlasst haben, sind ausreichend und von der Klägerin nicht angegriffen worden. Nach Überzeugung des FG bewirkte die Klägerin, dass die geschuldete Schenkungsteuer (zunächst) nicht festgesetzt und dadurch verkürzt wurde, indem sie es entgegen § 30 Abs. 1 ErbStG pflichtwidrig unterließ, die im Jahr 2007 und 2008 erhaltenen Schenkungen dem zuständigen Finanzamt anzuzeigen, und dieses in Folge des Unterlassens keine Steuererklärungen nach § 31 Abs. 1 Satz 1 ErbStG anforderte.
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b) Ferner ist das FG rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gekommen, dass der Zinslauf jedenfalls nicht später als zwölf Monate nach der jeweiligen Schenkung begonnen hat.
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aa) Für seine Berechnung hat das FG die Anzeigefrist beim FA gemäß § 30 Abs. 1 ErbStG von drei Monaten, eine --nach § 31 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 7 ErbStG mindestens vom FA zu gewährende-- Erklärungsfrist von einem Monat sowie die durchschnittliche Bearbeitungsdauer beim beklagten FA herangezogen. Gegen die der Vorentscheidung zugrunde gelegte durchschnittliche Bearbeitungsdauer beim FA hat die Klägerin keine Einwände erhoben. Das FG konnte auf dieser Grundlage seine Entscheidung treffen.
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bb) Besondere Umstände des Einzelfalls, die dafür sprächen, dass auch bei ordnungsgemäßer Anzeige und Erklärung der Schenkungen die Festsetzungen der Schenkungsteuer nicht innerhalb der durchschnittlichen Bearbeitungsdauer durchgeführt worden wären, hat die Klägerin nicht vorgebracht. Vielmehr trug sie im Einspruchsverfahren vor, die Schenkungen und deren steuerliche Behandlung wiesen keine erhöhten tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten auf. Das FA verwies auf die Selbstanzeige, bei der eine Festsetzung in der Regel im Rahmen der Durchschnittszeiten erfolge. Die Klägerin habe die aufgrund des Strafverfahrens außergewöhnlich lange Bearbeitungsdauer der Veranlagungsarbeiten selbst beeinflusst.
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cc) Das FG ist auf dieser Grundlage zu der Überzeugung gelangt, dass das FA die Schenkungsteuer bei ordnungsgemäßer Anzeige innerhalb der durchschnittlichen Bearbeitungsdauer festgesetzt hätte. Zugleich hat es festgestellt, dass die Bearbeitungsdauer bei aufgerundet acht Monaten gelegen hat. Dies ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Nach Hinzurechnung der Fristen des § 30 Abs. 1 ErbStG sowie des § 31 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Abs. 7 ErbStG hat es damit seiner Entscheidung jedenfalls keine zu frühen Zeitpunkte für den Zinslauf zugrunde gelegt. Soweit der BGH weitergehend für den Zeitpunkt der Beendigung bei nicht angezeigter Schenkung auf die frühestmögliche Bekanntgabe abgestellt hat (BGH-Beschluss in BGHSt 56, 298) kommt es hierauf im Streitfall aufgrund des Verböserungsverbots nach §§ 96 Abs. 1 Satz 2, 121 Satz 1 FGO (vgl. BFH-Urteil vom 03.04.2019 - VI R 15/17, BFHE 264, 24, BStBl II 2019, 446, Rz 25, m.w.N.) nicht mehr an.
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3. Die Kostenentscheidung folgt für das finanzgerichtliche Verfahren aus § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO und für das Revisionsverfahren aus § 135 Abs. 2 FGO (vgl. BFH-Urteile vom 15.03.2017 - II R 10/15, BFH/NV 2017, 1153, Rz 24, und in BFHE 264, 24, BStBl II 2019, 446, Rz 26).
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