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BFH 06.06.2019 - V R 51/17
BFH 06.06.2019 - V R 51/17 - Fortgesetzte Tätigkeit in der Insolvenz
Normen
§ 174 Abs 5 S 2 AO, § 35 Abs 2 S 1 InsO, § 55 Abs 1 Nr 1 InsO, § 60 Abs 3 FGO, § 2 Abs 1 UStG 2005, UStG VZ 2012
Vorinstanz
vorgehend FG Köln, 11. Oktober 2017, Az: 9 K 3566/14, Urteil
Leitsatz
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Ist bei einer Tätigkeit ohne Wissen und Billigung des Insolvenzverwalters unklar, ob es sich umsatzsteuerrechtlich um eine solche des Insolvenzschuldners handelt, entsteht keine Masseverbindlichkeit .
Tenor
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1. Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Finanzgerichts Köln vom 11.10.2017 - 9 K 3566/14 wird als unbegründet zurückgewiesen.
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2. Der Antrag, Herrn E zum Verfahren beizuladen, wird abgelehnt.
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3. Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Tatbestand
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I.
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Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist Insolvenzverwalter in dem im Juli 2012 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen des früheren Steuerberaters E, der seitdem rechtskräftig mit einem Berufsverbot belegt war. Für seine frühere Kanzlei wurde Steuerberater P im Oktober 2012 als Vertreter und später als Praxisabwickler bestellt.
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Im Rahmen einer bei der E-KG (KG) durchgeführten Umsatzsteuer-Sonderprüfung kam das Finanzamt B zu dem Ergebnis, dass die KG keinen Geschäftsbetrieb entfaltet habe und steuerpflichtige Umsätze dem E als Einzelunternehmer, nicht aber der KG, zuzurechnen seien. Hiervon abweichend war das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung D der Auffassung, dass diese Umsätze nicht dem E, sondern der KG zuzuordnen seien, weil diese im Außenverhältnis gegenüber den Mandanten als Vertragspartner aufgetreten sei.
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Da weder der Kläger als Insolvenzverwalter noch der Kanzleivertreter des Insolvenzschuldners im Streitjahr Umsätze ausführten, gab der Kläger keine Umsatzsteuererklärung 2012 ab. Eine Freigabe von Vermögen i.S. des § 35 Abs. 2 der Insolvenzordnung (InsO) erklärte der Kläger gegenüber dem Insolvenzschuldner nicht.
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Entsprechend der Rechtsauffassung der Umsatzsteuer-Sonderprüfung des Finanzamts B ging der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) davon aus, dass nicht die KG, sondern der Insolvenzschuldner E die streitigen Umsätze ausgeführt habe. Auf der Grundlage der für die KG eingereichten Umsatzsteuervoranmeldungen schätzte das FA die Umsatzsteuer 2012 mit Bescheid vom 15.10.2014 auf 6.330,41 € und ging vom Vorliegen einer Masseverbindlichkeit aus.
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Nach erfolglosem Einspruchsverfahren gab das Finanzgericht (FG) der Klage statt. Nach dem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2018, 149 veröffentlichten Urteil habe das FA zu Unrecht eine Masseverbindlichkeit gegen den Kläger festgesetzt. Aus § 35 Abs. 1 InsO folge nicht, dass ein Umsatzsteueranspruch des FA gegen die KG oder gegen E eine Masseverbindlichkeit darstelle. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) liege eine Masseverbindlichkeit nach § 55 InsO bei einem Unterlassen des Insolvenzverwalters nur vor, wenn er eine Amtspflicht zum Tätigwerden verletzt habe. Dabei könne es dahinstehen, ob die Umsätze der KG oder aber dem Insolvenzschuldner E persönlich zuzurechnen seien. Sollten die Umsätze entsprechend der Rechtsauffassung der Steuerfahndung der KG zuzurechnen sein, wäre diese Gesellschaft Steuersubjekt der Umsatzsteuer, so dass ein Bescheid gegen den Kläger als Insolvenzverwalter über das Vermögen des E rechtswidrig wäre. Lägen Leistungen des E vor, begründeten diese keine Masseverbindlichkeit. Der Insolvenzschuldner habe eine selbständige Tätigkeit ohne Wissen und Billigung durch den Insolvenzverwalter ausgeübt, wobei die Erträge nicht zur Masse gelangt seien. Es sei nicht feststellbar, dass der Kläger die selbständige Tätigkeit des E geduldet habe. Mit seinen Aufklärungsmaßnahmen habe der Kläger den Sachverhalt feststellen wollen. Es lägen keine Maßnahmen vor, mit denen der Kläger Erträge aus einer selbständigen Tätigkeit zur Masse gezogen oder dies pflichtwidrig unterlassen habe. Der Kläger habe aufgrund des Verschweigens durch E keine Möglichkeit gehabt, einen Massezuwachs zu erlangen. Gegenteiliges folge auch nicht aus § 35 Abs. 2 InsO. Hierdurch erweitere sich der Umfang der Masseverbindlichkeiten nach § 55 InsO nicht in der Weise, dass Verbindlichkeiten im Zusammenhang mit einer selbständigen Tätigkeit des Insolvenzschuldners automatisch und in jedem Falle zu Masseverbindlichkeiten werden, wenn der Insolvenzverwalter die in § 35 Abs. 2 InsO vorgesehene Erklärung nicht abgibt. In diesem Fall bleibe es bei der bereits früher bestehenden Rechtslage, nach der es zu einer Masseverbindlichkeit nur bei einer positiven Kenntnis des Insolvenzverwalters komme. Diese sei nicht feststellbar. Die vom FA vorgebrachten Tatsachen rechtfertigten keine nach § 96 der Finanzgerichtsordnung (FGO) für eine Klageabweisung ausreichende Überzeugung, dass dem Kläger eine selbständige Tätigkeit des E als Einzelunternehmer bekannt war. Selbst dem FA, das anders als der Kläger auf die Erkenntnisse zweier Prüfungsdienste zurückgreifen konnte, sei es nicht gelungen, herauszufinden, wer als leistender Unternehmer hinsichtlich der streitigen Umsätze anzusehen sei. Dem Kläger allein wegen seiner im Ergebnis nicht zielführenden Aufklärungsmaßnahmen eine positive Kenntnis hiervon zu unterstellen, entbehre jeglicher Grundlage. Daher führe das Unterbleiben einer Erklärung nach § 35 Abs. 2 Satz 1 InsO, die mangels Kenntnis auch nicht abgegeben werden konnte, entgegen der Auffassung des FA auch nicht zu einem pflichtwidrigen Unterlassen, mit der Folge, dass allein aus diesem Grunde losgelöst von den Voraussetzungen des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO das Vorliegen einer Masseverbindlichkeit zu bejahen sei. Auf dieser Grundlage komme es auf eine weitere Beweiserhebung und Beiladungen nicht an.
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Hiergegen wendet sich das FA mit der Revision. Aufgrund einer unterbliebenen Freigabe nach § 35 Abs. 2 InsO seien Masseverbindlichkeiten gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO entstanden, wie sich aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) ergebe. Der Insolvenzverwalter habe eine ausreichende Kenntnis von der Tätigkeit des Insolvenzschuldners gehabt. Insoweit habe das FG auch zu Unrecht Zeugenvernehmungen unterlassen. Insolvenzakten hätten beigezogen werden müssen. Auf den Zeitpunkt der Kenntniserlangung durch den Insolvenzverwalter komme es nicht an. Eine Freigabeerklärung wäre nicht unzulässig gewesen. Im Übrigen lägen auch massebezogene Verwaltungsmaßnahmen vor. Auf die Praxisabwicklung komme es nicht an. Masseverbindlichkeiten würden auch bei fehlendem Massezufluss begründet. Insolvenzschuldner und Praxisabwickler hätten nach § 174 Abs. 5 Satz 2 der Abgabenordnung (AO) beigeladen werden müssen. Der Kläger hätte eventuell auch später Gelder aus der Tätigkeit zur Masse ziehen können.
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Das FA beantragt,
das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen, hilfsweise Herrn E zum Verfahren beizuladen.
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Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
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Die KG habe die Umsätze ausgeführt. E sei ohne Wissen und ohne Billigung des Insolvenzverwalters tätig geworden. Eine Pflicht zum Tätigwerden habe für ihn nicht bestanden. Neuerwerb begründe nur dann eine Masseverbindlichkeit, wenn er zur Masse gelange. Alle Aufklärungsversuche hätten keine Klarheit gebracht. E sei im Rahmen einer Duldungsvollmacht für die KG tätig geworden. Er habe kein Geld zur Masse gezogen.
Entscheidungsgründe
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II.
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Die Revision des FA ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Das FG hat zutreffend entschieden, dass keine Masseverbindlichkeit vorliegt. Ist bei einer Tätigkeit ohne Wissen und Billigung des Insolvenzverwalters unklar, ob es sich umsatzsteuerrechtlich um eine solche des Insolvenzschuldners handelt, entsteht keine Masseverbindlichkeit. Der erkennende Senat kann dabei wie das FG offenlassen, ob umsatzsteuerrechtlich Leistungen der KG oder Leistungen des E vorliegen. Denn für die der KG zuzurechnenden Leistungen kann kein Steuerbescheid zu Lasten der Insolvenzmasse des E ergehen, während bei durch E erbrachten Leistungen die Voraussetzungen für eine Steuerfestsetzung als Masseverbindlichkeit nicht vorliegen. Auch die Voraussetzungen für eine Beiladung liegen nicht vor.
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1. Masseverbindlichkeiten sind nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO die Verbindlichkeiten, die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet werden, ohne zu den Kosten des Insolvenzverfahrens zu gehören.
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Verbindlichkeiten werden nach der Rechtsprechung des BFH ohne Handlung des Insolvenzverwalters "in anderer Weise" begründet, wenn eine Amtspflicht zum Tätigwerden besteht (BFH-Urteil vom 18.05.2010 - X R 11/09, BFH/NV 2010, 2114). Wird daher eine zu steuerpflichtigen Einkünften führende Tätigkeit ohne Wissen und Zutun des Insolvenzverwalters ausgeübt und gelangen die Erträge nicht zur Masse, entsteht der Steueranspruch nicht als Masseverbindlichkeit (BFH-Urteil in BFH/NV 2010, 2114). Dem schließt sich der erkennende Senat für den Bereich der Umsatzsteuer an.
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Danach hat das FG zu Recht entschieden, dass im Streitfall keine Masseverbindlichkeit "in anderer Weise" nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO begründet wird, wenn der Schuldner eine Tätigkeit ohne Wissen und Billigung durch den Insolvenzverwalter ausübt und die Entgelte nicht zur Masse gelangten.
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2. Abweichendes ergibt sich entgegen der Auffassung des FA nicht aus § 35 Abs. 2 Satz 1 InsO.
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a) Übt der Schuldner eine selbständige Tätigkeit aus oder beabsichtigt er, demnächst eine solche Tätigkeit auszuüben, hat der Insolvenzverwalter nach § 35 Abs. 2 Satz 1 InsO ihm gegenüber zu erklären, ob Vermögen aus der selbständigen Tätigkeit zur Insolvenzmasse gehört und ob Ansprüche aus dieser Tätigkeit im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden können.
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b) Hält der Insolvenzverwalter eine selbständige Tätigkeit des Schuldners für ertragreich, wird er sich für die Zugehörigkeit des hieraus erlangten Vermögens zur Masse entscheiden und erklären, dass Ansprüche gegen den Schuldner aus selbständiger Tätigkeit im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden können. Da der Verwalter mit einer (Positiv-)Erklärung zugleich einer Haftung zustimmt, stellen die im Rahmen der Erwerbstätigkeit des Schuldners neu begründeten Verbindlichkeiten Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO dar. Entscheidet sich der Verwalter gegen eine Massezugehörigkeit des Vermögenserwerbs aus freiberuflicher oder gewerblicher Tätigkeit des Insolvenzschuldners, verzichtet er hinsichtlich des sog. Neuerwerbs endgültig auf seine Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis. Durch seine ausdrückliche Freigabeerklärung verhindert der Verwalter, dass weitere mit der selbständigen Tätigkeit des Schuldners verbundene Belastungen für die Masse entstehen. Falls der Insolvenzverwalter entgegen seiner Erklärungspflicht keine ausdrückliche Wahl trifft, die selbständige Tätigkeit des Schuldners aber wissentlich duldet, kann sein pflichtwidriges Unterlassen ebenfalls zu Ansprüchen gegen die Masse führen. Zur Abgabe der Erklärung nach § 35 Abs. 2 Satz 1 InsO ist der Verwalter allerdings verpflichtet, sobald er von der selbständigen Tätigkeit des Schuldners Kenntnis erlangt. Solange dieser allerdings ohne Wissen und Billigung des Verwalters Geschäfte tätigt, werden lediglich Neuverbindlichkeiten des Schuldners, nicht aber Masseverbindlichkeiten begründet (MünchKommInsO/Hefermehl, Aufl. 2013, § 55 InsO Rz 111 ff.). Ein pflichtwidriges Unterlassen des Insolvenzverwalters setzt somit Kenntnis oder zumindest Erkennbarkeit voraus. Es entsteht daher keine Masseverbindlichkeit bei Unkenntnis des Insolvenzverwalters vom Handeln des Schuldners (Büteröwe, in K. Schmidt, InsO, 19. Aufl. 2016, § 35 Rz 51).
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c) Nach diesen Maßstäben sind durch eine selbständige Tätigkeit begründete Steuerforderungen nicht von vornherein bis zur Freigabeerklärung durch den Insolvenzverwalter nach § 35 Abs. 2 Satz 1 InsO Masseverbindlichkeiten. Gleichfalls entgegen der Auffassung des FA steht eine unterbliebene Erklärung des Insolvenzverwalters auch nicht einer "konkludenten Positiverklärung" gleich.
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Stattdessen scheitert die Annahme einer Masseverbindlichkeit nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO unter Berücksichtigung der Wertungen des § 35 Abs. 2 InsO im Streitfall daran, dass der Kläger als Insolvenzverwalter trotz seiner Aufklärungsmaßnahmen keine Kenntnis von umsatzsteuerrechtlich durch E erbrachte Leistungen hatte, so dass für ihn keine Pflicht bestand, eine Erklärung nach § 35 Abs. 2 InsO abzugeben. Der Kläger hat weder gewusst noch gebilligt, dass E umsatzsteuerrechtlich ihm zuzurechnende Leistungen erbracht hat. Eine derartige Leistungstätigkeit hat er auch nicht wissentlich geduldet. Die Kenntnis von einer Tätigkeit, die der KG oder E zuzurechnen sein könnte, reicht nach Maßgabe der im Streitfall bestehenden Besonderheiten nicht aus. Das bloße Wissen von der gesellschaftsrechtlichen Beteiligung des E an der KG im Zusammenhang mit dem Berufsverbotsverfahren genügt nicht für die Annahme einer Kenntnis von einer dem E umsatzsteuerrechtlich zuzurechnenden Leistungstätigkeit.
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Auch aus dem vom FA zitierten BGH-Urteil vom 09.02.2012 - IX ZR 75/11 (BGHZ 192, 322) ergibt sich nichts Gegenteiliges, da sich der BGH dort zur Frage von Masseverbindlichkeiten nicht äußert.
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3. Auch die weiteren Einwendungen des FA greifen nicht durch.
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Soweit das FA vorträgt, dass für den Kläger ausreichende Anhaltspunkte für eine eigene umsatzsteuerpflichtige Tätigkeit des Insolvenzschuldners vorgelegen hätten, wendet es sich gegen die für den erkennenden Senat bindenden tatsächlichen Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO).
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Ein Verstoß gegen das Gesamtergebnis des Verfahrens nach § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO liegt nicht vor. Denn aus den vom FA in Bezug genommenen Aktenteilen ergibt sich nichts zu der entscheidenden Frage, ob der Insolvenzschuldner persönlich oder die KG umsatzsteuerrechtlich die Leistungen, für die das FA eine Masseverbindlichkeit geltend macht, erbracht hat und welche Vorstellung der Kläger hiervon haben musste.
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Aus diesem Grund liegt auch keine entgegen § 76 FGO unterlassene Zeugenvernehmung vor, da die Zeugen nach den Beweisangeboten des FA nichts zur umsatzsteuerrechtlichen Zurechnung der Leistungen zum Insolvenzschuldner oder zur KG beitragen konnten. Dementsprechend waren auch nicht die Insolvenzakten beizuziehen.
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Das FA übersieht bei seinem Vortrag, mit dem es sich insbesondere auf die einkommensteuerrechtliche Zurechnung bezieht, dass diese für die Zurechnung von Umsätzen zum leistenden Unternehmer im Umsatzsteuerrecht, die sich nach dem der Leistung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis richtet (BFH-Urteil vom 22.11.2018 - V R 65/17, BFHE 263, 90, Rz 19 f.), ohne Bedeutung ist. Es ist daher unerheblich, dass der Insolvenzschuldner E für Mandanten tätig geworden ist, solange nicht festgestellt werden kann, ob er diese Tätigkeit auf der Grundlage der zu den Mandanten bestehenden Rechtsverhältnisse im eigenen Namen oder im Namen der KG ausgeübt hat. Von danach dem Insolvenzschuldner E umsatzsteuerrechtlich zuzurechnenden Umsätzen hatte der Kläger auf der Grundlage der verfahrensfrei zustande gekommenen Feststellungen des FG keine Kenntnis. Im Hinblick auf die unterschiedliche Würdigung durch die Finanzbehörden müsste er hiervon auch keine Kenntnis haben. Unschädlich ist dabei, dass er insoweit erfolglos versucht hat, Mittel zur Masse zu ziehen. Den Überlegungen des FA zum Vorliegen einer rückwirkenden Genehmigung durch den Kläger fehlt daher jegliche Grundlage.
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4. Der Insolvenzschuldner E war weder nach § 60 Abs. 3 FGO noch auf der Grundlage von § 174 Abs. 5 Satz 2 AO zum Verfahren beizuladen. Denn im Streitfall kann die vom Insolvenzschuldner E ausgeübte Tätigkeit, die nicht zur Begründung von Masseverbindlichkeiten geführt hat (s. oben II.1. und 2.), umsatzsteuerrechtlich entweder diesem oder aber der KG zuzurechnen sein, wie das FG hierzu bereits zutreffend entschieden hat. Im Streitfall ist hierüber aber nicht zu entscheiden, da unabhängig von dieser Zurechnung jedenfalls die Voraussetzungen für eine durch Steuerbescheid festzusetzende Masseverbindlichkeit nicht vorliegen (s. oben II.1. und 2.). Daher hätte nicht einmal eine Beiladung des E und der KG dazu geführt, dass gegenüber auch nur einer dieser Personen steuerliche Folgerungen hätten gezogen werden können (vgl. hierzu Loose in Tipke/ Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 174 AO Rz 55b). Dementsprechend fehlt es auch an einer Entscheidung, die im hier vorliegenden Verfahren gegenüber Dritten i.S. von § 60 Abs. 3 FGO nur einheitlich ergehen kann. Dabei hat der Senat nicht zu entscheiden, ob der Insolvenzschuldner in einem vom Insolvenzverwalter geführten Klageverfahren überhaupt Dritter sein kann.
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5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.
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