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BFH 04.06.2019 - VII R 16/18
BFH 04.06.2019 - VII R 16/18 - (Keine Beschränkung der Erbenhaftung nach § 2059 Abs. 1 BGB für Erbschaftsteuerschulden)
Normen
§ 3 Abs 1 Nr 1 ErbStG 1997, § 20 Abs 1 ErbStG 1997, § 20 Abs 3 ErbStG 1997, § 219 AO, § 1922 BGB, § 2059 Abs 1 S 2 BGB, § 5 AO
Vorinstanz
vorgehend FG Düsseldorf, 21. Februar 2018, Az: 4 K 1144/17 AO, Urteil
Leitsatz
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1. Die vom Erben als Gesamtrechtsnachfolger aufgrund Erbanfalls nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG i.V.m. § 1922 BGB geschuldete Erbschaftsteuer ist eine Nachlassverbindlichkeit (Fortführung des BFH-Urteils vom 20.01.2016 - II R 34/14, BFHE 252, 389, BStBl II 2016, 482).
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2. Eine Beschränkung der Erbenhaftung für Erbschaftsteuerverbindlichkeiten ist nach § 2059 Abs. 1 Satz 2 BGB ausgeschlossen.
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3. Bei der Inanspruchnahme des Nachlasses nach § 20 Abs. 3 ErbStG besteht ein (Entschließungs-)Ermessen, so dass grundsätzlich keine Verpflichtung zur vorrangigen Inanspruchnahme besteht.
Tenor
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Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 21.02.2018 - 4 K 1144/17 AO wird als unbegründet zurückgewiesen.
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Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Tatbestand
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I.
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Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist die Tochter der im Jahr 2015 verstorbenen Erblasserin. Die Erblasserin wurde von der Klägerin und deren Bruder zu einem Anteil von jeweils 1/2 beerbt.
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Zum Nachlass der Erblasserin gehörten neben Grundbesitz Geschäftsanteile an der C-GmbH. Darüber hinaus verfügte sie über Konten bei der D-Bank AG mit einem Guthaben von etwa 7 Mio. €, bei der F-Bank AG mit einem Guthaben von etwa 79.000 € und bei der E-Bank AG mit einem Guthaben von insgesamt etwa 4 Mio. € sowie über Wertpapiere mit einem Kurswert von etwa 6 Mio. €.
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Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) setzte gegen die Klägerin mit Bescheid vom 29.07.2016 Erbschaftsteuer in Höhe von … € fest. Nachdem die Klägerin gegen diesen Bescheid Einspruch eingelegt und die Aussetzung der Vollziehung beantragt hatte, setzte das FA die Vollziehung des angefochtenen Steuerbescheids in Höhe von … € aus, so dass noch 5.559.381 € zu entrichten waren.
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Die Klägerin beantragte, wegen dieser Erbschaftsteuer die Forderungen aus dem auf den Namen der Erblasserin bei der D-Bank AG geführten Konto zu pfänden. Ihr Bruder lehne eine Auseinandersetzung des Nachlasses oder von Teilen des Nachlasses ab. Sie selbst sei nicht in der Lage, die zu entrichtende Erbschaftsteuer aus eigenen Mitteln zu zahlen. Sie sei zwar auch Gesellschafterin der C-GmbH in Höhe von 1/3 des Stammkapitals. Nach dem Gesellschaftsvertrag habe ein Gesellschafter jedoch aus der Gesellschaft auszuscheiden, wenn sein Geschäftsanteil gepfändet werde und die Pfändung länger als zwei Monate andauere. Darüber hinaus sei sie in Höhe von 4,167 % des Grundkapitals Aktionärin der G-AG. Auch insoweit bestünden umfangreiche Verfügungsbeschränkungen. Sie sei Eigentümerin von drei Eigentumswohnungen sowie eines mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks mit angrenzendem Baugrundstück, welches in Höhe von etwa 800.000 € belastet sei. Ferner sei sie Eigentümerin eines u.a. an eine gemeinnützige Gesellschaft vermieteten Grundstücks, wobei diese derzeit den Mietzins nicht zahlen könne. Das Grundstück mit einem Wert von etwa 10 Mio. € sei in Höhe von etwa 8 Mio. € belastet. Sie unterhalte bei der D-Bank AG ein Konto mit einem Guthaben von derzeit 150.000 €, bei der H-Bank AG ein Konto mit einem Guthaben von 3.000 €, bei der L-Bank AG ein Konto mit einem Wert von weniger als 10.000 € sowie ein Depot mit Aktien im Wert von etwa 1,7 Mio. €. Darüber hinaus unterhalte sie bei der M-Bank AG, der Sparkasse N-Stadt und der O-Bank AG Konten ohne nennenswerte Bestände. Gegenüber ihrem Bruder habe sie aufgrund einer Teilungsanordnung in dem gemeinschaftlichen Testament ihrer Eltern noch einen Ausgleichsanspruch in Höhe von ca. 15 Mio. €, worüber seit Jahrzehnten ein Rechtsstreit anhängig sei.
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Das FA pfändete mit vier Verfügungen vom 15.12.2016 die Forderungen der Klägerin aus ihren Geschäftsbeziehungen mit der D-Bank AG, der H-Bank AG, der M-Bank AG sowie der Sparkasse N-Stadt und ordnete die Einziehung der gepfändeten Forderungen an. Die Drittschuldner zahlten aufgrund der Verfügungen an das FA im Januar 2017 insgesamt 133.510,31 €.
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Am 23.03.2017 erließ das FA gegenüber der Klägerin und ihrem Bruder zwei auf § 191 der Abgabenordnung (AO), § 20 Abs. 3 des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG) gestützte Haftungsbescheide, mit denen es beide zur Entrichtung der von der Klägerin noch geschuldeten Erbschaftsteuer in Höhe von 5.193.516,45 € zuzüglich Säumniszuschläge aus dem Nachlass aufforderte. Daraufhin wurden insgesamt 5.661.305,73 € an das FA gezahlt, woraufhin dieses mit Bescheiden vom 27.04.2017 die streitgegenständlichen Pfändungs- und Einziehungsverfügungen aufhob.
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Der Einspruch der Klägerin gegen die Pfändungs- und Einziehungsverfügungen war erfolglos. Die Verfügungen seien nach pflichtgemäßem Ermessen ergangen. Die Vollstreckungsmaßnahmen hätten erwarten lassen, dass sie unter angemessener Berücksichtigung der Belange der Klägerin am schnellsten und sichersten zum Erfolg geführt hätten. Nach § 219 Satz 1 AO habe nicht vorrangig der Nachlass gemäß § 20 Abs. 3 ErbStG in Anspruch genommen werden müssen. Die Klägerin habe eingeräumt, vermögend zu sein, auch wenn ihr Vermögen nicht kurzfristig verfügbar sei. Eine Vollstreckung in ihr Privatvermögen sei deshalb nicht offensichtlich aussichtslos gewesen. Angesichts der Höhe des Steueranspruchs sei es zudem geboten gewesen, zeitnah mehrere Vollstreckungsmaßnahmen zu ergreifen, um eine Gefährdung des Steueranspruchs auszuschließen. Die Pfändungen seien auch nicht unbillig, weil sie für die Klägerin nur solche Nachteile mit sich gebracht hätten, die üblicherweise mit einer Vollstreckung verbunden seien. Grobe Nachteile könnten durch Schuldnerschutzvorschriften der Zivilprozessordnung (ZPO) abgemildert werden.
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Mit ihrer --erfolglosen-- Klage begehrte die Klägerin die Feststellung, dass die Pfändungs- und Einziehungsverfügungen rechtswidrig gewesen seien, weil das FA vorrangig den Nachlass im Wege der Haftung nach § 20 Abs. 3 ErbStG hätte in Anspruch nehmen müssen. Zwar bejahte das Finanzgericht (FG) die Zulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage wegen Wiederholungsgefahr im Hinblick auf die ausgesetzten Steuerbeträge. Jedoch verneinte es eine Verpflichtung des FA, zunächst von der Möglichkeit einer haftungsrechtlichen Inanspruchnahme nach § 20 Abs. 3 ErbStG Gebrauch zu machen. Eine Vollstreckung könne im Einzelfall unverhältnismäßig sein, wenn sie den Betroffenen übermäßig belastet, mithin für ihn unzumutbar sei. Einen solchen Nachweis habe die Klägerin nicht erbracht.
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Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Revision. Das FA habe die von § 20 Abs. 3 ErbStG gezogenen Ermessensgrenzen überschritten. Die Vollstreckung in ihr Vermögen sei unverhältnismäßig. Die Erbschaftsteuerschuld sei eine Nachlassverbindlichkeit (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 20.01.2016 - II R 34/14, BFHE 252, 389, BStBl II 2016, 482). Nach § 2059 Abs. 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) könne die Klägerin die Tilgung ihrer Erbschaftsteuerschuld aus ihrem sonstigen Vermögen bis zur Teilung des Nachlasses verweigern. § 20 Abs. 3 ErbStG enthalte keine zusätzliche Sicherungsmaßnahme zugunsten der Finanzverwaltung, sondern wiederhole die in § 2058 und § 2059 BGB enthaltene Regelung.
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Die Klägerin beantragt, das erstinstanzliche Urteil aufzuheben und festzustellen, dass die vier Pfändungs- und Einziehungsverfügungen vom 15.12.2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27.03.2017 rechtswidrig waren.
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Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
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§ 2058 und § 2059 BGB erfassten nur gemeinschaftliche Nachlassverbindlichkeiten. Ungeachtet der umstrittenen Einordnung der Erbschaftsteuerschuld als Nachlassverbindlichkeit handele es sich jedenfalls nicht um eine gemeinschaftliche Nachlassverbindlichkeit. Ein persönliches Leistungsverweigerungsrecht nach § 2059 Abs. 1 Satz 1 BGB nähme der Regelung in § 20 Abs. 3 ErbStG die Funktion als zusätzliche Sicherungsmaßnahme zugunsten der Finanzverwaltung. Denn anderenfalls könne das FA nur auf den ungeteilten Nachlass zugreifen, was augenscheinlich nicht gewollt sei.
Entscheidungsgründe
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II.
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Die Revision ist zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die Vorentscheidung entspricht Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 Satz 1 FGO).
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Das FG hat zutreffend einen Ermessensfehler des FA bei Erlass der vier Pfändungs- und Einziehungsverfügungen verneint.
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1. Nach § 249 Abs. 1 Satz 1 AO können die Finanzbehörden Verwaltungsakte, mit denen eine Geldleistung gefordert wird, im Verwaltungsweg vollstrecken.
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Über die Art der Vollstreckungsmaßnahme entscheidet die Vollstreckungsbehörde nach pflichtgemäßem Ermessen (§ 5 AO). Diese Ermessensentscheidung ist gemäß § 102 FGO gerichtlich nur eingeschränkt dahingehend zu überprüfen, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten worden sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist. Mit anderen Worten hat das Gericht nur zu prüfen, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens nicht beachtet wurden oder das Ermessen fehlerhaft ausgeübt wurde (vgl. Senatsurteil vom 26.03.1991 - VII R 15/89, BFHE 164, 215, BStBl II 1991, 552; BFH-Urteil vom 28.06.2000 - X R 24/95, BFHE 192, 32, BStBl II 2000, 514). Eine fehlerfreie Ermessensausübung setzt voraus, dass das FA seine Ermessensentscheidung aufgrund einer einwandfreien und erschöpfenden Ermittlung des entscheidungserheblichen Sachverhalts getroffen (vgl. Senatsurteil vom 30.10.1990 - VII R 106/87, BFH/NV 1991, 509) und alle für die Ermessensausübung nach dem Zweck der Ermächtigungsnorm wesentlichen Gesichtspunkte tatsächlicher und rechtlicher Art spätestens zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung berücksichtigt hat (vgl. BFH-Urteil vom 23.05.1985 - V R 124/79, BFHE 143, 512, BStBl II 1985, 489). Die für die Entscheidungsfindung maßgebenden Erwägungen müssen dem Betroffenen grundsätzlich bis zur letzten Verwaltungsentscheidung in überprüfbarer Form mitgeteilt worden sein (vgl. BFH-Urteil in BFHE 192, 32, BStBl II 2000, 514). Das FA kann jedoch seine Ermessenserwägungen bis zum Abschluss der Tatsacheninstanz eines finanzgerichtlichen Verfahrens ergänzen (§ 102 Satz 2 FGO). Unzulässig ist allerdings eine erstmalige Ermessensausübung oder eine komplette Ersetzung der Ermessenserwägungen (vgl. BFH-Beschluss vom 02.06.2004 - IV B 56/02, BFH/NV 2004, 1536).
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Die Vollstreckungsbehörde hat bei Erlass von Vollstreckungsmaßnahmen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten (vgl. u.a. Senatsurteil vom 24.09.1991 - VII R 34/90, BFHE 165, 477, BStBl II 1992, 57, und Senatsbeschluss vom 11.12.1990 - VII B 94/90, BFH/NV 1991, 787). Zu dessen Wahrung muss eine Vollstreckungsmaßnahme zur Erreichung des angestrebten Ziels geeignet --insbesondere nicht von vornherein aussichtslos (Senatsurteil vom 18.07.2000 - VII R 94/98, BFH/NV 2001, 141, unter 3.)-- und erforderlich sowie dem Betroffenen zumutbar sein; außerdem darf die Maßnahme den Betroffenen nicht übermäßig belasten (Senatsurteil vom 14.06.1988 - VII R 143/84, BFHE 153, 277, BStBl II 1988, 684). Eine solche Belastung liegt grundsätzlich schon dann nicht vor, wenn eine Maßnahme dem Betroffenen zumutbar ist (vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 19.10.1982 - 1 BvL 34/80, 1 BvL 55/80, BVerfGE 61, 126, 134, unter B.I.1.b).
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2. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat das FG zutreffend einen Ermessensfehler des FA verneint.
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a) Das FA hat nicht die Grenzen des Ermessens überschritten, die sich nach Ansicht der Klägerin aus § 20 Abs. 3 ErbStG ergeben sollen. Insbesondere ergibt sich aus § 20 Abs. 3 ErbStG keine Beschränkung der Vollstreckung auf den Nachlass.
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Nach § 20 Abs. 3 ErbStG haftet der Nachlass bis zur Auseinandersetzung (§ 2042 BGB) für die Steuer der am Erbfall Beteiligten. Die Vorschrift enthält damit eine Sicherungsmaßnahme zugunsten der Finanzbehörde (BFH-Urteil in BFHE 252, 389, BStBl II 2016, 482, Rz 18). Letztlich geht es darum, dass die Erben bis zur vollständigen Erbauseinandersetzung eine Vollstreckung in den Nachlass wegen Ansprüchen aus dem Erbschaftsteuerschuldverhältnis eines Erben dulden müssen (Meincke, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Kommentar, 17. Aufl., § 20 Rz 19).
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Allerdings enthält § 20 Abs. 3 ErbStG keine Vorgabe an die Finanzbehörde, primär in den ungeteilten Nachlass vollstrecken zu müssen. Der Vorschrift lässt sich keine Reihenfolge der Vollstreckung und auch keine Verpflichtung des FA entnehmen, umfangreiche Ermittlungen zum Bestand des Nachlasses und zum eigenen Vermögen des Erben anzustellen. Das ergibt sich insbesondere aus dem allgemeinen Verständnis von Steuerschuldner und Haftungsschuldner und dem Grundsatz der Subsidiarität, den § 219 Satz 1 AO zum Ausdruck bringt (vgl. Senatsbeschluss vom 16.03.1995 - VII S 39/92, BFH/NV 1995, 950, und Senatsurteil vom 23.09.2009 - VII R 43/08, BFHE 226, 391, BStBl II 2010, 215, m.w.N.).
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Nach dem auch für die Haftungsschuld gemäß § 20 Abs. 3 ErbStG geltenden § 219 Satz 1 AO darf ein Haftungsschuldner auf Zahlung nur in Anspruch genommen werden, soweit die Vollstreckung in das bewegliche Vermögen des Steuerschuldners ohne Erfolg geblieben oder anzunehmen ist, dass die Vollstreckung aussichtslos sein würde. Für die subsidiäre Inanspruchnahme des Haftungsschuldners ist ausreichend, dass die Finanzbehörde zu der Annahme gelangt, dass eine Vollstreckung ohne Erfolg sein wird. Eine an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit der Erfolglosigkeit von Vollstreckungsversuchen braucht nicht vorzuliegen (Jatzke in Gosch, AO § 219 Rz 10). Ebenso wenig bedarf es des Nachweises der Aussichtslosigkeit der Vollstreckung, evtl. durch erfolglose Vollstreckungsversuche (Senatsbeschluss vom 24.04.2008 - VII B 262/07, BFH/NV 2008, 1448).
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Eine Inanspruchnahme des Steuerschuldners ist grundsätzlich auch dann ermessensfehlerfrei, wenn neben diesem ein Haftungsschuldner für die Steuerschuld einzustehen hat (Senatsbeschluss vom 08.07.2004 - VII B 257/03, BFH/NV 2004, 1513). Bei der Inanspruchnahme des Haftungsschuldners besteht ein (Entschließungs-)Ermessen, eine Verpflichtung zur Inanspruchnahme besteht grundsätzlich nicht (Jatzke in Gosch, AO § 191 Rz 17, mit Verweis auf die ausdrückliche Ausnahme in § 13c Abs. 2 Satz 2 des Umsatzsteuergesetzes). Die Klägerin hat kein subjektives Recht auf ermessensfehlerfreie Auswahlentscheidung darüber, ob nicht statt ihrer der Nachlass als Haftungsschuldner in Anspruch zu nehmen ist (vgl. Senatsbeschluss in BFH/NV 2004, 1513).
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b) Aus der Haftungsbeschränkung nach § 2059 Abs. 1 BGB kann die Klägerin keine Beschränkung der Vollstreckung zu ihren Gunsten herleiten, weil diese Einrede auf die Erbschaftsteuerschuld nicht anwendbar ist.
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aa) Nach § 2059 Abs. 1 Satz 1 BGB kann jeder Miterbe bis zur Teilung des Nachlasses die Berichtigung der Nachlassverbindlichkeiten aus dem Vermögen, das er außer seinem Anteil am Nachlass hat, verweigern.
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Zu den Nachlassverbindlichkeiten gehören nach § 1967 Abs. 2 BGB die vom Erblasser herrührenden Schulden und die den Erben als solchen treffenden Verbindlichkeiten. Zu den ersteren zählen u.a. die im Wege der Gesamtrechtsnachfolge (§ 45 Abs. 1 AO, § 1922 BGB) auf den Erben übergegangenen Steuer- und Haftungsschulden des Erblassers (Erblasserschulden), während die zweite Gruppe die aus Anlass des Erbfalls entstandenen Schulden (Erbfallschulden) betrifft, zu denen --neben den im Gesetz genannten Verbindlichkeiten aus Pflichtteilsrechten, Vermächtnissen und Auflagen-- auch die Erbschaftsteuer (§ 9 Abs. 1, § 20 ErbStG) zu rechnen ist (Senatsurteile vom 28.04.1992 - VII R 33/91, BFHE 168, 206, BStBl II 1992, 781, unter 3.b; vom 11.08.1998 - VII R 118/95, BFHE 186, 328, BStBl II 1998, 705, unter II.A.3.b; BFH-Urteil in BFHE 252, 389, BStBl II 2016, 482, Rz 11).
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bb) § 2059 BGB gilt nicht nur für gemeinschaftliche Nachlassverbindlichkeiten, sondern auch für sogenannte Erbteilverbindlichkeiten, die keine gemeinschaftlichen Verbindlichkeiten sind, weil nur einzelne Miterben beschwert sind (MünchKommBGB/Ann, 7. Aufl., § 2058 Rz 11; Staudinger/Marotzke, BGB § 2058 Rz 32 und Rz 35). Schuldner der Erbschaftsteuer ist nach § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 20 Abs. 1 ErbStG nur der jeweilige Erwerber (Gebel in Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG, § 20 Rz 50; Jochum in Wilms/Jochum, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, § 20 Rz 79), weshalb es sich um eine solche Erbteilverbindlichkeit handelt.
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cc) Allerdings ergibt sich aus dem Rechtsgedanken des § 2059 Abs. 1 Satz 2 BGB, dass diese Einrede dem Erben im Hinblick auf seine persönliche Erbschaftsteuerschuld nicht zusteht. Nach § 2059 Abs. 1 Satz 2 BGB steht dem Erben die Einrede in Ansehung des seinem Erbteil entsprechenden Teils der Verbindlichkeit nicht zu, wenn er für eine Nachlassverbindlichkeit unbeschränkt haftet. Das ist vorliegend gegeben, weil die Klägerin als Erbin allein und unbeschränkt die Erbschaftsteuer schuldet (§ 20 Abs. 1 ErbStG).
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c) Das FA hat schließlich nicht gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verstoßen.
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Unter Anwendung der oben dargestellten Grundsätze waren die Pfändungs- und Einziehungsverfügungen als Vollstreckungsmaßnahmen geeignet, weil die Klägerin nach den Erkenntnissen des FA über Forderungen gegen Drittschuldner (Banken) verfügte und die Maßnahme deshalb nicht aussichtslos war. Die Maßnahmen waren auch erforderlich, um die ausstehenden Erbschaftsteuerschulden --wenn auch nicht in vollem Umfang-- zu tilgen. Ein milderes Mittel ist nicht erkennbar. Insbesondere kann das FA nicht darauf verwiesen werden, zuerst gegen den Nachlass als Haftungsschuldner vollstrecken zu müssen (siehe oben). Schließlich war die Vollstreckung der Klägerin zumutbar. Zwar führt die Pfändung eines Kontoguthabens bei einem Kreditinstitut (§ 309 Abs. 3 Satz 1 AO, § 833a ZPO) faktisch zu einer Kontosperrung. Dieser besonderen Situation hat der Gesetzgeber jedoch durch die Schaffung eines Pfändungsschutzkontos Rechnung getragen, das auf Antrag des Schuldners nach § 850k ZPO eingerichtet werden kann (Senatsurteil vom 16.05.2017 - VII R 5/16, BFHE 258, 105, BStBl II 2018, 735, Rz 11). Im Übrigen erweisen sich die Vollstreckungsmaßnahmen im Streitfall nicht deshalb als unverhältnismäßig, weil sie nur zu einer verhältnismäßig geringen Begleichung der hohen Steuerschulden geführt haben. Bei einer beigetriebenen Summe von insgesamt 133.510,31 € kann nicht von einem Bagatellbetrag ausgegangen werden, der Vollstreckungsmaßnahmen unbillig erscheinen ließe.
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Ob der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in Ausnahmefällen eine vorrangige Vollstreckung in den Nachlass gebietet, z.B. wenn der Steuerschuldner darlegen kann, dass eine Vollstreckung in sein eigenes Vermögen aussichtlos wäre, musste der Senat nicht entscheiden. Denn nach ihrem eigenen Vortrag verfügte die Klägerin u.a. über Bankguthaben mit erheblichem Bestand.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.
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