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BFH 08.09.2016 - III R 62/11
BFH 08.09.2016 - III R 62/11 - Keine Berücksichtigung von Aufwendungen für einen mit Büromöbeln und einer Küchenzeile ausgestatteten Raum
Normen
§ 4 Abs 4 EStG 2002, § 4 Abs 5 S 1 Nr 6b EStG 2009 vom 08.12.2010, EStG VZ 2007
Vorinstanz
vorgehend Finanzgericht Rheinland-Pfalz, 25. August 2010, Az: 2 K 2331/09, Urteil
Leitsatz
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1. Aufwendungen für einen in die häusliche Sphäre eingebundenen Raum, der sowohl zur Erzielung von Einnahmen als auch zu privaten Wohnzwecken eingerichtet ist und entsprechend genutzt wird, können weder insgesamt noch anteilig als Betriebsausgaben berücksichtigt werden (Anschluss an den Beschluss des Großen Senats des BFH vom 27. Juli 2015 Grs 1/14, BFHE 251, 408, BStBl II 2016, 265).
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2. Ein mit Büromöbeln und einer Küchenzeile ausgestatteter Raum, der ausschließlich über einen dem Privatbereich zugehörigen Flur zugänglich ist, verfügt über kein betriebsstättenähnliches Gepräge.
Tenor
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Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 25. August 2010 2 K 2331/09 wird als unbegründet zurückgewiesen.
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Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Kläger zu tragen.
Tatbestand
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I. Der im Veranlagungszeitraum 2007 noch nicht verheiratete Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Steuerfachwirt. Er betrieb ein gewerbliches Büro für Buchführungs- und Schreibarbeiten. Seinen hieraus erzielten Gewinn ermittelte er nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der für das Streitjahr 2007 maßgeblichen Fassung.
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Der Kläger wohnte im Streitjahr in einem rd. 73 qm großen angemieteten Zwei-Zimmerapartment mit teilweise offener Bauweise. Das räumlich abgeschlossene Schlafzimmer umfasste 17,7 qm, der in dem Grundriss der Wohnung als Wohnzimmer ausgewiesene Raumteil 38 qm. Den letztgenannten Bereich, der nach den Angaben des Klägers mit zwei Schreibtischen, zwei Computern, Regalschränken, zwei Tischrechnern, zwei Druckern, einer Telefonanlage sowie einem Faxgerät ausgestattet war, nutzte er für seine gewerbliche Tätigkeit. Die Küche mit einer Größe von rd. 3,6 qm ragte in offener Bauweise in diesen als Büro genutzten Bereich hinein. Die restliche Wohnfläche entfiel insbesondere auf den Flur (2,7 qm) und das Badezimmer (8,3 qm). Außerhalb seiner Wohnung unterhielt der Kläger keinen betrieblich genutzten Raum.
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In der Gewinnermittlung für 2007 brachte der Kläger die anteilige Miete und Nebenkosten in Höhe von 3.393,12 € für den von ihm als Büro genutzten Bereich als Betriebsausgaben zum Abzug. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) erkannte diese Aufwendungen nicht als Betriebsausgaben an. Der hiergegen eingelegte Einspruch hatte keinen Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 11. September 2009).
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Das Finanzgericht (FG) wies die dagegen erhobene Klage mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2011, 1961 veröffentlichten Urteil als unbegründet ab.
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Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts.
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Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 25. August 2010 2 K 2331/09 aufzuheben und den angefochtenen Einkommensteuerbescheid 2007 dahingehend abzuändern, dass weitere Betriebsausgaben in Höhe von 3.393,12 € bei den Einkünften des Klägers aus Gewerbebetrieb berücksichtigt werden und die Einkommensteuer dementsprechend herabgesetzt wird.
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Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
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Mit Beschluss vom 25. August 2014 hat der Bundesfinanzhof (BFH) das Ruhen des Verfahrens bis zur Entscheidung des Großen Senats des BFH in der Rechtssache GrS 1/14 angeordnet. Der Große Senat des BFH hat mit Beschluss vom 27. Juli 2015 GrS 1/14 (BFHE 251, 408, BStBl II 2016, 265) über die vorgelegten Rechtsfragen entschieden.
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat die Klage zu Recht abgewiesen; das Urteil entspricht dem Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 Satz 1 FGO).
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1. Das FG hat im Ergebnis zutreffend entschieden, dass die Aufwendungen für den vom Kläger als Büro genutzten Bereich nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 1 EStG nicht als Betriebsausgaben abziehbar sind, da er den Raum im Streitjahr sowohl zur Erzielung von Einkünften als auch --in mehr als nur untergeordnetem Umfang-- zu privaten Zwecken genutzt hat.
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Das FG legte seinem Urteil den im Zeitpunkt der Entscheidung geltenden § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG i.d.F. des Steueränderungsgesetzes 2007 vom 19. Juli 2006 (BGBl I 2006, 1652) zugrunde. Der Senat hat indes die eingetretene Rechtsänderung zu berücksichtigen (vgl. z.B. Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 118 FGO Rz 78, m.w.N.) und § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2010 (JStG 2010) vom 8. Dezember 2010 (BGBl I 2010, 1768) --der aktuellen Gesetzesfassung-- anzuwenden, da gemäß § 52 Abs. 12 Satz 9 EStG i.d.F. des JStG 2010 die Neuregelung erstmals ab dem Veranlagungszeitraum 2007 anzuwenden ist.
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2. Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 1 EStG dürfen Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung den Gewinn nicht mindern. Dies gilt nicht, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG). In diesem Fall wird die Höhe der abziehbaren Aufwendungen auf 1.250 € begrenzt; die Beschränkung der Höhe nach gilt nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 EStG).
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a) Häusliches Arbeitszimmer i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG ist ein Raum, der seiner Ausstattung nach der Erzielung von Einnahmen dient und ausschließlich oder nahezu ausschließlich zur Erzielung von Einkünften genutzt wird. Ein häusliches Arbeitszimmer ist seiner Lage, Funktion und Ausstattung nach in die häusliche Sphäre des Steuerpflichtigen eingebunden und dient vorwiegend der Erledigung gedanklicher, schriftlicher, verwaltungstechnischer oder -organisatorischer Arbeiten. Ein solcher Raum ist typischerweise mit Büromöbeln eingerichtet, wobei der Schreibtisch regelmäßig das zentrale Möbelstück ist (Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 251, 408, BStBl II 2016, 265, Rz 62 ff., m.w.N.).
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b) Die Abzugsbeschränkung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG gilt dagegen nicht, wenn der innerhalb des privaten Wohnbereichs betrieblich genutzte Raum des Steuerpflichtigen über ein betriebsstättenähnliches Gepräge verfügt (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 15. Oktober 2014 VIII R 8/11, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 2015, 914, Rz 25 ff., m.w.N.). Aufwendungen für solche betrieblich genutzten Räume können vielmehr unbeschränkt als Betriebsausgaben gemäß § 4 Abs. 4 EStG abziehbar sein, wenn sich der betriebliche Charakter des Raums und dessen Nutzung anhand objektiver Kriterien feststellen lassen. Der für die Abzugsbeschränkung in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG maßgebliche Grund der nicht auszuschließenden privaten Mitbenutzung gilt für diese Räume nicht. Denn bereits aus ihrer Ausstattung (z.B. als Werkstatt) und/oder wegen ihrer Zugänglichkeit durch dritte Personen lässt sich eine private Mitbenutzung ausschließen (Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 251, 408, BStBl II 2016, 265, Rz 65, m.w.N.).
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3. Nach diesen Maßstäben hat das FG zu Recht den als Büro genutzten Bereich nicht als betriebsstättenähnlichen Raum qualifiziert und zutreffend keine unbeschränkte Abzugsmöglichkeit der geltend gemachten Aufwendungen angenommen. Denn nach den für den Senat bindenden tatsächlichen Feststellungen des FG (vgl. § 118 Abs. 2 FGO) ist der streitgegenständliche Bereich weder einem betriebsstättenähnlichen Raum vergleichbar ausgestattet (z.B. Notfallpraxis, Tonstudio, Werkstatt) noch in der erforderlichen Weise für den Publikumsverkehr geöffnet.
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Eine betriebsstättenähnliche Ausstattung ist nicht festgestellt. Der von dem Kläger für die Arbeitstätigkeit genutzte Bereich ist vielmehr nach Art eines häuslichen Arbeitszimmers mit Büromöbeln eingerichtet und weist auch ansonsten keine für eine Betriebsstätte typische Einrichtung auf.
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Auch das Vorbringen des Klägers, in dem als Büro genutzten Bereich hätten Besprechungen mit Auftraggebern und Kunden stattgefunden, führt zu keiner anderen Beurteilung. Denn ausweislich des vom FG in Bezug genommenen Grundrisses mussten Kunden oder Auftraggeber des Klägers nach dem Betreten der Wohnung zunächst den Flur, der auch den Zugang zu den privaten Räumlichkeiten (z.B. Schlafzimmer und Badezimmer) ermöglicht, durchqueren, um in den als Büro genutzten Bereich zu gelangen. Damit fehlt es an der nach außen erkennbaren Widmung der Räumlichkeit für den Publikumsverkehr und deren leichter Zugänglichkeit für dritte Personen (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 20. November 2003 IV R 3/02, BFHE 205, 46, BStBl II 2005, 203, unter 2., Notfallpraxis).
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4. Zutreffend ist das FG in der Vorentscheidung auch davon ausgegangen, dass die anteiligen Kosten für den in dem Grundriss als Wohnzimmer ausgewiesenen Bereich nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 1 EStG insgesamt nicht abziehbar sind. Denn der Kläger hat den (u.a. mit Büromöbeln und einer Küchenzeile ausgestatteten) Raum --nach den für den Senat bindenden tatsächlichen Feststellungen des FG (vgl. § 118 Abs. 2 FGO)-- nicht (nahezu) ausschließlich zur Erzielung von Einkünften, sondern vielmehr auch in mehr als nur untergeordnetem Umfang zu privaten Wohnzwecken genutzt.
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Die ausschließliche oder nahezu ausschließliche Nutzung des Raums zur Erzielung von Einnahmen gehört zum Inhalt des Tatbestandsmerkmals "häusliches Arbeitszimmer" i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG, sodass ein Abzug anteiliger Aufwendungen für gemischt genutzte Zimmer ausscheidet (Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 251, 408, BStBl II 2016, 265, Rz 68). Dies gilt auch für Zimmer, die --wie vorliegend-- räumlich sowohl zur Erzielung von Einnahmen als auch zu privaten Wohnzwecken eingerichtet und entsprechend genutzt werden. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf die Entscheidungsgründe in dem Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 251, 408, BStBl II 2016, 265, Rz 69 und die BFH-Urteile jeweils vom 22. März 2016 VIII R 10/12 (BFHE 254, 1, Rz 25) und VIII R 24/12 (BFHE 254, 7, Rz 21 f.) Bezug genommen.
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5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.
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