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BFH 30.03.2015 - II B 79/14
BFH 30.03.2015 - II B 79/14 - Zur Abgrenzung einer Versicherung von einer Bürgschaft bei Verträgen zwischen Konzerngesellschaften
Normen
§ 1 Abs 1 VersStG, § 2 Abs 2 VersStG, § 5 VAG, § 140 Abs 1 VAG, § 115 Abs 2 Nr 1 FGO
Vorinstanz
vorgehend FG Köln, 6. Mai 2014, Az: 2 K 430/11, Urteil
Leitsatz
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1. NV: Die Rechtsfrage, wie Versicherungsverträge von Bürgschaften abzugrenzen sind, ist durch das BFH-Urteil vom 9. Dezember 1969 II 103/63 (BFHE 99, 60) bereits geklärt. Entscheidend für die Abgrenzung sind die Umstände des Einzelfalls .
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2. NV: Eine Versicherung ist ein Massengeschäft, bei dem unter planmäßiger Herstellung einer Gefahrengemeinschaft ein Versicherungswagnis gegen eine Prämie übernommen wird und die von den Versicherungsnehmern gezahlten Prämien den Risikoausgleich ermöglichen. Die Bürgschaft stellt dagegen auf die Person des Hauptschuldners ab und wird --auch wenn sie eine Vielzahl ähnlich gelagerter Fälle betrifft und entgeltlich vereinbart wird-- in der Regel als Einzelgeschäft nach der Beschaffenheit des Einzelfalles geleistet .
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3. NV: Die Steuerbarkeit der Zahlungen von Versicherungsentgelten nach § 1 Abs. 1 VersStG hängt nicht davon ab, ob einer juristischen Person der Abschluss von Versicherungen erlaubt ist oder ob ein der Versicherungsaufsicht unterliegendes Versicherungsunternehmen gehandelt hat .
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4. NV: Macht eine Konzerngesellschaft mit der Nichtzulassungsbeschwerde geltend, die Verträge mit den rechtlich selbständigen konzernzugehörigen Vertriebsgesellschaften über die Absicherung deren Forderungsausfallrisiken dienten lediglich der Abdeckung eigener Schäden, muss dargelegt werden, worin diese bestehen sollen .
Tenor
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Die Beschwerde der Klägerin wegen Nichtzulassung der Revision im Urteil des Finanzgerichts Köln vom 6. Mai 2014 2 K 430/11 wird als unbegründet zurückgewiesen.
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Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Gründe
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Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
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1. Die Revision ist weder wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) noch zur Fortbildung des Rechts nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO zuzulassen. Die von der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) aufgeworfenen Rechtsfragen sind, soweit die Beschwerdebegründung überhaupt den Darlegungsanforderungen nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO genügt, nicht klärungsbedürftig bzw. in einem künftigen Revisionsverfahren nicht klärungsfähig.
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a) Der Begriff des Versicherungsverhältnisses i.S. des § 1 Abs. 1 des Versicherungsteuergesetzes (VersStG) ist bereits durch die Rechtsprechung geklärt.
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Unter dem Versicherungsverhältnis sind das durch Vertrag oder auf sonstige Weise entstandene Rechtsverhältnis des einzelnen Versicherungsnehmers zum Versicherer und seine Wirkungen zu verstehen (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 19. Juni 2013 II R 26/11, BFHE 241, 431, BStBl II 2013, 1060, m.w.N.). Wesentliches Merkmal für ein "Versicherungsverhältnis" i.S. des § 1 Abs. 1 VersStG ist das Vorhandensein eines vom Versicherer gegen Entgelt übernommenen Wagnisses. Der Begriff der Versicherung ist weit gefasst und nach den besonderen Zwecken des Versicherungsteuerrechts zu deuten.
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Die Klägerin hat keine Gesichtspunkte vorgetragen, die eine erneute Entscheidung des BFH zu den Voraussetzungen eines Versicherungsverhältnisses erforderlich machen würden.
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b) Die Rechtsfrage, wie Versicherungsverträge von Bürgschaften abzugrenzen sind, ist weder klärungsbedürftig noch im Streitfall klärungsfähig.
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aa) Der BFH hat in dem von der Klägerin zitierten Urteil vom 9. Dezember 1969 II 103/63 (BFHE 99, 60) ausgeführt, dass die Grenzen zwischen Bürgschaft und Versicherung fließend seien. Für die Bürgschaft gelte der Grundsatz der Akzessorietät, d.h. die Nebenverpflichtung des Bürgen sei vom Bestand der Hauptschuld des Schuldners abhängig. Dementsprechend stelle die Bürgschaft gerade auf die Person des Hauptschuldners ab. Die Bürgschaft werde --auch wenn sie eine Vielzahl ähnlich gelagerter Fälle betreffe und entgeltlich (z.B. Zollbürgschaft, Bankbürgschaft) vereinbart werde-- in der Regel als Einzelgeschäft nach der Beschaffenheit des Einzelfalls geleistet, und zwar gegen ein Entgelt, das im Wesentlichen nur die Verwaltungskosten und den erstrebten Gewinn umschließe.
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Bei der Versicherung handele es sich dagegen unter planmäßiger Herstellung einer Gefahrengemeinschaft um ein Massengeschäft, bei dem ein Versicherungswagnis gegen eine Prämie übernommen werde und die von den Versicherungsnehmern gezahlten Prämien den Risikoausgleich ermöglichten. Insoweit ist der BFH der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. Urteil vom 11. Juli 1960 II ZR 254/58, BGHZ 33, 97) gefolgt, der für die Unterscheidung zwischen Bürgschaft und Versicherung darauf abgestellt hat, dass bei einer Versicherung gleichartige Risiken planmäßig zu einer Gefahrengemeinschaft zusammengefasst werden. Auch das Bundesverwaltungsgericht geht von diesem Versicherungsbegriff aus (vgl. Urteil vom 29. September 1992 1 A 26/91, Neue Juristische Wochenschrift-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht 1993, 289).
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Aufgrund dieser Rechtsprechung ist bereits geklärt, nach welchen Kriterien eine Bürgschaft von einer Versicherung zu unterscheiden ist. Ob ein Vertrag als Bürgschaftsvertrag oder als Versicherungsvertrag einzuordnen ist, kann nur nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls bestimmt werden.
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bb) Das Finanzgericht (FG) hat in dem angefochtenen Urteil festgestellt, dass die Klägerin gegen Entgelt ein fremdes Wagnis, nämlich das Wagnis der Vertriebsgesellschaften übernommen hat, dass deren Kundenforderungen ausfallen. Aufgrund der mit allen Vertriebsgesellschaften geschlossenen Verträge wurden Forderungsausfälle in grundsätzlich unbegrenzter Höhe abgesichert. Die Prämienzahlungen versetzten die Klägerin in die Lage, die alle Vertriebsgesellschaften in vergleichbarer Weise und unmittelbar treffende Gefahr eines Forderungsausfalls abzumildern und im Schadensfalle Ersatz zu leisten. Die Prämien wurden als Entgelte für die Übernahme des Ausfallrisikos --wie dies für eine Warenkreditversicherung typisch ist-- nach einem festen, umsatzabhängig gestaffelten Prozentsatz erhoben; sie waren nicht abhängig vom jeweiligen Kunden und dessen Bonitätsdaten bzw. Zahlungsverhalten. Mit den streitgegenständlichen Verträgen sind die zuvor bis Ende 2003 bei einem Versicherungsunternehmen bestehenden Warenkreditversicherungen in modifizierter Form fortgesetzt worden. Die Verträge erwähnen ausdrücklich, dass es sich um eine Ausfallbürgschaft im Sinne einer Warenkreditversicherung handelt. Der wesentliche Inhalt der Verträge ergibt sich aus den in der Versicherungswirtschaft verwendeten Allgemeinen Bedingungen für die Warenkreditversicherung, auf die Bezug genommen wird.
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Ausgehend von diesen nach § 118 Abs. 2 FGO den BFH bindenden Feststellungen hat das FG den Sachverhalt dahin gewürdigt, dass die an die Klägerin gezahlten Prämien Versicherungsentgelte sind. Diese Würdigung wäre revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
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c) Ebenfalls geklärt ist die Rechtsfrage, ob eine Versicherungsteuerpflicht auch dann eintritt, wenn Versicherungsgeschäfte ohne die dafür erforderliche Erlaubnis gemäß § 5 Abs. 1 des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) vorgenommen werden und ein derartiger Verstoß gemäß § 140 Abs. 1 Nr. 1 VAG strafbar ist. Die Steuerbarkeit der Zahlungen von Versicherungsentgelten nach § 1 Abs. 1 VersStG hängt nicht davon ab, ob einer juristischen Person der Abschluss von Versicherungen erlaubt ist (vgl. BFH-Urteil vom 20. April 1977 II R 36/76, BFHE 122, 352, BStBl II 1977, 688) oder ob ein der Versicherungsaufsicht unterliegendes Versicherungsunternehmen gehandelt hat (vgl. BFH-Urteil vom 29. November 2006 II R 78/04, BFH/NV 2007, 513).
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d) Nicht hinreichend dargelegt ist die Klärungsfähigkeit der Rechtsfrage, ob eine Versicherungsteuerpflicht auch bei einem lediglich konzerninternen Ausgleich eintritt. Die Klägerin trägt zwar vor, dass die Errichtung konzerninterner Absicherungsinstrumente innerhalb einer Unternehmensgruppe keine Versicherungsteuerpflicht auslösen könne, weil lediglich ein Fall der Eigendeckung gegeben sei. Nähere Erläuterungen hierzu fehlen aber. Insbesondere wird nicht dargelegt, aus welchen Gründen mit der Absicherung des Forderungsausfallrisikos der rechtlich selbständigen Vertriebsgesellschaften ein eigener Schaden der Klägerin ausgeglichen werden soll.
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e) Die von der Klägerin gestellte Rechtsfrage, ob die in einem Konzern von einer Tochtergesellschaft der Konzernmutter mit verschiedenen Enkelgesellschaften abgeschlossenen Vereinbarungen über eine Ausfallbürgschaft ein Versicherungsverhältnis begründen oder vielmehr als Bürgschaften zu qualifizieren sind, die nicht nach § 2 Abs. 2 VersStG der Versicherungsteuer unterliegen, hat keine grundsätzliche Bedeutung. Denn die Beantwortung hängt von den tatsächlichen Besonderheiten des konkreten Streitfalls ab. Es ist nicht ersichtlich, weshalb der Rechtsfrage ausnahmsweise eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommen soll und insoweit allgemeine abstrakte Grundsätze durch den BFH aufzustellen sind (vgl. BFH-Beschluss vom 31. Januar 2008 VIII B 253/05, BFH/NV 2008, 740). Hinzu kommt, dass § 2 Abs. 2 VersStG Sachverhalte betrifft, in denen sich der Versicherer verpflichtet, Dritten gegenüber für den Versicherungsnehmer Bürgschaft zu leisten (vgl. BFH-Urteil in BFHE 241, 431, BStBl II 2013, 1060, Rz 24), und daher die von der Klägerin übernommene "Ausfallbürgschaft" zum Ausgleich von Forderungsausfällen der Versicherungsnehmer (Vertriebsgesellschaften) nicht erfasst.
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2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO. Von einer weiteren Begründung wird nach § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO abgesehen.
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