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BFH 12.02.2015 - V B 160/14
BFH 12.02.2015 - V B 160/14 - (Aussetzung der Vollziehung zur Wahrung einheitlicher Rechtsmaßstäbe - Vorsteuerabzug - Berücksichtigung von Gründen des Vertrauensschutzes nur im Billigkeitsverfahren oder auch im Rahmen der Anwendung des § 15 UStG?)
Normen
§ 69 Abs 2 S 2 FGO, § 69 Abs 3 S 1 FGO, § 15 UStG 2005, § 227 AO, § 163 AO
Vorinstanz
vorgehend Finanzgericht Berlin-Brandenburg, 3. April 2014, Az: 7 V 7027/14, Beschluss
Leitsatz
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NV: Aussetzung der Vollziehung kann auch zur Wahrung einheitlicher Rechtsmaßstäbe im summarischen Verfahren zu gewähren sein (Anschluss an BFH-Beschluss vom 26.09.2014 XI S 14/14, BFH/NV 2015, 158) .
Tenor
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Die Beschwerde des Antragsgegners (Finanzamt) gegen den Beschluss des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 3. April 2014 7 V 7027/14 wird als unbegründet zurückgewiesen.
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Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Antragsgegner zu tragen.
Tatbestand
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I. Die Antragstellerin und Beschwerdegegnerin (Antragstellerin --GmbH--) machte den Vorsteuerabzug aus Gutschriften für die Lieferung von Edelmetallen geltend. Der Antragsgegner und Beschwerdeführer (das Finanzamt --FA--) ging davon aus, dass die GmbH nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sei und erließ entsprechend geänderte Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheide April bis Juni 2013. Hiergegen legte die GmbH Einspruch ein und beantragte Aussetzung der Vollziehung (AdV). Den Aussetzungsantrag lehnte das FA ab.
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Demgegenüber hatte der beim Finanzgericht (FG) gestellte Aussetzungsantrag überwiegend Erfolg. Das FG gewährte durch Beschluss vom 3. April 2014 AdV, machte diese aber von einer Sicherheitsleistung abhängig, die in Höhe eines Teils des streitigen Steueranspruchs zu leisten sei. Der Ausgang des Hauptsacheverfahrens sei offen. Es sei abzuwarten, was sich aus den strafrechtlichen Ermittlungen noch ergebe. Auf die Beschwerde des FA änderte das FG dies durch Beschluss vom 21. Mai 2014 dahingehend ab, dass die Vollziehungsaussetzung in Höhe des streitigen Teilbetrages von 85.288,44 € eine Sicherheitsleistung in gleicher Höhe voraussetzt.
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Mit seiner weitergehenden Beschwerde wendet sich das FA auch gegen die Aussetzungsentscheidung des FG dem Grunde nach. Das FA macht geltend, dass sich aus dem Urteil des Gerichthofs der Europäischen Union (EuGH) vom 21. Juni 2012 C-80/11 und C-142/11, Mahagebén und Dávid (BFH/NV 2012, 1404, Umsatzsteuer-Rundschau 2012, 591) keine Abweichung von der bisherigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ergebe. Die GmbH sei auch nicht den ihr obliegenden Sorgfaltspflichten nachgekommen, da sie Angaben zum Unternehmensort des Leistenden nicht selbst vor Ort überprüft habe. Bei einer derartigen Überprüfung hätte sie festgestellt, dass der Leistende an dem in den Gutschriften angegebenen Ort keinerlei unternehmerische Aktivität entfaltet hatte.
Entscheidungsgründe
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II. Die gemäß § 128 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zulässige Beschwerde des FA ist unbegründet und ist daher durch Beschluss zurückzuweisen (§ 132 FGO).
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1. Nach § 128 Abs. 3 i.V.m. § 69 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 FGO ist die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes ganz oder teilweise auszusetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen.
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Ernstliche Zweifel i.S. von § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO liegen bereits dann vor, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Steuerbescheids neben für seine Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung entscheidungserheblicher Tatfragen bewirken (ständige Rechtsprechung seit dem BFH-Beschluss vom 10. Februar 1967 III B 9/66, BFHE 87, 447, BStBl III 1967, 182; BFH-Beschluss vom 8. April 2009 I B 223/08, BFH/NV 2009, 1437). Die Entscheidung hierüber ergeht bei der im Verfahren der AdV gebotenen summarischen Prüfung aufgrund des Sachverhalts, der sich aus dem Vortrag der Beteiligten und der Aktenlage ergibt (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 21. Juli 1994 IX B 78/94, BFH/NV 1995, 116, und vom 7. September 2011 I B 157/10, BFHE 235, 215, BStBl II 2012, 590, unter II.2.). Zur Gewährung der AdV ist es nicht erforderlich, dass die für die Rechtswidrigkeit sprechenden Gründe im Sinne einer Erfolgswahrscheinlichkeit überwiegen (BFH-Beschluss in BFHE 235, 215, BStBl II 2012, 590, unter II.2.).
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2. Danach hat das FG ernstliche Zweifel im Ergebnis zu Recht bejaht.
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a) Der Senat hat es in seinem Beschluss vom 5. März 2014 V B 14/13 (BFH/NV 2014, 918) als geklärt angesehen, dass zur Berücksichtigung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes ein Vorsteuerabzug nur im Billigkeitsverfahren in Betracht kommt (BFH-Urteil vom 8. Oktober 2008 V R 63/07, BFH/NV 2009, 1473).
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b) Demgegenüber hat der XI. Senat des BFH mit Beschluss vom 26. September 2014 XI S 14/14 (BFH/NV 2015, 158) entschieden, dass "Unentschiedenheit oder Unsicherheit ... dagegen in der Beurteilung der Rechtsfrage [besteht], ob mit Blick auf die Rechtsprechung des EuGH (vgl. z.B. Urteile vom 21. Juni 2012 C-80/11 und C-142/11 --Mahagebén und Dávid--, BFH/NV 2012, 1404, UR 2012, 591 ...) der Leistungsempfänger zum Abzug der Vorsteuerbeträge berechtigt ist, wenn er auf die Angaben des Lieferanten vertraute und sich diese Angaben später als falsch herausstellen (...). Insoweit könnte die Klägerin --obgleich § 15 UStG den Schutz des guten Glaubens an die Erfüllung der Vorsteuerabzugsvoraussetzungen nicht vorsieht und Vertrauensschutzgesichtspunkte deshalb grundsätzlich nicht bei der Steuerfestsetzung nach den gesetzlichen Vorschriften des UStG, sondern ggf. nur im Rahmen einer Billigkeitsmaßnahme gemäß § 163, § 227 AO berücksichtigt werden können (...)-- zum Vorsteuerabzug berechtigt sein".
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c) Zur Wahrung einheitlicher Rechtsmaßstäbe im summarischen Verfahren und ohne Entscheidung darüber, ob der Senat an seiner bisherigen Rechtsprechung im Hauptsacheverfahren festhält, schließt sich der erkennende Senat dem für Zwecke auf summarischer Grundlage zu treffender Entscheidungen an.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.
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