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BFH 26.11.2014 - VII R 3/12
BFH 26.11.2014 - VII R 3/12 - Zollschuldentstehung durch Entziehen von Waren aus dem Versandverfahren - Erlass bzw. Erstattung von Einfuhrabgaben aus Billigkeitsgründen
Normen
Art 50 ZK, Art 203 Abs 1 ZK, Art 203 Abs 3 ZK, Art 236 ZK, Art 239 ZK, Art 50 EWGV 2913/92, Art 203 Abs 1 EWGV 2913/92, Art 203 Abs 3 EWGV 2913/92, Art 236 EWGV 2913/92, Art 239 EWGV 2913/92, Art 213 ZK, Art 213 EWGV 2913/92
Vorinstanz
vorgehend Hessisches Finanzgericht, 29. November 2011, Az: 7 K 1881/10, Urteil
vorgehend BFH, 11. Dezember 2012, Az: VII R 3/12, EuGH-Vorlage
vorgehend EuGH, 12. Juni 2014, Az: C-75/13, Urteil
Leitsatz
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1. NV: Werden in das Zollgebiet der Union verbrachte und gestellte (und damit in vorübergehender Verwahrung befindliche) Drittlandswaren zum externen gemeinschaftlichen Versandverfahren angemeldet, sind sie mit der Annahme dieser Anmeldung und ihrer Überlassung in dieses Verfahren übergeführt .
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2. NV: Werden diese Waren entgegen der Anmeldung zum Versandverfahren nicht wie vorgesehen zu ihrem Bestimmungsort transportiert, sondern verbleiben sie im Verwahrungslager, werden sie damit der zollamtlichen Überwachung entzogen, mit der Folge, dass der Hauptverpflichtete des Versandverfahrens Schuldner der durch die Entziehung entstandenen Einfuhrabgaben ist .
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3. NV: Ficht der Hauptverpflichtete den Einfuhrabgabenbescheid nicht an, sondern beantragt er später die Erstattung der entrichteten Abgaben, kann er den Erstattungsanspruch nicht auf das Vorhandensein weiterer Abgabenschuldner stützen .
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4. NV: Der Erlass bzw. die Erstattung der Einfuhrabgaben aus Billigkeitsgründen lässt sich nicht darauf stützen, dass die Abgaben in Unkenntnis ihres vorangegangen Entstehens wegen Entziehens aus zollamtlicher Überwachung anlässlich ihrer späteren Anmeldung zur Überführung in den freien Verkehr erhoben und vom Anmelder entrichtet worden sind .
Tenor
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Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom 29. November 2011 7 K 1881/10 wird als unbegründet zurückgewiesen.
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Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Tatbestand
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I. Im Auftrag der Fa. J meldete die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), der der Status eines zugelassenen Versenders bewilligt ist, in das Zollgebiet verbrachte Waren (zwölf Fahrradträger), die sich nach summarischer Anmeldung in vorübergehender Verwahrung in einem Verwahrungslager der Fa. S befanden, am 17. Januar 2010 zum externen gemeinschaftlichen Versandverfahren an. Die Waren wurden am selben Tag überlassen und sollten am Folgetag (zusammen mit weiteren Waren) durch die Fa. J vom Verwahrungslager abgeholt und zu ihrem Bestimmungsort transportiert werden. Dort wurde jedoch festgestellt, dass die Fahrradträger in der Warensendung fehlten. Sie waren im Verwahrungslager zurückgeblieben. Die hiervon unterrichtete Klägerin veranlasste daraufhin den erneuten Transport der Fahrradträger im Versandverfahren zu ihrem Empfänger, der sie unter Entrichtung der Einfuhrabgaben in den freien Verkehr überführte.
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Mit einem an die Klägerin gerichteten Einfuhrabgabenbescheid setzte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Hauptzollamt --HZA--) die auf die Fahrradträger entfallenden Einfuhrabgaben (Zoll und Einfuhrumsatzsteuer) mit der Begründung fest, die in das Versandverfahren übergeführten Waren seien der Bestimmungsstelle nicht gestellt und dadurch der zollamtlichen Überwachung entzogen worden. Die Klägerin focht diesen Bescheid nicht an, sondern beantragte die Erstattung der entrichteten Abgaben gemäß Art. 236 des Zollkodex --ZK-- (im weiteren Verlauf des Verfahrens auch gemäß Art. 239 Abs. 1 ZK). Das HZA lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 24. März 2010 ab.
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Das Finanzgericht (FG) wies die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage ab. Anders als die Klägerin meine, seien die streitigen Waren nicht schon während der Zeit ihrer vorübergehenden Verwahrung der zollamtlichen Überwachung entzogen worden. Umlagerungen innerhalb des Verwahrungslagers, die hier angeblich dazu geführt hätten, dass die Waren nicht hätten gefunden werden können, als sie zum Weitertransport hätten verladen werden sollen, müssten nicht bedeuten, dass sie durch die Zollbehörde --wenn auch nur zeitweise-- nicht mehr hätten geprüft werden können. Auch habe weder die Lagerbewilligung besondere Vorgaben für die Lagerhaltung enthalten, gegen die verstoßen worden sein könnte, noch habe es zur Zollschuldentstehung geführt, dass mit der Führung des Verwahrungslagers ein Subunternehmer beauftragt worden sei. Die Zollschuld sei entstanden, als die Waren entgegen der Versandmeldung im Verwahrungslager verblieben seien. Die Klägerin sei als Hauptverpflichtete des Versandverfahrens Zollschuldnerin. Dass auch der Fahrer der Fa. J als Zollschuldner in Betracht gekommen sei, begründe den Erstattungsanspruch nicht, weil die Klägerin die entstandenen Einfuhrabgaben --wenn auch als Gesamtschuldnerin-- gesetzlich geschuldet habe.
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Mit ihrer Revision macht die Klägerin weiterhin geltend, die Zollschuld sei bereits während der Zeit der vorübergehenden Verwahrung im Verwahrungslager entstanden. Zum einen habe die Fa. S in unzulässiger Weise einen Subunternehmer mit der Führung des Verwahrungslagers beauftragt. Zum anderen habe die vorübergehende Verwahrung erst mit der Übergabe der Fahrradträger für ihren Transport im erneut eröffneten Versandverfahren geendet. Zuvor sei die Zollschuld jedenfalls wegen seitens der Fa. S unterlassener Übergabe der Fahrradträger an den Fahrer der Fa. J entstanden.
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Der Senat hat das Verfahren mit Beschluss vom 11. Dezember 2012 (BFHE 239, 467, Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern --ZfZ-- 2013, 131), auf den verwiesen wird, ausgesetzt und hat dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) die sich im Streitfall ergebenden Fragen zur Zollschuldentstehung wegen Entziehens aus zollamtlicher Überwachung sowie zum Zollschuldner zur Vorabentscheidung vorgelegt, die der EuGH mit Urteil vom 12. Juni 2014 C-75/13 (ZfZ 2014, 278) wie folgt beantwortet hat:
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"1. Die Art. 50 und 203 [ZK] (...) sind dahin auszulegen, dass eine in vorläufiger Verwahrung befindliche Ware als der zollamtlichen Überwachung entzogen anzusehen ist, wenn sie zwar zu einem externen gemeinschaftlichen Versandverfahren angemeldet worden ist, jedoch nicht das Lager verlässt und nicht der Bestimmungszollstelle gestellt wird, obwohl dieser die Versandpapiere vorgelegt worden sind.
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2. Art. 203 Abs. 3 vierter Gedankenstrich [ZK] (...) ist dahin auszulegen, dass unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens im Fall der Entziehung einer Ware aus der zollamtlichen Überwachung die Person, die diese Ware als zugelassener Versender in das externe gemeinschaftliche Versandverfahren übergeführt hat, Zollschuldner gemäß dieser Bestimmung ist."
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Das Revisionsverfahren ist daraufhin wieder aufgenommen worden.
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Die Klägerin meint nunmehr, nach dem EuGH-Urteil sei ein Entziehen der Waren aus zollamtlicher Überwachung darin zu sehen, dass es die Fa. S als Pflichteninhaber unterlassen habe, die zum externen gemeinschaftlichen Versandverfahren angemeldeten Waren diesem Verfahren auch tatsächlich zuzuführen.
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der die Erstattung der Einfuhrabgaben versagende Bescheid ist rechtmäßig (§ 101 Satz 1 FGO).
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1. Die Erstattungsvoraussetzungen des Art. 236 Abs. 1 Unterabs. 1 ZK liegen nicht vor. Der Einfuhrabgabenbetrag war im Zeitpunkt der Zahlung gesetzlich geschuldet. Die Einfuhrabgaben waren gemäß Art. 203 Abs. 1 ZK durch Entziehen der Waren aus zollamtlicher Überwachung entstanden und die Klägerin war Schuldner des Abgabenbetrags.
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a) Anders als die Revision meint, ist die Zollschuld nicht bereits während der Zeit der vorübergehenden Verwahrung der Fahrradträger im Verwahrungslager entstanden. Zu Recht hat das FG geurteilt, dass in der Beauftragung eines Subunternehmers mit der Führung des Verwahrungslagers kein Entziehen aus zollamtlicher Überwachung gesehen werden kann. Auch für eine nach Ansicht der Revision vorliegende Pflichtverletzung der Fa. S besteht kein Anhaltspunkt. Das FG hat weder festgestellt, dass die Führung des Verwahrungslagers durch einen Subunternehmer den Bedingungen der für das Lager erteilten Bewilligung widersprach noch dass --wie die Revision behauptet-- die Fa. S eine in Wahrheit nicht bestehende Sachherrschaft über die im Verwahrungslager befindlichen Waren nur vortäuschte. Die Lagerung von Waren auf hinzugemieteten (nach Ansicht der Revision nicht genehmigten) Lagerflächen fand nach den Feststellungen des FG erst ab dem 1. Februar 2010 statt und kann sich daher --wie sich aus den folgenden Ausführungen ergibt-- auf die Zollschuldentstehung für die Fahrradträger nicht auswirken. Hinsichtlich eines nach Ansicht der Revision vorliegenden Entziehens der Waren aus zollamtlicher Überwachung durch "Chaos im Verwahrlager" wird auf die auf tatsächlichem Gebiet und damit der revisionsrechtlichen Prüfung entzogenen Ausführungen des FG in dem angefochtenen Urteil verwiesen.
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b) Wie das FG zutreffend entschieden hat, ist die Zollschuld am 18. Januar 2010 gemäß Art. 203 Abs. 1 und 2 ZK entstanden, weil die streitigen Waren an diesem Tag der zollamtlichen Überwachung entzogen worden sind. Für die Einfuhrumsatzsteuerschuld gilt vorgenannte Vorschrift nach § 21 Abs. 2 des Umsatzsteuergesetzes sinngemäß.
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Die Waren sind am 17. Januar 2010 zum externen gemeinschaftlichen Versandverfahren angemeldet und überlassen worden. Damit hatten sie eine zollrechtliche Bestimmung erhalten und nach Art. 50 Satz 1 ZK nicht mehr die Rechtsstellung von Waren in vorübergehender Verwahrung, sondern befanden sich (trotz ihres unveränderten Aufenthaltsorts im Verwahrungslager) im externen gemeinschaftlichen Versandverfahren unter zollamtlicher Überwachung (vgl. EuGH-Urteile in ZfZ 2014, 278 Rz 25 f., und vom 27. Juni 2013 C-542/11 --Codirex Expeditie--, ZfZ 2013, 242).
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Zu Recht hat das FG geurteilt, dass die streitigen Waren während des Versandverfahrens, nämlich am 18. Januar 2010, der zollamtlichen Überwachung entzogen worden sind, indem der an diesem Tag für das Versandverfahren vorgesehene Transport ohne diese Waren stattfand, weil sie nicht auf das Transportfahrzeug verladen wurden, sondern im Verwahrungslager zurückblieben.
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Der Begriff der Entziehung aus zollamtlicher Überwachung i.S. des Art. 203 Abs. 1 ZK ist nach ständiger Rechtsprechung des EuGH so zu verstehen, dass er jede Handlung oder Unterlassung umfasst, die dazu führt, dass die zuständige Zollbehörde, sei es auch nur zeitweise, am Zugang zu einer unter zollamtlicher Überwachung stehenden Ware und der Durchführung der in Art. 37 Abs. 1 ZK vorgesehenen Prüfungen gehindert wird. Dafür reicht es, wenn die Ware etwaigen zollamtlichen Überprüfungen objektiv entzogen wurde, unabhängig davon, ob diese von der zuständigen Behörde tatsächlich vorgenommen worden wären (EuGH-Urteile in ZfZ 2014, 278 Rz 28, 31, 32, m.w.N., und vom 29. April 2004 C-222/01 --British American Tobacco--, Slg. 2004, I-4683, ZfZ 2004, 228).
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Hinsichtlich in das Versandverfahren übergeführter Waren ist eine Behinderung zollamtlicher Prüfungen im vorstehenden Sinne anzunehmen, wenn Waren und Versandpapiere voneinander getrennt werden, mithin für den Fall einer zollamtlichen Kontrolle der die transportierten Waren betreffende Versandschein nicht präsentiert werden kann oder --umgekehrt-- die Waren sich nicht dort befinden, wo sie sich nach den Versandpapieren befinden sollten (vgl. EuGH-Urteil in Slg. 2004, I-4683, ZfZ 2004, 228). In Fortführung dieser Rechtsprechung hat der EuGH auch im Streitfall mit seinem Urteil in ZfZ 2014, 278 die Auffassung vertreten, von der Entziehung einer vormals in vorübergehender Verwahrung befindlichen Ware aus zollamtlicher Überwachung sei auszugehen, wenn diese zwar zu einem externen gemeinschaftlichen Versandverfahren angemeldet und überlassen worden sei, jedoch nicht das Verwahrungslager verlassen habe und nicht der Bestimmungszollstelle gestellt worden sei, obwohl dieser die Versandpapiere vorgelegt worden seien. Zu Recht weist das HZA darauf hin, dass der erste Leitsatz dieses EuGH-Urteils in Anbetracht der hierzu gegebenen Urteilsbegründung in dieser Weise zu präzisieren ist.
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c) Die Klägerin war (jedenfalls) gemäß Art. 203 Abs. 3 Anstrich 4 ZK Schuldnerin der Einfuhrabgaben, da sie als Hauptverpflichtete des eröffneten externen gemeinschaftlichen Versandverfahrens (Art. 96 Abs. 1 ZK) die Verpflichtungen einzuhalten hatte, die sich aus der Inanspruchnahme dieses Zollverfahrens ergeben (so für den Streitfall: EuGH-Urteil in ZfZ 2014, 278).
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Anders als die Revision meint, war die Fa. S nicht Schuldnerin der entstandenen Einfuhrabgaben. Keineswegs ist dem ersten Leitsatz des EuGH-Urteils in ZfZ 2014, 278 und der dazugehörigen Urteilsbegründung zu entnehmen, dass die Fa. S als Pflichteninhaber die Waren der zollamtlichen Überwachung entzogen hat, indem sie es unterließ, die in vorläufiger Verwahrung befindlichen Waren dem Versandverfahren zuzuführen. In der Urteilsbegründung zum ersten Leitsatz erläutert der EuGH lediglich, unter welchen Voraussetzungen die Waren als in das Versandverfahren übergeführt anzusehen sind und dass mit der anschließenden Trennung der Waren von den Versandpapieren die Voraussetzungen des Art. 203 Abs. 1 ZK für das Entstehen der Zollschuld erfüllt werden. Von etwaigen Pflichten des Inhabers des Verwahrungslagers ist hingegen nicht die Rede.
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Es mag zutreffen, dass die Fa. S --wie die Revision vorträgt-- es der Klägerin stets zuerst meldete, wenn Waren zur Abholung aus dem Lager bereitstanden, und die Klägerin erst dann diese Waren zum externen gemeinschaftlichen Versandverfahren anmeldete, und möglicherweise erwartete die Klägerin deshalb, die Fa. S werde für die vollständige Übergabe der Waren an den Frachtführer sorgen. Eine der Fa. S obliegende zollrechtliche Verpflichtung dieser Art bestand jedoch nicht. Nach dem EuGH-Urteil in ZfZ 2014, 278 (Rz 35 und 36) ist die Frage, ob sich die Zollschuldnerschaft aus der Pflichtenstellung des für die vorübergehende Verwahrung Verantwortlichen oder derjenigen des Hauptverpflichteten des Versandverfahrens ergibt, danach zu beantworten, ob die betreffenden Waren bereits in das externe gemeinschaftliche Versandverfahren übergeführt waren. Dies war vorliegend --wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt-- der Fall. Die Fahrradträger hatten nach Art. 50 Satz 1 ZK nicht mehr die Rechtsstellung von Waren in vorübergehender Verwahrung. Somit bestanden auch keine zollrechtlichen Pflichten der Fa. S mehr. Es oblag nunmehr der Klägerin als Hauptverpflichteter des Versandverfahrens, dafür zu sorgen, dass die von ihr in dieses Zollverfahren übergeführten Waren vollständig und in Begleitung der Versandpapiere zu ihrem Bestimmungsort transportiert wurden.
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Ob neben der Klägerin --wie das FG meint-- auch der Fahrer der mit dem Transport beauftragten Fa. J als Abgabenschuldner in Betracht kommt, kann offenbleiben. Gäbe es einen weiteren Abgabenschuldner, wäre die Klägerin mit diesem gesamtschuldnerisch zur Erfüllung der Schuld verpflichtet (Art. 213 ZK) und wäre somit --wie das FG zutreffend erkannt hat-- gleichwohl Schuldnerin der entstandenen Einfuhrabgaben, hätte also diese i.S. des Art. 236 Abs. 1 Unterabs. 1 ZK gesetzlich geschuldet (a.A.: FG Bremen, Urteil vom 10. Oktober 2001 201435K 3, nicht veröffentlicht). Die Erstattungsvoraussetzungen dieser Vorschrift lägen daher auch im Fall eines weiteren in Betracht kommenden Abgabenschuldners nicht vor.
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2. Die Einfuhrabgaben sind auch nicht nach Art. 239 Abs. 1 ZK zu erstatten.
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Nach dieser Vorschrift i.V.m. Art. 899 Abs. 2 der Zollkodex-Durchführungsverordnung (ZKDVO) können Einfuhrabgaben von der zuständigen Behörde in anderen als den in Art. 236 bis 238 ZK sowie in den Art. 900 bis 903 ZKDVO geregelten Fällen erstattet werden, wenn es sich um einen besonderen Fall handelt, der sich aus Umständen ergibt, die nicht auf betrügerische Absicht oder offensichtliche Fahrlässigkeit des Beteiligten zurückzuführen sind (sog. Erstattung aus Billigkeitsgründen).
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Auf einen besonderen Fall i.S. des Art. 899 Abs. 2 ZKDVO kann geschlossen werden, wenn im Licht des an der Billigkeit ausgerichteten Regelungszwecks dieser Vorschriften Umstände festgestellt werden, aufgrund deren sich der Antragsteller in einer Lage befinden kann, die gegenüber derjenigen anderer Wirtschaftsteilnehmer, die die gleiche Tätigkeit ausüben, außergewöhnlich ist (ständige Rechtsprechung: vgl. EuGH-Urteile vom 27. September 2001 C-253/99 --Bacardi--, Slg. 2001, I-6493, ZfZ 2001, 408; vom 25. Juli 2008 C-204/07 P --C.A.S.--, Slg. 2008, I-6135, ZfZ 2008, 319; vom 17. Februar 2011 C-494/09 --Bolton Alimentari--, Slg. 2011, I-647, ZfZ 2011, 75).
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Zum Vorliegen eines in diesem Sinne "besonderen Falls" oder zum Fehlen offensichtlicher Fahrlässigkeit hat die Klägerin weder im finanzgerichtlichen Verfahren noch im Revisionsverfahren Ausführungen gemacht, welche die Annahme vorgenannter Erstattungsvoraussetzungen nahelegen. Das FG hat in den Entscheidungsgründen seines Urteils die beantragte Erstattung nach Art. 239 Abs. 1 ZK unerwähnt gelassen, ohne dass die Revision dies bemängelt. Im Übrigen ist auf die Rechtsprechung des erkennenden Senats hinzuweisen, der zufolge Einfuhrabgaben, die in Unkenntnis ihres vorangegangenen Entstehens wegen Entziehung aus zollamtlicher Überwachung erst anlässlich ihrer Überführung in den freien Verkehr erhoben und entrichtet worden sind, dem zu Unrecht gemäß Art. 201 Abs. 3 ZK in Anspruch genommenen Zollschuldner zu erstatten sind, nicht jedoch dem nach Art. 203 Abs. 3 ZK in Anspruch zu nehmenden Zollschuldner aus Billigkeitsgründen erlassen bzw. erstattet werden können (Senatsbeschluss vom 15. März 2012 VII B 161/11, BFH/NV 2012, 1200).
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3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.
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