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BFH 20.03.2014 - V R 27/12
BFH 20.03.2014 - V R 27/12 - Vorsteuerabzug bei zu Wohnzwecken genutztem Geschäftsgebäude einer GmbH
Normen
Vorinstanz
vorgehend FG München, 27. Juli 2011, Az: 3 K 1502/11, Urteil
nachgehend FG München, 17. September 2014, Az: 3 K 1122/14, Urteil
nachgehend BFH, 18. Februar 2016, Az: V R 23/15, Urteil
Leitsatz
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NV: Will eine juristische Person die Vorsteuern aus Herstellungskosten eines teilweise unternehmerisch und teilweise nichtunternehmerisch (zu Wohnzwecken des Geschäftsführers) genutzten Gebäudes abziehen, muss sie bis zum 31. Mai des Folgejahres erklären, dass sie das Gebäude insgesamt ihrem Unternehmen zugeordnet hat.
Tatbestand
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I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) --eine GmbH-- erbringt steuerpflichtige EDV-Dienstleistungen. Gesellschafter der Klägerin waren B.S. zu 88 % und seine Ehefrau A.S. zu 12 %. B.S. war außerdem seit 1. Januar 2001 Geschäftsführer der Klägerin. Die Klägerin begann im Streitjahr (2003), ein Einfamilienhaus zu errichten, das sie ab dem 1. Mai 2004 teilweise zu Wohnzwecken und ab Juni 2004 als Firmensitz nutzte. B.S. war berechtigt, die nicht durch die Klägerin genutzten Räumlichkeiten "unentgeltlich" zu privaten Wohnzwecken zu nutzen.
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Aufgrund ihrer am 17. März 2005 beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) eingegangenen Umsatzsteuerjahreserklärung für das Streitjahr (2003) begehrte sie den vollen Vorsteuerabzug auch für diejenigen Gebäudeteile, die vom Geschäftsführer und Gesellschafter sowie seiner Familie zu Wohnzwecken genutzt wurden.
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Nachdem das FA zunächst der Jahreserklärung zugestimmt hatte, versagte es im Anschluss an eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung im Hinblick auf den Anteil von 55,1 % privat genutzter Räume den Vorsteuerabzug in Höhe von … €.
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Das Finanzgericht (FG) wies in seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2013, 985 veröffentlichten Urteil die Klage mit der Begründung ab, der Vorsteuerabzug für den Wohnteil sei unabhängig vom Anteil der Nutzung zu Wohnzwecken ausgeschlossen, da von einer nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a des Umsatzsteuergesetzes 1999 (UStG) steuerfreien Vermietung der Wohnung an den Geschäftsführer auszugehen sei.
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Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Revision. Das FG habe verfahrensfehlerhaft das rechtliche Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, § 96 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) verletzt, weil es in seinen Gründen nicht berücksichtigt habe, dass laut Anstellungsvertrag die Wohnung "unentgeltlich" und nicht aufgrund eines Mietvertrages überlassen worden sei. Zudem sei das FG materiell fehlerhaft von einer Vermietung nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG ausgegangen. Einer Zuordnungsentscheidung und ihrer Dokumentation habe es nicht bedurft. Als juristische Person verfüge die Klägerin über kein Privatvermögen. Schließlich ergebe sich die Zuordnung aus den Voranmeldungen.
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Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung des Urteils des FG die Umsatzsteuer für 2003 unter Abänderung des Umsatzsteuerbescheides 2003 vom 3. August 2005 um … € herabzusetzen.
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Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
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Trotz Vereinbarung der "Unentgeltlichkeit" der Wohnraumüberlassung sei wegen des Zusammenhangs mit dem Anstellungsvertrag davon auszugehen, dass die Überlassung Gegenleistung für die Arbeitsleistung des Geschäftsführers und damit als Miete anzusehen sei. Für die Zuordnungsentscheidung komme es ausschließlich auf die Jahreserklärung, nicht jedoch auf den Inhalt der Voranmeldungen an.
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision führt zur Aufhebung und Zurückverweisung an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO), weil Feststellungen zur Rechtzeitigkeit der Dokumentation einer Zuordnungsentscheidung hinsichtlich des Wohnteils zum Unternehmensvermögen bis zum 31. Mai des Folgejahres nach der neueren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), die das FG noch nicht berücksichtigen konnte, fehlen.
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1. Der Unternehmer kann gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG in der im Streitjahr geltenden Fassung die in Rechnungen i.S. des § 14 UStG gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbeträge abziehen.
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2. Ist ein Gegenstand --wie das nach den Feststellungen des FG im Streitfall hergestellte Einfamilienhaus-- sowohl für den unternehmerischen Bereich als auch für den nichtunternehmerischen privaten Bereich des Unternehmers vorgesehen (gemischte Nutzung), wird der Gegenstand nur dann für das Unternehmen bezogen, wenn und soweit der Unternehmer ihn seinem Unternehmen zuordnet (vgl. Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union --EuGH-- vom 8. März 2001 C-415/98 --Bakcsi--, Slg. 2001, I-1831, 149, BFH/NV Beilage 2001, 52, Leitsatz 1 sowie Rz 25). Insoweit hat der Steuerpflichtige (Unternehmer) nach ständiger Rechtsprechung des EuGH und des BFH ein Zuordnungswahlrecht. Er kann den Gegenstand insgesamt seinem Unternehmen zuordnen oder ihn in vollem Umfang in seinem Privatvermögen belassen oder den Gegenstand entsprechend dem --geschätzten-- unternehmerischen Nutzungsanteil seinem Unternehmen und im Übrigen seinem nichtunternehmerischen Bereich zuordnen (vgl. z.B. EuGH-Urteile vom 11. Juli 1991 C-97/90 --Lennartz--, Slg. 1991, I-3795; vom 4. Oktober 1995 C-291/92 --Armbrecht--, Slg. 1995, I-2775; in Slg. 2001, I-1831, BFH/NV Beilage 2001, 52; BFH-Urteile vom 7. Juli 2011 V R 21/10, BFHE 234, 531, BStBl II 2014, 81; vom 19. Juli 2011 XI R 29/09, BFHE 234, 556, BStBl II 2012, 430, unter II.1.c, m.w.N.; vom 18. April 2012 XI R 14/10, BFH/NV 2012, 1828, unter II.2.).
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a) Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin gelten dieselben Grundsätze auch dann, wenn der Unternehmer keine natürliche, sondern --wie im Streitfall-- eine juristische Person (GmbH) ist. Will eine juristische Person die Vorsteuern aus Herstellungskosten eines teilweise unternehmerisch und teilweise nichtunternehmerisch (zu Wohnzwecken des Geschäftsführers) genutzten Gebäudes abziehen, muss sie bis zum 31. Mai des Folgejahres erklären, dass sie das Gebäude insgesamt ihrem Unternehmen zugeordnet hat. Zur weiteren Begründung wird auf das Urteil des XI. Senats des BFH vom 12. Januar 2011 XI R 9/08 (BFHE 232, 254, unter II.2.) verwiesen, dem sich der Senat insoweit anschließt.
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b) Das Erfordernis einer rechtzeitigen Dokumentation der Zuordnungsentscheidung gilt auch bei einem gestreckten Herstellungsvorgang, wie vorliegend bei dem im Jahre 2003 begonnenen und 2004 fertiggestellten Einfamilienhaus. Wie der Senat bereits entschieden hat (Urteil in BFHE 234, 531, BStBl II 2014, 81) kommt es wegen des Grundsatzes des Sofortabzugs der Vorsteuer hinsichtlich der beabsichtigten privaten oder nichtunternehmerischen Verwendung für die Zuordnungsentscheidung zum Unternehmen der Klägerin auf das Jahr des Leistungsbezuges an. Die Zuordnungsentscheidung kann nicht in späteren Zeiträumen (etwa nach Fertigstellung des Hauses) nachgeholt werden.
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c) Die im Zeitpunkt des Leistungsbezugs zu treffende Zuordnungsentscheidung des Unternehmers wird in der Regel in der Umsatzsteuer-Voranmeldung des Voranmeldungszeitraums, in den der Leistungsbezug fällt, spätestens aber --mit endgültiger Wirkung-- in der zeitnah erstellten Umsatzsteuerjahreserklärung erfolgen, wobei eine "zeitnahe" Dokumentation der Zuordnungsentscheidung nur dann vorliegt, wenn diese bis zur gesetzlichen Abgabefrist für Steuererklärungen dem Finanzamt --also bis zum 31. Mai des Folgejahres-- gegenüber abgegeben wurde (BFH-Urteil vom 7. Juli 2011 V R 42/09, BFHE 234, 519, BStBl II 2014, 76).
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d) Im Streitfall wurde nach den Feststellungen des FG die Umsatzsteuerjahreserklärung für das Streitjahr am 17. März 2005 abgegeben, somit erst nach Ablauf des 31. Mai 2004. Es fehlen Feststellungen des FG dazu, ob --entsprechend der Behauptung der Klägerin-- sich eine Zuordnungsentscheidung ausdrücklich oder sinngemäß aus den Voranmeldungen der Klägerin entnehmen lässt. Diese Feststellungen hat das FG bei seiner erneuten Entscheidung nachzuholen.
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3. Ergibt sich aus den Voranmeldungen mangels Vorsteuerabzugs für den Wohnteil keine rechtzeitige Zuordnungsentscheidung, ist der Vorsteuerabzug zu versagen. Liegt eine rechtzeitige Zuordnungsentscheidung hingegen vor, ist weiter zu prüfen, ob die Klägerin beabsichtigte, die Wohnräume für Zwecke einer --den Vorsteuerabzug ausschließenden-- steuerfreien Vermietung (vgl. EuGH-Urteil vom 23. April 2009 C-460/07 --Puffer--, Slg. 2009, I-3251) zu nutzen. Hierbei ist das EuGH-Urteil vom 18. Juli 2013 C-210/11 --Medicom-- (Deutsches Steuerrecht 2013, 1604) zu beachten.
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