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BFH 25.09.2012 - I B 29/12
BFH 25.09.2012 - I B 29/12 - Ende der Gewerbesteuerpflicht bei einer Kapitalgesellschaft
Normen
§ 2 Abs 1 GewStG 2002, § 2 Abs 2 GewStG 2002, § 115 Abs 2 Nr 1 FGO
Vorinstanz
vorgehend Hessisches Finanzgericht, 1. Februar 2012, Az: 8 K 2632/11, Urteil
Leitsatz
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1. NV: Die Steuerpflicht endet, wenn die Kapitalgesellschaft jegliche Tätigkeit einstellt, also nicht nur die eigentliche (werbende) Tätigkeit, vielmehr auch die Verwertungstätigkeit im Rahmen der Abwicklung .
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2. NV: Werden in den Bilanzen weder Erträge noch Verbindlichkeiten oder verteilbares Gesellschaftsvermögen ausgewiesen, ist das "wirtschaftliche Leben" (vgl. RFH-Urteil vom 12. Dezember 1939 I A 342/39, RStBl 1940, 435) einer Kapitalgesellschaft beendet .
Tatbestand
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I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), eine GmbH, hat als Gesellschaftszweck die Verwaltung eigenen Vermögens angegeben. Unklar ist, bis wann die Klägerin eine gewerbliche Tätigkeit ausgeübt hat und wann das verbleibende Gesellschaftsvermögen an die Gesellschafter verteilt wurde. Gegenüber dem Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) hat die Klägerin im Jahr 2000 erklärt, dass sie ihre gewerbliche Tätigkeit eingestellt habe, den Betrieb aber nicht aufgebe. Im Jahr 2004 hat sie dem FA gegenüber erklärt, dass sie weder aufgelöst noch ihre Auflösung beabsichtigt sei. Nach dem Vortrag im Einspruchsverfahren war die Klägerin allerdings bereits im Jahr 2000 abgemeldet und das Gesellschaftsvermögen vor dem Jahr 2005 aufgebraucht oder an die Gesellschafter verteilt worden. Zwei Anträgen des FA in den Jahren 2008 und 2010 auf Löschung der Klägerin im Handelsregister hat die Klägerin widersprochen. Zuletzt wurde gegenüber dem Registergericht die Vermögenslosigkeit der Klägerin bestritten. Aus im Jahr 2008 eingereichten Körperschaftsteuererklärungen sowie beigefügten Bilanzen der Jahre 2005 bis 2009 ergibt sich, dass die Klägerin über ein gezeichnetes Kapital in Höhe von 26.000 € verfügte, dem jeweils ein Verlustvortrag in der gleichen Höhe gegenüberstand.
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Für die Streitjahre hat die Klägerin keine Gewerbesteuererklärungen abgegeben. Das FA erließ auf 0 € lautende Gewerbesteuermessbescheide für die Streitjahre (2005 bis 2008) im Wege der Schätzung. Für das Jahr 2009 wurde die Klägerin zur Abgabe einer Erklärung aufgefordert und, da die Klägerin dieser Aufforderung nicht nachgekommen war, ein Zwangsgeld festgesetzt.
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Mit ihrer nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage wendet sich die Klägerin gegen die Gewerbesteuerpflicht dem Grunde nach. Das Hessische Finanzgericht (FG) hat die Klage mit Urteil vom 1. Februar 2012 (Az. 8 K 2632/11) überwiegend abgewiesen. Zwar habe die Klägerin in den Streitjahren keine Erträge erzielt und die Bilanzen hätten weder Verbindlichkeiten noch verteilbares Gesellschaftsvermögen ausgewiesen, die Klägerin habe aber sowohl 2008 als auch 2010 der Löschung im Handelsregister widersprochen und dabei sogar ausdrücklich die Vermögenslosigkeit bestritten. Es könne daher nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin in den Streitjahren bereits vollbeendet gewesen sei.
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Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Beschwerde. Sie ist der Auffassung, dass eine Vollbeendigung bereits dann vorliegt, wenn die Gesellschaft ihre werbende Tätigkeit eingestellt hat, kein verteilbares Vermögen der Gesellschaft vorhanden ist und die Bilanzen keine Forderungen ausweisen.
Entscheidungsgründe
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II. Die Beschwerde der Klägerin genügt nicht den Anforderungen an die Darlegung der in § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) genannten Gründe für die Zulassung der Revision (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO). Sie ist deshalb als unzulässig zu verwerfen.
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1. Das gilt zunächst für den Vortrag, dem Rechtsstreit komme deshalb grundsätzliche Bedeutung zu (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO), weil zu klären sei, "ob bereits dann eine Vollbeendigung einer körperschaftsteuerpflichtigen Gesellschaft mit der Folge des Endes der sachlichen Gewerbesteuerpflicht vorliegt, wenn die Gesellschaft ihre werbende Tätigkeit eingestellt hat und kein verteilbares Vermögen der Gesellschaft vorliegt und die Bilanzen der streitbefangenen Jahre keine Forderungen ausweisen".
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Der Vortrag lässt außer Acht, dass einer Rechtssache nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) nur dann "grundsätzliche Bedeutung" i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zukommt, wenn die für die Beurteilung des Streitfalles maßgebliche Rechtsfrage das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt, d.h. wenn die Beantwortung der Rechtsfrage aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und/oder Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt (vgl. z.B. Senatsbeschluss vom 21. April 1999 I B 99/98, BFHE 188, 372, BStBl II 2000, 254; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 115 Rz 23, mit zahlreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung des BFH). Die Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und im Streitfall klärungsfähig sein. An der Klärungsbedürftigkeit fehlt es, wenn sich die Antwort auf die streitige Rechtsfrage ohne weiteres aus dem klaren Wortlaut und Sinngehalt des Gesetzes ergibt, die Rechtslage also eindeutig ist (Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 28, m.w.N. aus der Rechtsprechung).
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Nach diesen Maßstäben ist die von der Klägerin aufgeworfene Rechtsfrage mangels Klärungsbedürftigkeit nicht von grundsätzlicher Bedeutung. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 des Gewerbesteuergesetzes gilt die Tätigkeit einer Kapitalgesellschaft stets und in vollem Umfang als Gewerbebetrieb und unterliegt hiermit der Gewerbesteuer. Die Steuerpflicht endet, wenn die Kapitalgesellschaft jegliche Tätigkeit einstellt, also nicht nur die eigentliche (werbende) Tätigkeit, vielmehr auch die Verwertungstätigkeit im Rahmen der Abwicklung, die ihrerseits mit der letzten Abwicklungshandlung endet (vgl. Senatsurteil vom 29. November 2000 I R 28/00, BFH/NV 2001, 816; BFH-Urteil vom 24. April 1980 IV R 68/77, BFHE 131, 70, BStBl II 1980, 658, m.w.N.; Senatsurteil vom 6. Juli 1983 I R 12/79, juris; Frotscher in Frotscher/Maas, KStG/GewStG/ UmwStG, § 2 GewStG Rz 149; Sarrazin in Lenski/Steinberg, Gewerbesteuergesetz, § 2 Rz 2526 ff.; Güroff in Glanegger/ Güroff, GewStG, 7. Aufl., § 2 Rz 344; R 2.6 Abs. 4 Satz 3 der Gewerbesteuer-Richtlinien 2009).
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Nach den insoweit bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) wurden in den Bilanzen der Klägerin weder Erträge noch Verbindlichkeiten oder verteilbares Gesellschaftsvermögen ausgewiesen. Folglich konnte auch keine Schlussverteilung mehr stattfinden. Das Gesellschaftsvermögen der Klägerin war abschließend auf die Gesellschafter verteilt. Der Umstand, dass die Gesellschafter der Klägerin möglicherweise beabsichtigten, Beteiligungsvermögen in die Klägerin einzulegen, oder dass sie ein privates Interesse am Fortbestand der Klägerin hatten, ändert daran nichts. Die Kapitalgesellschaft ist als juristische Person insoweit von ihren Gesellschaftern zu trennen (vgl. Senatsurteil in BFH/NV 2001, 816). Auch die rein theoretische Möglichkeit, den GmbH-Mantel zu veräußern, führt zu keinem anderen Ergebnis. Das "wirtschaftliche Leben" (vgl. Urteil des Reichsfinanzhofs vom 12. Dezember 1939 I A 342/39, RFHE 48, 77, RStBl 1940, 435) der Klägerin war mangels verteilbaren Gesellschaftsvermögens beendet.
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Die Vorinstanz hat im konkreten Rechtsstreit, dem die nicht mehr klärungsbedürftige Rechtsfrage zugrunde zu legen war, zwar mit abweichendem Ergebnis entschieden, Fehler bei der Auslegung und Anwendung des materiellen Rechts im konkreten Einzelfall rechtfertigen für sich gesehen aber nicht die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (BFH-Beschluss vom 8. März 2006 VII B 233/05, BFH/NV 2006, 1252; Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 115 FGO Rz 47; Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 25, jeweils m.w.N.).
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2. Entsprechendes gilt für den Vortrag, die Fortbildung des Rechts erfordere eine Entscheidung des BFH (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alternative FGO).
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3. Die Klägerin hat ferner geltend gemacht, eine Entscheidung des BFH sei zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung erforderlich (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO), indes weder eine schlüssige Divergenzrüge erhoben noch einen sog. qualifizierten Rechtsanwendungsfehler dargetan (zu den Voraussetzungen im Einzelnen vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 17. Januar 2006 VIII B 172/05, BFH/NV 2006, 799).
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