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BFH 18.04.2012 - I B 123/11
BFH 18.04.2012 - I B 123/11 - Inanspruchnahme eines Haftungsschuldners, Rüge mangelhafter Sachaufklärung
Normen
§ 191 AO, § 76 Abs 1 FGO, § 115 Abs 1 FGO, § 115 Abs 2 Nr 3 FGO
Vorinstanz
vorgehend FG Nürnberg, 1. Juni 2011, Az: 3 K 455/2008, Urteil
Leitsatz
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1. NV: Ob und in welchem Umfang die Finanzbehörde die Ausübung des Entschließungsermessens bei der Heranziehung eines Haftungsschuldners zu begründen hat, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab .
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2. NV: Die Sachaufklärungsrüge ist nicht geeignet, Beweisanträge oder Fragen zu ersetzen, die ein fachkundig vertretener Beteiligter selbst in zumutbarer Weise in der mündlichen Verhandlung beim FG hätte stellen können .
Tatbestand
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I. Streitpunkt ist die Rechtmäßigkeit eines Haftungsbescheids, mit dem der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) für die unterbliebene Anmeldung und Abführung von Steuerabzugsbeträgen für die Jahre 1994 bis 2000 in Anspruch genommen wird.
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Der Kläger veranstaltete im vorgenannten Zeitraum als Einzelunternehmer im Inland eine Vielzahl von Konzerten und Sportveranstaltungen mit im Ausland wohnhaften Künstlern und Sportlern. Von deren Vergütungen behielt der Kläger vielfach Steuerabzugsbeträge nach § 50a des Einkommensteuergesetzes (EStG) ein, führte diese jedoch nur in geringem Umfang an den Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) ab.
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Im Juli 2000 gründete der Kläger die X-AG, deren alleiniger Vorstand er war und die seinen Geschäftsbetrieb übernahm. Ein vom Kläger im April 2001 gestellter Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der X-AG wurde im April 2002 mangels Masse abgelehnt. Das FA, bei dem auch die X-AG steuerlich erfasst wurde, erhielt im Juli 2000 Kenntnis von deren Gründung.
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Ab November 2000 führte die Steuerfahndungsstelle des Finanzamts … beim Kläger eine Fahndungsprüfung durch. Nach Einleitung eines Strafverfahrens erging am 16. März 2001 Haftbefehl gegen den Kläger. Er wurde bis August 2001 in Untersuchungshaft genommen.
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Im September 2001 erließ das FA gegen den Kläger einen Haftungsbescheid wegen nicht angemeldeter und abgeführter Abzugsteuern im Gesamtbetrag von rd. 2,65 Mio. DM, der in der Einspruchsentscheidung auf rd. 2,5 Mio. DM reduziert wurde. Die anschließende Klage hatte lediglich insoweit Erfolg, als das Finanzgericht (FG) Nürnberg den Haftungsbetrag mit Urteil vom 1. Juni 2011 3 K 455/2008 auf insgesamt 2.329.194,88 DM herabgesetzt hat.
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Der Kläger beantragt mit seiner Beschwerde die Zulassung der Revision gegen das FG-Urteil und stützt sein Begehren auf alle in § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) aufgeführten Zulassungsgründe.
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Das FA beantragt, die Nichtzulassungsbeschwerde zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen. Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen --soweit sie den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO entsprechend dargetan sind-- nicht vor.
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1. In Bezug auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) und der Erforderlichkeit einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) möchte der Kläger geklärt wissen, ob "das Entschließungsermessen einer Finanzbehörde bei Erlass eines Haftungsbescheides auch dann nicht besonders zu begründen (ist), wenn sich im Laufe des Verfahrens herausstellt, dass die Steuerbehörde einen Anspruch gegen einen nicht unvermögenden Dritten geltend machen kann, dieses aber aufgrund der Aufgabenverteilung zwischen dem Steuerfahndungsfinanzamt auf der einen Seite und dem Steuerfestsetzungsfinanzamt auf der anderen Seite durch Zuwarten auf Ergebnisse aus der Steuerfahndung unterlässt".
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Die Frage ist indes im Streitfall nicht klärungsfähig, weil sie einen Sachverhalt voraussetzt, der sich in den tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils nicht wiederfindet. So enthält der Tatbestand des FG-Urteils keine Feststellung dazu, dass die X-AG vermögend und in der Lage gewesen wäre, die dem streitbefangenen Haftungsbescheid zugrunde liegenden Abzugsteuern zu entrichten; das FG hat vielmehr festgestellt, dass die X-AG jedenfalls ab dem Zeitpunkt der Beantragung des Insolvenzverfahrens im April 2001 keine liquide Schuldnerin war.
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Des Weiteren --und vor allem-- kann den tatrichterlichen Feststellungen kein Anhalt dafür entnommen werden, dass das FA im Streitfall "aufgrund der Aufgabenverteilung zwischen dem Steuerfahndungsfinanzamt auf der einen Seite und dem Steuerfestsetzungsfinanzamt auf der anderen Seite" pflichtwidrig unterlassen hat, rechtzeitig die X-AG als mögliche weitere Haftungsschuldnerin in Anspruch zu nehmen. Das FG ist vielmehr zu dem Ergebnis gekommen, dass sich das FA im Zusammenhang mit der X-AG weder im Hinblick auf etwaige Sicherungsmöglichkeiten noch sonst pflichtwidrig verhalten hat.
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Im Übrigen hängt die Frage, ob und in welchem Umfang die Finanzbehörde die Ausübung des Entschließungsermessens bei der Heranziehung eines Haftungsschuldners zu begründen hat, wesentlich von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab und entzieht sich der vom Kläger angestrebten allgemeingültigen Klärung. Das zeigt sich im Streitfall z.B. daran, dass das FG insoweit insbesondere auch auf den Grad des Verschuldens des Klägers und darauf abgestellt hat, dass dieser selbst gegenüber dem FA --obwohl als Gründer und alleiniger Vorstand der X-AG über deren Verhältnisse im Bilde-- bis zum Abschluss des Einspruchsverfahrens über den Haftungsbescheid ein pflichtwidriges Unterlassen der Behörden im Zusammenhang mit der X-AG nicht geltend gemacht habe.
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2. Die behauptete Divergenz des FG-Urteils zur BFH-Rechtsprechung (Zulassungsgrund der Erforderlichkeit einer Entscheidung des BFH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung, § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) liegt nicht vor. Vielmehr hat das FG sich für seine Annahme, das Entschließungsermessen zur Haftungsinanspruchnahme des Klägers habe keiner besonderen Begründung bedurft, auf das BFH-Urteil vom 13. Juni 1997 VII R 96/96 (BFH/NV 1998, 4) gestützt, wonach das FA seine Entschließung, den Haftenden in Anspruch zu nehmen (Entschließungsermessen), im Regelfall, wenn außergewöhnliche Umstände nicht vorgetragen und nicht ersichtlich sind, jedenfalls dann nicht besonders begründen muss, wenn eine anderweitige Realisierung des Steueranspruchs nicht möglich ist. Dessen Voraussetzungen hat das FG für gegeben erachtet, weil einerseits --was es im Rahmen des Auswahlermessens geprüft hat-- die Steuerschuldner im Ausland ansässig waren und die X-AG zum Zeitpunkt des Erlasses des Haftungsbescheids insolvent war und weil andererseits mangels pflichtwidrigen Unterlassens eines Zugriffs auf die X-AG als denkbare weitere Haftungsschuldnerin in der Vergangenheit aus den oben genannten Gründen keine außergewöhnlichen Umstände vorgelegen haben, die ausnahmsweise gleichwohl eine Begründung des Entschließungsermessens erfordert hätten. Das FG hat mithin nicht --wie es in der Beschwerdebegründung heißt-- "konkludent" einen allgemeinen Rechtssatz dahingehend aufgestellt, dass die Inanspruchnahme eines Haftungsschuldners auch dann keiner Begründung bedürfe, wenn andere (solvente) Haftungsschuldner in Betracht kämen.
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3. Die Vorinstanz hat nicht den Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs (§ 96 Abs. 2 FGO, Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes) dadurch verletzt, dass sie entscheidungserhebliches Vorbringen des Klägers unbeachtet gelassen hätte.
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Der Kläger macht als Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) geltend, das FG habe sich im Rahmen der Prüfung des Entschließungsermessens nicht mit seinem erstinstanzlichen Vorbringen befasst, wonach auch zu erwägen gewesen sei, ob wegen der Übernahme des Geschäftsbetriebs des Klägers auch die X-AG als Haftungsschuldnerin in Betracht kommen würde. Die Rüge ist unbegründet. Denn das FG hat sich durchaus mit der Möglichkeit einer Inanspruchnahme der X-AG befasst, nämlich einerseits im Rahmen des Auswahlermessens in Bezug auf die Frage, ob die X-AG zum Zeitpunkt des Erlasses des Haftungsbescheids als solvente weitere Haftungsschuldnerin in Betracht gekommen wäre und andererseits --was die Zeit vor dem Erlass des Haftungsbescheids betrifft-- in Bezug darauf, ob das FA durch pflichtwidrige Unterlassungen in der Vergangenheit bestehende Befriedigungs- oder Sicherungsmöglichkeiten gegenüber der X-AG versäumt hat, was gegebenenfalls eine besondere Begründung des Entschließungsermessens erforderlich gemacht hätte.
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Mithin kann nicht davon die Rede sein, dass das FG Vorbringen des Klägers, das aus seiner (des FG) materiell-rechtlichen Sicht entscheidungserheblich gewesen wäre, unbeachtet gelassen hat. Der Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs gebietet die Kenntnisnahme und ernstliche Erwägung des Beteiligtenvorbringens (Senatsbeschlüsse vom 26. April 1995 I B 166/94, BFHE 177, 451, BStBl II 1995, 532; vom 20. Juni 2011 I B 108/10, BFH/NV 2011, 1924); er macht keine Vorgaben dazu, welche rechtlichen Schlüsse das Gericht aus dem Vorbringen zu ziehen hat.
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4. Die Berufung auf einen Verstoß des FG gegen die richterliche Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) führt ebenfalls nicht zur Zulassung der Revision. Der Kläger bemängelt in diesem Zusammenhang, dass das FG, wenn es die im Sitzungstermin vom 11. Mai 2011 vom Klägervertreter vorgelegte E-Mail des Zeugen … vom 17. Januar 2001 nicht als geeigneten Beleg für eine Kontaktaufnahme mit dem FA mit dem Ziel einer Sicherheitsleistung der X-AG ansehe, nicht auch den im Verteiler der E-Mail genannten … als Zeugen angehört habe.
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Die Rüge muss schon deshalb ohne Erfolg bleiben, weil nicht ersichtlich ist --und in der Beschwerdebegründung dazu nichts vorgetragen worden ist--, warum der Kläger die unterbliebene Ladung und Anhörung des … als Zeuge nicht spätestens in der mündlichen Verhandlung vom 1. Juni 2011 gegenüber dem FG gerügt hat. Die Verletzung der Sachaufklärungspflicht gehört zu den "verzichtbaren" Verfahrensmängeln, die nicht mehr mit Erfolg geltend gemacht werden können, wenn die Beteiligten sie nicht in der nächsten mündlichen Verhandlung rügen (z.B. BFH-Beschluss vom 1. September 2008 IV B 4/08, BFH/NV 2009, 35; Senatsbeschluss vom 26. Mai 2009 I B 20/09, juris; Gräber/ Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 115 Rz 101, m.w.N.). Die Sachaufklärungsrüge kann nicht dazu dienen, Beweisanträge oder Fragen zu ersetzen, welche ein fachkundig vertretener Beteiligter --wie hier der Kläger-- selbst in zumutbarer Weise hätte stellen können, jedoch zu stellen unterlassen hat (BFH-Beschluss vom 22. Oktober 2009 V B 108/08, BFH/NV 2010, 170, m.w.N.).
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Die rechtzeitige Rüge konnte nicht deshalb unterbleiben, weil das FG --abweichend von der Bewertung des Klägers-- nicht schon die E-Mail selbst in Verbindung mit den Zeugenaussagen als hinreichenden Beleg für die Beweisbehauptung des Klägers angesehen hat. Denn ein umsichtiger Prozessvertreter muss stets gewärtigen, dass das Gericht die Beweismittel abweichend würdigt und ist deshalb gehalten, vorsorglich alle von ihm für zweckmäßig erachteten Beweisanträge zu stellen und ihre Ablehnung gegebenenfalls rechtzeitig zu rügen.
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5. Schließlich macht der Kläger geltend, das FG-Urteil sei greifbar gesetzwidrig, weil es mit dem Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden nicht zu vereinbaren sei, den Kläger für die Quellensteuer nach § 50a EStG in Haftung zu nehmen, obwohl auch das FA ein Fehlverhalten gezeigt habe; es wäre bei richtiger Handlungsweise des FA nicht zur Haftungsinanspruchnahme des Klägers gekommen, denn die im Raum stehenden Haftungssummen wären von der X-AG bezahlt worden; selbst rechtlich Unkundigen verschließe sich das Verständnis dafür, dass im Streitfall Einnahmemöglichkeiten der öffentlichen Hand in nachlässiger Weise ungenutzt gelassen worden seien, um später denjenigen in Anspruch zu nehmen, der ohnehin nichts mehr habe. Auch dieses Vorbringen verhilft der Beschwerde indes nicht zum Erfolg.
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Allerdings können besonders schwerwiegende Fehler des FG bei der Auslegung revisiblen Rechts, die geeignet sind, das Vertrauen in die Rechtsprechung zu beschädigen, die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO (Erforderlichkeit einer Entscheidung des BFH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung) ermöglichen. In diesem Sinne greifbar gesetzwidrig ist eine Entscheidung dann, wenn sie objektiv willkürlich und unter keinem Gesichtspunkt rechtlich vertretbar ist (BFH-Beschluss in BFH/NV 2009, 35; Senatsbeschluss vom 1. Juli 2009 I B 231/08, juris, jeweils m.w.N.). Ein solcher Fall liegt im Streitfall nicht vor.
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Das FG hat seine Annahme, die beteiligten Behörden hätten in Bezug auf eine Haftungsinanspruchnahme bzw. die Entgegennahme von Sicherheiten keine Pflichtverletzungen begangen, anhand der Aktenlage ausführlich und fundiert begründet, so dass schon der Ausgangspunkt der Beurteilung des Klägers nicht zutrifft. Sodann lässt der Kläger den vom FG hervorgehobenen Mitverschuldensaspekt gänzlich außer Acht. Der Kläger war als Gesellschafter und alleiniger Vorstand der X-AG über deren Vertragslage und finanzielle Situation mindestens ebenso gut --wahrscheinlich besser-- informiert wie z.B. das FA. Wenn die X-AG (zumindest im Verhältnis zum Kläger) tatsächlich zur Übernahme der streitbefangenen Haftungsschuld verpflichtet und außerdem innerhalb der relativ kurzen Zeitspanne zwischen ihrer Gründung im Juli 2000 und der Beantragung des Insolvenzverfahrens im April 2001 so liquide gewesen wäre, die Schuld zu begleichen, hätte es nahe gelegen, dass der Kläger im höchsteigenen Interesse --als Vorstand der X-AG war er dazu berechtigt und in der Lage-- die zur Tilgung der Schuld erforderlichen Schritte auch ohne förmlichen Haftungsbescheid das FA unternommen hätte oder dieses zumindest rechtzeitig und fundiert über etwaige Befriedigungsmöglichkeiten informiert. Vor dem Hintergrund, dass der angeblich "reiche" und zahlungswillige Dritte als möglicher sekundärer Haftungsschuldner hier vom primären Haftungsschuldner beherrscht wurde, erscheint demnach die gesamte Argumentation des Klägers in Bezug auf die vermeintlichen Versäumnisse der Finanzbehörden hinsichtlich einer rechtzeitigen Inanspruchnahme der X-AG fragwürdig. Darauf lässt sich mithin eine Beurteilung des FG-Urteils als greifbar gesetzwidrig nicht stützen.
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Außerdem ist der Kläger, der die Abzugsteuern nicht angemeldet und abgeführt hat, obwohl er sie zuvor von den Vergütungen der Künstler und Sportler einbehalten hatte, offenkundig nicht etwa versehentlich oder aus Rechtsunkenntnis in die Lage des Haftungsschuldners geraten, sondern wollte sich offenbar persönlich an den nicht weitergeleiteten Steuern bereichern. Deshalb fiele es selbst dann schwer, seine Haftungsinanspruchnahme als unvertretbar oder willkürlich zu werten, wenn das FA etwaige Befriedigungsmöglichkeiten bei der X-AG als denkbarer sekundärer Haftungsschuldnerin versäumt hätte.
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