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BFH 08.09.2010 - X B 213/09
BFH 08.09.2010 - X B 213/09 - Beweiswürdigung - Überzeugungsbildung aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens - Kein Erfordernis absoluter Gewissheit
Normen
§ 96 Abs 1 S 1 FGO, § 115 Abs 2 Nr 2 Alt 2 FGO, § 115 Abs 2 Nr 3 FGO, § 116 Abs 3 S 3 FGO
Vorinstanz
vorgehend FG Münster, 5. November 2009, Az: 3 K 2221/06 E, Urteil
Leitsatz
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NV: Es liegt kein Verstoß gegen die Verpflichtung zur Entscheidung aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens vor, wenn sich das FG - ungeachtet des Ergebnisses seiner Würdigung - mit allen Aspekten auseinander gesetzt hat .
Tatbestand
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I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) wendet sich gegen ein Urteil, mit dem das Finanzgericht (FG) Hinzuschätzungen des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt --FA--) zu seinen Einkünften als selbständiger EDV-Berater dem Grunde nach für rechtmäßig erachtet hat.
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Das FA und das FG waren aufgrund verschiedener Indizien zu der Auffassung gekommen, dass der Kläger seine Honorare nicht vollständig erklärt habe. Die vereinbarten Honorare seien im Wege eines sogenannten Honorarsplittings zu einem --in der Steuererklärung nicht enthaltenen-- Teil über zwei zwischengeschaltete Firmen auf Schweizer Konten gezahlt worden, die dem Kläger zuzurechnen seien. Der Kläger stützt seine Beschwerde auf Abweichungen von der höchstrichterlichen Rechtsprechung sowie Verfahrensmängel.
Entscheidungsgründe
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II. Ob der Kläger die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) in einer den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO entsprechenden Weise dargelegt hat, kann dahingestellt bleiben. Die Beschwerde ist jedenfalls unbegründet.
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1. Der Kläger meint, das FG sei von der gefestigten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur richterlichen Überzeugungsbildung abgewichen, womit er sinngemäß geltend macht, die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordere die Revisionszulassung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO. Es lägen Abweichungen von verschiedenen abstrakten Rechtssätzen des BFH vor.
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a) So entspreche das FG-Urteil nicht dem in dem Urteil des BFH vom 21. Oktober 1988 III R 194/84 (BFHE 155, 232, BStBl II 1989, 216) aufgestellten Grundsatz, dass für die Urteilsfindung das Prinzip der richterlichen Überzeugung maßgebend sei.
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Das FG hat weder ausdrücklich noch implizit einen abstrakten Rechtssatz gebildet, der von diesen Grundsätzen abwiche. Das FG hat auf der Grundlage verschiedener Beweismittel die Überzeugung gewonnen, dass sich das Honorarsplitting tatsächlich zugetragen habe. Das ergibt sich aus der Formulierung auf den Seiten 7/8 des angefochtenen Urteils:
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"Der Senat ist davon überzeugt, dass auch dem Kläger diese Möglichkeit bekannt war und er das Honorarsplitting tatsächlich in Anspruch genommen hat. Das ergibt sich aus ..."
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Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass das FG tatsächlich nicht von diesem Ergebnis überzeugt war, hat der Kläger nicht vorgetragen und sind auch nicht ersichtlich.
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Soweit der Kläger der Auffassung ist, das FG habe aufgrund der vorliegenden Beweismittel zu dieser Überzeugung nicht kommen dürfen, wendet er sich gegen die Beweiswürdigung im Einzelfall, die als Frage des materiellen Rechts eine Zulassung der Revision grundsätzlich nicht rechtfertigt.
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b) Aus demselben Grunde liegt auch keine Divergenz zu dem BFH-Urteil vom 24. März 1987 VII R 155/85 (BFH/NV 1987, 560) vor.
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Der BFH hat darin ausgeführt, dass zur Überzeugungsbildung Gewissheit oder an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit erforderlich sei. Der Tatrichter müsse ohne Bindung an gesetzliche Beweisregeln und nur seinem persönlichen Gewissen unterworfen persönliche Gewissheit in einem Maße erlangen, dass er an sich mögliche Zweifel überwinde und sich von einem bestimmten Sachverhalt als wahr überzeugen könne, wobei der Richter nicht eine von allen Zweifeln freie Überzeugung anstreben dürfe, sich in tatsächlich zweifelhaften Fällen vielmehr mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit überzeugen müsse.
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Diesen Rechtsgrundsätzen ist das FG bei seiner Überzeugungsbildung gefolgt.
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Im Übrigen stellt diese Entscheidung klar, dass für die Überzeugungsbildung keine absolute Gewissheit erforderlich ist und der Tatrichter auch in Zweifelsfällen zu einer bestimmten Überzeugung kommen darf, ohne an bestimmte Beweisregeln gebunden zu sein.
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c) Eine Abweichung zu dem BFH-Urteil vom 25. Mai 1988 I R 225/82 (BFHE 154, 7, BStBl II 1988, 944) liegt ebenfalls nicht vor.
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Der BFH hat darin ausgeführt, dass die subjektive Gewissheit des Tatrichters vom Vorliegen eines entscheidungserheblichen Geschehensablaufs bzw. Sachverhalts nur dann ausreichend und für das Revisionsgericht bindend ist, wenn sie auf einer logischen, verstandesmäßig einsichtigen Beweiswürdigung beruht, deren nachvollziehbare Folgerungen den Denkgesetzen entsprechen und von den festgestellten Tatsachen getragen sind.
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Es ist nicht erkennbar, dass das FG seiner Entscheidungsfindung abweichende Kriterien zu Grunde gelegt hätte. Selbst wenn die Beweiswürdigung und die Folgerungen des FG tatsächlich diesen Kriterien nicht genügten --was nicht der Fall ist--, wäre dies eine materiell-rechtliche Frage, die die Zulassung der Revision grundsätzlich nicht rechtfertigt.
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d) Soweit der Kläger Abweichungen von dem BFH-Urteil vom 19. (nicht 9.) September 1990 X R 79/88 (BFHE 162, 199, BStBl II 1991, 100) im Hinblick darauf rügt, dass der die Überzeugungsbildung leitende Maßstab eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit sein müsse, die weder auf Hypothesen noch auf Unterstellungen beruhen dürfe, kann diese Rüge bereits aus den unter a) bis c) genannten Gründen keinen Erfolg haben. Sie geht aber auch insofern fehl, als sich dieses Urteil mit der Verletzung rechtlichen Gehörs und mit der --auf Unterstellungen beruhenden-- fehlenden Sachaufklärung, aber nicht mit der richterlichen Überzeugungsbildung befasst. Im Übrigen sind die Angaben des Klägers, die Ermittlungen der Steuerfahndung … und verschiedene Dokumente, namentlich die Identität von Vertragsfassungen mit verschiedenen Unternehmen, auf die das FG sich gestützt hat, keine Unterstellungen.
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e) Von dem in dem BFH-Beschluss vom 11. Juli 2007 IV B 121/06 (BFH/NV 2007, 2241) aufgestellten Grundsatz "in dubio pro reo" ist das FG nach alledem ebenfalls nicht abgewichen, da es keine Zweifel hatte (vgl. unter a). Es kann daher dahingestellt bleiben, inwieweit der Grundsatz im konkreten Fall überhaupt einschlägig gewesen wäre.
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2. Soweit der Kläger einen Verfahrensfehler i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO in Gestalt eines Verstoßes gegen die Verpflichtung aus § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO, nach der freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung zu entscheiden, sieht, liegt dieser ebenfalls nicht vor.
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Das von dem Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung vorgelegte Schriftstück eines Vertreters eines der zwischengeschalteten Unternehmen hat das FG, der Behauptung des Klägers entgegen, gewürdigt. Es hat --zutreffend-- ausgeführt, die Erklärung gebe nichts dazu her, warum der Kläger freiwillig auf erhebliche Teile seines Honorars verzichten solle (S. 9 des Urteils). Eine weitere Auseinandersetzung mit der hinsichtlich des Verfahrensgegenstandes unergiebigen Erklärung war nicht erforderlich.
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Die Behauptung, das FG habe verfahrensfehlerhaft sämtliche gegen das Honorarsplitting sprechenden Aspekte unberücksichtigt gelassen, trifft nicht zu. Das FG hat die ergebnislose Durchsuchung sowie die Details der Zeugenaussage X, auch soweit sie den Kläger nicht belastete, ausdrücklich berücksichtigt. Dass es diesen Aspekten im Ergebnis nicht gefolgt ist, ist keine Frage des Verfahrens, sondern der Beweiswürdigung.
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Weitere Umstände, die das FG nicht gewürdigt habe, hat der Kläger nicht dargetan.
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