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BFH 24.08.2010 - VI B 14/10
BFH 24.08.2010 - VI B 14/10 - Lohn durch Teilnahme an einer Händlerincentivereise - Grundsätzliche Bedeutung - Notwendigkeit der Fortbildung des Rechts - Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung - Verfahrensmangel
Normen
§ 115 Abs 2 Nr 1 FGO, § 115 Abs 2 Nr 2 Alt 1 FGO, § 115 Abs 2 Nr 2 Alt 2 FGO, § 115 Abs 2 Nr 3 FGO, § 96 Abs 1 S 1 FGO, § 9 Abs 1 S 1 EStG 2002, § 12 Nr 1 S 2 EStG 2002, Art 103 Abs 1 GG
Vorinstanz
vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht, 27. November 2009, Az: 11 K 375/08, Urteil
Leitsatz
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NV: Auch bei einer Händlerincentivereise sind die Aufwendungen unter Beachtung der in der sog. Portugal-Entscheidung aufgestellten Kriterien aufzuteilen. Die beruflichen und privaten Zeitanteile einer Reise bilden grundsätzlich einen sachgerechten Aufteilungsmaßstab .
Tatbestand
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I. Im finanzgerichtlichen Verfahren war streitig, ob der Geschäftsführer der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) dadurch einen lohnsteuerrechtlichen Vorteil erlangt hatte, dass er an einer Incentivereise nach China teilgenommen hatte.
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Die Klägerin, die X-GmbH, führte für ihre Bezirks- und Verkaufsstellenleiter im Jahr 2003 eine achttägige Incentivereise nach China durch, für die insgesamt Kosten in Höhe von rund 95.000 € entstanden waren. Die Klägerin vertrat die Auffassung, dass die Teilnahme ihres Geschäftsführers an der Chinareise allein betrieblichen Zwecken gedient habe und daher kein Arbeitslohn vorliege.
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Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) vertrat dagegen im Anschluss an das Ergebnis einer bei der Klägerin durchgeführten Lohnsteuer-Außenprüfung die Auffassung, dass die Programmpunkte der Reise auf eine private Veranlassung hindeuteten, weil die Reise nahezu ausschließlich touristische Ziele umfasst habe, so dass unter Berücksichtigung eines betrieblichen Anteils der Reise in Höhe von 10 % ein nicht betrieblich veranlasster Anteil in Höhe von 90 % verbleibe, der beim Geschäftsführer der Klägerin als Lohn zu erfassen sei. Das FA nahm dementsprechend die Klägerin in Lohnsteuerhaftung.
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Das Finanzgericht (FG) entsprach der dagegen erhobenen Klage nur teilweise. Es ermittelte den der Lohnsteuerhaftung zugänglichen Lohnanteil insbesondere unter Bezugnahme auf die so genannte Portugal-Entscheidung des Senats (Urteil vom 18. August 2005 VI R 32/03, BFHE 210, 420, BStBl II 2006, 30) in der Weise, dass es die insgesamt entstandenen Reiseaufwendungen um die rein betriebsfunktionalen Reisebestandteile minderte und die verbleibende Summe den insgesamt 42 Reiseteilnehmern anteilig zurechnete, darunter auch dem Geschäftsführer der Klägerin. Den so ermittelten Gesamtbetrag je Teilnehmer in Höhe von 2.246,76 € kürzte das FG um den zeitlichen Anteil, der betrieblich veranlasst entstanden war, nämlich um 20 % und setzte in Bezug auf den Geschäftsführer der Klägerin in Höhe von 80 % Arbeitslohn an (1.797,41 €).
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Das FG hatte die Revision nicht zugelassen. Dagegen wendet sich die Klägerin mit der Nichtzulassungsbeschwerde. Sie beruft sich auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--), auf die Erforderlichkeit der Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alternative FGO), auf die Notwendigkeit der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO) sowie auf einen Verfahrensverstoß (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO).
Entscheidungsgründe
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II. Die Beschwerde ist unbegründet. Denn die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.
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1. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Die Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig sein (ständige Rechtsprechung, vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 12. Oktober 2007 VI B 161/06, BFH/NV 2008, 45, m.w.N.).
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Die Klägerin sieht die grundsätzlich bedeutsame Rechtsfrage darin, ob auch bei einer Händlerincentivereise der Maßstab für die Aufteilung der Zuwendung regelmäßig das Verhältnis der Zeitanteile sei, in dem die Reisebestandteile mit Vorteilscharakter zu den aus betriebsfunktionalen Gründen durchgeführten Reisebestandteilen stünden.
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Eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung kommt im Streitfall nicht in Betracht, weil es vorliegend an der Klärungsbedürftigkeit der als grundsätzlich bedeutsam angesehenen Rechtsfrage fehlt. Denn die Frage ist so zu beantworten, wie es das FG getan hat; dies ergibt sich auch schon aus der Rechtsprechung des Senats.
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Es ist zum einen schon nicht ersichtlich, dass für die Aufteilung der Zuwendungen bei Händlerincentivereisen besondere Maßstäbe gelten müssten. Solche hat die Klägerin auch nicht benannt. Zum anderen ergibt sich aus der Rechtsprechung des Senats, dass auch bei Händlerincentivereisen die allgemeinen, in der so genannten Portugal-Entscheidung aufgestellten Grundsätze zur Aufteilung gelten. Denn im Urteil vom 5. September 2006 VI R 49/05 (BFH/NV 2007, 217) geht der Senat im Falle einer Händlerincentivereise davon aus, dass die Aufwendungen für die Reise unter Beachtung der in der so genannten Portugal-Entscheidung aufgestellten Kriterien aufzuteilen seien (unter II.4. der Entscheidungsgründe). Dies gilt erst recht nach dem Beschluss des Großen Senats vom 21. September 2009 GrS 1/06 (BFHE 227, 1, BStBl II 2010, 672), nach dem als grundsätzlich sachgerechter Aufteilungsmaßstab für die Aufteilung von Kosten unabhängig von der jeweils betroffenen Einkunftsart grundsätzlich die beruflichen und privaten Zeitanteile einer Reise gelten. Dass für die Aufteilung der Zuwendungen nun für bestimmte Reisen besondere Maßstäbe gelten sollten, ist nicht ersichtlich.
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2. Angesichts dieser Rechtsprechung des BFH kann die Revisionszulassung auch nicht auf die Notwendigkeit der Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alternative FGO) gestützt werden. Denn auch dieser Revisionszulassungsgrund erfordert eine bisher ungeklärte abstrakte Rechtsfrage, die in einem künftigen Revisionsverfahren klärungsbedürftig, entscheidungserheblich und auch klärbar ist. Eine solche liegt indessen, wie vorstehend dargelegt, nicht vor.
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3. Die Zulassung der Revision kann auch nicht auf die Erforderlichkeit der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO gestützt werden. Denn danach ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH erfordert. In diesem Sinne ist eine Entscheidung des BFH u.a. dann erforderlich, wenn im Falle der so genannten Divergenz das FG seiner Entscheidung einen abstrakten Rechtssatz zu Grunde gelegt hat, der mit den tragenden Rechtsausführungen in der Divergenzentscheidung nicht übereinstimmt (vgl. BFH-Beschlüsse vom 6. November 2007 VI B 70/07, BFH/NV 2008, 216; vom 12. Oktober 2006 VI B 154/05, BFH/NV 2007, 51; Gräber/ Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 53; jeweils m.w.N.). Solche divergierenden Rechtssätze liegen indessen der mit Beschwerde angegriffenen Entscheidung des FG nicht zu Grunde. Wenn die Klägerin insoweit vorbringt, dass das FG vom Urteil des Sächsischen FG vom 31. Januar 2008 2 K 1500/07 abweiche, weil das FG dort entschieden habe, dass das eigene betriebliche Interesse an der Durchführung der Reise überwiege und daher kein Arbeitslohn vorliege, wenn die Reise der Intensivierung der Kundenbeziehung diene und der Mitarbeiter die Aufgabe übernommen hätte, die Reise zu planen und durchzuführen, werden damit keine divergierenden Rechtssätze dargelegt. Die Klägerin wendet sich mit diesem Vorbringen vielmehr gegen die Würdigung des FG, dass ihr Geschäftsführer durch die Teilnahme an der Reise einen lohnsteuerrechtlichen Vorteil erlangt habe. Die Entscheidung, ob sich Vorteile bei objektiver Würdigung aller Umstände nicht mehr als Entlohnung, sondern lediglich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzung erweisen, ist indessen Ergebnis der dem FG obliegenden tatrichterlichen Würdigung und Wertung, die als solche einer revisionsrechtlichen Nachprüfung durch den BFH weitgehend entzogen ist. Im Übrigen ist auch nicht ersichtlich, dass die tatrichterliche Bewertung des FG nicht möglich und vertretbar wäre. Entgegen der Auffassung der Klägerin blieb in der Entscheidung des FG auch nicht unberücksichtigt, dass die Durchführung der Reise Teil der vom Arbeitgeber übertragenen betrieblichen Aufgaben gewesen war. Denn das FG hatte insoweit das Vorbringen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung berücksichtigt und auf dieser Grundlage etwa eine Stunde täglich für dienstliche Belange angesetzt und daher den auf die betriebliche Veranlassung entfallenden zeitlichen Anteil mit 20 % geschätzt. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass der Ansatz einer Entlohnung nur dann insgesamt ausscheidet, wenn der jeweils verfolgte betriebliche Zweck ganz im Vordergrund steht und ein eigenes Interesse des Arbeitnehmers, den betreffenden Vorteil zu erlangen, daher zu vernachlässigen ist.
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4. Die Revisionszulassung kann auch nicht auf einen Verfahrensverstoß i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO gestützt werden. Denn ein Verfahrensmangel i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO i.V.m. § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO ist nur gegeben, wenn das FG seiner Entscheidung nicht das Gesamtergebnis des Verfahrens zu Grunde legt, insbesondere bei seiner Entscheidung von einem Sachverhalt ausgeht, der dem schriftlichen oder protokollierten Vorbringen der Beteiligten widerspricht, oder wenn das Gericht eine nach den Akten klar feststehende Tatsache unberücksichtigt gelassen hat (BFH-Beschluss vom 30. Mai 2007 X B 176/06, BFH/NV 2007, 1698). Wenn die Klägerin zu dem vermeintlichen Verfahrensverstoß sinngemäß vorbringt, dass das FG seine Entscheidung ohne Berücksichtigung des Gesamtergebnisses des Verfahrens nach § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO getroffen habe, indem es auf die Entscheidung des Sächsischen FG vom 31. Januar 2008 und die dazu im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren ergangene Entscheidung des BFH vom 2. Juli 2008 VI B 21/08 (BFH/NV 2008, 1680) nicht eingegangen sei, ist damit kein solcher Verfahrensfehler dargetan.
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Sollte das Vorbringen der Klägerin dahin zu verstehen sein, dass sie einen Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes) rügt, liegt dieser jedenfalls nicht vor. Denn der Anspruch auf rechtliches Gehör verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (vgl. Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 8. Juli 1997 1 BvR 1621/94, BVerfGE 96, 205, 216, Neue Juristische Wochenschrift 1997, 2310), aber nicht, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen detailliert zu befassen. Infolgedessen liegt kein Gehörsverstoß vor, wenn eine von den Prozessbeteiligten angeführte Entscheidung unerörtert bleibt, weil sie auf Grundlage der Rechtsauffassung und Würdigung des Gerichts ersichtlich nicht einschlägig ist. So liegt der Fall hier. Denn auf Grundlage der Würdigung des FG, dass der Geschäftsführer der Klägerin trotz der ihm zugewiesenen Organisations- und Betreuungsaufgaben durch die Teilnahme an der Chinareise einen lohnsteuerrechtlich erheblichen Vorteil erlangt habe, lagen der Entscheidung des Sächsischen FG einerseits und der hier mit Beschwerde angegriffenen Entscheidung des FG andererseits ersichtlich unterschiedliche Sachverhalte zu Grunde, so dass von Rechts wegen kein Anlass bestand, auch hierauf noch einzugehen.
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