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BFH 29.01.2010 - VII B 76/09
BFH 29.01.2010 - VII B 76/09 - Ausfuhrerstattung: Frist für die Vorlage der nach der sog. Russland-Entscheidung der Kommission zulässigen Einfuhr-Ersatznachweise
Normen
Art 16 Abs 1 EGV 800/1999, Art 16 Abs 2 EGV 800/1999, Art 49 Abs 2 EGV 800/1999, Art 49 Abs 5 EGV 800/1999, Art 50 Abs 2 EGV 800/1999, Art 3 Abs 1 EGV 1469/95
Vorinstanz
vorgehend FG Hamburg, 27. Januar 2009, Az: 4 K 97/05, Urteil
Leitsatz
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1. NV: Für die nach Art. 2 der sog. Russland-Entscheidung der Kommission anzuerkennenden Einfuhr-Ersatznachweise ist die zwölfmonatige Vorlagefrist des Art. 49 Abs. 2 VO 800/1999 nicht verlängert worden. Eine Überschreitung dieser Frist führt zur Kürzung oder zum Verlust des Erstattungsanspruchs.
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2. NV: Der Ablauf dieser Frist wird nicht durch eine gegen den Ausführer verhängte Maßnahmeverfügung gemäß der VO (EG) Nr. 1469/95 gehemmt.
Tatbestand
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I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) führte im Dezember 1999 zwei Partien Rindfleisch unter Inanspruchnahme vorfinanzierter Ausfuhrerstattung nach Russland aus. Anstelle der gemäß Art. 16 Abs. 1 und 2 der Verordnung (EG) Nr. 800/1999 (VO Nr. 800/1999) vorzulegenden Einfuhrnachweise übersandte die Klägerin dem Beklagten und Beschwerdegegner (Hauptzollamt --HZA--) die in Art. 2 der Entscheidung der Kommission (Russland-Entscheidung) vom 28. Juli 1999 K (1999) 2497 endg. über die Ankunftsnachweise bei Ausfuhren landwirtschaftlicher Erzeugnisse nach Russland genannten Dokumente. Mit der Begründung, die Klägerin habe diese Dokumente erst nach Ablauf der einjährigen Frist des Art. 49 Abs. 2 VO Nr. 800/1999 eingereicht, setzte das HZA die zu gewährende Ausfuhrerstattung auf 85 % des vorfinanzierten Betrags fest und forderte den Differenzbetrag zuzüglich eines Zuschlags von 15 % zurück.
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Die hiergegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) ab. Das FG urteilte, die Klägerin könne nur 85 % des Erstattungsbetrags beanspruchen, weil sie die erforderlichen Nachweisunterlagen erst innerhalb der sich nach Ablauf der einjährigen Vorlagefrist anschließenden Nachfrist des Art. 50 Abs. 2 VO Nr. 800/1999 eingereicht habe. Für die erste Ausfuhrsendung habe die Klägerin innerhalb der Vorlagefrist eine Kopie des CMR-Frachtbriefs eingereicht, eine nach Art. 2 Abs. 2 der Russland-Entscheidung erforderliche beglaubigte Kopie jedoch erst nach Ablauf dieser Frist. Ebenso sei für die zweite Ausfuhrsendung innerhalb der Zwölfmonatsfrist eine Kopie des Veterinärzertifikats, aber erst nach Fristablauf das Original-Veterinärzertifikat eingereicht worden. Einen Antrag auf Fristverlängerung habe die Klägerin nicht, wie es Art. 49 Abs. 5 VO Nr. 800/1999 erfordere, innerhalb der Frist des Art. 49 Abs. 2 VO Nr. 800/1999 gestellt. Auch könnten frühere Schreiben der Klägerin an das HZA ebenso wenig als konkludent gestellte Fristverlängerungsanträge gewertet werden wie Schreiben des HZA an die Klägerin als eine von Amts wegen gewährte Fristverlängerung. Die Vorlagefrist des Art. 49 Abs. 2 VO Nr. 800/1999 sei nicht durch die gegen die Klägerin verhängte Maßnahme gemäß Art. 3 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 1469/95 (VO Nr. 1469/95) des Rates vom 22. Juni 1995 über Vorkehrungen gegenüber bestimmten Begünstigten der vom EAGFL, Abteilung Garantie, finanzierten Maßnahmen (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. L 145/1) gehemmt oder unterbrochen worden und das HZA sei auch nicht verpflichtet gewesen, gegenüber der Klägerin einen Fristverlängerungsantrag anzuregen.
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Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin, welche sie auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache, der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung sowie des Verfahrensmangels (§ 115 Abs. 2 Nr. 1, 2 und 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) stützt.
Entscheidungsgründe
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II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg, weil die geltend gemachten Gründe für die Zulassung der Revision zum Teil nicht schlüssig dargelegt sind, wie es § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO erfordert, jedenfalls aber nicht vorliegen.
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1. Die Frage, ob die Zwölfmonatsfrist des Art. 49 Abs. 2 VO Nr. 800/1999 durch die Russland-Entscheidung um ein Jahr verlängert worden ist, ist nicht klärungsbedürftig, sondern lässt sich nach dem Wortlaut dieser Entscheidung eindeutig beantworten. Art. 1 Abs. 3 der Russland-Entscheidung verlängert die einjährige Vorlagefrist nur für die in Abs. 1 und 2 der Vorschrift als Ersatznachweis aufgeführten Dokumente um ein weiteres Jahr. Dagegen sieht Art. 2 der Russland-Entscheidung für die in dieser Vorschrift bezeichneten Dokumente, die als Ersatz für die nach Art. 16 Abs. 1 und 2 VO Nr. 800/1999 erforderlichen Nachweise anzuerkennen sind, keine Verlängerung der Vorlagefrist vor.
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Anders als die Beschwerde meint, ist das Fehlen einer Fristverlängerung in Art. 2 der Russland-Entscheidung nicht als ein offensichtliches Versehen der Kommission anzusehen. Die Regelung in Art. 1 der Russland-Entscheidung über anzuerkennende Einfuhr-Ersatznachweise gilt nach ihrem Abs. 4 Unterabs. 1 auch schon für Ausfuhren nach Russland, für die die Zollförmlichkeiten ab dem 1. Juli 1998 abgeschlossen wurden und die Erstattungszahlung noch aussteht. Diese Rückwirkung des Art. 1 der Russland-Entscheidung war erkennbar das Motiv der Kommission, die Vorlagefrist des Art. 49 Abs. 2 VO Nr. 800/1999 um ein Jahr zu verlängern, da ansonsten die nunmehr nach Art. 1 der Russland-Entscheidung anzuerkennenden und von den Ausführern eingereichten Ersatznachweise in manchen Fällen wegen des bereits eingetretenen Ablaufs der Vorlagefrist hätten zurückgewiesen werden müssen. Art. 2 der Russland-Entscheidung, um den es im Streitfall geht, gilt hingegen nicht rückwirkend, sondern nach seinem Abs. 3 erst ab dem ersten Tag des zweiten Monats nach Notifizierung der Russland-Entscheidung, also ab 1. September 1999. Es bestand daher für die Kommission kein Anlass, die Vorlagefrist für die nach Art. 2 der Russland-Entscheidung anzuerkennenden Ersatznachweise zu verlängern. Dies hat das FG bereits mit Urteil vom 12. Oktober 2004 IV 95/03 (nicht veröffentlicht), auf das es sich im Streitfall bezogen hat, zutreffend ausgeführt.
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2. Nach den Feststellungen des FG hat die Klägerin für die erste Ausfuhrsendung eine Kopie des Frachtbriefs innerhalb der einjährigen Vorlagefrist eingereicht, die nach Art. 2 Abs. 2 der Russland-Entscheidung erforderliche beglaubigte Kopie des Dokuments allerdings erst nach Fristablauf. Soweit die Beschwerde meint, das FG hätte die fristgerecht vorgelegte Kopie des quittierten Frachtbriefs als Ersatzdokument anerkennen müssen, rügt sie eine ihrer Ansicht nach unzutreffende Rechtsanwendung im Einzelfall, bezeichnet jedoch keine grundsätzlich klärungsbedürftige Rechtsfrage.
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Im Übrigen kann sich die Klägerin insoweit auch nicht auf das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) vom 28. Juni 2007 C-1/06 (Slg. 2007, I-5609) berufen, mit dem der EuGH entschieden hat, dass im Fall eines aus vom Ausführer nicht zu vertretenden Gründen nicht beizubringenden Ausfuhrnachweises die zuständige Behörde von Amts wegen zu prüfen hat, ob die vom Ausführer gemachten Angaben oder vorgelegten Unterlagen nach der Systematik sowie dem Sinn und Zweck der gemeinschaftsrechtlichen Erstattungsverordnung ausreichen. Zum einen lässt sich jener Entscheidung nicht entnehmen, dass die zuständige Behörde einen Ersatznachweis auch für ein besonderes Dokument i.S. des Art. 16 Abs. 4 VO Nr. 800/1999 (also einen Ersatznachweis für einen Ersatznachweis) zu akzeptieren hat. Zum anderen kann den Feststellungen des FG im Streitfall nicht entnommen werden, dass die Klägerin aus von ihr nicht zu vertretenden Gründen nicht in der Lage war, ein beglaubigtes Beförderungspapier fristgerecht vorzulegen.
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Anders als die Beschwerde meint, steht auch Art. 16 Abs. 3 VO Nr. 800/1999 der nach Art. 2 Abs. 2 der Russland-Entscheidung vorgeschriebenen Vorlage eines beglaubigten Beförderungspapiers nicht entgegen. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des FG verwiesen.
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3. Entsprechendes gilt, soweit die Beschwerde meint, das FG hätte die für die zweite Ausfuhrsendung fristgerecht vorgelegte Kopie des Veterinärzertifikats anerkennen müssen, da diese, wenn auch erst nach Ablauf der Vorlagefrist, durch das eingereichte Original inhaltlich bestätigt worden sei. Die Beschwerde hält lediglich die Rechtsanwendung des FG im Streitfall für unzutreffend und bezeichnet auch insoweit keine grundsätzlich klärungsbedürftige Rechtsfrage, wenn sie die Auffassung vertritt, bei der zu beachtenden Frist des Art. 49 Abs. 2 VO Nr. 800/1999 handele es sich um eine bloße Nebenpflicht. Der EuGH hat --worauf das FG-Urteil zutreffend hinweist-- bereits entschieden, dass ein Verstoß gegen diese Verfahrensvorschrift zur Kürzung oder zum Verlust des Erstattungsanspruchs führen kann (EuGH-Urteil vom 21. Juni 2007 C-428/05, Slg. 2007, I-5069).
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4. Die Frage, ob die auf Art. 3 Abs. 1 Buchst. b VO Nr. 1469/95 gestützte Maßnahmeverfügung des HZA den Ablauf der Frist des Art. 49 Abs. 2 VO Nr. 800/1999 gehemmt hat, ist nicht klärungsbedürftig, weil sie sich nur so beantworten lässt, wie es das FG getan hat. Den maßgeblichen gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften lässt sich nicht entnehmen, dass in Fällen, in denen die zuständige Behörde gemäß vorgenannter Vorschrift Erstattungszahlungen bzw. die Freigabe von Sicherheiten aussetzt, sämtliche verfahrensrechtlichen Fristen gehemmt sind. Wenn gegen den Ausführer eine solche Maßnahme verhängt und vor der Zahlung der Erstattung geprüft wird, ob eine Unregelmäßigkeit vorliegt, bedeutet dies nicht, dass der Ausführer während dieser Zeit hinsichtlich laufender Erstattungsvorgänge seinen verfahrensrechtlichen Pflichten nicht fristgerecht nachzukommen hat. Entgegen der von der Beschwerde vertretenen Auffassung lässt sich für diese Frage aus den für die steuerrechtliche Festsetzungsfrist geltenden Vorschriften des § 171 Abs. 5 und 6 der Abgabenordnung nichts herleiten. Soweit die Beschwerde --anders als das FG-- meint, bestimmten Schreiben des HZA an die Klägerin sei zu entnehmen, dass der Fristlauf unterbrochen sei, handelt es sich um eine Frage der tatsächlichen Würdigung des Einzelfalls ohne grundsätzliche Bedeutung.
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5. Um eine Frage des Einzelfalls, dem keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, handelt es sich auch, soweit die Beschwerde geltend macht, das HZA sei in Anbetracht der Besonderheiten des Streitfalls verpflichtet gewesen, gegenüber der Klägerin einen Antrag auf Fristverlängerung anzuregen.
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6. Das FG hat Schreiben der Klägerin an das HZA auch keinen konkludent gestellten Antrag auf Fristverlängerung entnehmen können. Wenn die Beschwerde demgegenüber meint, mit einem --einen anderen Ausfuhrvorgang betreffenden-- Schreiben an das HZA habe die Klägerin konkludent zum Ausdruck gebracht, dass sie auch für parallele Erstattungsverfahren bei nicht rechtzeitiger Vorlage eine Fristverlängerung wünsche, so wendet sie sich gegen die Tatsachenwürdigung des FG, bezeichnet aber keinen Verfahrensmangel.
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7. Ein Verfahrensmangel liegt auch nicht vor, soweit das FG den Beweisanträgen der Klägerin nicht nachgegangen ist, weil es nach dem insoweit maßgeblichen --und im Übrigen auch zutreffenden-- Rechtsstandpunkt des FG auf die unter Beweis gestellten Behauptungen der Klägerin nicht ankam.
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8. Zu dem geltend gemachten Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung in Gestalt eines gravierenden Rechtsanwendungsfehlers seitens des FG fehlt es an schlüssigen Darlegungen. Insoweit sieht der Senat von einer weiteren Begründung ab (§ 116 Abs. 5 Satz 2 FGO).
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