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BFH 19.01.2010 - VII B 230/09
BFH 19.01.2010 - VII B 230/09 - Keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen Selbstbehalte im Verbrauchsteuerrecht - Keine Revisionszulassung bei bloßer Behauptung einer Verfassungswidrigkeit
Normen
§ 115 Abs 2 Nr 1 FGO, § 25 Abs 4 MinöStG 1993, § 25d Abs 2 S 3 MinöStG 1993, § 53 Abs 1 Nr 1 MinöStV, § 9 Abs 3 StromStG
Vorinstanz
vorgehend Sächsisches Finanzgericht, 26. August 2009, Az: 7 K 1195/07, Urteil
Leitsatz
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1. NV: Der Frage, was im Verbrauchsteuerrecht unter einem Selbstbehalt zu verstehen ist, und ob entsprechende Regelungen in § 25 Abs. 4 MinöStG 1993, § 53 Abs. 1 Nr. 1 MinöStV und § 9 Abs. 3 StromStG a.F. verfassungsrechtlich zulässig sind, kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu, denn die Fragen sind bereits höchstrichterlich beantwortet.
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2. NV: Die bloße Behauptung, eine Steuerrechtsnorm sei verfassungswidrig, kann ohne eine substantiierte, an den Vorgaben des GG sowie der dazu ergangenen Rechtsprechung des BVerfG orientierten Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Urteil, nicht zur Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung führen.
Tatbestand
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I. Den Antrag des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) auf Vergütung der Mineralölsteuer für in Betrieben der Land- und Forstwirtschaft verwendetes Gasöl (§ 25b Abs. 1 i.V.m. § 25d Abs. 1 des Mineralölsteuergesetzes --MinöStG 1993--) für das Jahr 2005 lehnte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Hauptzollamt --HZA--) mit der Begründung ab, dass der Kläger den in § 25d Abs. 2 Satz 3 MinöStG 1993 festgelegten Selbstbehalt von 350 € nicht in Abzug gebracht habe und dass nach Abzug dieses Betrags der verbleibende Betrag die in § 25d Abs. 2 Satz 4 MinöStG 1993 aufgeführte Bagatellgrenze von 50 € nicht übersteige. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.
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Das Finanzgericht (FG) urteilte, dass das HZA den Antrag des Klägers zu Recht abgelehnt habe. Die Festlegung des in § 25d Abs. 2 Satz 3 MinöStG 1993 normierten Selbstbehalts verstoße nicht gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG). Dem Gesetzgeber komme bei der Ausgestaltung von Steuergesetzen ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Es sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber mit dem Ziel des Subventionsabbaus für alle land- und forstwirtschaftlichen Betriebe unabhängig von ihrer Größe einen Selbstbehalt eingeführt habe.
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Mit seiner Beschwerde begehrt der Kläger die Zulassung der Revision wegen eines Verfahrensmangels (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) und wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO). Ein Verfahrensmangel liege darin, dass es das FG versäumt habe, den Gesetzgeber auf die eigentliche Bedeutung eines Selbstbehalts hinzuweisen. Richtig verstanden bedeute Selbstbehalt, dass der Steuerpflichtige etwas behalten dürfe. Auch das Familienrecht gehe von diesem Bedeutungsgehalt aus. Das FG hätte auf eine Vereinheitlichung der Begriffsinhalte hinwirken müssen. Offensichtlich habe der Bundesfinanzhof (BFH) zu Fragen der Zulässigkeit eines sog. Selbstbehalts im Steuerrecht bzw. im Rahmen der Agrardieselbesteuerung noch nicht Stellung genommen. Deshalb komme der Sache grundsätzliche Bedeutung zu. In diesem Zusammenhang hätte der Hinweis des FG auf das Urteil des Finanzgerichts München vom 14. Mai 2003 3 K 4649/00 (Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern 2004, 27) nicht erfolgen dürfen. Denn der Sachverhalt, der diesem Urteil zugrunde gelegen habe, sei mit dem Sachverhalt des Streitfalls nicht vergleichbar.
Entscheidungsgründe
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II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Der vom Kläger gerügte Verfahrensmangel liegt nicht vor. Im Übrigen entspricht die Beschwerde nicht den Darlegungserfordernissen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO.
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1. Soweit der Kläger behauptet, dass das FG den Begriff des Selbstbehalts in § 25d Abs. 2 Satz 3 MinöStG 1993 verkannt und nicht auf eine Klarstellung dieses Begriffs hingewirkt habe, lässt dieses Vorbringen nicht auf eine Missachtung oder einen Fehlgebrauch von Verfahrensvorschriften durch das FG schließen. Vielmehr wendet sich der Kläger im Kern seines Vorbringens gegen eine vermeintlich rechtsfehlerhafte Auslegung und Anwendung von § 25d Abs. 2 MinöStG 1993. Selbst wenn das FG den Inhalt dieser Vorschrift verkannt haben sollte und der Vortrag des Klägers zuträfe --worüber zu entscheiden kein Anlass besteht--, würde dies keinen Verfahrenmangel, sondern allenfalls eine unzutreffende Deutung und Anwendung des materiellen Rechts im Einzelfall darstellen. Ein Verfahrensfehler liegt somit nicht vor.
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2. Die unsubstantiierten Behauptungen des Klägers, der BFH habe zur Zulässigkeit eines Selbstbehalts im Steuerrecht noch nicht Stellung genommen, und der Gleichheitssatz sei verletzt, können nicht zur Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung führen. Entgegen diesem Vorbringen hat sich der beschließende Senat wiederholt mit den Voraussetzungen für die Festlegung eines echten Selbstbehalts im Rahmen von energiesteuerrechtlichen Begünstigungstatbeständen befasst. In seinem Urteil vom 1. Dezember 1998 VII R 21/97 (BFHE 187, 177) hat er den in § 53 Abs. 1 Nr. 1 der Mineralölsteuer-Durchführungsverordnung festgelegten Betrag von 10.000 DM als echten Selbstbehalt eingestuft. In einer weiteren Entscheidung (Senatsbeschluss vom 2. März 2004 VII B 211/03, BFHE 205, 361) hat er die in § 25 Abs. 4 MinöStG 1993 verankerte Sockelbetrags-Regelung verfassungsrechtlich legitimiert und ausgeführt, dass es nicht gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstoße, wenn Betriebe des Produzierenden Gewerbes, die sowohl Mineralöl als auch Strom einsetzen, sowohl den Selbstbehalt nach § 25 Abs. 4 MinöStG 1993 als auch den Selbstbehalt nach § 9 Abs. 3 des Stromsteuergesetzes i.d.F. von Art. 1 des Gesetzes zum Einstieg in die ökologische Steuerreform zu tragen haben. Mit diesen Entscheidungen setzt sich der Kläger auch nicht ansatzweise auseinander.
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Auch lässt die Beschwerde jegliche Befassung mit den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zur Ausprägung und Reichweite des im Steuerrecht zu beachtenden Gleichheitssatzes vermissen. Vielmehr erschöpft sich das weitere Vorbringen in der bloßen Behauptung einer Verletzung des Gleichheitssatzes. Die bloße Behauptung, eine Norm sei verfassungswidrig, kann jedoch nicht zur Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung führen, sofern die Verfassungswidrigkeit nicht offenkundig ist (BFH-Beschluss vom 21. Februar 2002 XI B 39/01, BFH/NV 2002, 1035, m.w.N.). Wird die Verfassungswidrigkeit einer Norm geltend gemacht, muss der Beschwerdeführer in der Beschwerdeschrift den behaupteten Verfassungsverstoß im Einzelnen darlegen. Erforderlich ist hierzu eine substantiierte, an den Vorgaben des GG sowie der dazu ergangenen Rechtsprechung des BVerfG orientierte rechtliche Auseinandersetzung mit dem erstinstanzlichen Urteil (BFH-Beschlüsse vom 26. September 2002 VII B 270/01, BFH/NV 2003, 480, und vom 3. April 2001 VI B 224/99, BFH/NV 2001, 1138). Diesen Vorgaben wird die Beschwerde in keiner Weise gerecht.
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