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BFH 14.01.2010 - IV R 46/07
BFH 14.01.2010 - IV R 46/07 - (Voraussetzungen der Änderung eines bestandskräftigen Feststellungsbescheids nach § 174 Abs. 3 AO - Einbringung von Grundstücken des Betriebsvermögens in eine vermeintlich gewerblich geprägte GmbH & Co. GbR - Zweifel an der Anwendbarkeit der Änderungsvorschrift des § 174 Abs. 3 AO)
Normen
§ 174 Abs 3 AO, § 176 Abs 1 S 1 Nr 3 AO
Vorinstanz
vorgehend Finanzgericht Baden-Württemberg, 23. Juli 2007, Az: 6 K 410/03, Urteil
Leitsatz
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1. NV: Unter einem "bestimmten Sachverhalt" i.S. von § 174 Abs. 3 Satz 1 AO ist der einzelne Lebensvorgang zu verstehen, an den das Gesetz steuerliche Folgen knüpft; darunter fällt nicht nur die einzelne steuererhebliche Tatsache oder das einzelne Merkmal, sondern auch der einheitliche, für die Besteuerung maßgebliche Sachverhaltskomplex .
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2. NV: Ging das FA anlässlich der Erklärung der Entnahme eines Grundstücks aus dem Betriebsvermögen einer KG und dessen Übertragung auf eine GmbH & Co. GbR --nach späterer Erkenntnis rechtsirrig-- davon aus, dass die Besteuerung stiller Reserven zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen könne, so scheidet die Änderung eines gegenüber der KG ergangenen bestandskräftigen Feststellungsbescheids nach § 174 Abs. 3 AO aus. Die Umstände, die zu einer späteren Aufdeckung stiller Reserven hätten führen können, sind unbestimmt und gehören nicht zu dem Sachverhalt, der rechtsirrtümlich nicht als Entnahme aus dem Betriebsvermögen der KG gewürdigt worden ist .
Tatbestand
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I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine mit Vertrag vom 19. März 1964 gegründete KG. Komplementär ist A, dessen Geschwister B und C sind Kommanditisten. Gegenstand des Unternehmens ist der Handel mit landwirtschaftlichen Produkten sowie deren Transport.
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In ihrem Jahresabschluss zum 31. Dezember 1996 erklärte die Klägerin die Entnahme der Grundstücke L-Straße 2 und 4 in K zum Buchwert.
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Nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) waren die Grundstücke mit den dazugehörigen Verbindlichkeiten durch notariellen Vertrag vom 23. Dezember 1995 zu Buchwerten auf zwei neu gegründete GbR übertragen worden. Das Grundstück L-Straße 2 mit Wohn- und Geschäftshaus und Tankstelle wurde auf die "X GbR mit beschränkter Haftung" (X) übertragen. Das von ihr genutzte Grundstück L-Straße 4 mit Wohn- und Geschäftshaus sowie Lagerhalle und Lagerplatz übertrug die Klägerin auf die "Y GbR mit beschränkter Haftung" (Y). Gesellschafter der X waren die drei Gesellschafter der Klägerin; zu den Beteiligungsverhältnissen der Y hat das FG keine Feststellungen getroffen. Vertraglich vereinbart war die Besitzübergabe zum 1. Januar 1996 um 00:00 Uhr. Zu einem vom FG nicht genau festgestellten Zeitpunkt, jedenfalls aber in der Zeit bis zum 31. Dezember 2000, wurde die Y in eine GmbH & Co. KG umgewandelt. Das auf die Y übertragene Grundstück wurde dort zum Buchwert eingelegt.
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Mit Feststellungsbescheid 1996 vom 28. August 1998 stellte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) die Einkünfte aus Gewerbebetrieb der Klägerin zunächst erklärungsgemäß in Höhe von 73.097 DM fest.
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Mit Schreiben vom 11. Juli 2002 kündigte das FA die Änderung dieses Bescheides an. Mit Urteil vom 27. September 1999 II ZR 371/98 (BGHZ 142, 315) habe der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, dass eine Grundstücks-GbR auch bei beschränkter Haftung vermögensverwaltend und nicht gewerblich tätig sei. Das Vermögen der GbR gehöre zum Privatvermögen der Gesellschafter. Nach dem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 18. Juli 2000 IV C 2 -S 2241- 56/00 (BStBl I 2000, 1198) liege deshalb in der Vergangenheit eine Entnahme i.S. des § 4 Abs. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) vor, soweit einzelne Wirtschaftsgüter aus einem Betriebsvermögen in eine vermeintlich gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG gewerblich geprägte GbR eingebracht worden seien. Diese Entnahme sei gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG mit dem Teilwert anzusetzen und führe zur Aufdeckung der stillen Reserven. Soweit in dem BMF-Schreiben die Möglichkeit eingeräumt worden sei, eine GbR bis 31. Dezember 2000 in eine GmbH & Co. KG umzuwandeln, um die rückwirkende Besteuerung der Entnahme zu vermeiden, sei dies nur hinsichtlich der Y geschehen. Mit Schreiben vom 28. August 2001 IV A 6 -S 2240- 49/01 (BStBl I 2001, 614) habe das BMF angeordnet, die Entnahme zum Teilwert in nach § 174 Abs. 3 der Abgabenordnung (AO) geänderten Steuerbescheiden anzusetzen, wenn die Umwandlung in eine GmbH & Co. KG nicht bis zum 31. Dezember 2001 erfolgt sei. Die Vorschrift des § 174 Abs. 3 AO solle verhindern, dass ein steuererhöhender oder steuermindernder Vorgang bei der Besteuerung überhaupt nicht berücksichtigt wird (negativer Widerstreit). Das FA kündigte an, die Differenz zwischen dem Buchwert und dem Teilwert der auf die X übertragenen Wirtschaftsgüter als Entnahme bei der Klägerin im Jahr 1996 zu erfassen. Die Besteuerung der Entnahme sei erkennbar in der Annahme unterblieben, dass die stillen Reserven in einem späteren Veranlagungszeitraum bei der X wirksam aufzulösen seien.
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In seinem nach § 174 Abs. 3 AO geänderten Feststellungsbescheid 1996 vom 27. Dezember 2002 erhöhte das FA den Gewinn der Klägerin um 627.000 DM auf 700.097 DM. Zur Begründung führte das FA aus, es habe aufgrund der vor dem Ergehen des genannten BGH-Urteils geltenden Rechtsauffassung bei X eine gewerblich geprägte GbR angenommen und bei der Übertragung der Wirtschaftsgüter auf die Besteuerung von Entnahmegewinnen erkennbar in der Annahme verzichtet, dass die stillen Reserven in späteren Veranlagungszeiträumen steuerwirksam erfasst werden. Diese Annahme habe sich nachträglich als unzutreffend erwiesen, so dass die bestandskräftige Feststellung für 1996 nach § 174 Abs. 3 AO zu ändern sei. Die Festsetzungsfrist sei nach § 174 Abs. 3 Satz 2 AO nicht abgelaufen.
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Der Einspruch der Klägerin hatte keinen Erfolg.
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Das FG gab der Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2008, 16 veröffentlichten Gründen statt.
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Mit seiner Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.
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Es beantragt sinngemäß, das vorinstanzliche Urteil aufzuheben.
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Die Klägerin beantragt sinngemäß, die Revision zurückzuweisen.
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Zwischen den Beteiligten besteht mittlerweile Einigkeit, dass die Klägerin noch nicht vollbeendet ist und deshalb insbesondere keine notwendige Beiladung der Kommanditisten B und C zu erfolgen hat.
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision des FA ist unbegründet und nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Das FG ist zu Recht davon ausgegangen, dass das FA den --bestandskräftigen-- Feststellungsbescheid 1996 vom 28. August 1998 nicht mehr durch den angefochtenen Änderungsbescheid vom 27. Dezember 2002 zuungunsten der Klägerin ändern durfte.
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1. Die Voraussetzungen einer Änderung nach § 174 Abs. 3 AO liegen nicht vor.
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a) Ist ein bestimmter Sachverhalt in einem Steuerbescheid erkennbar in der Annahme nicht berücksichtigt worden, dass er in einem anderen Steuerbescheid zu berücksichtigen sei, und stellt sich diese Annahme als unrichtig heraus, so kann gemäß § 174 Abs. 3 Satz 1 AO die Steuerfestsetzung, bei der die Berücksichtigung des Sachverhalts unterblieben ist, insoweit nachgeholt, aufgehoben oder geändert werden. Die für Feststellungsbescheide gemäß § 181 Abs. 1 Satz 1 AO sinngemäß geltende Vorschrift soll verhindern, dass ein steuererhöhender oder steuermindernder Vorgang bei der Besteuerung überhaupt nicht berücksichtigt wird (z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 15. Januar 2009 III R 81/07, BFH/NV 2009, 1073; Senatsurteil vom 27. Mai 1993 IV R 65/91, BFHE 172, 5, BStBl II 1994, 76), und erfordert deshalb einen "negativen Widerstreit". Dieser liegt vor, wenn ein bestimmter Sachverhalt in keinem von mehreren in Betracht zu ziehenden Steuerbescheiden (Feststellungsbescheiden) berücksichtigt worden ist, obwohl er in einem dieser Bescheide hätte berücksichtigt werden müssen (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 29. Mai 2001 VIII R 19/00, BFHE 195, 23, BStBl II 2001, 743, und VIII R 20/00, BFH/NV 2001, 1372, jeweils m.w.N.).
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aa) § 174 Abs. 3 AO setzt eine alternative Berücksichtigung eines bestimmten Sachverhalts in dem einen oder dem anderen Steuerbescheid (Feststellungsbescheid) voraus (Senatsurteile vom 15. Februar 2001 IV R 9/00, BFH/NV 2001, 1007, und vom 8. März 2007 IV R 41/05, BFH/NV 2007, 1813; vgl. auch Senatsbeschluss vom 18. August 2005 IV B 167/04, BFHE 210, 210, BStBl II 2006, 158). Der Sachverhalt muss identisch sein (vgl. Senatsurteil in BFH/NV 2007, 1813; Senatsbeschluss vom 3. September 1997 IV B 166/96, BFH/NV 1998, 148). Das Tatbestandsmerkmal des bestimmten Sachverhalts ist in § 174 AO einheitlich auszulegen (vgl. z.B. von Groll in Hübschmann/Hepp/ Spitaler, § 174 AO Rz 171; Klein/Rüsken, AO, 10. Aufl., § 174 Rz 18 und 40a; Loose in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 174 AO Rz 5, 29 und 39); deshalb können für § 174 Abs. 3 Satz 1 AO auch die für § 174 Abs. 4 Satz 1 AO in ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung entwickelten Auslegungsgrundsätze herangezogen werden. Danach ist unter einem bestimmten Sachverhalt der einzelne Lebensvorgang zu verstehen, an den das Gesetz steuerliche Folgen knüpft; darunter fällt nicht nur die einzelne steuererhebliche Tatsache oder das einzelne Merkmal, sondern auch der einheitliche, für die Besteuerung maßgebliche Sachverhaltskomplex (z.B. Senatsurteil in BFH/NV 2007, 1813; BFH-Urteil vom 14. März 2006 I R 8/05, BFHE 212, 517, BStBl II 2007, 602; Klein/Rüsken, a.a.O., § 174 Rz 18, jeweils m.w.N.). Es muss sich um denselben Lebensvorgang handeln, an den das Gesetz steuerliche Folgen knüpft (Senatsurteil in BFH/NV 2007, 1813). Für die Anwendung des § 174 Abs. 3 AO ist entscheidend, dass aus demselben --unveränderten und nicht durch weitere Tatsachen ergänzten-- Sachverhalt steuerliche Folgerungen in einem anderen Steuerbescheid hätten gezogen werden sollen.
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bb) Die (erkennbare) Annahme, dass ein bestimmter Sachverhalt in einem anderen Steuerbescheid zu berücksichtigen sei, muss --in sinnvoller Einschränkung des Anwendungsbereichs des § 174 Abs. 3 AO-- für dessen Nichtberücksichtigung kausal geworden sein (z.B. BFH-Urteile in BFHE 195, 23, BStBl II 2001, 743, und in BFH/NV 2001, 1372, jeweils m.w.N.; Klein/Rüsken, a.a.O., § 174 Rz 40a). Dabei ist jedoch unerheblich, ob diese Annahme auf einer sachlichen oder auf einer rechtlichen Fehlbeurteilung beruht (z.B. Senatsurteile in BFHE 172, 5, BStBl II 1994, 76, und vom 23. Mai 1996 IV R 49/95, BFH/NV 1997, 89). An der erforderlichen Ursächlichkeit der Annahme für die Nichtberücksichtigung fehlt es nur, wenn die Behörde von diesem Sachverhalt gar keine Kenntnis hatte oder rechtsirrtümlich annahm, dieser Sachverhalt sei --jetzt und auch später-- ohne steuerrechtliche Bedeutung (z.B. BFH-Urteile in BFHE 195, 23, BStBl II 2001, 743, und in BFH/NV 2001, 1372; BFH-Beschluss vom 9. August 2007 I B 15/07, juris).
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b) Ausgehend von diesen Rechtsgrundsätzen sind im Streitfall die Voraussetzungen des § 174 Abs. 3 AO nicht gegeben.
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aa) Die Anwendung des § 174 Abs. 3 AO kommt bereits deshalb nicht in Betracht, weil es sich bei dem Geschehen im Zusammenhang mit der Erklärung der Entnahme des Grundstücks L-Straße 2 und dessen Einbringung in das Betriebsvermögen der zu jener Zeit vermeintlich gewerblich geprägten X einerseits und andererseits der späteren Aufdeckung der in dem Grundstück ruhenden stillen Reserven aus zeitlich und seiner Art nach unbestimmtem Anlass nicht um einen identischen Sachverhalt handelt.
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Der Sachverhalt, den das FA unberücksichtigt gelassen hat, war die Entnahme eines Grundstücks aus dem Betriebsvermögen der Klägerin und dessen Überführung in das Betriebsvermögen der neu gegründeten X. Dieser Vorgang wäre, wenn das FA die X nicht entgegen seiner später gewonnenen Rechtsauffassung als gewerblich geprägte Personengesellschaft angesehen hätte, --wie von der Klägerin erklärt und wie zwischen den Beteiligten auch unstreitig ist-- als Entnahme zu erfassen gewesen. Indessen hat das FA die Besteuerung anlässlich der Entnahme und Übertragung des Grundstücks auf die X nicht etwa deshalb unterlassen, weil es annahm, diese Entnahme sei in einem späteren Bescheid zu erfassen. Zwar hat es von der Besteuerung eines Entnahmegewinns abgesehen, weil es --nach späterer Erkenntnis rechtsirrig-- der Auffassung war, die in dem Grundstück ruhenden stillen Reserven blieben nicht unversteuert. Die in einem späteren Zeitpunkt zu erwartende Versteuerung der stillen Reserven konnte jedoch aus der damaligen Sicht des FA --wie von der Klägerin in ihrer Revisionserwiderung zutreffend vorgetragen-- auf unterschiedlichen Sachverhalten beruhen (vgl. zu einer vergleichbaren Sachverhaltsabgrenzung auch Senatsbeschluss in BFHE 210, 210, BStBl II 2006, 158). Denn zu einer Aufdeckung von stillen Reserven können ganz unterschiedliche Umstände (z.B. die Entnahme oder die Veräußerung des Grundstücks oder sogar erst eine Betriebsaufgabe) führen, die selbst in ihren wesentlichen Merkmalen auch nicht teilidentisch mit dem im Streitfall vom FA beurteilten Sachverhalt der erklärten Entnahme und Grundstücksübertragung sind. Insbesondere handelte es sich bei späteren Entnahmehandlungen nicht um denselben Sachverhalt wie bei der von der Klägerin erklärten Entnahme. Denn der Begriff der "Entnahme" bildet nur den Tatbestand für die rechtliche Beurteilung; den maßgeblichen Sachverhalt bilden demgegenüber die Tatsachen, die unter den Tatbestand der Entnahme zu subsumieren sind (vgl. auch Senatsurteil in BFH/NV 2007, 1813). Die Tatsachen, die einer möglichen späteren Entnahme zugrunde lägen, sind jedoch in jedem Fall andere als die im Streitfall vorliegende Entnahmeerklärung und Grundstücksübertragung. Das FA hat also die Besteuerung nicht deshalb unterlassen, weil es annahm, der bei der Klägerin verwirklichte Sachverhalt sei in einem späteren Bescheid zu erfassen. Zudem war auch der Zeitpunkt einer Aufdeckung stiller Reserven völlig unbestimmt. Ein "bestimmter" (identischer) Sachverhalt i.S. des § 174 Abs. 3 Satz 1 AO setzt hingegen auch voraus, dass die tatsächlichen Umstände, die das FA seiner Beurteilung zugrunde legt, diesem in ihren wesentlichen Ausprägungen hinreichend bekannt sind. Allein die Erwartung des FA, die stillen Reserven seien irgendwann aufgrund irgendeines Sachverhalts zu erfassen, rechtfertigt die Anwendbarkeit des § 174 Abs. 3 AO nicht.
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Der erkennende Senat folgt mit seiner Rechtsauffassung im Ergebnis auch den bereits vom X. Senat des BFH (Beschluss vom 27. Januar 2004 X B 116/03, BFH/NV 2004, 913) und in der Fachliteratur (z.B. von Gronau/Konold, Deutsches Steuerrecht 2001, 1926 f.; Ellesser/Lahme, Der Betrieb 2001, 2419, 2420 ff.; Paus, Deutsche Steuer-Zeitung 2002, 66, 67 f.; Tiedtke/ Szczesny, Neue Juristische Wochenschrift 2002, 3733, 3735 f.; von Wedelstädt in Beermann/Gosch, AO, § 174 Rz 71) geäußerten Bedenken hinsichtlich der vom BMF in BStBl I 2000, 1198, und in BStBl I 2001, 614 vertretenen Anwendung des § 174 Abs. 3 AO auf Fälle, in denen eine Entnahmebesteuerung aufgrund rechtsfehlerhafter Würdigung einer GbR als gewerblich geprägte Personengesellschaft unterblieben ist. Auch sieht sich der erkennende Senat in seiner Ansicht durch Zweifel bestärkt, ob § 174 Abs. 3 AO die Rechtsgrundlage dafür bietet, bestandskräftige Steuerbescheide in der Weise zu ändern, dass ein Entnahmegewinn steuerlich berücksichtigt wird, den das FA seinerzeit wegen Nichtanwendung der BFH-Rechtsprechung zur Bedeutung von Einstimmigkeitsabreden bei der Betriebsaufspaltung nicht erfasst hat (vgl. Senatsbeschluss in BFHE 210, 210, BStBl II 2006, 158, m.w.N.; Kempermann, Neue Wirtschafts-Briefe Fach 3, 12501, 12509; Schmidt/Wacker, EStG, 28. Aufl., § 15 Rz 825). Auch für jene Fallkonstellation rechtfertigte die Finanzverwaltung die Anwendbarkeit des § 174 Abs. 3 AO im Ergebnis mit der Erwartung, dass die stillen Reserven irgendwann aufgrund irgendeines Sachverhalts zu erfassen seien.
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bb) Hindert schon das Vorliegen verschiedener Sachverhalte an der Anwendung des § 174 Abs. 3 AO, so kann offenbleiben, ob die Annahme des FA, dass ein bestimmter Sachverhalt in einem anderen Steuerbescheid zu berücksichtigen sei, im Streitfall kausal für dessen Nichtberücksichtigung gewesen ist. Auch dies begegnete allerdings Zweifeln, soweit man von der rechtsirrtümlichen Annahme des FA ausgeht, der Sachverhalt der Entnahmeerklärung und Grundstücksübertragung sei --jetzt und auch später-- ohne steuerrechtliche Bedeutung, weil das streitbefangene Grundstück weiterhin "steuerlich verstrickt" bleibe und erst aufgrund neu hinzutretender Umstände eine Versteuerung der in diesem Grundstück ruhenden stillen Reserven erfolgen könne (in diesem Sinne die Kausalität verneinend wohl auch Loose in Tipke/Kruse, a.a.O., § 174 AO Rz 29).
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2. Weiterhin kann im Streitfall offenbleiben, ob dem angegriffenen Änderungsbescheid auch § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO entgegenstünde, weil das FA seine ursprüngliche Rechtsauffassung, die X sei eine gewerblich geprägte Personengesellschaft, erst aufgrund einer neuen Rechtsprechung des BGH (Urteil in BGHZ 142, 315) geändert hat, oder ob insoweit zu berücksichtigen wäre, dass das BMF mit seinen Schreiben in BStBl I 2000, 1198, und in BStBl I 2001, 614 auch Vertrauensschutzregelungen getroffen hat.
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