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EuGH 09.06.2016 - C-332/14
EuGH 09.06.2016 - C-332/14 - URTEIL DES GERICHTSHOFS (Vierte Kammer) - 9. Juni 2016 ( *1) - „Vorlage zur Vorabentscheidung — Steuerrecht — Mehrwertsteuer — Richtlinie 77/388/EWG — Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 3 — Geltungsbereich — Vorsteuerabzug — Gegenstände und Dienstleistungen, die sowohl für steuerbare als auch für steuerbefreite Umsätze verwendet werden (gemischt genutzte Gegenstände und Dienstleistungen) — Bestimmung der Zuordnung von Gegenständen und Dienstleistungen, die für die Errichtung, Nutzung, Erhaltung und Unterhaltung eines Gebäudes erworben wurden, mit dem zum Teil Umsätze ausgeführt werden, für die ein Recht auf Vorsteuerabzug besteht, und zum Teil Umsätze, für die dieses Recht nicht besteht — Änderung der nationalen Regelung über die Modalitäten der Berechnung des Pro-rata-Satzes des Vorsteuerabzugs — Art. 20 — Berichtigung der Vorsteuerabzüge — Rechtssicherheit — Vertrauensschutz“
Leitsatz
In der Rechtssache C-332/14
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Bundesfinanzhof (Deutschland) mit Entscheidung vom 5. Juni 2014, beim Gerichtshof eingegangen am 9. Juli 2014, in dem Verfahren
Wolfgang und Dr. Wilfried Rey Grundstücksgemeinschaft GbR
gegen
Finanzamt Krefeld
erlässt
DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten der Dritten Kammer L. Bay Larsen in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Vierten Kammer, der Richter J. Malenovský (Berichterstatter) und M. Safjan sowie der Richterinnen A. Prechal und K. Jürimäe,
Generalanwalt: P. Mengozzi,
Kanzler: K. Malacek, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 9. Juli 2015,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
der deutschen Regierung, vertreten durch T. Henze und K. Petersen als Bevollmächtigte,
der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch J. Kraehling und L. Christie als Bevollmächtigte im Beistand von R. Hill, Barrister,
der Europäischen Kommission, vertreten durch M. Wasmeier, G. Braun und C. Soulay als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 25. November 2015
folgendes
Entscheidungsgründe
Urteil
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 17, 19 und 20 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. 1977, L 145, S. 1) in der durch die Richtlinie 95/7/EG des Rates vom 10. April 1995 (ABl. 1995, L 102, S. 18) geänderten Fassung (im Folgenden: Sechste Richtlinie).
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Wolfgang und Dr. Wilfried Rey Grundstücksgemeinschaft GbR (im Folgenden: Grundstücksgemeinschaft Rey) und dem Finanzamt Krefeld über die Modalitäten der Berechnung des Rechts auf Abzug der Mehrwertsteuer, die für Gegenstände und Dienstleistungen geschuldet wird oder entrichtet worden ist, die für die Errichtung, Unterhaltung, Nutzung und Erhaltung eines gemischt genutzten Gebäudes verwendet werden, mit dem zum Teil Umsätze ausgeführt werden, für die ein Recht auf Vorsteuerabzug besteht, und zum Teil Umsätze, für die dieses Recht nicht besteht (im Folgenden: gemischt genutztes Gebäude).
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Art. 17 („Entstehung und Umfang des Rechts auf Vorsteuerabzug“) der Sechsten Richtlinie bestimmt:
„(1) Das Recht auf Vorsteuerabzug entsteht, wenn der Anspruch auf die abziehbare Steuer entsteht.
(2) Soweit die Gegenstände und Dienstleistungen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden, ist der Steuerpflichtige befugt, von der von ihm geschuldeten Steuer folgende Beträge abzuziehen:
die im Inland geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert wurden oder geliefert werden bzw. erbracht wurden oder erbracht werden,
…
(5) Soweit Gegenstände und Dienstleistungen von einem Steuerpflichtigen sowohl für Umsätze verwendet werden, für die nach den Absätzen 2 und 3 ein Recht auf Vorsteuerabzug besteht, als auch für Umsätze, für die dieses Recht nicht besteht, ist der Vorsteuerabzug nur für den Teil der Mehrwertsteuer zulässig, der auf den Betrag der erstgenannten Umsätze entfällt.
Dieser Pro-rata-Satz wird nach Artikel 19 für die Gesamtheit der vom Steuerpflichtigen bewirkten Umsätze festgelegt.
Jedoch können die Mitgliedstaaten
dem Steuerpflichtigen gestatten, für jeden Bereich seiner Tätigkeit einen besonderen Pro-rata-Satz anzuwenden, wenn für jeden dieser Bereiche getrennte Aufzeichnungen geführt werden;
den Steuerpflichtigen verpflichten, für jeden Bereich seiner Tätigkeit einen besonderen Pro-rata-Satz anzuwenden und für jeden dieser Bereiche getrennte Aufzeichnungen zu führen;
dem Steuerpflichtigen gestatten oder ihn verpflichten, den Abzug je nach der Zuordnung der Gesamtheit oder eines Teils der Gegenstände oder Dienstleistungen vorzunehmen;
dem Steuerpflichtigen gestatten oder ihm vorschreiben, den Vorsteuerabzug nach der in Unterabsatz 1 vorgesehenen Regel bei allen Gegenständen und Dienstleistungen vorzunehmen, die für die dort genannten Umsätze verwendet wurden;
vorsehen, dass der Betrag der Mehrwertsteuer, der vom Steuerpflichtigen nicht abgezogen werden kann, nicht berücksichtigt wird, wenn er geringfügig ist.
…“
Art. 19 („Berechnung des Pro-rata-Satzes des Vorsteuerabzugs“) Abs. 1 der Sechsten Richtlinie sieht vor:
„Der Pro-rata-Satz des Vorsteuerabzugs nach Artikel 17 Absatz 5 Unterabsatz 1 ergibt sich aus einem Bruch; dieser enthält:
im Zähler den je Jahr ermittelten Gesamtbetrag der zum Vorsteuerabzug nach Artikel 17 Absätze 2 und 3 berechtigenden Umsätze, abzüglich der Mehrwertsteuer;
im Nenner den je Jahr ermittelten Gesamtbetrag der im Zähler stehenden sowie der nicht zum Vorsteuerabzug berechtigenden Umsätze, abzüglich der Mehrwertsteuer. …
…“
Art. 20 („Berichtigung der Vorsteuerabzüge“) dieser Richtlinie bestimmt:
„(1) Der ursprüngliche Vorsteuerabzug wird nach den von den Mitgliedstaaten festgelegten Einzelheiten berichtigt, und zwar insbesondere:
wenn der Vorsteuerabzug höher oder niedriger ist als der, zu dessen Vornahme der Steuerpflichtige berechtigt war;
wenn sich die Faktoren, die bei der Festsetzung des Vorsteuerabzugsbetrags berücksichtigt werden, nach Abgabe der Erklärung geändert haben, insbesondere bei rückgängig gemachten Käufen oder erlangten Rabatten; …
(2) Für Investitionsgüter wird eine Berichtigung vorgenommen, die sich auf einen Zeitraum von fünf Jahren einschließlich des Jahres, in dem die Güter erworben oder hergestellt wurden, erstreckt. Die jährliche Berichtigung betrifft nur ein Fünftel der Steuer, mit der diese Güter belastet waren. Die Berichtigung erfolgt unter Berücksichtigung der Änderungen des Anspruchs auf Vorsteuerabzug in den folgenden Jahren gegenüber dem Anspruch für das Jahr, in dem die Güter erworben oder hergestellt wurden.
Abweichend von Absatz 1 können die Mitgliedstaaten für die Berichtigung einen Zeitraum von fünf vollen Jahren festlegen, der mit der erstmaligen Verwendung der Güter beginnt.
Bei Grundstücken, die als Investitionsgüter erworben wurden, kann der Zeitraum für die Berichtigung bis auf 20 Jahre verlängert werden.
…“
Deutsches Recht
Die maßgeblichen mehrwertsteuerrechtlichen Vorschriften des deutschen Rechts finden sich im Umsatzsteuergesetz (UStG) 1999 (BGBl. 1999 I S. 1270).
In § 15 UStG heißt es:
„(1) Der Unternehmer kann die folgenden Vorsteuerbeträge abziehen:
die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind.
…
(2) Vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen sowie für die sonstigen Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung folgender Umsätze verwendet:
steuerfreie Umsätze;
…
(4) Verwendet der Unternehmer einen für sein Unternehmen gelieferten, eingeführten oder innergemeinschaftlich erworbenen Gegenstand oder eine von ihm in Anspruch genommene sonstige Leistung nur zum Teil zur Ausführung von Umsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen, so ist der Teil der jeweiligen Vorsteuerbeträge nicht abziehbar, der den zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen wirtschaftlich zuzurechnen ist. Der Unternehmer kann die nicht abziehbaren Teilbeträge im Wege einer sachgerechten Schätzung ermitteln. …“
Durch das Steueränderungsgesetz 2003 vom 15. Dezember 2003 (BGBl. 2003 I S. 2645) wurde § 15 Abs. 4 UStG mit Wirkung vom 1. Januar 2004 folgender Satz 3 angefügt:
„Eine Ermittlung des nicht abziehbaren Teils der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, zu den Umsätzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, ist nur zulässig, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist.“
Die Begründung des Gesetzgebers zu dieser Änderung wird im Vorabentscheidungsersuchen wie folgt wiedergegeben:
„Die Vorschrift dient einer sachgerechten Aufteilung der Vorsteuern beim Bezug von Lieferungen oder sonstigen Leistungen. Mit der Neuregelung wird die Verwendung des Umsatzschlüssels als alleiniger Aufteilungsmaßstab eingeschränkt. Nur dann, wenn keine andere wirtschaftliche Zuordnung möglich ist, ist der Umsatzschlüssel zugelassen.
Die Änderung ist notwendig, weil der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 17. August 2001 … entschieden hat, dass die Aufteilung von Vorsteuerbeträgen nach dem Verhältnis der Ausgangsumsätze als sachgerechte Schätzung i. S. d. § 15 Abs. 4 UStG anzuerkennen ist.
Die Anwendung des Umsatzschlüssels als Regel-Aufteilungsmaßstab würde jedoch insbesondere bei der Herstellung von gemischt genutzten Gebäuden zu unzutreffenden Aufteilungsergebnissen führen …
Die Anwendung dieses Umsatzschlüssels als Regel-Aufteilungsmaßstab ist durch die 6. EG-Richtlinie jedoch nicht zwingend vorgeschrieben. Eine solche ‚Pro-rata‘-Regelung … ist für die Mitgliedstaaten nicht verbindlich, da sie nach Artikel 17 Abs. 5 Unterabsatz 3 der 6. EG-Richtlinie davon abweichende Aufteilungsmaßstäbe festlegen können.
Beim Erwerb von Gebäuden kommt auch weiterhin eine Vorsteueraufteilung nach dem Verhältnis der Ertragswerte zu den Verkehrswerten in Betracht …“
§ 15a („Berichtigung des Vorsteuerabzugs“) Abs. 1 und 2 UStG bestimmt:
„(1) Ändern sich bei einem Wirtschaftsgut innerhalb von fünf Jahren ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung die für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse, ist für jedes Kalenderjahr der Änderung ein Ausgleich durch eine Berichtigung des Abzugs der auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten entfallenden Vorsteuerbeträge vorzunehmen. Bei Grundstücken einschließlich ihrer wesentlichen Bestandteile, bei Berechtigungen, für die die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke gelten, und bei Gebäuden auf fremdem Boden tritt an die Stelle des Zeitraums von fünf Jahren ein solcher von zehn Jahren.
(2) Bei der Berichtigung nach Absatz 1 ist für jedes Kalenderjahr der Änderung in den Fällen des Satzes 1 von einem Fünftel und in den Fällen des Satzes 2 von einem Zehntel der auf das Wirtschaftsgut entfallenden Vorsteuerbeträge auszugehen. …“
Ausgangsverfahren und Vorlagefragen
Von 1999 bis 2004 führte die Grundstücksgemeinschaft Rey, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, auf einem ihr gehörenden Grundstück Arbeiten zum Abriss eines alten Gebäudes und zum Neubau eines Wohn- und Geschäftshauses durch. Dieses Gebäude wurde im Jahr 2004 fertiggestellt und umfasst sechs Wohn- und Geschäftseinheiten sowie zehn Tiefgaragenplätze. Einige dieser Einheiten und Garagenplätze wurden bereits ab Oktober 2002 vermietet.
Für die Steuerjahre 1999 bis 2003 berechnete die Grundstücksgemeinschaft Rey ihr Recht auf Abzug der für den Abriss und den Neubau gezahlten Mehrwertsteuer als Vorsteuer anhand eines Aufteilungsschlüssels, der nach dem Verhältnis des aus der Vermietung der der Mehrwertsteuer unterliegenden Geschäftseinheiten oder der diesen zuzuordnenden Garagenplätze erwirtschafteten Umsatzes zum Umsatz aus von der Mehrwertsteuer befreiter anderer Vermietung berechnet war (im Folgenden: Umsatzschlüssel). Nach diesem Aufteilungsschlüssel entsprach der abziehbare Teil der Mehrwertsteuer 78,15 %. Infolge zweier beim Finanzgericht Düsseldorf erhobener Klagen betreffend die für die Jahre 2001 und 2002 abziehbaren Mehrwertsteuerbeträge erkannte das Finanzamt Krefeld diesen Aufteilungsschlüssel an.
Im Jahr 2004 wurden einige Teile des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Gebäudes, die ursprünglich zur Ausführung steuerbarer Umsätze verwendet werden sollten, letztlich umsatzsteuerfrei vermietet. Zur Berichtigung der Vorsteuerabzüge erklärte die Grundstücksgemeinschaft Rey in ihrer Steuererklärung für das Jahr 2004 einen Berichtigungsbetrag, den sie anhand des Umsatzschlüssels bestimmt hatte. In dieser Steuererklärung gab sie auch die abziehbaren Mehrwertsteuerbeträge an, die auf die Gegenstände und Dienstleistungen entfielen, die für die Nutzung, Erhaltung und Unterhaltung dieses Gebäudes erworben worden waren. Insgesamt belief sich der der Grundstücksgemeinschaft Rey zu erstattende Mehrwertsteuerbetrag nach deren Berechnung auf ungefähr 3500 Euro.
Mit Änderungsbescheid vom 1. September 2006 stellte das Finanzamt Krefeld dieses Ergebnis mit der Begründung in Frage, dass nach dem Inkrafttreten des § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG am 1. Januar 2004 der Umsatzschlüssel nur dann herangezogen werden könne, wenn keine andere Methode der wirtschaftlichen Zuordnung der gemischt genutzten Gegenstände und Dienstleistungen möglich sei. Da das Finanzamt annahm, dass es möglich und genauer sei, die Zuordnung der für den Abriss und den Neubau eines Gebäudes verwendeten Gegenstände und Dienstleistungen anhand eines Aufteilungsschlüssels entsprechend dem Verhältnis zwischen der Fläche in Quadratmetern der Gewerberäume und der Fläche der zu Wohnzwecken genutzten Räume zu bestimmen (im Folgenden: Flächenschlüssel), war es der Ansicht, dass die Grundstücksgemeinschaft Rey diesen Aufteilungsschlüssel hätte anwenden müssen. Folglich ermittelte es den Prozentsatz des Vorsteuerabzugs mit 38,74 %, was der Gesamtfläche des Gebäudes entsprach, deren Vermietung steuerpflichtig ist, und setzte den der Grundstücksgemeinschaft Rey zu erstattenden Mehrwertsteuerbetrag für das Jahr 2004 auf ungefähr 950 Euro fest.
Das Finanzgericht Düsseldorf hob diesen Änderungsbescheid mit der Begründung teilweise auf, dass der Flächenschlüssel nur in Bezug auf die Mehrwertsteuer angewandt werden könne, die für ab dem 1. Januar 2004 entstandene Kosten geschuldet werde. Folglich setzte es den der Grundstücksgemeinschaft Rey für das Jahr 2004 zu erstattenden Mehrwertsteuerbetrag auf etwas mehr als 1700 Euro fest.
Beide Parteien legten gegen dieses Urteil Revision beim Bundesfinanzhof ein.
Nach Ansicht des vorlegenden Gerichts wirft der Rechtsstreit erstens Fragen im Zusammenhang mit der Auslegung von Art. 17 Abs. 5 der Sechsten Richtlinie auf, die der Gerichtshof im Urteil vom 8. November 2012, BLC Baumarkt (C-511/10, EU:C:2012:689), vorgenommen hat.
Zum einen weist das vorlegende Gericht darauf hin, dass der Gerichtshof in diesem Urteil entschieden habe, dass eine andere Methode zur Aufteilung der gemischt genutzten Gegenstände und Dienstleistungen als die nach der Sechsten Richtlinie vorgesehene, die sich auf den Umsatz gründe, nur herangezogen werden könne, wenn diese Methode zu einer präziseren Bestimmung des Rechts auf Vorsteuerabzug führe. Die Methode, die darin bestehe, zu untersuchen, für welchen Gebäudeteil die Mehrwertsteuer entstanden sei, und einen Aufteilungsschlüssel nur für die Mehrwertsteuerbeträge anzuwenden, die sich nicht gesondert auf einen dieser Teile oder auf gemeinschaftliche Teile eines gemischt genutzten Gebäudes bezögen, führe aber zu präziseren Ergebnissen. Das vorlegende Gericht fragt sich daher, ob nicht dieser Methode der Vorzug zu geben sei.
Zum anderen habe der Gerichtshof in Rn. 19 des Urteils vom 8. November 2012, BLC Baumarkt (C-511/10, EU:C:2012:689), klargestellt, dass ein Mitgliedstaat eine andere Aufteilungsmethode für gemischt genutzte Gegenstände und Dienstleistungen als die nach der Sechsten Richtlinie vorgesehene nur „für einen bestimmten Umsatz wie die Errichtung eines gemischt genutzten Gebäudes“ heranziehen könne. Die von der deutschen Finanzverwaltung für die Aufteilung der für die Errichtung oder die Anschaffung eines gemischt genutzten Gebäudes erworbenen Gegenstände oder Dienstleistungen herangezogene abweichende Methode werde aber auch auf die Gegenstände und Dienstleistungen angewandt, die für die Nutzung, Erhaltung oder Unterhaltung solcher Gebäude erworben worden seien. Infolgedessen fragt sich das vorlegende Gericht, ob es mit der Sechsten Richtlinie vereinbar ist, auf diese beiden Arten von Aufwendung dieselbe Methode anzuwenden.
Zweitens stellt das vorlegende Gericht fest, dass der Gerichtshof zwar bereits anerkannt habe, dass eine Gesetzesänderung zu der Verpflichtung führen könne, bestimmte Vorsteuerabzüge zu berichtigen, sich aber bisher nur zu Gesetzesänderungen geäußert habe, die das Bestehen des Vorsteuerabzugsrechts an sich betroffen hätten. Unter diesen Umständen bestünden Zweifel, ob Art. 20 der Sechsten Richtlinie Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats entgegenstehe, soweit diese vorschrieben, dass die Mehrwertsteuer zu berichtigen sei, nachdem dieser Staat die Methode für die Zuordnung der auf gemischt genutzte Gegenstände und Dienstleistungen entrichteten Mehrwertsteuer geändert habe.
Drittens fragt sich das vorlegende Gericht, ob nicht unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit einer Berichtigung der Mehrwertsteuer entgegenstehen. Insoweit führt es zunächst aus, dass die deutschen Rechtsvorschriften keine ausdrückliche Bestimmung enthielten, nach der das Inkrafttreten von § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG Berichtigungen zur Folge haben könnte. Sodann sei keine Übergangsregelung vorgesehen, obwohl aus Rn. 70 des Urteils vom 29. April 2004, Gemeente Leusden und Holin Groep (C-487/01 und C-7/02, EU:C:2004:263), hervorgehe, dass die Einführung einer solchen Regelung erforderlich sei, wenn die Adressaten einer neuen Vorschrift von ihrer sofortigen Anwendbarkeit überrascht sein könnten. Schließlich weist das vorlegende Gericht darauf hin, dass die von der Grundstücksgemeinschaft Rey angewandte Methode der Zuordnung der gemischt genutzten Gegenstände und Dienstleistungen für die Steuerjahre 2001 und 2002 infolge der Verfahren vor dem Finanzgericht Düsseldorf von den Finanzbehörden genehmigt worden sei.
Unter diesen Umständen hat der Bundesfinanzhof das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
Der Gerichtshof der Europäischen Union hat entschieden, dass Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 3 der Sechsten Richtlinie es den Mitgliedstaaten erlaubt, zum Zweck der Berechnung des Pro-rata-Satzes für den Abzug der Vorsteuern aus einem bestimmten Umsatz wie der Errichtung eines gemischt genutzten Gebäudes vorrangig einen anderen Aufteilungsschlüssel als den in Art. 19 Abs. 1 der Sechsten Richtlinie vorgesehenen Umsatzschlüssel vorzuschreiben, vorausgesetzt, die herangezogene Methode gewährleistet eine präzisere Bestimmung dieses Pro-rata-Satzes (Urteil vom 8. November 2012, BLC Baumarkt, C-511/10, EU:C:2012:689).
Müssen bei der Anschaffung oder Errichtung eines gemischt genutzten Gebäudes Eingangsleistungen, deren Bemessungsgrundlage zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten gehören, zur präziseren Bestimmung der abziehbaren Vorsteuerbeträge zunächst den (steuerpflichtigen oder steuerfreien) Verwendungsumsätzen des Gebäudes zugeordnet und lediglich die danach verbliebenen Vorsteuern nach einem Flächen- oder Umsatzschlüssel aufgeteilt werden?
Gelten die vom Gerichtshof der Europäischen Union im Urteil vom 8. November 2012, BLC Baumarkt (C-511/10, EU:C:2012:689), aufgestellten Grundsätze und die Antwort auf die vorstehende Frage auch für Vorsteuerbeträge aus Eingangsleistungen für die Nutzung, Erhaltung oder Unterhaltung eines gemischt genutzten Gebäudes?
Ist Art. 20 der Sechsten Richtlinie dahin auszulegen, dass die in dieser Bestimmung vorgesehene Berichtigung des ursprünglichen Vorsteuerabzugs auch auf einen Sachverhalt Anwendung findet, bei dem ein Steuerpflichtiger die Vorsteuern aus der Errichtung eines gemischt genutzten Gebäudes nach der in Art. 19 Abs. 1 der Sechsten Richtlinie vorgesehenen und nach nationalem Recht zulässigen Umsatzmethode aufgeteilt hat und ein Mitgliedstaat nachträglich während des Berichtigungszeitraums vorrangig einen anderen Aufteilungsschlüssel vorschreibt?
Falls die vorstehende Frage zu bejahen ist: Verwehren die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes die Anwendung des Art. 20 der Sechsten Richtlinie, wenn der Mitgliedstaat für Fälle der zuvor beschriebenen Art weder ausdrücklich eine Vorsteuerberichtigung anordnet noch eine Übergangsregelung trifft und wenn die vom Steuerpflichtigen angewandte Vorsteueraufteilung nach der Umsatzmethode vom Bundesfinanzhof generell als sachgerecht anerkannt worden war?
Zu den Vorlagefragen
Zur ersten Frage
Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 17 Abs. 5 der Sechsten Richtlinie dahin auszulegen ist, dass in dem Fall, in dem ein Gebäude auf der Ausgangsstufe sowohl zur Ausführung von Umsätzen verwendet wird, für die ein Recht auf Vorsteuerabzug besteht, als auch zur Ausführung von Umsätzen, für die dieses Recht nicht besteht, die Mitgliedstaaten vorschreiben müssen, dass die auf der Eingangsstufe für die Errichtung oder die Anschaffung dieses Gebäudes verwendeten Gegenstände und Dienstleistungen zunächst ausschließlich der einen oder der anderen Umsatzart zugeordnet werden, damit danach nur das Recht auf Vorsteuerabzug für diejenigen Gegenstände und Dienstleistungen, die nicht auf diese Weise zugeordnet werden können, anhand eines Umsatzschlüssels oder, vorausgesetzt, diese Methode gewährleistet eine präzisere Bestimmung des Pro-rata-Satzes des Vorsteuerabzugs, eines Flächenschlüssels bestimmt wird. Das vorlegende Gericht möchte außerdem wissen, ob die Antwort des Gerichtshofs auf diese Frage auch für Gegenstände und Dienstleistungen gilt, die für die Nutzung, Erhaltung oder Unterhaltung eines gemischt genutzten Gebäudes herangezogen werden.
Vorab ist festzustellen, dass diese Frage Art. 17 Abs. 5 der Sechsten Richtlinie betrifft, ohne sich konkret auf eine der in Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 3 der Sechsten Richtlinie angeführten Wahlmöglichkeiten zu beziehen. Diese Frage ist somit dahin zu verstehen, dass damit geklärt werden soll, wie Art. 17 Abs. 5 der Sechsten Richtlinie allgemein auszulegen ist.
Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass der Umfang des Rechts auf Vorsteuerabzug je nach der Verwendung, zu der die betreffenden Gegenstände und Dienstleistungen bestimmt sind, unterschiedlich ist. Während nämlich Art. 17 Abs. 2 der Sechsten Richtlinie für Gegenstände und Dienstleistungen, die ausschließlich zur Ausführung besteuerter Umsätze bestimmt sind, vorsieht, dass die Steuerpflichtigen befugt sind, die gesamte Steuer auf den Erwerb bzw. die Lieferung dieser Gegenstände und Dienstleistungen abzuziehen, wird in Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 1 dieser Richtlinie bestimmt, dass bei Gegenständen und Dienstleistungen, die zur gemischten Verwendung bestimmt sind, das Recht auf Vorsteuerabzug auf den Teil der Mehrwertsteuer beschränkt ist, der auf den Betrag der unter Verwendung der Gegenstände oder Dienstleistungen ausgeführten Umsätze entfällt, für die ein Recht auf Vorsteuerabzug besteht.
In Anbetracht dieses Unterschieds im Umfang des Rechts auf Vorsteuerabzug entsprechend der Verwendung, zu der die mehrwertsteuerpflichtigen Gegenstände und Dienstleistungen bestimmt sind, müssen die Mitgliedstaaten grundsätzlich vorsehen, dass die Steuerpflichtigen zur Bestimmung der Höhe ihres Rechts auf Vorsteuerabzug die auf der Eingangsstufe erworbenen Gegenstände und Dienstleistungen zunächst den verschiedenen Ausgangsumsätzen, zu deren Ausführung sie bestimmt waren, zuordnen. Danach ist es Sache der zuständigen Behörden dieser Mitgliedstaaten, auf diese Gegenstände oder Dienstleistungen die der Zuordnung entsprechende Regelung für den Vorsteuerabzug anzuwenden, wobei auf die Gegenstände und Dienstleistungen, die sich nicht auf eine einzige Umsatzart beziehen, die in Art. 17 Abs. 5 der Sechsten Richtlinie vorgesehene Regelung anzuwenden ist.
Was zunächst die erste Phase angeht, d. h. die Zuordnung der Gegenstände oder Dienstleistungen zu den Umsätzen, für die sie verwendet werden, unbeschadet der Anwendung bestimmter Sonderbestimmungen in Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 3 der Sechsten Richtlinie, ist es Sache des vorlegenden Gerichts, zu ermitteln, ob sich eine solche Zuordnung im Fall der Verwendung der Gegenstände oder Dienstleistungen zur Errichtung eines gemischt genutzten Gebäudes in der Praxis als zu komplex und somit schwer durchführbar erweist.
Eine nationale Regelung kann den Steuerpflichtigen nämlich gestatten, von der Zuordnung dieser Gegenstände und Dienstleistungen unabhängig von deren Verwendung abzusehen, wenn diese Gegenstände und Dienstleistungen die Anschaffung oder die Errichtung eines gemischt genutzten Gebäudes betreffen und die Zuordnung in der Praxis schwer durchführbar ist.
Die Zuordnung der für die Nutzung, Erhaltung oder Unterhaltung eines gemischt genutzten Gebäudes erworbenen Gegenstände und Dienstleistungen zu den unter Verwendung dieses Gebäudes ausgeführten verschiedenen Ausgangsumsätzen scheint im Übrigen in der Praxis allgemein leicht durchführbar zu sein, was jedoch das vorlegende Gericht in Bezug auf die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Gegenstände und Dienstleistungen zu prüfen hat.
Ist dies der Fall, kann es einem Mitgliedstaat nicht erlaubt sein, vorzusehen, dass die Steuerpflichtigen davon befreit sind, die für die Nutzung, Erhaltung oder Unterhaltung eines gemischt genutzten Gebäudes erworbenen Gegenstände und Dienstleistungen den unter Verwendung dieses Gebäudes ausgeführten verschiedenen Ausgangsumsätzen zuzuordnen.
Was sodann die zweite Phase angeht, d. h. die der Berechnung des Vorsteuerabzugsbetrags, ist bezüglich der Gegenstände und Dienstleistungen, die sowohl Umsätzen zuzuordnen sind, für die ein Recht auf Vorsteuerabzug besteht, als auch Umsätzen, für die dieses Recht nicht besteht, darauf hinzuweisen, dass dieser Betrag nach Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 2 der Sechsten Richtlinie grundsätzlich auf der Grundlage eines Pro-rata-Satzes berechnet wird, der nach Art. 19 der Richtlinie für die Gesamtheit der vom Steuerpflichtigen bewirkten Umsätze unter Anwendung des Umsatzschlüssels festgelegt wird.
Der Gerichtshof hat allerdings anerkannt, dass die Mitgliedstaaten, wenn sie von bestimmten der in Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 3 der Sechsten Richtlinie angeführten Wahlmöglichkeiten Gebrauch machen, eine andere Berechnungsmethode als die in der vorstehenden Randnummer des vorliegenden Urteils angeführte anwenden können, vorausgesetzt u. a., die herangezogene Methode gewährleistet eine präzisere Bestimmung des Pro-rata-Satzes des Vorsteuerabzugs als die Bestimmung anhand der erstgenannten Methode (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. November 2012, BLC Baumarkt, C-511/10, EU:C:2012:689, Rn. 24).
Diese Voraussetzung bedeutet jedoch nicht, dass die gewählte Methode zwingend die genauestmögliche sein müsste. Wie der Generalanwalt in Nr. 90 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, wird im Tenor des Urteils vom 8. November 2012, BLC Baumarkt (C-511/10, EU:C:2012:689), nämlich nur verlangt, dass die gewählte Methode ein präziseres Ergebnis gewährleistet als das, das sich aus der Anwendung des Umsatzschlüssels ergäbe (vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 10. Juli 2014, Banco Mais, C-183/13, EU:C:2014:2056, Rn. 29).
Folglich obliegt es bei Umsätzen wie den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, die in der Vermietung verschiedener Teile eines Gebäudes bestehen und von denen für einige ein Recht auf Vorsteuerabzug besteht und für andere nicht, dem vorlegenden Gericht, zu prüfen, ob die Heranziehung einer Methode zur Berechnung des Rechts auf Vorsteuerabzug unter Anwendung des Flächenschlüssels zu einem präziseren Ergebnis führen kann als die Berechnung anhand des Umsatzschlüssels.
Die für einen Mitgliedstaat gegebenenfalls bestehende Möglichkeit, vorzusehen, dass die Steuerpflichtigen nicht jeden für die Anschaffung oder die Errichtung eines gemischt genutzten Gebäudes verwendeten Gegenstand oder jede dafür verwendete Dienstleistung mit einem bestimmten Ausgangsumsatz in Beziehung bringen müssen, wird durch die Entscheidung dieses Mitgliedstaats, eine andere Abzugsmethode als die in der Sechsten Richtlinie vorgesehene in Anspruch zu nehmen, nicht in Frage gestellt, da sich das in Rn. 32 des vorliegenden Urteils angeführte Genauigkeitserfordernis auf die Modalitäten der Berechnung des Pro-rata-Satzes des Mehrwertsteuerbetrags bezieht, der zum Vorsteuerabzug berechtigt, und nicht auf die Zuordnung der verwendeten Gegenstände und Dienstleistungen.
Nach alledem ist auf die erste Frage zu antworten, dass Art. 17 Abs. 5 der Sechsten Richtlinie dahin auszulegen ist, dass in dem Fall, in dem ein Gebäude auf der Ausgangsstufe sowohl zur Ausführung bestimmter Umsätze verwendet wird, für die ein Recht auf Vorsteuerabzug besteht, als auch zur Ausführung anderer Umsätze, für die dieses Recht nicht besteht, die Mitgliedstaaten nicht vorschreiben müssen, dass die auf der Eingangsstufe für die Errichtung, Anschaffung, Nutzung, Erhaltung oder Unterhaltung dieses Gebäudes verwendeten Gegenstände und Dienstleistungen zunächst diesen verschiedenen Umsätzen zugeordnet werden, wenn eine solche Zuordnung schwer durchführbar ist, damit danach nur das Recht auf Vorsteuerabzug für diejenigen Gegenstände und Dienstleistungen, die sowohl für bestimmte Umsätze verwendet werden, für die ein Recht auf Vorsteuerabzug besteht, als auch für andere Umsätze, für die dieses Recht nicht besteht, anhand eines Umsatzschlüssels oder, vorausgesetzt, diese Methode gewährleistet eine präzisere Bestimmung des Pro-rata-Satzes des Vorsteuerabzugs, eines Flächenschlüssels bestimmt wird.
Zur zweiten Frage
Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 20 der Sechsten Richtlinie dahin auszulegen ist, dass er einer Berichtigung der Vorsteuerabzüge für Gegenstände oder Dienstleistungen, die unter Art. 17 Abs. 5 dieser Richtlinie fallen, entgegensteht, die infolge der während des betreffenden Berichtigungszeitraums erfolgten Änderung des für die Berechnung dieser Vorsteuerabzüge verwendeten Aufteilungsschlüssels vorgenommen wird.
Hierzu ist festzustellen, dass nach Art. 20 Abs. 1 Buchst. b der Sechsten Richtlinie die ursprünglichen Vorsteuerabzüge nach den von den Mitgliedstaaten festgelegten Einzelheiten berichtigt werden müssen, wenn sich die Faktoren, die bei der Festsetzung des Vorsteuerabzugsbetrags berücksichtigt werden, nach Abgabe der Erklärung, die dem Vorsteuerabzug zugrunde liegt, geändert haben, „insbesondere“ bei rückgängig gemachten Käufen oder erlangten Rabatten. Die Verwendung des Adverbs „insbesondere“ zeigt, dass die beschriebenen Fälle keine abschließende Aufzählung darstellen.
Daraus folgt, dass diese Bestimmung den Fall, dass die Methode zur Berechnung des bei gemischt genutzten Gegenständen und Dienstleistungen geltenden Vorsteuerabzugsrechts geändert wird, zwar nicht ausdrücklich vorsieht, ihn aber auch nicht ausschließt.
Demnach sind zur Ermittlung, ob die genannte Bestimmung diesen Fall erfasst, ihr Regelungszusammenhang und die Ziele, die mit der Regelung verfolgt werden, zu der sie gehört, zu prüfen (vgl. in diesem Sinne u. a. Urteil vom 27. November 2003, Zita Modes, C-497/01, EU:C:2003:644, Rn. 34).
Was den Zusammenhang angeht, in dem Art. 20 Abs. 1 Buchst. b der Sechsten Richtlinie steht, geht aus Art. 17 Abs. 5 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 1 dieser Richtlinie hervor, dass der als Vorsteuer abziehbare Betrag der Mehrwertsteuer auf die gemischt genutzten gelieferten Gegenstände und bezogenen Dienstleistungen unter Anwendung eines Aufteilungsschlüssels festgesetzt wird, bei dem es sich um den in dieser Bestimmung angeführten Umsatzschlüssel oder um einen anderen gemäß Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 3 dieser Richtlinie gewählten Aufteilungsschlüssel handeln kann, sofern dieser für die betreffende Tätigkeit präzisere Ergebnisse bei der Berechnung des Pro-rata-Satzes für den Vorsteuerabzug ermöglicht (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. November 2012, BLC Baumarkt, C-511/10, EU:C:2012:689, Rn. 24).
Somit sind der Aufteilungsschlüssel und folglich die zur Berechnung des Vorsteuerabzugsbetrags angewandte Methode Faktoren im Sinne von Art. 20 Abs. 1 Buchst. b der Sechsten Richtlinie, die bei der Festsetzung des Vorsteuerabzugsbetrags berücksichtigt werden.
Der mit dem durch diese Richtlinie eingeführte Berichtigungsmechanismus soll, was das mit ihm verfolgte Ziel angeht, u. a. die Genauigkeit der Vorsteuerabzüge erhöhen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 30. März 2006, Uudenkaupungin kaupunki, C-184/04, EU:C:2006:214, Rn. 25, und vom 18. Oktober 2012, TETS Haskovo, C-234/11, EU:C:2012:644, Rn. 31).
Wie in den Rn. 32 und 33 des vorliegenden Urteils ausgeführt, darf bei gemischt genutzten Gegenständen und Dienstleistungen von der in der Sechsten Richtlinie vorgesehenen Methode zur Ermittlung des Rechts auf Vorsteuerabzug aber nur abgewichen werden, um eine andere Methode anzuwenden, die ein präziseres Ergebnis gewährleistet.
Die Berichtigung von Vorsteuerabzügen unter Anwendung einer anderen Methode führt demnach zwangsläufig zu einer Erhöhung der Genauigkeit dieser Vorsteuerabzüge und trägt somit zur Verwirklichung des mit dem Berichtigungsmechanismus verfolgten Ziels bei.
Die Prüfung des Regelungszusammenhangs von Art. 20 Abs. 1 Buchst. b der Sechsten Richtlinie und des mit dem durch diese Bestimmung eingeführten Mechanismus zur Berichtigung von Vorsteuerabzügen verfolgten Ziels ergibt somit, dass diese Bestimmung dahin auszulegen ist, dass sie den Fall einer Änderung der für gemischt genutzte Gegenstände und Dienstleistungen geltenden Methode zur Berechnung des Rechts auf Vorsteuerabzug erfasst.
Nach alledem ist auf die zweite Frage zu antworten, dass Art. 20 der Sechsten Richtlinie dahin auszulegen ist, dass er verlangt, dass infolge der während des betreffenden Berichtigungszeitraums erfolgten Festlegung eines für die Berechnung der Vorsteuerabzüge verwendeten Aufteilungsschlüssels, der von der in dieser Richtlinie vorgesehenen Methode zur Bestimmung des Rechts auf Vorsteuerabzug abweicht, eine Berichtigung der Vorsteuerabzüge für Gegenstände oder Dienstleistungen, die unter Art. 17 Abs. 5 dieser Richtlinie fallen, vorgenommen wird.
Zur dritten Frage
Mit seiner dritten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die allgemeinen unionsrechtlichen Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes dahin auszulegen sind, dass sie geltenden nationalen Rechtsvorschriften entgegenstehen, die weder ausdrücklich eine Vorsteuerberichtigung im Sinne von Art. 20 der Sechsten Richtlinie infolge einer Änderung des für die Berechnung bestimmter Vorsteuerabzüge verwendeten Aufteilungsschlüssels anordnen noch eine Übergangsregelung vorsehen, obwohl die vom Steuerpflichtigen angewandte Vorsteueraufteilung nach dem vor dieser Änderung geltenden Aufteilungsschlüssel höchstrichterlich generell als sachgerecht anerkannt worden war.
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit Teil der Rechtsordnung der Europäischen Union sind. Sie müssen deshalb nicht nur von den Unionsorganen, sondern auch von den Mitgliedstaaten bei der Ausübung der Befugnisse, die ihnen die Unionsrichtlinien einräumen, beachtet werden (Urteil vom 29. April 2004, Gemeente Leusden und Holin Groep, C-487/01 und C-7/02, EU:C:2004:263, Rn. 57).
Im Übrigen scheint das vorlegende Gericht zwar gewisse Zweifel daran zu haben, wie sich Art. 20 der Sechsten Richtlinie mit den Grundsätzen der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes vereinbaren lässt, jedoch hat es die Gültigkeit dieser Bestimmung nicht förmlich in Frage gestellt.
Allerdings ist eine Bestimmung des abgeleiteten Unionsrechts wie Art. 20 der Sechsten Richtlinie möglichst so auszulegen, dass sie mit den allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts vereinbar ist, insbesondere mit den Grundsätzen der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 29. April 2010, M u. a., C-340/08, EU:C:2010:232, Rn. 64).
Was den Umstand anbelangt, dass in einer nationalen Vorschrift wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden die Pflicht, bei einer Änderung der Methode zur Berechnung des Rechts auf Vorsteuerabzug eine Berichtigung vorzunehmen, nicht ausdrücklich erwähnt wird, ist darauf hinzuweisen, dass sich diese Pflicht, wie in Rn. 47 des vorliegenden Urteils ausgeführt, aus Art. 20 der Sechsten Richtlinie ergibt.
Nach ständiger Rechtsprechung sind die Mitgliedstaaten aber verpflichtet, Vorschriften des innerstaatlichen Rechts zur Umsetzung einer Richtlinie bei ihrer Anwendung so weit wie möglich richtlinienkonform auszulegen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 27. Juni 2000, Océano Grupo Editorial und Salvat Editores, C-240/98 bis C-244/98, EU:C:2000:346, Rn. 31).
Daraus folgt, dass die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes nicht dahin ausgelegt werden können, dass eine Pflicht zur Berichtigung des Rechts auf Vorsteuerabzug bei einer Änderung der Methode zur Berechnung dieses Rechts nur auferlegt werden darf, wenn in der nationalen Vorschrift, auf der diese Änderung beruht, ausdrücklich auf die Berichtigungspflicht hingewiesen wird.
Was sodann den Umstand betrifft, dass die Methode zur Berechnung des Rechts auf Vorsteuerabzug durch eine nationale Vorschrift wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende geändert wird, ohne dass eine Übergangsregelung vorgesehen ist, geht zunächst aus dem Kontext des Vorabentscheidungsersuchens hervor, dass das vorlegende Gericht den Begriff „Übergangsregelung“ so versteht, dass damit Vorschriften gemeint sind, mit denen von der Anwendung des neuen Gesetzes vorübergehend abgewichen werden soll und die für einen Übergangszeitraum eine den Umständen angepasste Sonderregelung anwendbar machen.
Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass eine neue Rechtsnorm, die ab dem Inkrafttreten des Rechtsakts anwendbar ist, mit dem sie eingeführt wird, grundsätzlich mit dem Unionsrecht vereinbar ist (Urteil vom 7. November 2013, Gemeinde Altrip u. a., C-72/12, EU:C:2013:712, Rn. 22). Folglich verbieten die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes es grundsätzlich nicht, dass ein Mitgliedstaat ein älteres Gesetz mit sofortiger Wirkung ändern kann, ohne eine Übergangsregelung vorzusehen.
Gleichwohl kann es in besonderen Situationen, in denen die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes es erfordern, geboten sein, eine solche den Umständen angepasste Regelung einzuführen.
Wie das vorlegende Gericht ausführt, hat der Gerichtshof festgestellt, dass ein nationaler Gesetzgeber möglicherweise gegen die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes verstößt, wenn er plötzlich und unvorhersehbar ein neues Gesetz erlässt, das ein den Steuerpflichtigen bisher zustehendes Recht aufhebt, ohne ihnen die zur Anpassung nötige Zeit zu lassen, obwohl es das angestrebte Ziel nicht erforderte (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 29. April 2004, Gemeente Leusden und Holin Groep, C-487/01 und C-7/02, EU:C:2004:263, Rn. 70).
Die Steuerpflichtigen müssen insbesondere Zeit zur Anpassung haben, wenn die Aufhebung des ihnen bisher zustehenden Rechts sie dazu verpflichtet, in der Folge wirtschaftliche Anpassungen vorzunehmen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. Juni 2015, Berlington Hungary u. a., C-98/14, EU:C:2015:386, Rn. 87).
Selbst unter der Annahme, dass eine Änderung der nationalen Rechtsvorschriften, mit denen die Methode zur Berechnung des Rechts auf Vorsteuerabzug festgelegt wird, als plötzlich und unvorhersehbar angesehen werden kann, ist aber nicht ersichtlich, dass die in den beiden vorstehenden Randnummern des vorliegenden Urteils angeführten Umstände, die Grund zur Einführung einer angepassten Übergangsregelung geben, unter Umständen wie den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden erfüllt sind.
Es ist nämlich zum einen festzustellen, dass eine Änderung der Berechnungsmethode nicht die Aufhebung des den Steuerpflichtigen zustehenden Rechts auf Vorsteuerabzug bewirkt, sondern eine Änderung des Umfangs dieses Rechts.
Zum anderen bedeutet eine solche Änderung als solche unter Umständen wie den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nicht, dass die Steuerpflichtigen in der Folge wirtschaftliche Anpassungen vornehmen, so dass ein Anpassungszeitraum nicht zwingend erforderlich erscheint.
Was schließlich den Umstand betrifft, dass nach einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden eine Änderung der Methode zur Berechnung des Rechts auf Vorsteuerabzug vorgenommen wird, obwohl die vorige Methode von einem der obersten Gerichte des betreffenden Mitgliedstaats als „sachgerecht“ eingestuft wurde, ist festzustellen, dass die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes, in deren Licht Art. 20 der Sechsten Richtlinie auszulegen ist, es einem nationalen Gesetzgeber grundsätzlich nicht verbieten, seine die Durchführung des Unionsrechts bezweckenden Rechtsvorschriften zu ändern (vgl. entsprechend Urteil vom 14. Januar 2010, Stadt Papenburg, C-226/08, EU:C:2010:10, Rn. 46 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Daraus folgt insbesondere, dass der Umstand allein, dass bestimmte nationale Vorschriften von einem der obersten Gerichte des betreffenden Mitgliedstaats als „sachgerecht“ eingestuft wurden, dem nicht entgegensteht, dass dieser Gesetzgeber sie abändert, und dass infolge dieser Änderung Berichtigungen vorgenommen werden.
Aus den vorstehenden Erwägungen folgt, dass die allgemeinen unionsrechtlichen Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes dahin auszulegen sind, dass sie geltenden nationalen Rechtsvorschriften, die weder ausdrücklich eine Vorsteuerberichtigung im Sinne von Art. 20 der Sechsten Richtlinie infolge einer Änderung des für die Berechnung bestimmter Vorsteuerabzüge verwendeten Aufteilungsschlüssels anordnen noch eine Übergangsregelung vorsehen, obwohl die vom Steuerpflichtigen angewandte Vorsteueraufteilung nach dem vor dieser Änderung geltenden Aufteilungsschlüssel höchstrichterlich generell als sachgerecht anerkannt worden war, nicht entgegenstehen.
Kosten
Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.
Gründe
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) für Recht erkannt:
Art. 17 Abs. 5 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage in der durch die Richtlinie 95/7/EG des Rates vom 10. April 1995 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass in dem Fall, in dem ein Gebäude auf der Ausgangsstufe sowohl zur Ausführung bestimmter Umsätze verwendet wird, für die ein Recht auf Vorsteuerabzug besteht, als auch zur Ausführung anderer Umsätze, für die dieses Recht nicht besteht, die Mitgliedstaaten nicht vorschreiben müssen, dass die auf der Eingangsstufe für die Errichtung, Anschaffung, Nutzung, Erhaltung oder Unterhaltung dieses Gebäudes verwendeten Gegenstände und Dienstleistungen zunächst diesen verschiedenen Umsätzen zugeordnet werden, wenn eine solche Zuordnung schwer durchführbar ist, damit danach nur das Recht auf Vorsteuerabzug für diejenigen Gegenstände und Dienstleistungen, die sowohl für bestimmte Umsätze verwendet werden, für die ein Recht auf Vorsteuerabzug besteht, als auch für andere Umsätze, für die dieses Recht nicht besteht, anhand eines Umsatzschlüssels oder, vorausgesetzt, diese Methode gewährleistet eine präzisere Bestimmung des Pro-rata-Satzes des Vorsteuerabzugs, eines Flächenschlüssels bestimmt wird.
Art. 20 der Sechsten Richtlinie 77/388 in der durch die Richtlinie 95/7 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass er verlangt, dass infolge der während des betreffenden Berichtigungszeitraums erfolgten Festlegung eines für die Berechnung der Vorsteuerabzüge verwendeten Aufteilungsschlüssels, der von der in dieser Richtlinie vorgesehenen Methode zur Bestimmung des Rechts auf Vorsteuerabzug abweicht, eine Berichtigung der Vorsteuerabzüge für Gegenstände oder Dienstleistungen, die unter Art. 17 Abs. 5 dieser Richtlinie fallen, vorgenommen wird.
Die allgemeinen unionsrechtlichen Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes sind dahin auszulegen, dass sie geltenden nationalen Rechtsvorschriften, die weder ausdrücklich eine Vorsteuerberichtigung im Sinne von Art. 20 der Sechsten Richtlinie in der durch die Richtlinie 95/7 geänderten Fassung infolge einer Änderung des für die Berechnung bestimmter Vorsteuerabzüge verwendeten Aufteilungsschlüssels anordnen noch eine Übergangsregelung vorsehen, obwohl die vom Steuerpflichtigen angewandte Vorsteueraufteilung nach dem vor dieser Änderung geltenden Aufteilungsschlüssel höchstrichterlich generell als sachgerecht anerkannt worden war, nicht entgegenstehen.
Unterschriften
( *1)Verfahrenssprache: Deutsch.
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