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BAG 28.03.2019 - 8 AZN 825/18
BAG 28.03.2019 - 8 AZN 825/18 - Nichtzulassungsbeschwerde - Divergenz - Prozessfähigkeit - Querulantentum
Normen
§ 105 BGB, § 51 ZPO, § 56 ZPO, § 72 Abs 2 Nr 2 ArbGG, § 72a Abs 3 S 2 Nr 2 ArbGG
Vorinstanz
vorgehend ArbG Frankfurt, 29. Juni 2016, Az: 23 Ca 800/16, Urteil
vorgehend Hessisches Landesarbeitsgericht, 27. August 2018, Az: 7 Sa 1374/16, Urteil
nachgehend BVerfG, 19. April 2021, Az: 1 BvR 854/19, Beschluss
Tenor
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Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 27. August 2018 - 7 Sa 1374/16 - wird zurückgewiesen.
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Die Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
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Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 8.958,16 Euro festgesetzt.
Gründe
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Die auf grundsätzliche Bedeutung einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage (§ 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG) sowie Divergenz (§ 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG) gestützte Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet.
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I. Soweit die Beklagte die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der auf Seite 8 ihres Schriftsatzes vom 15. November 2018 formulierten Frage begehrt, entspricht die Begründung der Beschwerde schon nicht den gesetzlichen Anforderungen.
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Die Beklagte hat mit dieser Frage keine Rechtsfrage iSv. § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG, dh. keine Frage dargetan, die die Wirksamkeit, den Geltungsbereich, die Anwendbarkeit oder den Inhalt einer Norm zum Gegenstand hat (zu dieser Anforderung vgl. etwa BAG 20. Mai 2008 - 9 AZN 1258/07 - Rn. 5, BAGE 126, 346). Vielmehr hat sie ihre Frage ausschließlich nach dem Ergebnis der konkreten Rechtsanwendung im Einzelfall formuliert. Sie greift mit der Beschwerde ausschließlich die Bewertung durch das Landesarbeitsgericht im Hinblick auf die Gleichstellung des von der Klägerin erworbenen Bildungsabschlusses mit einem inländischen Bildungsabschluss als rechtsfehlerhaft an. Eine Befassung des Beschwerdegerichts mit der von der Beklagten formulierten Frage würde dazu führen, das Urteil des Landesarbeitsgerichts im Ergebnis als richtig oder falsch zu bewerten. Eine solche Bewertung könnte nicht im Rahmen eines Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens, sondern nur im Rahmen einer zugelassenen Revision erfolgen.
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II. Die Revision ist auch nicht wegen Divergenz der anzufechtenden Entscheidung zum Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 18. April 2018 (- 6 Sa 13/15 -) zuzulassen.
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1. Wird mit einer Nichtzulassungsbeschwerde eine Divergenz iSv. § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG geltend gemacht, muss die Beschwerdebegründung nach § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ArbGG die Entscheidung bezeichnen, von der die anzufechtende Entscheidung abweicht. Eine Abweichung iSv. § 72 Abs. 2 Nr. 2, § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ArbGG setzt voraus, dass die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts zu einer Rechtsfrage einen abstrakten Rechtssatz aufgestellt hat, der von einem abstrakten Rechtssatz abweicht, den eines der in § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG abschließend genannten Gerichte zu der gleichen Rechtsfrage aufgestellt hat. Dabei liegt ein abstrakter Rechtssatz nur vor, wenn durch fallübergreifende Ausführungen ein Grundsatz aufgestellt wird, der für eine Vielzahl von Fällen Geltung beansprucht. Zwar kann sich ein abstrakter Rechtssatz auch aus scheinbar einzelfallbezogenen Ausführungen ergeben, allerdings müssen sich die voneinander abweichenden abstrakten Rechtssätze aus der anzufechtenden und der angezogenen Entscheidung unmittelbar ergeben und so deutlich ablesbar sein, dass nicht zweifelhaft bleibt, welche abstrakten Rechtssätze die Entscheidungen jeweils aufgestellt haben (BAG 26. Juli 1994 - 1 AZN 324/94 - zu II 1 der Gründe mwN).
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2. Daran gemessen hat das Landesarbeitsgericht Hamburg in der in Bezug genommenen Entscheidung nicht den Rechtssatz aufgestellt, den die Beschwerde dieser Entscheidung entnimmt. Das Landesarbeitsgericht Hamburg hat seiner Subsumtion den von der Beklagten angeführten Rechtssatz nicht ausdrücklich vorangestellt. Ein solcher fallübergreifender Rechtssatz ergibt sich auch nicht zwingend aus den einzelfallbezogenen Ausführungen des Gerichts.
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Das Landesarbeitsgericht Hamburg hat angenommen, dass nach Ausnutzung aller der Kammer zur Verfügung stehenden Aufklärungsmittel so erhebliche Zweifel an der Prozessfähigkeit der Klägerin bestünden, dass das Vorliegen der von Amts wegen - auch in der Berufungsinstanz - zu prüfenden Prozessfähigkeit der Klägerin nicht festgestellt werden könne. Es lägen Anhaltspunkte dafür vor, dass bei der Klägerin eine wahnhafte Entwicklung im Sinne eines sog. Querulantentums vorliege, aufgrund derer sie sich hinsichtlich der Führung von Rechtsstreitigkeiten wegen vermeintlicher Diskriminierung dauerhaft in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befinde. Die Zweifel an der Prozessfähigkeit wegen sog. Querulantentums der Klägerin haben sich für das Landesarbeitsgericht Hamburg dabei zwar nicht aus der Anzahl der von der Klägerin vor dem Arbeitsgericht Hamburg und Landesarbeitsgericht Hamburg geführten Verfahren für sich genommen ergeben, jedoch aus den wirtschaftlichen Folgen, die sie mit diesen Verfahren für sich ausgelöst habe und auch aus der Art und Weise, wie sie diese Verfahren geführt habe. Damit hat das Landesarbeitsgericht Hamburg zwar auf die ihm erschließbaren Erkenntnisse aus anderen von der Klägerin geführten Verfahren zurückgegriffen und diese gewürdigt, aus der angezogenen Entscheidung lässt sich jedoch nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit entnehmen, dass sich das Landesarbeitsgericht überhaupt mit der Frage befasst hätte, ob sich Zweifel an der Prozessfähigkeit einer Person stets, grundsätzlich oder nur ausnahmsweise aus Verfahrenshandlungen ergeben können, die die Partei außerhalb des konkret zur Entscheidung anstehenden Verfahrens in anderen Verfahren vornimmt. Insoweit wirkt sich aus, dass das Landesarbeitsgericht ausschließlich den spezifischen Einzelfall unter dem Gesichtspunkt eines etwaigen „Querulantentums“ der Klägerin, und dies auf der Basis der von ihm hierfür angeführten Definition beurteilt hat.
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III. Die Beschwerde der Beklagten wäre auch dann nicht erfolgreich, wenn sie nicht nur unter dem Gesichtspunkt einer Divergenz, sondern insoweit auch unter dem Gesichtspunkt einer grundsätzlichen Bedeutung zu prüfen wäre.
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1. Nach § 72a Abs. 3 Satz 2 ArbGG ist das Bundesarbeitsgericht zwar an die in der Nichtzulassungsbeschwerde angegebenen Gründe gebunden. Entscheidend ist aber nicht die Bezeichnung der Beschwerdegründe und deren rechtliche Einordnung durch den Beschwerdeführer, sondern der Inhalt der Beschwerdebegründung. Erfüllen die Darlegungen zur Begründung einer Divergenzbeschwerde zugleich die Voraussetzungen einer Grundsatzbeschwerde, ist die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen (vgl. BAG 15. Februar 2005 - 9 AZN 892/04 - zu II 2 b cc (1) der Gründe, BAGE 113, 315 ).
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2. Dies ist hier allerdings nicht der Fall. Die Beklagte greift im Rahmen ihrer Divergenzbeschwerde mit der Frage, ob sich Anhaltspunkte für Zweifel an der Prozessfähigkeit einer Person auch ohne verfahrensübergreifende Wirkung aus Verfahrenshandlungen ergeben können, die die Partei außerhalb des konkret zur Entscheidung anstehenden Verfahrens in anderen Verfahren vornimmt, keine Rechtsfrage iSv. § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG, dh. keine Frage auf, die die Wirksamkeit, den Geltungsbereich, die Anwendbarkeit oder den Inhalt einer Norm zum Gegenstand hat. Vielmehr hat sie auch insoweit diese Frage ausschließlich nach dem Ergebnis der konkreten Rechtsanwendung im Einzelfall formuliert.
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IV. Darauf, ob die anzufechtende Entscheidung möglicherweise rechtsfehlerhaft ist, kommt es nicht an. Auf etwaige Rechtsfehler könnte das Urteil des Landesarbeitsgerichts nur im Rahmen einer zugelassenen Revision überprüft werden.
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V. Von einer weiteren Begründung zum sonstigen, vom Senat geprüften Vorbringen der Beklagten wird abgesehen, da sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen die Revision zuzulassen ist (§ 72a Abs. 5 Satz 5 ArbGG). Weitergehende Ausführungen sind auch von Verfassungs wegen nicht geboten (vgl. BVerfG 8. Dezember 2010 - 1 BvR 1382/10 - BVerfGK 18, 301).
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VI. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO; die Wertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 GKG.
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