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BAG 16.07.2014 - 10 AZR 698/13
BAG 16.07.2014 - 10 AZR 698/13 - Tarifliche Sonderprämien - Sprengung von Wasserbomben - Transport - Langzeitzünder
Normen
Vorinstanz
vorgehend ArbG Oldenburg (Oldenburg), 9. Juli 2012, Az: 4 Ca 89/12 Ö, Urteil
vorgehend Landesarbeitsgericht Niedersachsen, 1. Juli 2013, Az: 13 Sa 1037/12, Urteil
Tenor
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1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 1. Juli 2013 - 13 Sa 1037/12 - aufgehoben.
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2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten über tarifliche Sonderprämien für die Sprengung von 104 Wasserbomben.
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Der Kläger ist als Truppführer im Kampfmittelbeseitigungsdienst des beklagten Landes beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft beiderseitiger Tarifbindung der Tarifvertrag zur Regelung der Arbeitsbedingungen der im Kampfmittelbeseitigungsdienst beschäftigten Arbeitnehmer des Landes Niedersachsen vom 5. März 1991, geändert durch den Änderungstarifvertrag Nr. 2 vom 13. Dezember 1999, in der Fassung des § 1 Abs. 1 des Euro-TV vom 30. Oktober 2001, (im Folgenden: TV-Mun-Nds) Anwendung.
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Im März und April 2011 sprengte der Kampfmittelbeseitigungsdienst des beklagten Landes insgesamt 104 Wasserbomben aus dem Zweiten Weltkrieg, davon acht des amerikanischen Typs MK6 und 96 des britischen Typs MK11. Die Bomben waren zuvor unter Mitwirkung einer gewerblichen Firma auf einer Sandbank im Watt vor Wilhelmshaven geborgen und zu mehreren Sprengpunkten verbracht worden. Dort wurden sie in Gruppen zusammengelegt, mit Sprengladungen versehen und aufeinandergestapelt. An der Sprengung war der Kläger in zwischen den Parteien streitigem Umfang beteiligt.
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Der TV-Mun-Nds enthält im Abschnitt II (Angestellte) unter anderem folgende Regelungen:
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„§ 5
Gefahrenzulage
(1) …
(2) Die Truppführer erhalten bei einer Beschäftigung von 125 und mehr Arbeitsstunden im Monat im unmittelbaren Gefahrenbereich eine Gefahrenzulage von … 889,65 Euro monatlich. …
Protokollnotiz:
Eine Beschäftigung im unmittelbaren Gefahrenbereich im Sinne der Absätze 1 und 2 ist das Suchen, Prüfen, Entfernen, Entschärfen, Sprengen oder Zerlegen von Munition oder Munitionsteilen sowie deren Transport.“
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Die Gefahrenzulage für Arbeiter ist im Abschnitt III unter § 10 geregelt. Abschnitt IV sieht „Sonderprämien“ vor. Er enthält als einzige Vorschrift den § 11 sowie eine Protokollnotiz zu dessen Absatz 1. Dieser Absatz lautet:
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„Für die Entschärfung einer Bombe mit Langzeitzünder einschließlich des etwa erforderlichen Transports der noch nicht entschärften Bombe wird eine Sonderprämie von … 567,53 Euro als zusätzliche Gefahrenzulage gewährt. Die Sonderprämie erhält jeder Arbeitnehmer, der unmittelbar an der Entfernung des Langzeitzünders oder beim Transport mitarbeitet. Die Prämie wird jedoch je Bombe nur einmal gezahlt.“
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Die Protokollnotiz lautet:
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„Der Entschärfung einer Bombe mit Langzeitzünder steht die Entschärfung entsprechender Seemunition (z. B. Torpedos, Wasserbomben, Seeminen) gleich.“
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Diese Protokollnotiz war durch den Änderungstarifvertrag Nr. 2 vom 11. September 1979 in den damals geltenden TV-Mun-Nds vom 25. Februar 1972 eingefügt worden. In der Niederschrift zum Verhandlungsergebnis dieses Änderungstarifvertrags hatten die Tarifvertragsparteien „zur Sonderprämie in den Tarifverträgen“ folgende Erklärung abgegeben:
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„Falls eine freigelegte Bombe zur Entschärfung am Fundort der Bombe verlagert werden muss, gilt diese Verlagerung einvernehmlich als ein zur Entschärfung oder zum Transport der Bombe gehörender Arbeitsvorgang. Die Sonderprämie erhält jeder Arbeitnehmer, der aus diesem Anlass im unmittelbaren Gefahrenbereich tätig sein muss.“
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Der Kläger hat die Ansicht vertreten, bei den 104 Wasserbomben habe es sich um „entsprechende Seemunition“ iSd. Protokollnotiz zu § 11 Abs. 1 TV-Mun-Nds gehandelt. Diese sei durch Sprengung iSd. § 11 Abs. 1 TV-Mun-Nds „entschärft“ worden. Alle 104 Wasserbomben hätten über Zündsysteme verfügt, die ebenso gefährlich seien wie Langzeitzünder. Die Dokumentation des Zünders sei aufgrund der starken Sedimentablagerungen nicht möglich gewesen. Es sei ausgeschlossen, dass die Wasserbomben nach Kriegsende ohne Zündsysteme verklappt worden seien. Da die Wasserbomben unweit des früheren Kriegshafens Wilhelmshaven aufgefunden worden seien, sei davon auszugehen, dass mit ihnen die Hafeneinfahrt blockiert werden sollte. Der Kläger meint, unabhängig davon stünden ihm die Sonderprämien jedenfalls nach § 11 Abs. 1 Satz 2 TV-Mun-Nds aufgrund seiner Mitarbeit am Transport der Wasserbomben zu, da er alle 104 Wasserbomben zur Sprengung vorbereitet, also jeweils angehoben, zusammengelegt, mit der Sprengladung versehen und stapelweise übereinandergeschichtet habe.
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Der Kläger hat beantragt,
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das beklagte Land zu verurteilen, an ihn 59.023,12 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. Mai 2011 zu zahlen.
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Das beklagte Land hat Klageabweisung beantragt. Es hat bestritten, dass alle 104 Wasserbomben mit besonders gefährlichen Zündsystemen versehen gewesen seien, da sich auf den Gewindebolzen der zu Dokumentationszwecken fotografierten Wasserbomben des Typs MK11 - anders als sonst bei von Flugzeugen abgeworfenen Blindgängern - weder Leitwerke noch Fragmente davon befunden hätten. Sie seien daher - mangels Bezünderung - keine „entsprechende Seemunition“ iSd. Protokollnotiz zu § 11 Abs. 1 TV-Mun-Nds. Zudem sei der Kläger nicht unmittelbar am Transport der Wasserbomben beteiligt gewesen. Sämtliche Arbeiten im Zusammenhang mit der Bergung und Verlagerung der Wasserbomben seien ausschließlich mit Gerät und Mitarbeitern der hinzugezogenen gewerblichen Firma durchgeführt worden. Der Kläger sei nur an vier Sprengtagen vor Ort gewesen.
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Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Zahlungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision des Klägers ist begründet. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann die Klage nicht abgewiesen werden. Der Senat kann auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht entscheiden, ob der Kläger von dem beklagten Land die Zahlung der geforderten Sonderprämien verlangen kann. Dies führt unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht.
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I. Die Revision ist zulässig. Sie beschränkt sich auf den tariflichen Anspruch. Soweit das Landesarbeitsgericht - daneben - auch eine Verletzung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes verneint hat, greift der Kläger das Berufungsurteil nicht an. Dies hat er in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat klargestellt. Die damit verbundene Beschränkung der Revision auf einen von mehreren Streitgegenständen ist zulässig (vgl. BAG 29. Januar 2014 - 6 AZR 944/11 - Rn. 16).
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II. Die Revision ist begründet. Das Landesarbeitsgericht durfte die Klage mit der von ihm gegebenen Begründung nicht abweisen. Es hat zwar zutreffend erkannt, dass die „Sprengung“ einer Bombe nicht der „Entschärfung“ iSd. § 11 Abs. 1 Satz 1 TV-Mun-Nds gleichsteht. Zu Unrecht hat es jedoch angenommen, § 11 Abs. 1 TV-Mun-Nds gewähre Arbeitnehmern, die unmittelbar am Transport von „entsprechender Seemunition“ iSd. Protokollnotiz zu § 11 Abs. 1 TV-Mun-Nds mitgearbeitet haben, keinen Anspruch auf Zahlung einer Sonderprämie.
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1. Dem Kläger stehen für die „Sprengung“ der Wasserbomben keine Sonderprämien nach § 11 Abs. 1 TV-Mun-Nds zu. Hierbei handelt es sich nicht um die „Entschärfung“ einer Bombe im Tarifsinne.
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a) Nach dem Wortlaut des § 11 Abs. 1 Satz 1 TV-Mun-Nds wird die Sonderprämie „für die Entschärfung einer Bombe mit Langzeitzünder einschließlich des etwa erforderlichen Transports“ gewährt. Nach allgemeinem Sprachgebrauch ist es zwar nicht ausgeschlossen, die „Sprengung“ einer Bombe als „Entschärfung“ anzusehen, weil von ihr nach der Sprengung keine Gefahr mehr ausgeht, sie also nicht mehr „scharf“ ist. Gegen ein solches Verständnis bei der Auslegung des § 11 TV-Mun-Nds spricht jedoch, dass die Protokollnotiz zu § 5 TV-Mun-Nds ausdrücklich zwischen dem „Entschärfen“ und dem „Sprengen“ von Munition und Munitionsteilen als Beschäftigung „im unmittelbaren Gefahrenbereich“ differenziert. Dies zeigt, dass die Tarifvertragsparteien „Sprengen“ und „Entschärfen“ als voneinander verschiedene Tätigkeiten ansehen. Da nach dem Wortlaut des § 11 Abs. 1 TV-Mun-Nds nur eine davon - die Entschärfung - prämienrelevant ist, spricht dies gegen die Annahme der Revision, auch eine Sprengung könne einen Anspruch auf eine Sonderprämie nach § 11 Abs. 1 TV-Mun-Nds auslösen.
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b) Dieses am Wortlaut der Tarifvorschrift orientierte Auslegungsergebnis wird durch die Tarifsystematik und den sich hieraus ergebenden Regelungszweck bestätigt. Der TV-Mun-Nds enthält in Bezug auf die Prämien ein geschlossenes Regelungskonzept. Dieses hebt den Vorgang der Entschärfung einer Bombe mit Langzeitzünder einschließlich des etwa erforderlichen Transports gegenüber anderen Beschäftigungen im unmittelbaren Gefahrenbereich deutlich hervor.
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aa) Zunächst regelt der Tarifvertrag in den Abschnitten II (§ 5) und III (§ 10) die allgemeine „Gefahrenzulage“ für Angestellte und Arbeiter bei einer Beschäftigung im unmittelbaren Gefahrenbereich. Dazu gehört ausweislich der Protokollnotiz zu § 5 TV-Mun-Nds sowohl das Sprengen als auch das Entschärfen von Munition oder Munitionsteilen sowie deren Transport. In § 11 TV-Mun-Nds ist sodann für einzelne Tätigkeiten (Entschärfung einschließlich des etwa erforderlichen Transports) an einer speziellen Munitionsart (Bombe mit Langzeitzünder) eine weitere als „Sonderprämie“ bezeichnete Zulage geregelt. Die Tarifsystematik verdeutlich damit, dass nach Auffassung der Tarifvertragsparteien die „Entschärfung“ einer Bombe mit Langzeitzünder einschließlich des etwa erforderlichen Transports ganz besondere Gefahren in sich birgt, die über das hinausgehen, was mit der Gefahrenzulage nach § 5 und § 10 TV-Mun-Nds abgegolten werden soll. Deshalb haben sie für diese Tätigkeit eine Sonderprämie vorgesehen, die gleichermaßen für alle Arbeitnehmer gilt und bei einem Angestellten mehr als 60 %, bei einem Arbeiter sogar mehr als 75 % seiner maximalen monatlichen Gefahrenzulage nach § 5 TV-Mun-Nds beträgt.
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bb) Eine Gleichsetzung von „Sprengung“ und „Entschärfung“ einer Bombe in § 11 Abs. 1 TV-Mun-Nds ist mit dem sich aus dieser Tarifsystematik ergebenden Regelungszweck unvereinbar. Eine Bombe, die nach ihrem Abwurf nicht explodiert ist, stellt nach dem im tariflichen Gesamtzusammenhang zum Ausdruck kommenden Willen der Tarifvertragsparteien eine über die ohnehin bestehende allgemeine Gefährlichkeit hinausgehende besondere Gefahr dar, wenn sie über einen Langzeitzünder verfügt, der ihre sofortige Detonation beim Aufschlagen im Zielgebiet verhindern sollte. Da ein Langzeitzünder üblicherweise mit einer Ausbausperre versehen ist, die seine Entschärfung verhindern oder zumindest erschweren soll, ist dessen Entfernung nicht nur außergewöhnlich aufwändig, sondern auch in besonderem Maße gefährlich. Dementsprechend ist nach der berufsgenossenschaftlichen Richtlinie BGR 114 Anhang 5 Ziffer 12.4 die Entschärfung von Fundmunition mit Zündern, bei denen konstruktionsbedingt „eine Auslösung nicht ausgeschlossen“ werden kann, „wegen der ständigen akuten Gefahr“ nur durchzuführen, „wenn eine Sprengung … ausnahmsweise nicht geboten ist“. Dies verdeutlicht das tarifliche Regelungsziel, mit der Sonderprämie nach § 11 Abs. 1 TV-Mun-Nds die Ausübung einer besonders gefährlichen Tätigkeit zusätzlich zu der Gefahrenzulage nach §§ 5, 10 TV-Mun-Nds zu honorieren.
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c) Dieses Tarifverständnis verstößt entgegen der Auffassung der Revision nicht gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Ein solcher Verstoß ist dann anzunehmen, wenn die Tarifvertragsparteien es versäumt haben, tatsächliche Gemeinsamkeiten oder Unterschiede der zu ordnenden Lebensverhältnisse zu berücksichtigen, die so bedeutsam sind, dass sie bei einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise hätten beachtet werden müssen (BAG 11. Dezember 2013 - 10 AZR 736/12 - Rn. 14). Die Tarifvertragsparteien, denen insoweit eine Einschätzungsprärogative zukommt (BAG 11. Dezember 2013 - 10 AZR 736/12 - Rn. 14), haben die allgemeine Gefahrenzulage nach §§ 5, 10 TV-Mun-Nds als Zulage für die Tätigkeit eines Arbeitnehmers im unmittelbaren Gefahrenbereich iSd. Protokollnotiz zu § 5 TV-Mun-Nds offenbar für ausreichend gehalten, soweit der Arbeitnehmer nicht unmittelbar an der Entschärfung einer Bombe mit Langzeitzünder einschließlich des etwa erforderlichen Transports mitarbeitet und sich dadurch einer besonderen Gefahr aussetzt. Eine solche Unterscheidung nach der von der Tätigkeit ausgehenden Gefahr ist sachgerecht und aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
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2. Nach der Protokollnotiz zu § 11 Abs. 1 TV-Mun-Nds steht der Entschärfung einer Bombe mit Langzeitzünder die Entschärfung entsprechender Seemunition (zB Torpedos, Wasserbomben, Seeminen) gleich. Voraussetzung der Gleichstellung ist damit, dass die besondere Gefährlichkeit der Seemunition der einer Bombe mit Langzeitzünder entspricht. Davon ist auszugehen, wenn die Seemunition mit Zündsystemen ausgestattet ist, bei deren Entfernung der Arbeitnehmer einer ebenso großen Gefahr ausgesetzt ist wie bei der Entfernung des Langzeitzünders einer Bombe. Für welche Zündsysteme dies zu bejahen ist, hängt von deren konkreter Bauweise und Beschaffenheit ab.
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3. Die Gleichstellung der „Entschärfung einer Bombe mit Langzeitzünder“ mit der „Entschärfung entsprechender Seemunition“ nach der Protokollnotiz zu § 11 Abs. 1 TV-Mun-Nds beschränkt sich entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht auf den Vorgang der „Entschärfung“, sondern umfasst auch den „Transport“ iSd. § 11 Abs. 1 TV-Mun-Nds. Nach dem Wortlaut der Protokollnotiz steht der Entschärfung einer Bombe mit Langzeitzünder die Entschärfung entsprechender Seemunition gleich. Der Transport der Seemunition ist damit zwar in der Protokollnotiz nicht ausdrücklich erwähnt. Hieraus kann jedoch, anders als vom Landesarbeitsgericht angenommen, nicht der Schluss gezogen werden, dieser löse die Sonderprämie nicht aus. Hiergegen spricht die in § 11 Abs. 1 TV-Mun-Nds erfolgte Gleichstellung beider Vorgänge. Wenn die Protokollnotiz für die Zahlung einer Sonderprämie voraussetzt, dass die Seemunition in Bezug auf die Gefährlichkeit einer Bombe mit Langzeitzünder zu entsprechen hat, betrifft dies nicht nur die Gefahren bei einer Entschärfung, sondern auch bei einem etwa erforderlichen Transport. Eine am Zweck der Protokollnotiz orientierte Auslegung gebietet daher, nicht nur die Entschärfung, sondern auch die unmittelbare Mitarbeit beim Transport entsprechender Seemunition als eine Tätigkeit anzusehen, die einen Anspruch auf eine Sonderprämie nach § 11 Abs. 1 TV-Mun-Nds auslöst. In der Regel kann davon ausgegangen werden, dass die Tarifvertragsparteien gleich gelagerte Sachverhalte nicht ohne sachlichen Grund ungleich behandeln. Für eine Ungleichbehandlung zwischen Bomben mit Langzeitzünder und entsprechender Seemunition ist insoweit kein Grund ersichtlich.
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4. Unter „Transport“ iSd. § 11 Abs. 1 TV-Mun-Nds ist das Befördern einer Bombe an einen anderen Ort zu verstehen. Das Tatbestandsmerkmal „Transport“ in dieser Bestimmung setzt nicht die anschließende Entschärfung der transportierten Bombe voraus. Die von der Art ihrer Bezünderung ausgehende besondere Gefahr besteht unabhängig davon, ob die Bombe nach ihrem Transport gesprengt oder entschärft wird. Der Einschub „etwa erforderlich“ in § 11 Abs. 1 Satz 1 TV-Mun-Nds steht dieser Auslegung nicht entgegen. Er zeigt lediglich an, dass es sich bei dem Transport einer mit einem Langzeitzünder versehenen Bombe um einen Ausnahmefall handelt.
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5. Zum Transport gehört nach Ziff. III 1 der Niederschrift zum Verhandlungsergebnis vom 11. September 1979 zum Änderungstarifvertrag Nr. 2 zum TV-Mun-Nds vom 25. Februar 1972 auch das Verlagern einer Bombe. Erfasst wird damit das Anheben, Zusammenlegen und Übereinanderschichten freigelegter Bomben und entsprechend bezünderter Seemunition. Dem liegt zugrunde, dass nach Auffassung der Tarifvertragsparteien jede Bewegung einer Bombe mit Langzeitzünder ganz besondere Gefahren in sich birgt, die für die daran unmittelbar mitwirkenden Arbeitnehmer einen Anspruch auf eine Sonderprämie begründen soll. Deshalb gilt dies nicht nur für den Normalfall der Entschärfung am Fundort, sondern auch dann, wenn eine solche Bombe oder entsprechende Seemunition nach dem Transport an einen anderen Ort nochmals verlagert werden muss. Ob die Verlagerung am Fundort oder an einem anderen Ort stattfindet, ist für die besondere Gefahrenlage, die den Grund für die Prämie bildet, unerheblich.
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6. In § 11 Abs. 1 Satz 2 TV-Mun-Nds ist klargestellt, dass die Sonderprämie auch ein Arbeitnehmer erhält, der ausschließlich am Transport einer noch nicht entschärften Bombe mit Langzeitzünder oder - in Verbindung mit der Protokollnotiz - „entsprechender“ Seemunition mitarbeitet. § 11 Abs. 1 Satz 3 TV-Mun-Nds begrenzt den Prämienanspruch bei mehreren prämienrelevanten Handlungen auf eine Prämie je Bombe.
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III. Nach diesen Grundsätzen war das Urteil des Landesarbeitsgerichts nach § 562 Abs. 1 ZPO aufzuheben, weil es zu Unrecht angenommen hat, die unmittelbare Mitarbeit am Transport „entsprechender Seemunition“ iSd. Protokollnotiz zu § 11 TV-Mun-Nds löse keinen Anspruch auf eine Sonderprämie aus. Nachdem das Berufungsgericht aus seiner Sicht folgerichtig keine Feststellungen zum Umfang der Mitwirkung des Klägers am Transport der Wasserbomben getroffen hat, war der Senat an einer eigenen Sachentscheidung nach § 563 Abs. 3 ZPO gehindert. Die Sache war deshalb an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Dieses hat nunmehr aufzuklären, welche der 104 gesprengten Wasserbomben mit Zündsystemen ausgestattet waren, von denen eine mit einer Bombe mit Langzeitzünder vergleichbare Gefahr ausgegangen ist. Dass eine Untersuchung der Bezünderung der Wasserbomben nicht stattgefunden hat, schließt nicht aus, dass die Wasserbomben über derartige Zündsysteme verfügten. Das beklagte Land hat den Vortrag des Klägers in beiden Instanzen bestritten und auf Umstände hingewiesen, die auf eine unbezünderte Verklappung der Wasserbomben hindeuten könnten. Der Umstand, dass die Bezünderung der Wasserbomben möglicherweise nicht vollständig dokumentiert wurde, bedeutet dabei nicht, dass sie einer Beweiserhebung schlechthin entzogen ist. Vielmehr erscheint es denkbar, dass ein Sachverständiger sowohl die Frage der Bezünderung an sich als auch die von ihr ausgehende Gefahr (entsprechend Langzeitzünder) - etwa anhand von Kenntnissen über die Art oder den Typ der gesprengten Wasserbomben - beantworten und sich auch dazu äußern kann, ob die Wasserbomben nach Kriegsende in unbezündertem Zustand verklappt wurden. Das Landesarbeitsgericht wird sodann alle diese Umstände im Rahmen der Beweiswürdigung abzuwägen haben.
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Weiter wird das Landesarbeitsgericht genau festzustellen haben, wie viele einer Bombe mit Langzeitzünder entsprechend bezünderte Wasserbomben der Kläger transportiert oder verlagert hat. Dabei wird das Landesarbeitsgericht darauf Bedacht zu nehmen haben, dass die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der tariflichen Anspruchsvoraussetzungen hinsichtlich jeder einzelnen der 104 gesprengten Wasserbomben beim Kläger liegt. Hierzu haben die Parteien streitig vorgetragen.
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Linck
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