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BSG 07.03.2023 - B 1 KR 3/22 R
BSG 07.03.2023 - B 1 KR 3/22 R - Krankenversicherung - Krankenhausvergütung - medizinisch erforderliche Organtransplantation - falsche Angaben zur Dringlichkeit der Transplantation - kein Entfallen des Vergütungsanspruchs
Normen
§ 2 Abs 1 S 3 SGB 5, § 39 Abs 1 SGB 5, § 13 Abs 3 S 3 TPG, § 134 BGB
Vorinstanz
vorgehend SG Hildesheim, 21. Oktober 2019, Az: S 22 KR 405/14, Urteil
vorgehend Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, 18. Januar 2022, Az: L 16/4 KR 506/19, Urteil
Tenor
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Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 18. Januar 2022 wird zurückgewiesen.
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Die Klägerin trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.
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Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 157 159,31 Euro festgesetzt.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten über die Vergütung stationärer Krankenhausbehandlungen.
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Die Beklagte ist Trägerin eines Hochschulklinikums (im Folgenden: Krankenhaus). Dort erfolgten im Zeitraum vom 28.4. bis 28.5.2010 bei dem 1955 geborenen S und im Zeitraum vom 22.6. bis 17.7.2011 bei dem 1964 geborenen F jeweils Transplantationen von Spenderlebern. Beide Patienten waren zu dieser Zeit bei der klagenden Krankenkasse (KK) krankenversichert. Für die stationären Aufenthalte stellte das Krankenhaus der KK Rechnungen in Höhe von 108 598,11 Euro (S) und 48 561,20 Euro (F), welche die KK zunächst vollständig beglich.
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Nach einem anonymen Hinweis im Juli 2011 erstattete das Krankenhaus selbst Strafanzeige gegen einen dort von Oktober 2008 bis Ende 2011 im Bereich der Transplantationschirurgie beschäftigten leitenden Oberarzt. Im Zuge der staatsanwaltlichen Ermittlungen stellte sich heraus, dass verantwortliche Mitarbeiter des Krankenhauses falsche Meldungen an die Eurotransplant International Foundation (im Folgenden: Eurotransplant), die zentrale Vermittlungsstelle für Organspenden, vorgenommen hatten, um auf diese Weise die eigenen Patienten auf einem höheren Wartelistenplatz zu positionieren. Im Falle der bei der Klägerin versicherten Patienten S und F waren wahrheitswidrige Angaben zu vorangegangenen Dialysebehandlungen getätigt worden. Dies hatte dazu geführt, dass die Patienten nach dem für die Erstellung der einheitlichen Warteliste bei Eurotransplant maßgeblichen MELD-Score einen höheren Platz auf der Warteliste erhielten.
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Das gegen den leitenden Oberarzt wegen Verdachts des versuchten Totschlags und der Körperverletzung vor dem LG Göttingen geführte Strafverfahren (6 Ks 4/13) endete am 6.5.2015 mit einem Freispruch, welchen der BGH mit Urteil vom 28.6.2017 bestätigte (5 StR 20/16).
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Das SG hat das Krankenhaus zur Rückzahlung von 157 159,31 Euro nebst Zinsen verurteilt. Der KK stehe ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch auf Rückzahlung der Vergütungen zu. Obwohl die durchgeführten Transplantationen vorliegend in beiden Fällen unstreitig medizinisch indiziert und von den behandelnden Ärzten nach den Regeln der ärztlichen Kunst vorgenommen worden seien, seien sie im Rechtssinn nicht erforderlich gewesen. Ein Vergütungsanspruch bestehe auch nicht in entsprechender Anwendung der Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung. Nach stRspr des BSG sei ein Anspruch ausgeschlossen, wenn die Behandlung unter Verstoß gegen Vorschriften erfolge, die der Sicherstellung der Qualität der Leistungserbringung dienten. Zwar regele das Transplantationsgesetz (TPG) nicht die Qualität der konkret zu erbringenden Transplantation, es solle aber die Qualität von Transplantationen im Allgemeinen gewährleisten, indem die knappe Ressource von Organspenden nach einem einheitlichen und transparenten Verfahren zu vergeben sei (Urteil vom 21.10.2019).
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Das LSG hat das Urteil des SG aufgehoben und die Klage der KK abgewiesen. Bei der ordnungsgemäßen Meldung der Daten an Eurotransplant handele es sich nicht um eine formale oder inhaltliche Voraussetzung der Entstehung eines Vergütungsanspruchs für die stationäre Krankenhausbehandlung des Transplantationspatienten. Auch die Erforderlichkeit der stationären Leistungen entfalle nicht. Ein Verstoß gegen die Meldepflichten gegenüber Eurotransplant habe keinen Einfluss auf die Eignung und Qualität der erbrachten Transplantationen. Ziel der Regelungen seien im Wesentlichen die bessere Organisation der Organspenden und die Sicherstellung einer möglichst großen Verteilungsgerechtigkeit nach objektiven, transparenten, gerechten und nachvollziehbaren Maßstäben als Ausdruck der Menschenwürde. Die Qualität der Transplantationen stehe vorliegend nicht in Frage, da die Falschangaben gegenüber Eurotransplant sich lediglich auf das Ausmaß der Dringlichkeit nach den von der BÄK aufgestellten Maßstäben bezogen hätten, nicht auf das Erfordernis einer Transplantation als solche (Urteil vom 18.1.2022).
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Mit ihrer Revision rügt die KK die Verletzung von § 39 Abs 1 SGB V iVm § 13 Abs 3 Satz 3 TPG. § 13 Abs 3 Satz 3 TPG statuiere zwingende normative Vorgaben, deren Nichteinhaltung einen Vergütungsanspruch ausschließe. Die Meldung an Eurotransplant nach § 13 Abs 3 Satz 3 TPG sei unabdingbare Voraussetzung der Erbringung und Abrechnung einer Transplantation. Es handele sich nicht um eine bloße Ordnungsvorschrift, sondern um eine Regelung mit erheblicher Steuerungsfunktion.
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Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 18. Januar 2022 aufzuheben und die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Hildesheim vom 21. Oktober 2019 zurückzuweisen.
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Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
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Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Entscheidungsgründe
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Die Revision der klagenden KK ist unbegründet. Der im bestehenden Gleichordnungsverhältnis zulässig mit der (echten) Leistungsklage (stRspr; vgl BSG vom 16.7.2020 - B 1 KR 15/19 R - BSGE 130, 299 = SozR 4-2500 § 275 Nr 32, RdNr 7 mwN) geltend gemachte Rückzahlungsanspruch steht ihr weder auf Grundlage eines Erstattungs- (dazu 1.) noch eines Schadensersatzanspruchs (dazu 2.) zu.
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1. Die klagende KK hat keinen Erstattungsanspruch gegen das beklagte Krankenhaus auf Rückzahlung der geleisteten Vergütungen, denn sie hat die Vergütung nicht ohne Rechtsgrund erbracht. Der Vergütungsanspruch des Krankenhauses für die medizinisch erforderliche Transplantation eines im vorgesehenen Verfahren zugeteilten Organs entfällt nicht dadurch, dass das Krankenhaus falsche Angaben zur Dringlichkeit der Transplantation an die Vermittlungsstelle gemeldet hat.
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Zahlungen ohne Rechtsgrund begründen einen Erstattungsanspruch des Zahlenden gegenüber dem Zahlungsempfänger, sei es nach allgemeinen Grundsätzen des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruches oder nach § 69 Abs 1 Satz 3 SGB V iVm §§ 812 ff BGB (vgl BSG vom 16.7.2020 - B 1 KR 15/19 R - BSGE 130, 299 = SozR 4-2500 § 275 Nr 32, RdNr 10 mwN).
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Rechtsgrund der von der KK wegen der stationären Behandlung ihrer Versicherten gezahlten Vergütung ist die Zahlungsverpflichtung der KK nach § 109 Abs 4 Satz 3 SGB V iVm § 7 KHEntgG und § 17b KHG. Erforderlich ist die Krankenhausbehandlung grundsätzlich nur dann, wenn die Behandlung dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht und notwendig ist. Der Anspruch auf Krankenbehandlung hat sich generell daran auszurichten, welche Behandlung unter Beachtung des Qualitätsgebots (§ 2 Abs 1 Satz 3 SGB V) und des umfassenden Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit notwendig und ausreichend ist, um das angestrebte Behandlungsziel zu erreichen.
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Im vorliegenden Fall steht nach den bindenden Feststellungen des LSG fest (§ 163 SGG), dass die Organtransplantationen in beiden Fällen medizinisch indiziert waren und entsprechend den Regeln der ärztlichen Kunst durchgeführt wurden. Verletzt wurden dagegen die transplantationsrechtlichen Regelungen zur Übermittlung der für die Organzuteilung (Allokation) durch Eurotransplant erforderlichen Angaben. Hierin liegt aber kein Verstoß gegen das Qualitätsgebot (hierzu a); aus der bisherigen Rspr des Senats folgt keine andere Beurteilung (hierzu b). Der Senat muss daher nicht entscheiden, ob die Regelungen zur Organvermittlung verfassungswidrig und damit rechtlich unverbindlich sind (hierzu c).
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a) Die getätigten Falschangaben zu vorangegangenen Dialysebehandlungen gegenüber Eurotransplant stellen entgegen der Auffassung des SG keinen Verstoß gegen das Qualitätsgebot (§ 2 Abs 1 Satz 3 SGB V) dar, denn die hier verletzten Allokationsregelungen dienen nicht der Qualitätssicherung im System der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV).
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aa) Zwar stellt das Qualitätsgebot im Rahmen der Erforderlichkeit auch Anforderungen an die strukturellen und prozeduralen Voraussetzungen der Leistungserbringung (vgl BSG vom 16.8.2021 - B 1 KR 18/20 R - SozR 4-2500 § 2 Nr 17 RdNr 9 mwN; zuletzt BSG vom 26.4.2022 - B 1 KR 26/21 R - SozR 4-2500 § 15 Nr 4 RdNr 16). Eine dem Qualitätsgebot nicht entsprechende Krankenhausbehandlung ist insgesamt unwirtschaftlich und damit nicht zu vergüten (vgl BSG vom 19.4.2016 - B 1 KR 28/15 R - SozR 4-2500 § 137 Nr 7 RdNr 13 ff, dort zu den Folgen der Nichtbeachtung der vom Gemeinsamen Bundesausschuss aufgestellten Mindestqualitätsanforderungen beim Bauchaortenaneurysma). Es ist insoweit auch nicht erforderlich, dass die Entstehung des Vergütungsanspruchs ausdrücklich von der Einhaltung von Qualitätsanforderungen abhängig gemacht wird. Maßgeblich ist der Zweck der Regelung (vgl Hauck, KrV 2017, 177, 185).
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bb) Das am 1.12.1997 in Kraft getretene Gesetz über die Spende, Entnahme und Übertragung von Organen - Transplantationsgesetz - (TPG) vom 5.11.1997 (BGBl I 2631) bildet die gesetzliche Grundlage für die durchgeführten Transplantationen. Der Ablauf des Transplantationsverfahrens gestaltet sich danach in seinen wesentlichen Schritten - soweit an dieser Stelle relevant - so, dass der behandelnde Arzt Patienten, bei denen die Übertragung vermittlungspflichtiger Organe medizinisch angezeigt ist, mit deren schriftlicher Einwilligung unverzüglich an das Transplantationszentrum zu melden hat, in dem die Organübertragung vorgenommen werden soll (§ 13 Abs 3 Satz 1 TPG). Das Transplantationszentrum muss ua eine Warteliste der zur Übertragung von vermittlungspflichtigen Organen angenommenen Patienten führen und über die Aufnahme eines Patienten als potenzieller Empfänger in die Warteliste unverzüglich entscheiden sowie dessen Betreuung sicherstellen (§ 10 Abs 2 Satz 1 Nr 1, 2 und § 7 TPG). Die Warteliste eröffnet den Zugang zum Organverteilungsverfahren. Der Patient wird - neben der Aufnahme in die Warteliste des Transplantationszentrums - zudem bei Eurotransplant gelistet, einer privatrechtlichen Stiftung mit Sitz in Leiden/Niederlande. Eurotransplant vermittelt Spenderorgane im Rahmen eines internationalen Organaustausches in acht europäischen Ländern, darunter Deutschland, und ist von den zuständigen Institutionen in Deutschland als Vermittlungsstelle im Sinne des § 12 TPG beauftragt. Die Transplantationszentren melden die für die Organvermittlung erforderlichen Angaben über die in die Wartelisten aufgenommenen Patienten nach deren schriftlicher oder elektronischer Einwilligung an Eurotransplant (§ 13 Abs 3 Satz 1 TPG). Eurotransplant hat die vermittlungspflichtigen Organe dabei nach Regeln zu vermitteln, die dem Stand der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft entsprechen, insbesondere nach Erfolgsaussicht und Dringlichkeit für geeignete Patienten (§ 12 Abs 3 Satz 1 TPG). Die nähere Ausgestaltung dieser Allokationskriterien obliegt der BÄK, die den Stand der medizinischen Erkenntnisse in Richtlinien unter anderem für die Regeln zur Organvermittlung festlegt (§ 16 Abs 1 Satz 1 Nr 5 TPG). Wenn die Richtlinien der BÄK beachtet worden sind, wird die Einhaltung des Standes der medizinischen Wissenschaft vermutet (§ 16 Abs 1 Satz 2 TPG). Für die in den Jahren 2010/2011 durchgeführten Transplantationen sind insoweit die Richtlinien der BÄK "zur Organtransplantation gem § 16 Abs 1 Satz 1 Nr 2 und 5 TPG - Regeln zur Aufnahme in die Warteliste und zur Organvermittlung" in der Fassung vom 18.12.2009 maßgeblich.
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cc) Einzelne Vorschriften des TPG dienen damit durchaus dem Zweck, die Qualität der Leistungserbringung zu sichern und deren Überprüfung zu erleichtern. So darf etwa die Übertragung eines Organs auf den Empfänger nur in einem dazu zugelassenen Transplantationszentrum eines Krankenhauses durchgeführt werden (§ 9 Abs 1 und 2, § 10 Abs 1 Satz 1 TPG). Auf diese Weise soll nicht nur eine bedarfsgerechte, leistungsfähige und wirtschaftliche Versorgung, sondern auch die erforderliche Verfahrens- und Ergebnisqualität dieses kostenintensiven Teils der Hochleistungsmedizin gesichert werden (vgl BT-Drucks 13/4355, S 22). Eine solche qualitätssichernde Zielrichtung kommt den Vorschriften über die Organallokation und den damit verbundenen Meldepflichten indessen nicht zu. Diese Regelungen haben nicht die Funktion einer präventiven Risikominderung, sondern dienen der Herstellung von Verteilungsgerechtigkeit im Hinblick auf knappe medizinische Ressourcen (vgl BT-Drucks 13/4355, S 14). Dies ergibt sich schon daraus, dass die in § 12 Abs 3 Satz 1 TPG gesetzlich definierten Verteilungskriterien der Erfolgsaussicht und Dringlichkeit sich regelmäßig gegenläufig zueinander verhalten dürften (vgl hierzu Höfling, TPG, 2. Aufl 2013, § 12 RdNr 32 f). Die besonders dringliche Indikation einer Organtransplantation mag mit einer geringeren Erfolgswahrscheinlichkeit aufgrund des damit verbundenen Zustands des Patienten korrespondieren und umgekehrt. Mithin geht es bei den Regelungen über die Organallokation nicht primär um die Gewährleistung eines bestimmten Niveaus der Beschaffenheit der Leistungen der GKV, sondern um die gerechte Verteilung von Überlebenschancen.
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b) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Rspr des Senats zum Ausschluss der Kostenübernahme für einer Organtransplantation unter vollständiger Umgehung des in Deutschland nach dem TPG maßgeblichen Vergabesystems. Danach ist die Notwendigkeit der Krankenbehandlung nicht gegeben, wenn ein Versicherter sich ein Spenderorgan im Ausland beschafft, obwohl eine qualitativ gleichwertige und unter zumutbaren Bedingungen verfügbare Behandlungsmöglichkeit im Inland besteht (hierzu aa). Wahrheitswidrige Angaben zur Dringlichkeit einer an sich medizinisch indizierten Transplantation lassen die krankenversicherungsrechtliche Notwendigkeit hingegen nicht entfallen (hierzu bb). Der Vergütungsanspruch entfällt auch nicht, weil die Transplantation der Organe rechtlich unzulässig gewesen wäre (hierzu cc).
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aa) Der Senat hat entschieden, dass eine KK nicht nach § 18 Abs 1 SGB V für die Kosten einer im Ausland vorgenommenen Organtransplantation aufzukommen hat, wenn sich der Versicherte das Spenderorgan unter Umgehung des in Deutschland nach dem TPG maßgeblichen Vergabesystems beschafft. Eine Organtransplantation könne allgemein auch im Inland erfolgen und es liege weder ein quantitatives noch ein qualitatives Versorgungsdefizit vor. Das TPG konkretisiere insoweit das Merkmal der krankenversicherungsrechtlichen Notwendigkeit in zulässiger Weise. Ein Versicherter, der das in Deutschland geltende Verteilungssystem verlasse, könne nicht die Erstattung von Kosten verlangen, die ihm durch die Transplantation im Ausland entstanden seien. Der Senat hat dabei betont, dass neben den Grundsätzen der Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit auch die verfassungsrechtliche Pflicht der Gleichbehandlung aller Versicherten zu beachten sei (Art 3 Abs 1 GG, § 70 Abs 1 SGB V). Das im TPG und in den Richtlinien der BÄK geregelte Vergabesystem gewährleiste Chancengleichheit bei der Möglichkeit der Erlangung eines Spenderorgans. Die Richtlinien der BÄK stellten hierbei einen Kriterienkatalog auf, der die im TPG geforderte angemessene Gewichtung der maßgeblichen Umstände vornehme. Eine am Gleichheitssatz und an der medizinischen Erforderlichkeit orientierte Verteilung werde unmöglich gemacht, wenn sich der Patient der Warteliste mit den für den konkreten Bedarf jeweils günstigsten Wartezeiten anschließen dürfte und wenn dieses Verhalten durch Kostenerstattungen seitens der Solidargemeinschaft unterstützt würde (BSG vom 17.2.2004 - B 1 KR 5/02 R - BSGE 92, 164 = SozR 4-2500 § 18 Nr 2, RdNr 20 f; kritisch Linke, NZS 2005, 467, 469).
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bb) Diese Rspr ist nicht auf den vorliegenden Fall übertragbar, in dem das Verteilungssystem des TPG nicht verlassen wird. Sie bezieht sich ersichtlich auf die erhöhten Anforderungen an die Notwendigkeit einer Auslandsbehandlung, wie sie § 18 SGB V regelt. Zwar wirken sich die Regelungen der Organallokation auch im Falle einer Organtransplantation im Inland auf den Sachleistungsanspruch des Versicherten und den damit korrespondierenden Vergütungsanspruch des Krankenhauses faktisch aus. Denn der Sachleistungsanspruch des Versicherten kann erst dann durch das Krankenhaus als Leistungserbringer und die KK als Kostenträger befriedigt werden, wenn ein geeignetes Organ zur Verfügung steht. Das TPG bildet insoweit den normativen Überbau zur Gewährleistung der notwendigen Rahmenbedingungen für die Organentnahme und die Organzuteilung (vgl Hess, NZS 2015, 761, 764). Hierdurch wird die Einhaltung der Regelungen des Transplantationsrechts aber nicht zu einer formalen oder inhaltlichen Voraussetzung der Leistungserbringung, die für das Entstehen des Vergütungsanspruchs konstitutiv wäre.
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Der Senat verkennt nicht, dass das Vertrauen in ein gerechtes Verteilungssystem für Spenderorgane durch Manipulationen nachhaltig beschädigt wird und dies dessen Funktionsfähigkeit insgesamt potentiell gefährdet. Für die Voraussetzungen eines Vergütungsanspruchs des Krankenhauses spielen diese Gerechtigkeitserwägungen nach dem hier maßgeblichen Recht aber keine Rolle.
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cc) Der Vergütungsanspruch entfällt auch nicht aus sonstigen Gründen der Rechtsordnung. Zwar kann eine von der Rechtsordnung verbotene Behandlung nicht Teil des GKV-Leistungskatalogs sein. Behandlungen, die rechtlich nicht zulässig sind, dürfen von der KK nicht gewährt oder bezahlt werden. Auf die Frage der Strafbarkeit oder der Bußgeldbewehrung kommt es dabei nicht an (BSG vom 17.11.2015 - B 1 KR 18/15 R - BSGE 120, 78 = SozR 4-2500 § 39 Nr 24, RdNr 14 mwN).
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Erst zum 1.8.2013 ist in Reaktion auf die in mehreren Transplantationszentren aufgedeckten Manipulationen ein Straftatbestand in § 19 Abs 2a iVm § 10 Abs 3 Satz 2 TPG geschaffen worden, der die absichtlich unrichtige Erhebung, Dokumentation und Übermittlung des Gesundheitszustands eines Patienten mit dem Ziel seiner Bevorzugung bei der Führung der einheitlichen Warteliste sanktioniert (eingeführt durch Art 5d des Gesetzes zur Beseitigung sozialer Überforderung bei Beitragsschulden in der Krankenversicherung vom 15.7.2013, BGBl I 2423, 2430; BT-Drucks 17/13947, 40, 41). Die eigentliche Transplantation des im Zusammenhang mit einer Falschmeldung zugeteilten Organs war jedoch im Zeitpunkt der vorliegend erfolgten Behandlungen nicht strafbewehrt und ist es auch heute nicht. Die Transplantation des aufgrund einer Manipulation zugeteilten Organs an sich verstieß auch weder damals noch heute gegen ein gesetzliches Verbot iS von § 134 BGB (anders etwa das Verbot des Organ- und Gewebehandels gemäß § 17 TPG, vgl dazu Armbrüster in MünchKomm-BGB, Bd 1, 9. Aufl 2021, § 134 RdNr 173). Ein Rechtsgeschäft ist nicht schon deshalb iS des § 134 BGB nichtig, weil die Umstände seines Zustandekommens bzw Zustandebringens gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen (vgl BGH vom 3.6.2003 - XI ZR 289/02 - juris RdNr 21).
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c) Der Senat muss nicht entscheiden, ob die Regelungen zur Organvermittlung verfassungsgemäß und damit rechtlich verbindlich sind. Es kann offenbleiben, ob den in Rspr und Literatur geäußerten Bedenken sowohl hinsichtlich der Richtlinienermächtigung der BÄK (§ 16 Abs 1 Satz 1 Nr 5 TPG) als auch hinsichtlich der medizinischen Überzeugungskraft des formalisierten Match-Listenverfahrens beizutreten ist (vgl BGH vom 28.6.2017 - 5 StR 20/16 - BGHSt 62, 223, RdNr 44; Bader, Organmangel und Organverteilung, 2010, S 187 ff; Gutmann in Schroth/König/Gutmann/Oduncu, TPG, 2005, § 16 RdNr 5 f; Höfling, TPG, 2. Aufl 2013, § 16 RdNr 5 ff; Wiegand, Die Beleihung mit Normsetzungskompetenzen, 2008, S 142; Lang, MedR 2005, 269, 275; Höfling/Lang, NJW 2014, 3398, 3403).
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2. Der KK steht auch kein Schadensersatzanspruch zu. Die Allokationsregelungen des TPG schützen nicht die Interessen der Beitragszahler der GKV. Hat ein Versicherter gegen seine KK einen Sachleistungsanspruch auf Versorgung mit einem Transplantat, erfüllt das Krankenhaus diesen Versorgungsanspruch. Wenn durch Falschangaben ein nachrangig zu berücksichtigender Versicherter das Organ erhält, berührt das den Vergütungsanspruch für die medizinisch indizierte Transplantation nicht.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 197a Abs 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 1 und 3, § 47 Abs 1 GKG.
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