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Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.
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BSG 18.03.2021 - B 10 EG 6/19 R
BSG 18.03.2021 - B 10 EG 6/19 R - Elterngeldberechtigung - inländischer Wohnsitz - Auslandsaufenthalt von über einem Jahr - dauerhafter Schwerpunkt der Lebensverhältnisse - Doppelwohnsitz - zumindest annähernde Gleichwertigkeit mehrerer Lebensmittelpunkte - Beibehaltung einer voll eingerichteten Mietwohnung im Inland - zeitweises Wohnen - ganze Bandbreite des alltäglichen Lebens - Vorrang des Familienwohnsitzes - Ausstrahlungswirkung des deutschen Sozialrechts - Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen aufgrund eines Sozialversicherungsabkommens - Schwerpunkt des Beschäftigungsverhältnisses
Normen
§ 1 Abs 1 S 1 Nr 1 BEEG, § 30 Abs 3 S 1 SGB 1, § 30 Abs 3 S 2 SGB 1, § 4 Abs 1 SGB 4, § 48 Abs 1 S 1 SGB 10, § 62 Abs 1 S 1 Nr 1 EStG, § 8 AO 1977, § 9 AO 1977, SozSichAbk CAN, Art 3 Abs 1 GG, Art 6 Abs 1 GG
Vorinstanz
vorgehend SG Stuttgart, 10. Oktober 2018, Az: S 9 EG 423/18, Urteil
vorgehend Landessozialgericht Baden-Württemberg, 15. Oktober 2019, Az: L 11 EG 4204/18, Urteil
Leitsatz
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1. Während eines auf mehr als ein Jahr angelegten Auslandsaufenthalts besteht ein Elterngeldanspruch nur dann fort, wenn sich der dauerhafte Schwerpunkt der Lebensverhältnisse des Elterngeldberechtigten zumindest annähernd gleichwertig zwischen Ausland und Inland verteilt (Doppelwohnsitz).
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2. Als alleiniger Wohnsitz des Elterngeldberechtigten ist in der Regel der Ort anzusehen, an dem seine Familie den Schwerpunkt ihrer Lebensverhältnisse hat.
Tenor
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Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 15. Oktober 2019 wird zurückgewiesen.
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Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
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Die Klägerin wehrt sich gegen die Aufhebung der Elterngeldbewilligung für den siebten bis zwölften Lebensmonat ihrer am 18.3.2017 geborenen jüngeren Tochter (nachfolgend: E) wegen eines längeren Aufenthalts der Familie in Kanada.
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Vor der Geburt ihrer Tochter E war die Klägerin versicherungspflichtig beschäftigt und befand sich seitdem in Elternzeit, in der sie kein Einkommen erzielte. Ihr Ehemann war bei der Firma D beschäftigt.
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Bei der Geburt von E lebte die Klägerin mit ihrem Ehemann und dem gemeinsamen älteren Geschwisterkind in einer Wohnung in (nachfolgend: W). Die Wohnung gehört der Klägerin, ist aber mit einem Nießbrauch ihres Vaters belastet, der ihr die Wohnung dauerhaft vermietet.
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Mit Bescheid vom 15.5.2017 bewilligte die Beklagte der Klägerin Basiselterngeld für den dritten bis zwölften Lebensmonat von E. Ab dem siebten Lebensmonat ergab sich einschließlich des Geschwisterbonus ein Betrag von monatlich 1980 Euro, für den elften und zwölften Lebensmonat von monatlich 1800 Euro.
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Im Juli 2017 teilte die Klägerin der Beklagten mit, ihr Ehemann werde ab September des Jahres nach Kanada versetzt. Sie beabsichtige, so viel Zeit wie möglich mit ihrem Mann und den Kindern in Kanada zu verbringen. Sie werde aber in regelmäßigen Abständen nach Hause kommen, wo sie unentgeltlich bei ihren Eltern wohnen könne. Sie behalte ihren Arbeitgeber und einen Wohnsitz in Deutschland.
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Der Arbeitgeber des Ehemanns gab an, dieser werde für die Zeit vom 1.9.2017 bis zum 31.8.2020 an eine Einsatzgesellschaft in die USA entsandt, die ihn wiederum an die in V überlassen werde. Grundlage bilde ein Entsendevertrag. Das Arbeitsverhältnis mit der Firma D ruhe für die Dauer der Entsendung. Die Einsatzgesellschaft trage die Personal- und Sachkosten zu 100 Prozent und habe das tägliche Weisungsrecht.
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Mit Änderungsbescheid vom 28.7.2017 hob die Beklagte den Bewilligungsbescheid für die Zeit ab dem siebten Lebensmonat der E (18.9.2017) auf. Mit ihrem Wegzug nach Kanada ab dem 1.9.2017 verliere die Klägerin ihren Wohnsitz und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland.
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Im Widerspruchsverfahren führte die Klägerin aus, sie sei mit ihrem Mann und den Kindern am 1.9.2017 nach Kanada geflogen. Sie könne aber jederzeit in ihre Wohnung in W zurückkehren. Sie müsse sich dort regelmäßig um ein geerbtes Haus und landwirtschaftliche Flächen kümmern. Wann sie nach Deutschland zurückkomme, stehe noch nicht fest. Sie hätten vor, Weihnachten zu Hause zu feiern. Im Februar wollten sie die Vorsorgeuntersuchungen der Kinder bei ihrem Kinderarzt durchführen lassen. Außerdem stehe noch die Hochzeit ihrer besten Freundin an und im April eine wichtige Präsentation ihres Arbeitgebers. Möglicherweise flögen sie aber auch gar nicht nach Deutschland, was vom Gesundheitszustand ihrer Kinder abhänge. Sie zahle in Deutschland Steuern und beziehe weiterhin Kindergeld. Den Widerspruch wies die Beklagte nach Anhörung der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 21.12.2017 zurück.
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Das SG hat ihre Klage unter Verweis auf den fehlenden Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland abgewiesen (Urteil vom 10.10.2018). Zur Begründung ihrer Berufung hat die Klägerin vorgetragen, der Aufenthalt ihres Ehemannes in Kanada sei projektbezogen; die Rückkehr könne jederzeit nach Abschluss des Projekts erfolgen. Die drei Jahre stellten nur eine Höchstgrenze dar. Ihr Ehemann unterliege weiter der Sozialversicherungspflicht in Deutschland. Den geplanten mehrwöchigen Aufenthalt über die Weihnachtsfeiertage habe sie zwar wegen einer Erkrankung ihrer Tochter verschieben müssen. Sie habe sich aber im Jahr 2018 von Mitte März bis Mitte April in ihrem Heimatort aufgehalten.
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Das LSG hat die Berufung zurückgewiesen. Die Klägerin habe im streitigen Zeitraum weder Wohnsitz noch gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland, sondern ihren alleinigen Lebensmittelpunkt in V bei ihrem Ehemann gehabt. Die Familie habe die Wohnung in Deutschland nur für vorübergehende Aufenthalte zu Urlaubs-, beruflichen oder familiären Zwecken genutzt. Der Ehemann sei nicht entsandt gewesen. Eine der Entsendung vergleichbare Konstellation habe nicht bestanden (Urteil vom 15.10.2019).
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Mit ihrer Revision rügt die Klägerin einen Verstoß gegen § 30 Abs 3 Satz 1 SGB I iVm § 1 Abs 1 des Gesetzes zum Elterngeld und zur Elternzeit (Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz - BEEG). Sie macht geltend, sie habe nach dem 1.9.2017 einen Wohnsitz in Deutschland beibehalten. Sie habe langfristig einen mehrwöchigen Aufenthalt mit Wohncharakter über die Weihnachtsfeiertage geplant, den sie nur wegen der Erkrankung ihrer Tochter verschoben habe. Zudem gehe auch die Familienkasse von einem inländischen Wohnsitz aus und gewähre deshalb weiterhin Kindergeld. Die Nichtberücksichtigung der Zahlung von Sozialbeiträgen durch ihren Ehemann verstoße gegen Art 3 Abs 1 GG.
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Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 10. Oktober 2018 und das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 15. Oktober 2019 sowie den Bescheid der Beklagten vom 28. Juli 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. Dezember 2017 aufzuheben.
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Die Beklagte beantragt,
die Revision der Klägerin zurückzuweisen.
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Sie verteidigt das angefochtene Urteil.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 170 Abs 1 Satz 1 SGG). Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Elterngeld für den siebten bis zwölften Lebensmonat ihrer Tochter E. Der angefochtene Aufhebungsbescheid der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt sie daher nicht in ihren Rechten.
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1. Die Klägerin begehrt mit ihrer nach § 54 Abs 1 Satz 1 Alt 1 SGG statthaften isolierten Anfechtungsklage die Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom 28.7.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.12.2017 (§ 95 SGG), der die ursprüngliche Elterngeldgewährung teilweise, für den siebten bis zwölften Lebensmonat von E, aufgehoben hat.
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Wie die Vorinstanzen zu Recht entschieden haben, hat die Beklagte die Elterngeldbewilligung in rechtmäßiger Weise für die Zukunft aufgehoben, weil der Klägerin für den sieben bis zwölften Lebensmonat von E kein Elterngeld zusteht. Sie hatte in dieser Zeit weder Wohnsitz noch gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland (dazu unter 2.). Ebenso wenig lagen in der Person ihres Ehemanns die Voraussetzungen einer Entsendung iS von § 4 SGB IV vor (dazu unter 3.). Verfassungsrechtliche Bedenken gegen den Verlust des Elterngeldanspruchs wegen der Aufgabe des Wohnsitzes in Deutschland bestehen nicht (dazu unter 4.).
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2. Die Beklagte hat die Elterngeldbewilligung der Klägerin für den siebten bis zwölften Lebensmonat von E in rechtmäßiger Weise aufgehoben. Bedenken gegen die formelle Rechtmäßigkeit des Bescheids sind weder erhoben noch ersichtlich. Insbesondere hat die Beklagte die zunächst unterbliebene Anhörung der Klägerin (vgl § 24 Abs 1 SGB X) rechtzeitig noch vor Erlass des Widerspruchsbescheids nachgeholt, wie es § 41 Abs 1 Nr 3 iVm Abs 2 SGB X ermöglicht.
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Die materiell-rechtlichen Voraussetzungen der Aufhebungsentscheidung lagen ebenfalls vor. Nach § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, wenn sich die tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse, die seinem Erlass zugrunde lagen, wesentlich geändert haben. Ein solcher Dauerverwaltungsakt ist die Elterngeldgewährung (vgl Senatsurteil vom 21.2.2013 - B 10 EG 12/12 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 19 RdNr 39 ff mwN). Eine entscheidungserhebliche Änderung ist die Aufgabe des Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts im Inland, weil damit eine Grundvoraussetzung des Elterngeldanspruchs nach § 1 Abs 1 Satz 1 Nr 1 BEEG (in der hier maßgeblichen ab 1.1.2015 geltenden Neufassung des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes vom 27.1.2015, BGBl I 33) entfällt. Die Klägerin hatte ab September 2017 weder einen Wohnsitz (dazu unter a) noch einen gewöhnlichen Aufenthalt (dazu unter b) in Deutschland. Ihr fortlaufender Kindergeldbezug ändert daran nichts (dazu unter c).
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a) Einen Wohnsitz iS von § 1 Abs 1 Satz 1 Nr 1 BEEG iVm § 30 Abs 3 Satz 1, § 37 Satz 1, § 68 Nr 15 SGB I hat jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er sie beibehalten und benutzen wird.
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Inhaber einer Wohnung ist, wer sie tatsächlich jederzeit nutzen kann (BSG Urteil vom 26.7.1979 - 8b RKg 12/78 - SozR 5870 § 1 Nr 4 S 4 f = juris RdNr 17 mwN). Diese Verfügungsgewalt besaß die Klägerin weiterhin während des gesamten beanspruchten Bezugszeitraums des Elterngelds. Sie war Eigentümerin der Familienwohnung in W. Die Wohnung war zwar mit einem Nießbrauch ihres Vaters belastet, der ihr die Wohnung jedoch dauerhaft vermietet, also vertraglich zum Gebrauch überlassen und ihr damit tatsächliche Verfügungsgewalt eingeräumt hatte. Wie das LSG weiter festgestellt hat, konnte die Klägerin nach Beginn ihres Auslandsaufenthalts in Kanada jederzeit in die voll eingerichtete Mietwohnung in Deutschland zurückkehren, die sie damit voraussichtlich beibehalten würde.
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Die Klägerin hatte die Wohnung im maßgeblichen Zeitpunkt des Aufhebungsbescheids aber nicht unter Umständen inne, die darauf schließen ließen, dass sie die Wohnung in Zukunft in ausreichendem Maße iS von § 30 Abs 3 Satz 1 SGB I nutzen würde.
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aa) Eine Wohnung benutzt iS von § 30 Abs 3 Satz 1 SGB I, wer darin wohnt und die Wohnung als Mittel- und Schwerpunkt seiner Lebensverhältnisse nutzt. Entscheidend ist der an den objektiven Verhältnissen zu messende, tatsächlich umsetzbare Wille, an einem bestimmten Ort zu wohnen (Senatsurteil vom 3.12.2009 - B 10 EG 6/08 R - BSGE 105, 70 = SozR 4-7833 § 1 Nr 10, RdNr 25). Allein der Besitz einer Wohnung reicht dafür ebenso wenig aus, wie die polizeiliche oder ordnungsbehördliche Meldung eines Wohnsitzes, solange keine ausreichende Benutzung dazukommt (Senatsurteil vom 20.12.2012 - B 10 EG 16/11 R - SozR 4-7837 § 12 Nr 1 RdNr 18). Dafür muss am Wohnort ein Lebensmittelpunkt von bestimmter Dauer bestehen (Senatsurteil vom 3.12.2009 - B 10 EG 6/08 R - BSGE 105, 70 = SozR 4-7833 § 1 Nr 10, RdNr 31); die Wohnung muss den (oder zumindest einen) Schwerpunkt der Lebensverhältnisse bilden (Senatsurteil vom 20.12.2012 - B 10 EG 16/11 R - SozR 4-7837 § 12 Nr 1 RdNr 18). Eine nur vorübergehende räumliche Trennung vom Wohnort steht der Beibehaltung eines Wohnsitzes nicht entgegen, solange sich dadurch nicht der alleinige Schwerpunkt der Lebensverhältnisse an einen anderen Ort verlagert (BSG Urteil vom 28.5.1997 - 14/10 RKg 14/94 - SozR 3-5870 § 2 Nr 36 S 141 f = juris RdNr 14 f). Wo der Schwerpunkt der Lebensverhältnisse liegt, beurteilt sich nach den wirtschaftlichen, rechtlichen und persönlichen Gegebenheiten und Beziehungen im Einzelfall. Damit ein Wohnsitz besteht, müssen sie den Schluss auf den - tatsächlich umsetzbaren - Willen des Wohnungsinhabers tragen, die Wohnung (auch) in Zukunft dauerhaft zu nutzen (hierzu und zum Vorstehenden insgesamt Senatsurteil vom 27.3.2020 - B 10 EG 7/18 R - BSGE 130, 103 = SozR 4-7837 § 1 Nr 9, RdNr 19 f).
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Da es somit die Beibehaltung eines Wohnsitzes nicht von vornherein ausschließt, wenn eine Wohnung nicht mehr ständig benutzt wird, können im Einzelfall zwei Wohnsitze gleichzeitig bestehen. Das besagt schon der Wortlaut des § 30 Abs 3 Satz 1 SGB I, indem er den unbestimmten Artikel nutzt ("einen Wohnsitz"). Ein solcher doppelter Wohnsitz besteht ausnahmsweise, wenn sich der Schwerpunkt der Lebensverhältnisse annähernd gleichmäßig auf beide Wohnorte verteilt, weil sich die Intensität der Beziehungen zu beiden Orten nicht maßgeblich unterscheidet. Insbesondere darf die Lebensführung an beiden Orten nicht nur begrenzte Ausschnitte, sondern sie muss in vergleichbarem Umfang die ganze Bandbreite des alltäglichen Lebens umfassen (vgl Senatsurteil vom 27.3.2020 - B 10 EG 7/18 R - BSGE 130, 103 = SozR 4-7837 § 1 Nr 9, RdNr 20; Senatsurteil vom 20.12.2012 - B 10 EG 16/11 R - SozR 4-7837 § 12 Nr 1 RdNr 18; Meißner/Timme in Krahmer/Trenk-Hinterberger, SGB I, 4. Aufl 2020, § 30 RdNr 6, jeweils mwN).
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Bei geplanten Auslandsaufenthalten von bis zu einem Jahr greift in dieser Hinsicht nach ständiger Rechtsprechung des BSG aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung und Praktikabilität eine widerlegliche Vermutung für die Aufrechterhaltung eines Inlandswohnsitzes; sie macht die ansonsten erforderliche umfassende Würdigung aller aussagekräftigen Einzelfallumstände entbehrlich. Beabsichtigt der Anspruchssteller innerhalb eines Jahres zurückzukehren und hält er seine Inlandswohnung jederzeit nutzbar, wird hiernach widerleglich vermutet, dass zumindest ein Schwerpunkt der Lebensverhältnisse am bisherigen Wohnort fortbesteht (vgl Senatsurteil vom 27.3.2020 - B 10 EG 7/18 R - BSGE 130, 103 = SozR 4-7837 § 1 Nr 9, RdNr 21 f mwN).
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Diese Vermutung greift dagegen nicht, wenn der Auslandsaufenthalt auf mehr als ein Jahr angelegt ist. Wer trotz einer für einen derart langen Zeitraum geplanten Abwesenheit geltend macht, sein Wohnsitz im Inland bestehe fort, muss dafür positive Indizien benennen können, die den Schluss auf eine Aufrechterhaltung eines Lebensmittelpunkts im Inland tragen. Nicht aussagekräftig sind dafür zwischenzeitliche Inlandsaufenthalte von überschaubarer Dauer, die nur begrenzten Zwecken privater, familiärer oder beruflichen Natur dienen, wie insbesondere bloße Besuche. Damit der inländische Wohnsitz trotz eines geplanten Auslandsaufenthalts von mehr als einem Jahr bestehen bleibt, müssen die erforderlichen zwischenzeitlichen Aufenthalte im Inland vielmehr den Charakter eines zeitweisen Wohnens - im Sinne einer Nutzung der Wohnung als Schwerpunkt der Lebensverhältnisse - haben (Senatsurteil vom 27.3.2020 - B 10 EG 7/18 R - BSGE 130, 103 = SozR 4-7837 § 1 Nr 9, RdNr 21; BSG Urteil vom 28.5.1997 - 14/10 RKg 14/94 - SozR 3-5870 § 2 Nr 36 S 141 f = juris RdNr 15). Dafür muss die Inlandswohnung für eine erhebliche Zeit weiter oder wieder den Schwerpunkt der maßgeblichen Lebensbeziehungen bilden, an dem sich das Alltagsleben in vergleichbarem Ausmaß wie im Ausland abspielt und so eine hinreichend intensive Bindung zum Inland erkennen lässt.
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Im Elterngeldrecht sind die für das Bestehen eines Wohnsitzes aussagekräftigen Einzelfallumstände auch im Lichte der Zweckbestimmung dieser Familienleistung zu würdigen. Sie soll nach den Vorstellungen des Gesetzgebers, wie sie die Materialien der Ursprungsfassung des BEEG widerspiegeln, einen "Schonraum für Familien" eröffnen, in dem diese "ohne finanzielle Nöte in ihr Familienleben hineinfinden und sich vorrangig der Betreuung ihrer Kinder widmen können" (so die Lösung unter B. des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU/CSU und SPD zum Gesetz zur Einführung des Elterngeldes, BT-Drucks 16/1889 S 2). Als alleiniger Wohnsitz des Elterngeldberechtigten ist deshalb regelhaft der Ort anzusehen, an dem seine Familie den gemeinsamen Schwerpunkt ihrer Lebensbeziehungen hat.
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bb) Nach diesen rechtlichen Maßgaben erfolgt die Prüfung, ob bei einem längeren Auslandsaufenthalt eines Elterngeldberechtigten der Wohnsitz nach § 30 Abs 3 Satz 1 SGB I iVm § 1 Abs 1 Satz 1 Nr 1 BEEG in Deutschland fortbesteht, in drei Schritten:
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In einem ersten Schritt sind alle die Wohnungen in Deutschland und im Ausland betreffenden Tatsachen festzustellen, die zu Beginn des entscheidungserheblichen Bezugszeitraums erkennbar waren und einen Schluss auf das zukünftige Verhalten des Wohnungsinhabers erlauben. Das können subjektive wie objektive, tatsächliche wie rechtliche, bestehende oder zukünftig zu erwartende Umstände sein. Diese sind in einem zweiten Schritt in einer vorausschauenden Betrachtung zu würdigen. Schließlich ist in einem dritten und letzten Schritt auf dieser tatsächlichen Grundlage die Prognose zu treffen, ob der Elterngeldberechtigte die Wohnung in Deutschland während des Auslandsaufenthalts im Bezugszeitraum weiterhin innehaben, behalten und benutzen wird (vgl hierzu und dem Folgenden ausführlich Senatsurteil vom 27.3.2020 - B 10 EG 7/18 R - BSGE 130, 103 = SozR 4-7837 § 1 Nr 9, RdNr 24 ff mwN).
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Der von § 30 Abs 3 Satz 1 SGB I verlangte Schluss von den tatsächlichen Umständen, unter denen jemand eine Wohnung innehat, auf deren zukünftige Nutzung beinhaltet die Feststellung einer hypothetischen Tatsache. Die Feststellung ihrer tatsächlichen Grundlagen durch die Tatsacheninstanzen bindet das Revisionsgericht nach § 163 SGG, solange sie nicht in sich widersprüchlich, offensichtlich lückenhaft oder mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffen ist. Rechtlich hat das BSG auf dieser Grundlage nur noch zu prüfen, ob das Tatsachengericht für seine Prognose sachgerechte Kriterien gewählt und richtig angewendet hat (vgl hierzu Senatsurteil vom 27.3.2020 - B 10 EG 7/18 R - BSGE 130, 103 = SozR 4-7837 § 1 Nr 9, RdNr 30 ff mwN).
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cc) Nach diesen Maßstäben hat das LSG den Fortbestand eines Inlandswohnsitzes der Klägerin ab Beginn ihres Aufenthalts in Kanada rechtsfehlerfrei verneint.
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Die Klägerin hat keine förmlichen Verfahrensrügen gegen die vom LSG festgestellten Tatsachen erhoben, sondern zieht daraus nur andere (rechtliche) Schlüsse. Die Feststellungen des Berufungsgerichts sind zudem weder offensichtlich unklar oder widersprüchlich (vgl BSG Urteil vom 10.8.2000 - B 11 AL 83/99 R - juris RdNr 20 mwN), weshalb der Senat sie seinem Urteil nach § 163 SGG zugrunde zu legen hat.
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Das LSG ist zutreffend von den dargelegten rechtlichen Maßstäben ausgegangen und hat sie richtig angewandt. Es hat zur Beibehaltung des Inlandswohnsitzes wegen des geplanten Auslandsaufenthalts der Klägerin von mehr als einem Jahr ein "zwischenzeitliches Wohnen" in der bisherigen Wohnung in Deutschland verlangt. Kurzzeitige Besuche sowie Aufenthalte zu beschränkten Zwecken hat es dagegen zu Recht nicht ausreichen lassen.
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Nach den Feststellungen des LSG hielt sich die Familie von September 2017 an durchgehend am beruflichen Einsatzort des Ehemanns in V auf. Dies entsprach weitgehend der von der Klägerin zuvor geäußerten Absicht, "so viel Zeit wie möglich" mit ihrem Ehemann in Kanada zu verbringen. Die Familienwohnung in Deutschland wollte die Klägerin dagegen nach ihren Planungen stets nur für vorübergehende Aufenthalte zu Urlaubs-, beruflichen oder familiären Zwecken nutzen. Das LSG hat daraus ohne Rechtsfehler gefolgert, die Klägerin habe ab September 2017 ihren alleinigen Lebensmittelpunkt mit ihren Kindern zu ihrem berufstätigen Mann nach Kanada verlagert und keinen zweiten, annähernd gleichwertigen Schwerpunkt ihrer Lebensbeziehungen in Deutschland beibehalten.
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Die Einwendungen der Klägerin belegen keine Prognosefehler des LSG. Dies gilt für den von ihr beabsichtigten, letztlich aber unterbliebenen mehrwöchigen Aufenthalt über die Weihnachtsfeiertage 2017, der mehr als nur ein Besuch gewesen sei, weil er ua auch für die Vorsorgeuntersuchungen ihrer Kinder habe genutzt werden sollen. Dies trifft in gleicher Weise zu für ihr Vorhaben, während weiterer Aufenthalte den Kontakt zu ihrem Arbeitgeber und ihren Freunden aufrechtzuerhalten und zu stärken. Diese Motivbeschreibungen stützen vielmehr die Schlussfolgerung des LSG, die - geplanten - vorübergehenden Aufenthalte der Klägerin hätten jeweils begrenzten familiären, privaten oder beruflichen Zwecken gedient und deshalb gerade keinen umfassenden Lebensmittelpunkt in Deutschland aufrechterhalten. Indem die Klägerin betont, wie sehr sie und ihre Familie in ihrem Heimatort verwurzelt seien, belegt dies zwar die erforderliche Rückkehrabsicht als eine maßgebliche Voraussetzung für die Beibehaltung des Inlandswohnsitzes. Diese allein genügt aber nicht, um während eines längeren Auslandsaufenthaltes einen Wohnsitz in Deutschland zu behalten. Denn eine bloße Absicht für die fernere Zukunft begründet keinen aktuellen Schwerpunkt der Lebensbeziehungen in Deutschland (vgl hierzu Senatsurteil vom 27.3.2020 - B 10 EG 7/18 R - BSGE 130, 103 = SozR 4-7837 § 1 Nr 9, RdNr 20 mwN).
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b) Ebenso wenig wie über einen Wohnsitz verfügte die Klägerin nach den für den Senat bindenden Feststellungen des LSG (vgl § 163 SGG) im hier entscheidungserheblichen Zeitraum über einen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland.
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Seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat nach § 1 Abs 1 Satz 1 Nr 1 BEEG iVm § 30 Abs 3 Satz 2 SGB I jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort nicht nur vorübergehend verweilt. Dafür genügt ein tatsächliches, absehbar längeres, zukunftsoffenes und mehr als zufälliges Verweilen (vgl Senatsurteil vom 27.3.2020 - B 10 EG 7/18 R - BSGE 130, 103 = SozR 4-7837 § 1 Nr 9, RdNr 43 f; Mrozynski, SGB I, 6. Aufl 2019, § 30 RdNr 23, jeweils mwN). Den gewöhnlichen Aufenthalt im Inland verliert nicht, wer sich von vornherein zeitlich begrenzt und nur vorübergehend im Ausland aufhält, solange er seine maßgeblichen Lebensbeziehungen zum Aufenthaltsort im Inland aufrechterhält (BSG Urteil vom 22.3.1988 - 8/5a RKn 11/87 - BSGE 63, 93, 97 f = SozR 2200 § 205 Nr 65 S 183 f = juris RdNr 21 ff für ein Auslandsstudium). Dagegen ist die Verlagerung des örtlichen Schwerpunkts der Lebensverhältnisse ein gewichtiges Indiz für einen Wechsel des gewöhnlichen Aufenthalts (BSG Urteil vom 31.10.2012 - B 13 R 1/12 R - BSGE 112, 116 = SozR 4-1200 § 30 Nr 6, RdNr 30). Ein erneuter, aber nur vorübergehender oder besuchsweiser Inlandsaufenthalt nach einer solchen Verlagerung genügt dann allein nicht, um einen neuen gewöhnlichen Aufenthalt zu begründen (vgl BSG Urteil vom 28.5.1997 - 14/10 RKg 14/94 - SozR 3-5870 § 2 Nr 36 S 140 ff = juris RdNr 13 ff).
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Ob jemand sich nach diesen Vorgaben gewöhnlich (weiterhin) an einem Ort oder in einem Gebiet aufhält, lässt sich weitgehend auf dieselbe Weise wie beim Wohnsitz nur mittels einer vorausschauenden Betrachtung feststellen. Diese Prognose hat alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, wie sie zu Beginn des entscheidungserheblichen Zeitraums erkennbar sind. Ihr Schwerpunkt liegt dabei noch stärker als beim Wohnsitz auf den tatsächlichen Verhältnissen. Es obliegt wiederum allein den Tatsachengerichten, die dafür notwendigen Ermittlungen durchzuführen und auf dieser Grundlage die Prognose zu stellen. Ohne begründete Verfahrensrügen hat das BSG in dieser Hinsicht lediglich - wie oben ausgeführt - zu prüfen, ob die Tatsachengerichte für ihre Prognose sachgerechte Kriterien gewählt und richtig angewendet haben (Senatsurteil vom 27.3.2020 - B 10 EG 7/18 R - BSGE 130, 103 = SozR 4-7837 § 1 Nr 9, RdNr 45).
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Nach diesen Vorgaben ist es revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das LSG mit dem Wohnsitz auch einen gewöhnlichen Aufenthalt der Klägerin in Deutschland verneint hat, weil sie ihren alleinigen Lebensmittelpunkt zu ihrem Ehemann nach Kanada verlagert hatte.
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c) Der Einwand der Klägerin, sie habe während ihres Aufenthalts in Kanada Kindergeld bezogen, führt zu keinem anderen Ergebnis. Zwar mag die Familienkasse bei der Gewährung von Kindergeld nach § 62 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Einkommensteuergesetz (EStG) davon ausgegangen sein, die Klägerin oder ihr Ehemann hätten während des Kanadaaufenthalts ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland beibehalten. Daraus ergibt sich indes nichts rechtlich Verbindliches für ihren Elterngeldanspruch. Ob der inländische Wohnsitz oder gewöhnliche Aufenthalt nach § 1 Abs 1 Satz 1 Nr 1 BEEG iVm § 30 Abs 3 Satz 1 und 2 SGB I während des längeren Auslandsaufenthalts eines Elterngeldberechtigten fortbesteht, haben die Elterngeldstellen und Sozialgerichte im sozialrechtlichen Elterngeldverfahren vielmehr eigenständig zu prüfen. Dies gilt sogar dann, wenn die Familienkasse im steuerrechtlichen Kindergeldverfahren das Vorliegen eines inländischen Wohnsitzes nach § 8 Abgabenordnung (AO) oder eines gewöhnlichen Aufenthalts nach § 9 AO für den gleichen Zeitraum bejaht haben sollte. Eine Bindung der Elterngeldstellen an solche Entscheidungen der Familienkassen oder deren Vorrang ist gesetzlich nicht bestimmt und deshalb zu verneinen. Die fehlende gesetzliche Anordnung der Bindungswirkung unterscheidet die vorliegende Konstellation maßgeblich von der Rechtsprechung des Senats zur Steuerakzessorietät des Begriffs der sonstigen Bezüge (Senatsurteil vom 14.12.2017 - B 10 EG 7/17 R - BSGE 125, 62 - SozR 4-7837 § 2c Nr 2, RdNr 27 ff), die das LSG als Anlass für seine Revisionszulassung angeführt hat.
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Insbesondere bestehen ohnehin keine grundlegenden Unterschiede zwischen dem sozialrechtlichen Wohnsitzbegriff nach § 30 Abs 3 Satz 1 SGB I und dem steuerrechtlichen Wohnsitzbegriff nach § 8 AO und der jeweiligen Auslegung durch das BSG einerseits und des BFH andererseits (Senatsurteil vom 27.3.2020 - B 10 EG 7/18 R - BSGE 130, 103 = SozR 4-7837 § 1 Nr 9, RdNr 39). Auch nach der Rechtsprechung des BFH ist die Frage der Beibehaltung des inländischen Wohnsitzes unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls im Wege der Tatsachenwürdigung zu beurteilen (vgl BFH Urteil vom 17.12.2015 - V R 13/15 - juris RdNr 23 mwN). Hierbei lässt sich für die Dauer des Auslandsaufenthalts keine maximale Grenze ziehen (vgl BFH Beschluss vom 22.11.2011 - III B 154/11 - juris RdNr 8 mwN).
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Nach § 8 AO, dessen Wortlaut identisch ist mit dem von § 30 Abs 3 Satz 1 SGB I, hat jemand einen Wohnsitz dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Das setzt nach der ständigen Rechtsprechung des BFH (vgl zB BFH Urteil vom 17.12.2015 - V R 13/15 - juris RdNr 23; BFH Urteil vom 15.7.2010 - III R 6/08 - juris RdNr 12, jeweils mwN) neben zum dauerhaften Wohnen geeigneten Räumen insbesondere das Innehaben der Wohnung in dem Sinne voraus, dass der Steuerpflichtige tatsächlich über sie verfügen kann und sie als Bleibe entweder ständig nutzt oder sie doch mit einer gewissen Regelmäßigkeit - wenn auch in größeren Zeitabständen - aufsucht. Ein nur gelegentliches Verweilen während unregelmäßig aufeinanderfolgender kurzer Zeiträume zu Erholungs- oder Besuchszwecken reicht nicht aus. Davon geht - wie oben dargestellt - grundsätzlich auch das BSG aus. Bei einem ins Ausland entsandten Arbeitnehmer gelten nach der Rechtsprechung des BFH in dieser Hinsicht keine anderen Maßstäbe (vgl BFH Beschluss vom 5.1.2012 - III B 42/11 - juris RdNr 13 f). Zwar hat der BFH im Urteil vom 12.1.2001 (VI R 64/98 - juris RdNr 9) auch ausgeführt, eine Wohnung im Inland brauche nicht "den Mittelpunkt der Lebensinteressen" des Steuerpflichtigen zu bilden. Diese Ausführungen erfolgten jedoch lediglich vor dem Hintergrund und zur Begründung dafür, dass der Steuerpflichtige "deshalb mehrere Wohnsitze haben" kann. Ein doppelter Wohnsitz ist aber - wie oben bereits erläutert - auch nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (vgl zB Senatsurteil vom 27.3.2020 - B 10 EG 7/18 R - BSGE 130, 103 = SozR 4-7837 § 1 Nr 9, RdNr 40; Senatsurteil vom 20.12.2012 - B 10 EG 16/11 R - SozR 4-7837 § 12 Nr 1 RdNr 18 mwN) möglich, wenn nach den ("allen") erkennbaren inneren und äußeren Umständen des Einzelfalls der Lebensmittelpunkt zeitlich und örtlich zwei Wohnungen an verschiedenen Orten zuzuordnen ist und so zwei Schwerpunkte der Lebensverhältnisse gebildet worden sind. Dies war bei der Klägerin nach den für den Senat bindenden tatsächlichen Feststellungen des LSG jedoch nicht der Fall. Eine andere rechtliche Beurteilung der Familienkasse für die Zwecke der Kindergeldgewährung ändert daran - wie oben ebenfalls schon aufgezeigt - nichts.
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3. Der fehlende Wohnsitz oder gewöhnliche Aufenthalt kann auch nicht mit Hilfe der sozialversicherungsrechtlichen Ausstrahlungswirkung kompensiert werden (§ 1 Abs 2 Satz 1 Nr 1 iVm Satz 2 BEEG, § 4 Abs 1 SGB IV). Die Klägerin, die im streitbefangenen Zeitraum keine Erwerbstätigkeit ausgeübt hat, zählte nicht über ihren Ehemann zum Kreis der Anspruchsberechtigten. Der Ehemann der Klägerin war nicht im Rahmen seines deutschen Beschäftigungsverhältnisses nach Kanada entsandt, wie es § 4 Abs 1 SGB IV als Voraussetzung für eine sozialversicherungsrechtliche Ausstrahlungswirkung verlangt. Die während des Auslandsaufenthalts verbliebene (Rest-)Bindung an seinen deutschen Arbeitgeber umfasste nicht mehr den Schwerpunkt der typischen tatsächlichen und rechtlichen Merkmale des Beschäftigungsverhältnisses, sondern beschränkte sich auf ein sogenanntes Rumpfarbeitsverhältnis, das keine Ausstrahlungswirkung hat und daher keinen Anspruch auf Elterngeld begründen kann (zu den Voraussetzungen im Einzelnen Senatsurteil vom 27.3.2020 - B 10 EG 7/18 R - BSGE 130, 103 = SozR 4-7837 § 1 Nr 9, RdNr 49; Senatsurteil vom 24.6.2010 - B 10 EG 12/09 R - SozR 4-7833 § 1 Nr 11 RdNr 18 f; BSG Urteil vom 17.12.2015 - B 2 U 1/14 R - SozR 4-2400 § 4 Nr 2 RdNr 19). Denn wie das LSG bindend (§ 163 SGG) festgestellt hat, war der Ehemann der Klägerin ab dem 1.9.2017 bei einer rechtlich selbstständigen Tochtergesellschaft im Ausland beschäftigt und unterlag deren täglichen Weisungsrecht. Sie trug die Personalkosten zu 100 Prozent. Die Hauptleistungspflichten aus einem Arbeitsvertrag mit der D in Deutschland waren dementsprechend suspendiert. Durch diese vom LSG festgestellten Vertragsgestaltungen bestand während des Aufenthalts in Kanada in Deutschland kein vollständiges Beschäftigungsverhältnis mit Ausstrahlungswirkung iS des § 4 Abs 1 SGB IV mehr, sondern nur noch ein bloßes Rumpfarbeitsverhältnis. Nichts anderes ergibt sich aus der vom LSG festgestellten Anwendung des deutschen Sozialversicherungsrechts auf den Ehemann der Klägerin über eine Ausnahmevereinbarung nach dem deutsch-kanadischen Sozialversicherungsabkommen. Die darauf gestützte Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen in Deutschland konnte die Verlagerung der Hauptpflichten des Arbeitsverhältnisses (Gehaltszahlung und Direktionsrecht) ins Ausland nicht aufwiegen und damit keinen Schwerpunkt des Beschäftigungsverhältnisses im Inland aufrechterhalten.
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4. Die verfassungsrechtlichen Bedenken der Klägerin gegen ihren Ausschluss vom Elterngeld teilt der Senat nicht. Die Anknüpfung der Elterngeldberechtigung an einen inländischen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt oder an ein fortbestehendes inländisches Sozialversicherungsverhältnis beruht auf einem sachlichen Grund. Mit der damit verbundenen Ungleichbehandlung verfolgt der Gesetzgeber mit geeigneten Differenzierungskriterien ein rechtlich zulässiges Differenzierungsziel in angemessener und insgesamt verhältnismäßiger Weise (vgl dazu ausführlich Senatsurteil vom 27.3.2020 - B 10 EG 7/18 R - BSGE 130, 103 = SozR 4-7837 § 1 Nr 9, RdNr 51 ff). Ein Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt als Grundvoraussetzung für den Elterngeldanspruch gewährleistet - anders als die bloße Beibehaltung einer inländischen Wohnung - die nötige Anbindung an die inländischen Lebensverhältnisse. Das beschränkt den begünstigten Personenkreis grundsätzlich auf eine Erziehung und Betreuung des Kindes im Inland. Denn der Gesetzgeber beabsichtigt, die Änderung der Lebenssituation infolge der Elternschaft gerade unter den spezifischen wirtschaftlichen Gegebenheiten in Deutschland auszugleichen. Während eines längeren Auslandsaufenthalts darf er in typisierender Betrachtung eine Lösung vom Lebensmittelpunkt in Deutschland annehmen. Die von der Klägerin angeführte Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen für ihren Ehemann im Inland auf der Grundlage des deutsch-kanadischen Sozialversicherungsabkommens ändert daran nichts. Sie genügt - wie ausgeführt - nicht, um den maßgeblichen Schwerpunkt des Beschäftigungsverhältnisses in Deutschland aufrechtzuerhalten.
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Mit diesem auf eine hinreichende Anbindung ans Inland abzielenden Regelungskonzept steht es in Einklang, Elterngeld bei Auslandserziehung auch solchen Personen zukommen zu lassen, die während eines nur vorübergehenden Auslandsaufenthalts noch einen hinreichend engen Bezug zur inländischen Arbeitswelt haben (vgl Senatsurteil vom 24.6.2010 - B 10 EG 12/09 R - SozR 4-7833 § 1 Nr 11 RdNr 35). Es ist sachgerecht, die Gewährung des Elterngelds an ein Beschäftigungsverhältnis zu knüpfen, das der inländischen Sozialversicherung unterliegt und damit als Ausnahmetatbestand das Wohnsitz- und Aufenthaltsprinzip erweitert. Denn anders als ein bloßes Rumpfarbeitsverhältnis sichert diese Anknüpfung einen hinreichenden Inlandsbezug bei vorübergehender Arbeitsleistung im Ausland. Innerhalb der - auch unter Berücksichtigung des Schutzes von Ehe und Familie (Art 6 Abs 1 GG) - besonders weiten Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers bei der Ausgestaltung steuerfinanzierter Sozialleistungen ist demnach auch die sich aus dieser Anknüpfung ergebene Ungleichbehandlung durch hinreichend gewichtige Gründe sachlich gerechtfertigt (Senatsurteil vom 27.3.2020 - B 10 EG 7/18 R - BSGE 130, 103 = SozR 4-7837 § 1 Nr 9, RdNr 54).
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5. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.
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