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BSG 26.06.2019 - B 6 KA 8/18 R
BSG 26.06.2019 - B 6 KA 8/18 R - Vertragsärztliche Vergütung - rückwirkende Beschränkung der Abrechenbarkeit einer Leistung auf "einmal am Behandlungstag" (hier: GOP 88740 - Nukleinsäurenachweis von neuer Influenza A/H1N1 - Schweineinfluenza) - echte Rückwirkung - Quartalsprinzip
Normen
Art 20 Abs 3 GG, § 87 Abs 1 SGB 5, § 87b SGB 5, Nr 88740 EBM-Ä 2008 vom 13.08.2009, Nr 88740 EBM-Ä 2008 vom 07.10.2009
Vorinstanz
vorgehend SG München, 11. Mai 2015, Az: S 43 KA 1353/12, Urteil
vorgehend Bayerisches Landessozialgericht, 22. November 2017, Az: L 12 KA 138/15, Urteil
Leitsatz
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Die rückwirkende Beschränkung der Abrechenbarkeit einer Leistung im Bewertungsmaßstab (juris: EBM-Ä 2008) auf "einmal am Behandlungstag" entfaltet echte Rückwirkung.
Tenor
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Auf die Revision der Klägerin werden die Urteile des Bayerischen Landessozialgerichts vom 22. November 2017 und des Sozialgerichts München vom 11. Mai 2015 sowie die Bescheide der Beklagten vom 19. Mai 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. September 2012 aufgehoben, soweit die Beklagte die Vergütung der Leistungen für den zweifachen Ansatz am Behandlungstag nach der GOP 88740 EBM-Ä für die im Quartal 4/2009 erbrachten Leistungen abgelehnt hat. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin insoweit für das Quartal 4/2009 einen weiteren Betrag von brutto 59 159,10 Euro zu vergüten.
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Von den Kosten des Klage- und Berufungsverfahrens haben die Beklagte 9/10 und die Klägerin 1/10 der Kosten zu tragen. Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.
Tatbestand
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Die Klägerin, die ein Medizinisches Versorgungszentrum für Laboratoriumsmedizin und Mikrobiologie betreibt, wendet sich gegen eine sachlich-rechnerische Richtigstellung des Honorars für das Quartal 4/2009 hinsichtlich der Gebührenordnungsposition (GOP) 88740 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen (EBM-Ä).
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Für die Abrechnung des laboratoriumsmedizinischen Nachweises des Erregers der Schweineinfluenza wurde zum 17.8.2009 die GOP 88740 (Nukleinsäurenachweis von neuer Influenza A/H1N1 <Schweineinfluenza> mittels Amplifikationsverfahren <PCR> ohne weitere Subtypisierung) in den EBM-Ä eingefügt (Beschluss des Bewertungsausschusses <BewA> vom 13.8.2009 195. Sitzung>, DÄ 2009, A-1742; Beschlüsse der Arbeitsgemeinschaft Ärzte/Krankenkassen und der Partner des Bundesmantelvertrages vom 17.8.2009, DÄ 2009, A-1743). Diese GOP sollte bis 31.12.2010 abrechenbar sein, wurde außerhalb der morbiditätsorientierten Gesamtvergütung finanziert und mit 23,10 Euro (inklusive Kosten für den Transport des Untersuchungsmaterials und die Übermittlung des Untersuchungsergebnisses) bewertet. Der Beschluss des BewA vom 13.8.2009 enthielt zudem folgenden Vorbehalt: "Der Bewertungsausschuss und seine Trägerorganisationen behalten sich ausdrücklich vor, diesen Beschluss weiter anzupassen, soweit insbesondere von Seiten des RKI neue Erkenntnisse zur (Ausschluss-)Diagnostik und Therapie der neuen Influenza A/H1N1 (Schweineinfluenza) vorgelegt werden." Am 7.10.2009 beschlossen die Arbeitsgemeinschaft Ärzte/Krankenkassen und gleichlautend die Partner des Bundesmantelvertrages eine Ergänzung der Leistungslegende der GOP 88740 um den Zusatz "einmal am Behandlungstag". Diese wurde am 4.12.2009 veröffentlicht (DÄ 2009, A-2481).
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Mit Honorarbescheid vom 19.5.2010 setzte die beklagte Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) das vertragsärztliche Honorar der Klägerin für das Quartal 4/2009 in einer Gesamthöhe von 1 232 732,24 Euro fest. Dabei stellte sie 2561 Leistungen der GOP 88740 EBM-Ä mit einem Honorarvolumen von 59 159,10 Euro richtig (Richtigstellungsbescheid vom 19.5.2010). Die mehrfache Abrechnung dieser GOP an einem Behandlungstag sei ausgeschlossen, da diese mit Wirkung ab 1.10.2009 den Zusatz "einmal am Behandlungstag" enthalte. Der Widerspruch der Klägerin, mit dem sie geltend gemacht hatte, aufgrund der damaligen Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts (RKI) sei anerkannt gewesen, dass bei Verdacht auf Schweineinfluenza für eine sichere Diagnose zwei Abstriche - aus Rachen und Nase - untersucht werden müssten, ist erfolglos geblieben (Widerspruchsbescheid vom 12.9.2012). Eine weitere ursprünglich vorgenommene Berichtigung betreffend den Ansatz der GOP 40100 EBM-Ä ist nicht mehr im Streit.
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Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 11.5.2015). Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben (Urteil vom 22.11.2017). Das LSG hat ausgeführt, eine zweimalige Abrechnung der GOP am Behandlungstag sei bereits nach ihrem eindeutigen Wortlaut nicht möglich. Die Ergänzung der GOP um den Zusatz "einmal am Behandlungstag" sei nicht wegen einer unzulässigen Rückwirkung rechtswidrig. In honorarrechtlichen Angelegenheiten liege ein abgeschlossener Sachverhalt erst dann vor, wenn die Honorarabrechnung durch die KÄV für das streitbefangene Quartal zum Zeitpunkt der Änderung bereits durchgeführt worden sei. Hier sei von einer unechten Rückwirkung auszugehen, weil die Einschränkung der Abrechenbarkeit noch vor der Abrechnung für das Quartal 4/2009 erfolgt sei. Die Klägerin habe auch nicht auf den Fortbestand der bisherigen Rechtslage vertrauen dürfen. Aufgrund des im Beschluss des BewA enthaltenen Vorbehaltes hinsichtlich neuer Erkenntnisse des RKI sei stets mit Änderungen zu rechnen gewesen. Ausreichende Gemeinwohlgründe für die rückwirkende Regelung bestünden in der Finanzierbarkeit des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung.
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Mit ihrer Revision rügt die Klägerin eine Verletzung von § 72 Abs 1 iVm § 85 Abs 2 S 1 und 7, §§ 87, 87a und 87b Abs 1 SGB V, § 87 Abs 6 S 9 iVm § 94 Abs 2 SGB V und Art 20 GG. Die hier strittige Abrechnungseinschränkung "einmal am Behandlungstag" könne erst mit der Veröffentlichung der Beschlüsse Wirkung entfalten. Es liege eine echte Rückwirkung vor, die nicht durch zwingende Gründe des Gemeinwohls oder ein nicht oder nicht mehr vorhandenes schutzwürdiges Vertrauen des einzelnen Arztes gerechtfertigt werden könne. Sie, die Klägerin, habe mit dieser Änderung nicht zu rechnen brauchen. Das RKI habe seine Empfehlung, dass zwei Abstriche aus Hals und Nase für eine sichere Diagnose notwendig seien, nicht geändert. Da es sich bei der Schweineinfluenza um eine die Gesundheit der gesamten Bevölkerung betreffende Erkrankung handele, hätten finanzielle Gesichtspunkte zurückzutreten.
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Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Bayerischen LSG vom 22.11.2017 und des SG München vom 11.5.2015 sowie die Bescheide der Beklagten vom 19.5.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.9.2012 aufzuheben, soweit im Quartal 4/2009 die Vergütung der Leistungen nach der GOP 88740 für den zweifachen Ansatz am Behandlungstag abgelehnt wurde, und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin für das Quartal 4/2009 einen weiteren Betrag von 59 159,10 Euro zu vergüten.
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Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
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Die Beschränkung der Berechnungsfähigkeit der GOP 88740 EBM-Ä sei lediglich als Klarstellung zu bewerten und stelle keine unzulässige Rückwirkung dar. Aufgrund der Möglichkeit, mehrere vorhandene Abstriche eines Patienten zu "poolen", sei immer klar gewesen, dass die GOP nach den Grundsätzen des § 70 SGB V nur einmal pro Behandlungstag abgerechnet werden konnte. Selbst wenn der Ergänzung um den Zusatz "einmal am Behandlungstag" echte Rückwirkung beizumessen wäre, sei diese zulässig gewesen, da sie im Hinblick auf eine unklare, von erheblicher Dynamik geprägte rechtliche Ausgangssituation mit klarstellender Funktion ergangen sei. Die Klägerin könne sich zur Begründung eines Vertrauensschutztatbestandes auch nicht auf die Empfehlungen des RKI stützen. Ab August 2009 hätten hinsichtlich der Diagnostik der Schweineinfluenza aktualisierte Hinweise der einschlägigen wissenschaftlichen Fachgesellschaften vorgelegen. Im Übrigen habe es der Klägerin bereits aufgrund des in dem Beschluss des BewA enthaltenen Änderungsvorbehaltes an einem schutzwürdigen Vertrauen in den Fortbestand der ursprünglichen Bedingungen für die Abrechenbarkeit der GOP 88740 EBM-Ä gefehlt.
Entscheidungsgründe
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Die Revision der Klägerin hat Erfolg. Die sachlich-rechnerische Richtigstellung hinsichtlich der GOP 88740 EBM-Ä ist zu Unrecht erfolgt. Das LSG hätte die Klage insoweit nicht abweisen dürfen.
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A. Gegenstand des Revisionsverfahrens sind die Urteile des SG vom 11.5.2015 und des LSG vom 22.11.2017 sowie der Honorar- und Richtigstellungsbescheid vom 19.5.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.9.2012, soweit Richtigstellungen hinsichtlich der GOP 88740 EBM-Ä erfolgt sind. Weitere ursprünglich ebenfalls streitbefangene Richtigstellungen ficht die Klägerin im Revisionsverfahren nicht mehr an.
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Die Klägerin hat mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage gemäß § 54 Abs 4 SGG die richtige Klageart gewählt. Sie wendet sich gegen eine sog quartalsgleiche Richtigstellung und macht zu Recht im Wege der Leistungsklage, verbunden mit der Anfechtungsklage gegen den teilweise ablehnenden Bescheid, das ihr versagte Honorar geltend (BSG Urteil vom 10.12.2008 - B 6 KA 66/07 R - Juris RdNr 14; BSG Urteil vom 12.12.2012 - B 6 KA 5/12 R - SozR 4-2500 § 115 Nr 1 RdNr 9).
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B. Verfahrensrechtliche Hindernisse stehen einer Sachentscheidung des Senats nicht entgegen. Insbesondere war es nicht erforderlich, die an der Vereinbarung des EBM-Ä Beteiligten beizuladen, da die inzidente Verwerfung einer für die Honorierung vertragsärztlicher Leistungen verbindlichen Regelung des Bewertungsmaßstabs nicht unmittelbar in deren Rechtssphäre eingreift (BSG Urteil vom 3.8.2016 - B 6 KA 42/15 R - SozR 4-2500 § 87 Nr 33 RdNr 13 mwN). Zwar ist es im Regelfall sachgerecht, die am Zustandekommen des Bewertungsmaßstabs beteiligten Organisationen in einem Prozess, in dem die Gültigkeit des Bewertungsmaßstabs unmittelbar entscheidungserheblich ist, beizuladen, weil hierdurch deren rechtliche Interessen berührt werden. Indessen handelt es sich dabei lediglich um eine sog einfache Beiladung. Eine fehlende einfache Beiladung kann weder vom Revisionsgericht nachgeholt werden noch begründet dies einen sachentscheidungshindernden Verfahrensmangel (BSG Urteil vom 28.9.2005 - B 6 KA 71/04 R - BSGE 95, 141 = SozR 4-2500 § 83 Nr 2, RdNr 14).
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C. Die Revision ist begründet. Die Beklagte war nicht berechtigt, den zweifachen Ansatz der GOP 88740 EBM-Ä am selben Behandlungstag zu berichtigen, wenn die Klägerin Material desselben Patienten auf das Virus der Schweineinfluenza mehrfach untersucht hat. Dies ergibt sich aus der Regelung zur GOP 88740 EBM-Ä, die durch den Beschluss des BewA in seiner 195. Sitzung am 13.8.2009 ("Finanzierung der Diagnostik bei konkreten Verdachtsfällen der Infektion mit der sogenannten neuen Grippe <Schweineinfluenza> zum 17.8.2009", DÄ 2009, A-1742) eingeführt worden ist und die ungeachtet der mit Wirkung zum 1.10.2009 vorgenommenen Änderung der Leistungslegende um den Zusatz "einmal am Behandlungstag" für das Quartal 4/2009 weitergalt. Denn die Arbeitsgemeinschaft Ärzte/Ersatzkassen und die Partner des Bundesmantelvertrages konnten sie nicht rückwirkend in der vorgenommenen Weise ändern (dazu 1.). Vor dem Wirksamwerden der Ergänzung der Legende der GOP 88740 EBM-Ä um den Zusatz "einmal am Behandlungstag" kam eine zweifache Abrechnung nur in Betracht, wenn die Abstriche von Rachen und Nase der Patienten jeweils getrennt untersucht worden sind (dazu 2.). Änderungen des EBM-Ä zu Lasten der Vertragsärzte, die dem Verbot einer echten Rückwirkung unterfallen, werden grundsätzlich erst mit Beginn des auf ihre Veröffentlichung folgenden Quartals wirksam (dazu 3.).
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1. Das In-Kraft-Setzen des Zusatzes "einmal am Behandlungstag" in der Leistungslegende der GOP 88740 EBM-Ä zum 1.10.2009 und damit ihre Anwendung auf die Honoraransprüche für die im Quartal 4/2009 erbrachten Leistungen verstößt gegen das Verbot einer echten Rückwirkung von Normen. Die Regelung ist in diesem Umfang rechtswidrig.
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a. Das grundsätzliche Verbot rückwirkender belastender Gesetze beruht auf den Prinzipien der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes. Es schützt das Vertrauen in die Verlässlichkeit und Berechenbarkeit der unter der Geltung des GG geschaffenen Rechtsordnung und der auf ihrer Grundlage erworbenen Rechte (BVerfG <Kammer> Beschluss vom 7.10.2015 - 2 BvR 568/15 - Juris RdNr 14). Es gilt ebenso für untergesetzliche Rechtsnormen (zu Rechtsverordnungen s zB BVerfG Beschluss vom 8.6.1977 - 2 BvR 495/74 - BVerfGE 45, 142, 173 ff; BVerfG Beschluss vom 13.11.1990 - 2 BvF 3/88 - BVerfGE 83, 89, 109 f), auch für solche des Vertragsarztrechts (vgl dazu BSG Urteil vom 17.9.1997 - 6 RKa 36/97 - BSGE 81, 86, 89, 102 = SozR 3-2500 § 87 Nr 18 S 84, 98). Wenn der Gesetzgeber die Rechtsfolge eines der Vergangenheit zugehörigen Verhaltens nachträglich ändert, bedarf dies einer besonderen Rechtfertigung vor dem Rechtsstaatsprinzip und den Grundrechten (BVerfG Beschluss vom 3.12.1997 - 2 BvR 882/97 - BVerfGE 97, 67, 78 f). Nach der Rechtsprechung des BVerfG liegt eine echte Rückwirkung dann vor, wenn ein Gesetz nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Sachverhalte eingreift, eine unechte dann, wenn ein Gesetz auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt und damit zugleich Rechtspositionen nachträglich entwertet (BVerfG Beschluss vom 28.11.1984 - 1 BvR 1157/82 - BVerfGE 68, 287, 306; BVerfG Beschluss vom 23.11.1999 - 1 BvF 1/94 - BVerfGE 101, 239, 263; ebenso zB BSG Urteil vom 17.9.1997 - 6 RKa 36/97 - BSGE 81, 86, 89 f = SozR 3-2500 § 87 Nr 18 S 84 f).
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Nach allgemeinen rechtsstaatlichen Grundsätzen werden abstrakt-generelle Rechtsnormen erst mit ihrer Verkündung rechtlich existent (BVerfG Beschluss vom 22.3.1983 - 2 BvR 475/78 - BVerfGE 63, 343, 353; BVerfG Beschluss vom 7.7.2010 - 2 BvR 748/05 ua - BVerfGE 127, 61, 75 f). Das Rechtsstaatsprinzip verlangt über die ausdrückliche Regelung für Gesetze und Rechtsverordnungen in Art 82 Abs 1 GG hinaus für alle materiellen Rechtsnormen, dass sie der Öffentlichkeit so förmlich zugänglich gemacht werden, dass die Betroffenen sich verlässlich Kenntnis von ihrem Inhalt verschaffen können (Schulze-Fielitz in Dreier, GG, 3. Aufl 2015, Art 20 <Rechtsstaat> RdNr 203 mwN). Das gilt auch für untergesetzliche Rechtsnormen des Vertragsarztrechts (BSG Urteil vom 17.9.1997 - 6 RKa 36/97 - BSGE 81, 86, 90 = SozR 3-2500 § 87 Nr 18 S 85; BSG Urteil vom 24.9.2003 - B 6 KA 41/02 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 4 RdNr 10; BSG Urteil vom 4.5.2016 - B 6 KA 24/15 R - BSGE 121, 154 = SozR 4-2500 § 103 Nr 19, RdNr 60 f). Dementsprechend regelt § 87 Abs 6 S 10 SGB V, dass Beschlüsse des BewA im Deutschen Ärzteblatt oder im Internet bekannt zu machen sind.
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Vorliegend ist ein Fall echter Rückwirkung gegeben. Der Beschluss vom 7.10.2009 konnte frühestens mit seiner Veröffentlichung im Deutschen Ärzteblatt am 4.12.2009 gegenüber den Normunterworfenen wirksam werden, ordnet die ausdrückliche Begrenzung der Abrechenbarkeit bestimmter ärztlicher Leistungen aber bereits ab dem 1.10.2009 an und greift damit in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Sachverhalte ein.
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b. Dieser Beurteilung kann - entgegen der Rechtsauffassung des LSG - nicht entgegengehalten werden, der von der Neuregelung der GOP 88740 EBM-Ä betroffene Sachverhalt sei noch nicht abgeschlossen gewesen, sodass nur eine unechte Rückwirkung vorliege. Zwar ist zutreffend, dass die Abrechnung für das Quartal 4/2009 zum Zeitpunkt der Beschlussfassung am 7.10.2009 noch nicht erfolgt war bzw sein konnte. Dementsprechend hat der Senat in dem vom LSG zitierten Urteil vom 29.11.2006 (B 6 KA 42/05 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 30) entschieden, dass Honorarbegrenzungsregelungen, die noch vor Durchführung der Abrechnung eines Quartals in einen Honorarverteilungsmaßstab (HVM) aufgenommen werden, regelmäßig nur eine unechte Rückwirkung entfalten. Denn der konkrete Honoraranspruch entsteht erst nach Prüfung der Abrechnung und Berechnung des tatsächlichen Anspruchs auf Honorarteilhabe. Erst durch die Gegenüberstellung der abgerechneten Gesamtpunktmenge mit den von den Krankenkassen entrichteten Gesamtvergütungen und die darauf basierende Errechnung der Verteilungspunktwerte konkretisiert sich der bis dahin nur allgemeine Anspruch auf anteilige Beteiligung an der Gesamtsumme der Gesamtvergütungen zu einem konkreten individuellen Honoraranspruch. Der Vertragsarzt kann mithin in der Regel nur von einer ungefähren Höhe des zu erwartenden Honorars ausgehen (s BSG Urteil vom 3.3.1999 - B 6 KA 15/98 R - SozR 3-2500 § 85 Nr 31 S 239). Deshalb stellen Änderungen von HVM-Regelungen für noch nicht abgerechnete Quartale im Regelfall nur einen Eingriff in noch nicht abgeschlossene Sachverhalte dar, sind also in Anwendung der Grundsätze über unechte Rückwirkungen bzw tatbestandliche Rückanknüpfungen bei Vorliegen ausreichender Gemeinwohlgründe im Verhältnis zum Vertrauensschaden rechtmäßig.
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Indessen hat der Senat bereits mit Urteil vom 17.9.1997 (6 RKa 36/97 - BSGE 81, 86, 93 = SozR 3-2500 § 87 Nr 18 S 89) für Regelungen des EBM-Ä ausgeführt, dass nicht stets wegen des späteren Zeitpunkts der Honorarberechnung und -auszahlung ein noch nicht abgewickelter Sachverhalt vorliegt. Zu beachten ist vielmehr, dass die Vertragsärzte im Zeitpunkt der Leistungserbringung die für die Leistungen anfallenden Kosten und die durch die Vergütungsregelungen erzielbaren Einnahmen mit berücksichtigen und ihre Leistungserbringung in gewissen Grenzen darauf einrichten können. Die Funktion des EBM-Ä erschöpft sich nicht nur in der Bewertung ärztlicher Leistungen, sondern ihm kommt auch Steuerungsfunktion insoweit zu, dass er auf die Leistungserbringung, also auf das Leistungsverhalten des Arztes einwirken soll. Die Leistungserbringung im vertragsärztlichen System kann sich grundsätzlich nur nach den Normen vollziehen, die zu dem Zeitpunkt gelten, in dem der Arzt die einzelne Leistung ausführt. Wegen der vielgestaltigen Rechtsfolgen, die daran anknüpfen, muss sowohl für den Versicherten als auch für den Vertragsarzt vor dem Beginn einer Untersuchung/Behandlung - oder wie hier vor Erbringung einer Laborleistung - feststehen, ob eine bestimmte Maßnahme eine im vertragsärztlichen System erbringbare und abrechenbare Leistung darstellt oder nicht. Welche Leistungen innerhalb der vertragsärztlichen Versorgung erbracht werden können und wie diese bewertet werden, legt im Regelfall der EBM-Ä fest (vgl Urteil des Senats vom 13.11.1996 - 6 RKa 31/95 - BSGE 79, 239, 241 = SozR 3-2500 § 87 Nr 14 S 48). Vertragsärzte dürfen deshalb Leistungen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung erst dann erbringen und können sie erst dann abrechnen, wenn diese durch Beschluss des BewA zu den "abrechnungsfähigen" ärztlichen Leistungen erklärt worden sind.
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Die dem EBM-Ä von Gesetzes wegen zukommende Steuerungsfunktion gestattet und erfordert die Einführung ergänzender Bewertungsformen, um die Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung zu fördern oder Verteilungseffekte mit dem Ziel einer angemessenen Vergütung zu erzielen. Allen steuernden Regelungen ist gemeinsam, dass die mit ihnen intendierten Zielsetzungen nur erreicht werden können, wenn sie zu dem Zeitpunkt, in dem der einzelne Leistungserbringer über das Ob und das Wie der Leistungserbringung entscheidet, in Kraft sind. Der Senat hat dementsprechend die rückwirkende Herausnahme ärztlicher Leistungen aus dem EBM-Ä ebenso wie die rückwirkende Reduzierung der Punktzahl, mit der die einzelne Leistung bewertet worden ist, nicht gebilligt (BSG Urteil vom 17.9.1997 - 6 RKa 36/97 - BSGE 81, 86, 93 = SozR 3-2500 § 87 Nr 18 S 88). Ebenso hat der Senat die rückwirkende Änderung einer Punktwertgarantie im HVM beanstandet, weil die Garantie eine vergleichbare Wirkung wie die Festsetzung von Punktzahlen bei den Leistungen im EBM-Ä entfaltet (BSG Urteil vom 24.9.2003 - B 6 KA 41/02 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 4 RdNr 14).
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Auch die hier zu beurteilende Begrenzung der Abrechnungsmöglichkeit durch Einfügung des Zusatzes "einmal am Behandlungstag" entfaltet eine vergleichbare Wirkung. Solange sich eine solche Beschränkung aus dem EBM-Ä nicht ergibt, darf der Arzt seine Behandlungsweise und wirtschaftliche Kalkulation darauf einstellen. Wird nachträglich an den Voraussetzungen der Leistungserbringung etwas geändert, so liegt hierin ein Eingriff in einen bereits abgewickelten Sachverhalt, sodass sich dessen Rechtmäßigkeit nach den Grundsätzen für echte Rückwirkungen bzw für die Rückbewirkung von Rechtsfolgen richtet.
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c. Echte Rückwirkungen und die Rückbewirkung von Rechtsfolgen sind nur ausnahmsweise rechtmäßig. In der bisherigen Rechtsprechung des BVerfG (BVerfG Urteil vom 19.12.1961 - 2 BvL 6/59 - BVerfGE 13, 261, 271 f; BVerfG Beschluss vom 14.5.1986 - 2 BvL 2/83 - BVerfGE 72, 200, 258 ff; BVerfG Beschluss vom 25.5.1993 - 1 BvR 1509/91 ua - BVerfGE 88, 384, 404; BVerfG Beschluss vom 8.4.1998 - 1 BvR 1680/93 ua - BVerfGE 98, 17, 39; vgl auch BSG Urteil vom 17.9.1997 - 6 RKa 36/97 - BSGE 81, 86, 96 = SozR 3-2500 § 87 Nr 18 S 91 f) ist dies dann in Betracht gezogen worden, wenn die bisherige Rechtslage unklar, verworren oder lückenhaft war und der Gesetzgeber lediglich eine Klarstellung vorgenommen hat <dazu unter (1)>, wenn der Bürger nicht mit dem Fortbestand der Regelung rechnen konnte <dazu unter (2)>, wenn überragende Belange des Gemeinwohls die rückwirkende Beseitigung der Rechtsnorm erforderlich machen <dazu unter (3)> oder wenn die Neuregelung nur einen marginalen Eingriff bedeutet <dazu unter (4)>. Vorliegend ist keine dieser Fallgestaltungen gegeben.
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(1) Die rückwirkende Ergänzung der GOP 88740 EBM-Ä ist nicht lediglich klarstellend erfolgt. Ob eine rückwirkende Gesetzesänderung gegenüber dem alten Recht deklaratorisch oder konstitutiv wirkt, hängt vom Inhalt des alten und des neuen Rechts ab, der - abgesehen von eindeutigen Gesetzesformulierungen - zumeist erst durch Auslegung ermittelt werden muss (BVerfG Beschluss vom 17.12.2013 - 1 BvL 5/08 - BVerfGE 135, 1 RdNr 43). Der Gesetzgeber ist befugt, den Inhalt einer von ihm gesetzten Norm zu ändern oder klarstellend zu präzisieren und dabei gegebenenfalls eine Rechtsprechung zu korrigieren, mit der er nicht einverstanden ist. Dabei hat er sich jedoch im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung zu halten, zu der auch die aus den Grundrechten und dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Grenzen für eine rückwirkende Rechtsetzung gehören. Der Gesetzgeber kann diese Bindung und die Prüfungskompetenz der Gerichte nicht durch die Behauptung unterlaufen, seine Norm habe klarstellenden Charakter (vgl BVerfG Beschluss vom 21.7.2010 - 1 BvR 2530/05 - BVerfGE 126, 369, 392). Die verbindliche Auslegung von Rechtssätzen ist Aufgabe der Gerichte. Eine Befugnis des Normgebers zu "authentischer" Interpretation der rückwirkend geänderten Norm besteht nicht. Deren Regelungsgehalt ist vielmehr nach allgemeinen Grundsätzen zu ermitteln. Dabei genügt für die Beantwortung der Frage, ob eine rückwirkende Regelung konstitutiven Charakter hat, die Feststellung, dass die geänderte Norm nach den anerkannten Methoden in einem Sinne ausgelegt werden kann, die mit der Neuregelung ausgeschlossen werden soll (vgl BVerfG Beschluss vom 2.5.2012 - 2 BvL 5/10 - BVerfGE 131, 20, 37 f).
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Ausgehend von diesen Grundsätzen erweist sich die rückwirkende Regelung der Anwendbarkeit der GOP 88740 EBM-Ä nur "einmal am Behandlungstag" als konstitutiv. Selbst wenn die zuständigen Partner des BewA bei der Einfügung des Zusatzes "einmal am Behandlungstag" ihre Absicht einer Klarstellung zur Beseitigung von Auslegungsproblemen zum Ausdruck bringen wollten, konnte die GOP 88740 EBM-Ä vor dieser Ergänzung in vertretbarer Weise im Sinne einer mehrfachen Abrechnungsmöglichkeit am Behandlungstag - soweit die Abstriche der Patienten getrennt untersucht worden sind (dazu noch unter 2.) - verstanden werden. Im Übrigen rechtfertigt allein die Auslegungsbedürftigkeit einer Norm nicht deren rückwirkende Änderung; erst wenn Auslegungszweifel ein Maß erreichen, das zur Verworrenheit der Rechtslage führt, darf der Gesetzgeber eine klärende Neuregelung auf die Vergangenheit erstrecken (vgl BVerfG Beschluss vom 17.12.2013 - 1 BvL 5/08 - BVerfGE 135, 1 RdNr 64 ff). Eine solche Unklarheit und Verworrenheit der ursprünglichen Regelungslage war hier nicht gegeben.
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(2) Die Zulässigkeit einer echten Rückwirkung folgt hier auch nicht daraus, dass die betroffenen Ärzte mit der geänderten Regelung rechnen mussten. Das grundsätzliche Verbot von belastenden Gesetzen mit echter Rückwirkung beruht auf dem Gedanken des Vertrauensschutzes, der dem Rechtsstaatsprinzip innewohnt. Ausnahmen können nur dann gelten, wenn das Vertrauen auf eine bestimmte Rechtslage nicht schutzwürdig, weil sachlich nicht gerechtfertigt ist. Ein Schutz des Vertrauens ist nicht gefordert, wenn in dem Zeitpunkt, auf den der Eintritt der Rechtsfolge vom Gesetz zurückbezogen wird, mit einer solchen Regelung zu rechnen war (vgl BVerfG Urteil vom 19.12.1961 - 2 BvL 6/59 - BVerfGE 13, 261, 271 f). Für das Vorliegen eines solchen Ausnahmefalles gibt es hier keine Anhaltspunkte. Die Vertragsärzte, die diagnostische Leistungen im Zusammenhang mit der Schweineinfluenza erbrachten, mussten insbesondere nicht aufgrund des in dem Beschluss des BewA zur Einführung der GOP 88740 EBM-Ä enthaltenen Änderungsvorbehalts mit einer solchen Einschränkung der Abrechnung rechnen. Zwar konnten die Ärzte aufgrund dieses Vorbehalts nicht darauf vertrauen, dass die GOP 88740 EBM-Ä bis zum Ende der geplanten "Laufzeit" (31.12.2010) keine Veränderung erfahren würde. Sie mussten jedoch nicht mit einer rückwirkenden Einschränkung der Abrechenbarkeit dieser Leistung rechnen, zumal auch nach den Empfehlungen des RKI bei Personen mit Verdacht auf Infektionen mit dem Schweinegrippevirus Abstriche sowohl aus dem Rachen als auch der Nase entnommen werden sollten (vgl RKI, Hinweise zur Probenentnahme bei Verdacht auf Infektion mit dem neuen Schweinegrippevirus <Influenza A/H1N1>, Stand 26.4.2009, 18.25 Uhr).
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(3) Eine rückwirkende Änderung ist auch nicht im Interesse überragender Belange des Gemeinwohls erforderlich. Die Finanzierbarkeit der gesetzlichen Krankenversicherung hat rückwirkende Änderungen nicht erforderlich gemacht; dem Ziel konnte durch Änderungen mit Wirkung für die Zukunft ausreichend Rechnung getragen werden. Es gibt keine greifbaren Anhaltspunkte dafür, dass die notwendigen Geldbeträge, die anfielen, wenn für das Quartal 4/2009 weiterhin die mehrfache Abrechnung am Behandlungstag möglich war, so groß gewesen wären, dass sie nicht aufgebracht werden konnten.
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(4) Ferner spricht nichts dafür, dass die Neuregelung nur einen marginalen Eingriff bedeutet hätte (sog Bagatellvorbehalt). Zutreffend ist, dass die Abrechnungsmöglichkeit der GOP 88740 EBM-Ä nur einen Teilbereich des Leistungsspektrums der Klägerin betroffen hat. Jedoch zeigt der Fall der Klägerin, dass der Ausschluss einer Mehrfachabrechnung der GOP 88740 EBM-Ä im Quartal immerhin eine fünfstellige Honorarsumme betrifft, die auch im Hinblick auf die bei der Leistungserbringung anfallenden Kosten nicht mehr als lediglich marginal angesehen werden kann.
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2. Die Klägerin durfte die Leistung nach der GOP 88740 EBM-Ä im Quartal 4/2009 zweifach am selben Behandlungstag abrechnen, wenn die behandelnden Ärzte die Abstriche an Nase und Rachen des Patienten der Klägerin getrennt verpackt und beschriftet zugesandt haben und die Klägerin jeweils eigenständig für beide Präparate Befunde erhoben hat. Ein doppelter Ansatz wäre dagegen ganz unabhängig von der rückwirkenden Ergänzung der Leistungslegende ausgeschlossen gewesen, wenn die Klägerin jeweils Abstriche von Rachen und Nase der Patienten zusammen untersucht hätte und das Material ihr auch schon "gepoolt" zugesandt worden wäre.
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Die Legende der GOP 88740 EBM-Ä beschreibt den Nachweis des Schweinegrippevirus A/H1N1 nach einem bestimmten Verfahren. Zu der Frage, wie viele Abstriche untersucht werden müssen, verhält sich der Text nicht. Deshalb kam vor der Ergänzung der Legende um den Zusatz "einmal am Behandlungstag" eine zweifache Abrechnung nur in Betracht, wenn die Abstriche dem Labor getrennt und unter Hinweis auf die Entnahmestelle des Patienten (Nase oder Rachen) zugesandt worden sind. Nur dann stellt die getrennte Untersuchung beider Präparate sich als zweimalige Erbringung des Nukleinsäurenachweises der Schweineinfluenza dar, die bis zum Wirksamwerden der Ergänzung der Legende zweimal abgerechnet werden konnte. Wurden dagegen Proben untersucht, die dem Labor schon "gepoolt" zugeleitet worden sind, und konnte damit die Frage, ob in der Nase oder im Rachen des Patienten der Erreger der Schweinegrippe nachgewiesen war, gar nicht beantwortet werden, ist nur ein Nachweis durchgeführt worden, sind nur einmal Transportkosten angefallen und kann es auch nur einen Bericht - positiver oder negativer Befund - geben. Dann war die GOP 88740 EBM-Ä immer nur einmal berechnungsfähig.
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Ausdrückliche Feststellungen zur Vorgehensweise der Klägerin hat das LSG zwar - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - nicht getroffen. Zwischen den Beteiligten besteht aber Einigkeit (zur Berücksichtigung von unstreitigen Tatsachen im Revisionsverfahren vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 163 RdNr 5d), dass die Klägerin in den betroffenen Fällen getrennte Proben erhalten und untersucht hat. Damit stellt sich für das hier betroffene Quartal nicht die Frage eines Fehlansatzes der GOP 88740 EBM-Ä durch eine doppelte Abrechnung, sondern allenfalls die Frage der Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung. Diese ist jedoch nicht Gegenstand des Berichtigungsverfahrens, über das hier zu entscheiden ist. Im Übrigen spricht alles dafür, dass die Klägerin ebenso wie die an sie überweisenden Vertragsärzte im Jahr 2009 davon ausgehen durften, dass zur Absicherung des Nachweises des neuen Virus die Untersuchung von zwei Abstrichen erforderlich war. Dass das heute - nach Vorliegen umfangreicher Erfahrungen mit dem Schweineinfluenza-Virus - anders zu sehen sein könnte, ist ohne Belang.
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3. Die Unwirksamkeit der rückwirkenden Neuregelung der GOP 88740 EBM-Ä erstreckt sich nicht nur auf die Zeit bis zu deren Veröffentlichung im Deutschen Ärzteblatt am 4.12.2009, sondern auf die gesamte Zeit bis zum Schluss des Quartals 4/2009. Dies ergibt sich aus dem das Vertragsarztrecht prägenden Quartalsprinzip (BSG Urteil vom 24.9.2003 - B 6 KA 41/02 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 4 RdNr 20, in welchem die rückwirkende Änderung einer Punktwertgarantie nicht gebilligt wurde; vgl auch BSG Urteil vom 12.12.2001 - B 6 KA 3/01 R - BSGE 89, 90, 95 f = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 8 f). An dieser Rechtsprechung hält der Senat im Hinblick auf die Vermeidung von zahlreichen Unklarheiten hinsichtlich der Leistungserbringung insbesondere bei Leistungskomplexen für Änderungen des EBM-Ä fest. Offensichtliche Fehler können davon abweichend jederzeit berichtigt werden. Eine solcher offensichtlicher Fehler liegt hier jedoch nicht vor.
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D. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG iVm §§ 154 ff VwGO. Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Beklagte zu tragen, da die Klägerin mit ihrer Revision vollständig erfolgreich war. Die Kostenverteilung für das erst- und zweitinstanzliche Verfahren berücksichtigt, dass die Klägerin sich dort auch gegen Richtigstellungen hinsichtlich der GOP 40100 EBM-Ä in einem Leistungsumfang von 6780,80 Euro gewandt hatte.
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