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BSG 01.04.2019 - B 13 R 204/18 B
BSG 01.04.2019 - B 13 R 204/18 B - (Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - grundsätzliche Bedeutung - Geltendmachung der vermeintlichen Verfassungswidrigkeit des § 34 Abs 4 Nr 3 SGB 6)
Normen
§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG, § 34 Abs 4 Nr 3 SGB 6, § 236b SGB 6, RVLVG, GG
Vorinstanz
vorgehend SG Braunschweig, 8. April 2016, Az: S 36 R 200/15, Urteil
vorgehend Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, 28. Juni 2018, Az: L 1 R 263/16, Urteil
Tenor
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Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 28. Juni 2018 wird als unzulässig verworfen.
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Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe
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I. Im Streit steht die Umwandlung einer bereits bezogenen Rente für langjährig Versicherte in eine Rente für besonders langjährig Versicherte zum 1.7.2014.
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Die Beklagte hat dieses Begehren abgelehnt und das SG hat deren Auffassung bestätigt sowie die Klage abgewiesen (Urteil vom 8.4.2016). Die Berufung des Klägers hiergegen hat das LSG durch Urteil vom 28.6.2018 zurückgewiesen. Es hat die Revision nicht zugelassen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Beschwerde an das BSG und macht eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG). Ferner rügt er einen Verfahrensfehler (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG).
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II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Die Beschwerdebegründung vom 13.9.2018 genügt nicht der vorgeschriebenen Form.
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1. Der Kläger hat eine grundsätzliche Bedeutung nicht ordnungsgemäß dargelegt (§ 160 Abs 2 Nr 1 iVm § 160a Abs 2 S 3 SGG).
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Für die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung ist in der Beschwerdebegründung eine konkrete Rechtsfrage in klarer Formulierung zu bezeichnen und schlüssig darzulegen, dass diese klärungsbedürftig, in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig (entscheidungserheblich) sowie über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl BSG vom 29.3.2007 - B 9a VJ 5/06 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 19; BSG vom 25.7.2011 - B 12 KR 114/10 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 22 RdNr 5; BSG vom 30.8.2004 - B 2 U 401/03 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 5 RdNr 2 ff; BSG vom 7.10.2005 - B 1 KR 107/04 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 9 RdNr 4, jeweils mwN). Es muss aus der Beschwerdebegründung ersichtlich sein, dass sich die Antwort auf die Rechtsfrage nicht ohne Weiteres aus dem Gesetz oder der bisherigen Rechtsprechung ergibt; hierzu bedarf es der Auseinandersetzung mit den vorinstanzlichen Entscheidungen und sonstiger einschlägiger Rechtsprechung. Im Hinblick hierauf muss in der Beschwerdebegründung unter Auswertung der Rechtsprechung des BSG zu dem Problemkreis substantiiert vorgetragen werden, dass das BSG zu diesem Fragenbereich noch keine Entscheidung getroffen oder durch die schon vorliegenden Urteile die hier als maßgebend erkannte Frage von grundsätzlicher Bedeutung noch nicht beantwortet hat (vgl BSG vom 24.1.2018 - B 13 R 450/14 B - Juris RdNr 9; Krasney in Krasney/Udsching/Groth, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, Kap IX RdNr 183 mwN).
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Diese Anforderungen sind auch verfassungsrechtlich unbedenklich (BVerfG <Kammer> vom 23.1.2006 - 1 BvR 1786/01 - SozR 4-1500 § 160a Nr 12 RdNr 3 f; BVerfG vom 15.2.2006 - 1 BvR 2597/05 - SozR 4-1500 § 160a Nr 16 RdNr 4 f; BVerfG vom 14.4.2010 - 1 BvR 2856/07 - SozR 4-1500 § 160a Nr 24 RdNr 5 ff).
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Die Beschwerdebegründung wird diesen Voraussetzungen nicht gerecht.
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Ihre Zulässigkeit scheitert bereits daran, dass der Kläger keine abstrakte, seiner Ansicht nach klärungsbedürftige Rechtsfrage formuliert. Er führt lediglich eine von ihm erkannte Problemlage an, indem er ausführt: "Die Revision ist zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung gem § 160 Abs 2 Nr 1 SGG hat. Die verfassungsmäßige Auslegung des § 34 Abs 4 SGB VI ist für alle bisherigen und künftigen Gesetzesänderungen maßgeblich und bedeutsam." Die Formulierung einer abstrakten, aus sich heraus verständlichen Rechtsfrage in der Beschwerdebegründung ist jedoch unverzichtbar, damit das Beschwerdegericht an ihr die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen kann (vgl BSG vom 6.4.2010 - B 5 R 8/10 B - BeckRS 2010, 68786 RdNr 10; BSG vom 5.11.2008 - B 6 KA 24/07 B - BeckRS 2009, 50073 RdNr 7; s auch Becker, SGb 2007, 261, 265; Krasney in Krasney/Udsching/Groth, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, Kap IX RdNr 181).
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Selbst wenn man - unter Heranziehung seiner weiteren Ausführungen - annehmen wollte, er hielte es für grundsätzlich klärungsbedürftig, ob § 34 Abs 4 Nr 3 SGB VI auch den Fall erfasse, dass die Voraussetzungen für eine weitere Altersrente erst durch eine nach der Bewilligung der ersten Altersrente erfolgte Gesetzesänderung erfüllt werden können - hier also die Einführung einer vorgezogenen Altersrente für besonders langjährig Versicherte zum 1.7.2014 nach dem Beginn des Bezugs einer anderen Altersrente ab dem 1.1.2014 - bzw ob der in § 34 Abs 4 Nr 3 SGB VI normierte Ausschluss einer solchen Umwandlung ggf verfassungswidrig ist, mangelt es vorliegend an einer hinreichenden Darlegung der Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit dieser Fragen.
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Eine Rechtsfrage ist dann nicht klärungsbedürftig, wenn die Antwort praktisch außer Zweifel steht, sich zB unmittelbar aus dem Gesetz ergibt oder bereits höchstrichterlich geklärt ist. Insoweit reicht es jedoch - wie hier geschehen - nicht, lediglich zu behaupten, die vorliegende höchstrichterliche Rechtsprechung befasse sich mit einer anderen Fallgestaltung. Als höchstrichterlich geklärt ist eine Frage auch dann anzusehen, wenn das Revisionsgericht bzw das BVerfG diese zwar noch nicht ausdrücklich entschieden hat, jedoch schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beurteilung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben (vgl BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 8 S 17). Es hätte hier daher zumindest einer eingehenderen Auseinandersetzung mit den Entscheidungen des Senats vom 26.7.2007 (B 13 R 44/06 R - SozR 4-2600 § 236a Nr 1) und 29.11.2007 (B 13 R 44/07 R - SozR 4-2600 § 236a Nr 2) bedurft sowie dargelegt werden müssen, warum sich aus ihnen keine Anhaltspunkte für die Beantwortung der aufgeworfenen Frage ergeben.
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Denn in der ersten der beiden benannten Entscheidungen hat das BSG befunden, soweit das RV-Nachhaltigkeitsgesetz (RVNG) ab 1.8.2004 den Wechsel einer bindend festgestellten Altersrente in eine andere Rente wegen Alters ausschließe, sei das Vertrauen solcher Versicherten, die im Juli 2004 als schwerbehinderte Menschen anerkannt worden seien, auf den Fortbestand der Möglichkeit eines solchen Wechsels nicht geschützt (Leitsatz). Insoweit genügt es nicht anzudeuten, der Sachverhalt des vorliegenden Falls unterscheide sich von dem des bereits vom BSG entschiedenen, indem in Letzterem der Hinzutritt der Veränderung in der Natur des Versicherten und nicht wie hier in einer Gesetzesänderung gelegen habe. Hier wäre es erforderlich gewesen darzubringen, dass und warum die diesem Leitsatz zugrunde liegende Begründung nicht für die Beantwortung der aufgezeigten Rechtsfrage unter Berücksichtigung der konkreten Fallkonstellation herangezogen werden könne. Insoweit fehlt es bereits an einer genauen Sachverhaltsdarstellung, die es dem Beschwerdegericht ermöglichen könnte, die Unterschiede nachzuvollziehen.
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Darüber hinaus verfehlt die Beschwerdebegründung auch die Anforderungen an die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtsfrage im Hinblick auf die vermeintliche Verfassungswidrigkeit oder - dies scheint eher das Anliegen des Klägers zu sein - die verfassungskonforme Auslegung des § 34 Abs 4 SGB VI. Konkretisiert hat der Senat diese Anforderungen bereits im Beschluss vom 30.12.2015 (B 13 R 345/15 B - Juris) für einen ähnlichen Sachverhalt und darauf hingewiesen, dass im Hinblick auf das vom dortigen Kläger für verfassungswidrig erachtete Versagen einer Umwandlung (Verstoß gegen Art 20 Abs 3 und Art 3 Abs 1 GG) einer bereits bestandskräftig (bindend) mit Abschlägen bewilligten Altersrente wegen Altersteilzeitarbeit ("Bestandsrentner") aufgrund der Regelung des § 34 Abs 4 Nr 3 SGB VI in eine (abschlagsfreie) Altersrente für besonders langjährig Versicherte nach der am 1.7.2014 in Kraft getretenen Regelung des § 236b SGB VI im Lichte der einschlägigen Rechtsprechung des BVerfG zu diskutieren sei. Er hat insoweit auf dessen Entscheidungen zu Stichtagsregelungen Bezug genommen. Dazu hat er dargelegt, dass sich aus ihnen ergäbe, jeder Stichtag bringe unvermeidliche Härten mit sich, ohne dass dies jeweils zur Verfassungswidrigkeit der Regelung führe. Ein Beschwerdeführer müsse daher zur Darlegung der Klärungsbedürftigkeit unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BVerfG zumindest untersuchen,
- ob der Gesetzgeber des RV-Leistungsverbesserungsgesetzes den ihm insoweit zukommenden Gestaltungsspielraum mit der Begrenzung der Privilegierung des § 236b SGB VI auf die zur Zeit seines Inkrafttretens am 1.7.2014 noch nicht im Altersrentenbezug befindlichen Versicherten sachwidrig überschritten habe,
- ob er die für die zeitliche Anknüpfung und sachliche Beschränkung auf "Zugangsrentner" und dem damit einhergehenden Verzicht, die bereits abgeschlossenen Rentenvorgänge der "Bestandsrentner" aufzugreifen, in Betracht kommenden Faktoren (zB Finanzierbarkeit des Systems) nicht hinreichend gewürdigt habe und
- ob die gefundene Regelung im Hinblick auf den Sachverhalt und das System der Gesamtregelung im Recht der gesetzlichen Rentenversicherung sachlich nicht vertretbar erscheine (vgl zu diesen verfassungsrechtlichen Prüfungskriterien bei Stichtagsregelungen zB BVerfG vom 8.4.1987 - 1 BvR 564/84 ua - BVerfGE 75, 78, 106 = SozR 2200 § 1246 Nr 142 S 467 f; BVerfG vom 23.11.1999 - 1 BvF 1/94 - BVerfGE 101, 239, 270). Ferner sei darzulegen, warum die Entscheidung des BVerfG, dass die dauerhaften "Rentenabschläge" durch Minderung des Zugangsfaktors bei vorzeitiger Inanspruchnahme einer Altersrente nach Altersteilzeitarbeit nicht gegen das GG verstoße, hier keine Berücksichtigung finden könne (BVerfG vom 11.11.2008 - 1 BvL 3/05 ua - BVerfGE 122, 151 = SozR 4-2600 § 237 Nr 16). Derartige Ausführungen finden sich nicht einmal ansatzweise in der vorliegenden Beschwerdebegründung.
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Zudem fehlen auch Ausführungen zur Klärungsfähigkeit der aufgeworfenen Rechtsfrage im konkreten Fall. Der Senat vermag anhand des Vorbringens des Klägers nicht zu prüfen, ob die Beantwortung der möglicherweise aufgeworfenen Rechtsfrage im angestrebten Revisionsverfahren überhaupt möglich und ihre Antwort für die Beurteilung der Rechtslage im konkreten Fall erheblich ist. Die Beschwerdebegründung enthält nur eine sehr rudimentäre Sachverhaltsdarstellung. Aus ihr ergibt sich nicht einmal, aus welcher Rentenart der Kläger wechseln wollte. Auch legt er nicht dar, wann er welche Rente beantragt hat und unter welchen Bedingungen sie ihm bewilligt bzw offensichtlich versagt worden ist. Eine Sachverhaltsschilderung gehört jedoch zu den Mindestvoraussetzungen der Darlegung bzw Bezeichnung des Revisionszulassungsgrundes. Es ist nicht Aufgabe des Revisionsgerichts, sich im Rahmen des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens die maßgeblichen Tatsachen aus dem angegriffenen Urteil herauszusuchen (BSG vom 23.7.2007 - B 13/4 R 381/06 B - Juris RdNr 8 mwN).
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2. Dieser Mangel berührt auch die Überprüfung des vom Kläger über die grundsätzliche Bedeutung hinaus gerügten Verfahrensfehlers, den er nicht einmal genau bezeichnet. Soweit er den Verfahrensfehler darin erblickt, dass das LSG die Anwendungsgrenzen des § 34 SGB VI nicht geprüft und verkannt hat, rügt er keinen Fehler des Verfahrens, sondern der Rechtsanwendung. Dies stellt keinen Verfahrensfehler iS des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG dar. Denn zu den Verfahrensmängeln zählen nur Verstöße gegen das Prozessrecht einschließlich der Vorschriften, auf die das SGG unmittelbar oder mittelbar verweist. Rügefähig sind folglich nur Fehler, die dem Gericht auf dem Weg zu seiner Entscheidung unterlaufen sind (error in procedendo; vgl BSG vom 26.1.2012 - B 5 R 334/11 B - Juris RdNr 16 mwN; s auch BSG vom 21.11.2018 - B 13 R 280/17 B - Juris RdNr 5).
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Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
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Die nicht formgerecht begründete Beschwerde ist gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
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