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BSG 02.07.2013 - B 9 SB 2/13 C
BSG 02.07.2013 - B 9 SB 2/13 C - Sozialgerichtliches Verfahren - Befangenheitsantrag im Rahmen einer Anhörungsrüge - Besorgnis der Befangenheit - Beteiligung des Richters an lang zurückliegenden Entscheidungen in anderen Streitsachen - Zulässigkeit - kein Vertretungszwang bei gleichzeitigem PKH-Antrag
Normen
§ 60 Abs 1 SGG, § 73 Abs 4 SGG, § 178a SGG, § 42 Abs 2 ZPO, § 44 Abs 3 ZPO, § 114 ZPO
Vorinstanz
vorgehend SG München, 15. Juni 2011, Az: S 34 SB 1232/08, Gerichtsbescheid
vorgehend Bayerisches Landessozialgericht, 18. Juli 2012, Az: L 16 SB 142/11, Urteil
vorgehend BSG, 2. Mai 2013, Az: B 9 SB 61/12 B, Beschluss
Tenor
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Das Gesuch des Klägers auf Ablehnung des Vorsitzenden Richters am Bundessozialgericht Prof. Dr. L. wegen Besorgnis der Befangenheit ist unbegründet.
Gründe
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I. Der Kläger erstrebt die Zulassung der Revision gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts (LSG) vom 18.7.2012, mit dem dieses einen Anspruch des Klägers auf Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) von 100 (anstelle des ab Mai 1995 zuerkannten GdB von 50) sowie auf Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen der Merkzeichen G, aG, B, H und RF verneint hat. Mit Beschluss vom 2.5.2013 hat das Bundessozialgericht (BSG) durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. L. sowie die Richter K. und O. die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im vorgenannten Urteil des LSG als unzulässig verworfen.
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Mit einem selbst verfassten Schreiben vom 22.5.2013, eingegangen am 23.5.2013, hat der Kläger persönlich Anhörungsrüge unter gleichzeitiger Beantragung von Prozesskostenhilfe (PKH) erhoben. Zugleich hat er den Vorsitzenden Richter am BSG Prof. Dr. L. wegen Besorgnis der Befangenheit ("Befangenheitsantrag") abgelehnt und diese Ablehnung unter Hinweis auf gerichtliche Vorgänge "vor etwa 20 Jahren" begründet. Der abgelehnte Richter hat sich gemäß § 60 Abs 1 SGG iVm §§ 42, 44 Abs 3 ZPO unter dem 11.6.2013 wie folgt geäußert:
Es trifft zu, dass ich während meiner Zugehörigkeit zum 13. Senat des Bundessozialgerichts (1991-2002) mit Verfahren des Klägers befasst war. In der elektronischen Verfahrensverwaltung (Go§a) habe ich folgende Aktenzeichen gefunden, zu denen ich als Berichterstatter oder Mitberichterstatter vermerkt bin:
13 AR (J) 13/97
13 AR (J) 17/97
13 S (J) 5/97
13 S (J) 7/97
Die betreffenden Akten sind inzwischen ausgesondert.
Ich kann mich nicht daran erinnern, ob der Kläger damals gegen mich Dienstaufsichtsbeschwerden erhoben hat. Aktenvorgänge aus der betreffenden Zeit sind ebenfalls ausgesondert.
Als Vorsitzender des 9. und 10. Senats habe ich zuvor an Entscheidungen in folgenden Verfahren mitgewirkt:
B 9b SO 17/06 S
B 9 SB 3/12 S
B 10 SF 3/12 S
Bei dem Beschluss vom 2.5.2013, dem die Bewilligung von Prozesskostenhilfe durch Beschluss vom 15.11.2012 vorausgegangen ist, habe ich mich nicht von sachfremden Erwägungen, etwa - wie der Kläger vermutet - einer Revanche, leiten lassen."
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Diese Äußerung ist dem Kläger unter dem 12.6.2013 zur Kenntnis- und Stellungnahme bis zum 30.6.2013 zugeleitet worden.
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II. Der Senat entscheidet über das Ablehnungsgesuch in der im Rubrum ersichtlichen Besetzung durch seine beiden nicht abgelehnten Richter unter Beteiligung des zur Vertretung im 9. Senat berufenen Mitglieds des 2. Senats des BSG, Richter am BSG H.
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Das Ablehnungsgesuch ist, obgleich es nicht durch einen vor dem BSG zugelassenen Prozessbevollmächtigten (§ 73 Abs 4 SGG) angebracht worden ist, zulässig, denn der Kläger hat für das angestrebte Verfahren einer Anhörungsrüge PKH beantragt (s § 73 Abs 4 S 1 SGG). Es muss ihm im Rahmen dieses Verfahrens ermöglicht werden, ein Ablehnungsgesuch selbst anzubringen, da er sonst keine Möglichkeit hätte, eine Entscheidung über seinen PKH-Antrag unter Mitwirkung des von ihm als voreingenommen angesehenen Vorsitzenden Richters am BSG Prof. Dr. L. zu verhindern. Das Gesuch ist auch ansonsten zulässig, weil es individualisiert gestellt und auf bestimmte Gründe gestützt ist.
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Das Ablehnungsgesuch ist unbegründet.
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Nach § 42 Abs 2 ZPO, der in sozialgerichtlichen Verfahren aller Instanzen gemäß § 60 Abs 1 SGG entsprechend gilt, findet die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Gründe für ein solches Misstrauen sind gegeben, wenn ein Beteiligter von seinem Standpunkt aus bei vernünftiger, objektiver Betrachtung davon ausgehen kann, dass der Richter nicht unvoreingenommen entscheiden werde. Dabei kommt es darauf an, ob der Beteiligte, der das Ablehnungsgesuch angebracht hat, von seinem Standpunkt aus bei Anlegung eines objektiven Maßstabes Anlass hat, eine Voreingenommenheit zu befürchten. Eine rein subjektive, unvernünftige Vorstellung ist dagegen unerheblich (BSG SozR 3-1500 § 60 Nr 1 mwN). Es kommt auch nicht darauf an, ob der Richter tatsächlich "parteilich" oder "befangen" ist oder ob er sich selbst für befangen hält. Entscheidend ist ausschließlich, ob ein am Verfahren Beteiligter bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass hat, an der Unvoreingenommenheit des Richters zu zweifeln (BSG aaO; BSG SozR 1500 § 60 Nr 3; BVerfGE 73, 330, 335; 82, 30, 38).
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Die vom Kläger vorgebrachte Begründung rechtfertigt nach diesen Maßstäben die Ablehnung hier nicht. Allein der Umstand, dass ein Richter vor Jahren oder Jahrzehnten in anderen Streitsachen eines Beteiligten an den Entscheidungen mitgewirkt hat, kann, auch wenn diese Entscheidungen für den Beteiligten ungünstig gewesen sein sollten, heute nicht die Annahme einer Besorgnis der Befangenheit rechtfertigen. Jeder Berufsrichter hat, sofern er zur Mitwirkung an einer Entscheidung berufen ist, seine Beurteilung ohne Ansehen der Person nach bestem Wissen und Gewissen zu treffen. Dass dies bei dem Vorsitzenden Richter am BSG Prof. Dr. L. anlässlich der Mitwirkung an Entscheidungen in Streitsachen des Klägers vor rund zwanzig Jahren anders gewesen sei und dem Kläger noch heute Anlass bieten könnte, an der Unvoreingenommenheit des Richters zu zweifeln, ist in keiner Weise ersichtlich und vom Kläger im Übrigen auch nicht im Einzelnen vorgebracht worden.
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Schließlich ist auch der dienstlichen Äußerung des abgelehnten Richters kein Grund zu entnehmen, der nach den eingangs dargelegten rechtlichen Maßstäben aus der Sicht des Klägers die Besorgnis der Befangenheit begründen könnte.
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