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BVerfG 12.03.2024 - 1 BvR 605/24
BVerfG 12.03.2024 - 1 BvR 605/24 - Erfolgreicher Eilantrag einer Zeitungsverlegerin gegen die gerichtliche Untersagung der Bebilderung zweier Presseartikel - Verfassungsbeschwerde offensichtlich zulässig und begründet
Normen
Art 3 Abs 1 GG, Art 20 Abs 3 GG, Art 103 Abs 1 GG, § 32 Abs 1 BVerfGG, § 935 ZPO, § 937 Abs 2 ZPO
Vorinstanz
vorgehend LG Hamburg, 31. Januar 2024, Az: 324 O 38/24, Beschluss
Tenor
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1. Der Beschluss des Landgerichts Hamburg vom 31. Januar 2024 - 324 O 38/24 - verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem grundrechtsgleichen Recht auf prozessuale Waffengleichheit gemäß Artikel 3 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes. Seine Wirksamkeit wird bis zu einer Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde in der Hauptsache oder bis zu einer erneuten Entscheidung des Landgerichts, längstens jedoch für die Dauer von sechs Monaten ausgesetzt.
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2. Die Freie und Hansestadt Hamburg hat der Beschwerdeführerin ihre notwendigen Auslagen im Verfahren über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu erstatten.
Gründe
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I.
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Mit ihrer Verfassungsbeschwerde und ihrem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wendet sich die Beschwerdeführerin gegen eine durch das Landgericht Hamburg erlassene einstweilige Verfügung, mit der der Beschwerdeführerin die Bebilderung zweier Presseartikel teilweise untersagt wurde.
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1. Die Beschwerdeführerin verlegt die deutschlandweit erscheinende Zeitschrift "(…)", deren Internetseite "(…)" sie ebenfalls verantwortet. Die Antragstellerin des Ausgangsverfahrens (im Folgenden: Antragstellerin) ist die Witwe des Verstorbenen, über dessen Unfalltod vom (…) die Beschwerdeführerin einen Tag später auf ihrer Internetseite berichtete. In einem ersten Artikel mit dem Titel "(…)-Verkäufer rast sich und Beifahrerin in den Tod" berichtete die Beschwerdeführerin über den Unfallhergang, zu dem sich Anwohner geäußert hätten, sowie über vorausgegangenen Drogenkonsum des Verstorbenen, den andere Gäste einer zuvor von diesem besuchten Bar geschildert hätten. In einem zweiten, wenige Stunden später veröffentlichten Artikel mit dem Titel "(…)-Verkäufer hatte seit elf Jahren keinen Führerschein" ergänzte die Beschwerdeführerin, dass dem Verstorbenen nach ihren Informationen bereits 2012 die Erteilung einer Fahrerlaubnis unanfechtbar versagt worden sei. Beide Artikel waren mit Fotoaufnahmen bebildert, auf denen unter anderen der Verstorbene - bis auf die Augenpartie unverpixelt - zu sehen war.
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2. Eine ihr am 2. Januar 2024 anwaltlich übermittelte 24-seitige Aufforderung der Antragstellerin, sich zum Unterlassen einzelner namentlich und bildlich identifizierender Äußerungen über den Verstorbenen zu verpflichten, wies die Beschwerdeführerin binnen ihr hierzu gesetzter Frist am 8. Januar 2024 zurück. Daraufhin stellte die Antragstellerin durch (einschließlich Anlagen mehr als 60 Seiten umfassenden) anwaltlichen Schriftsatz vom 15. Januar 2024 beim Landgericht Hamburg am 24. Januar 2024 einen mit ihrer außergerichtlichen Abmahnung nahezu gleichlautenden Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, den das Landgericht einen Tag später der Beschwerdeführerin zur Stellungnahme binnen dreier Arbeitstage übermittelte. In ihrer hierzu übersandten (einschließlich Anlagen knapp 60 Seiten umfassenden) Erwiderung vom 30. Januar 2024 beantragte die Beschwerdeführerin, den Antrag zurückzuweisen. Angesichts des längeren Zuwartens der Antragstellerin bestehe kein Verfügungsgrund, mangels Verletzung des postmortalen Persönlichkeitsrechts aber auch kein Verfügungsanspruch. Jedenfalls aber sei angesichts des Umfangs der Angelegenheit, des langen Zuwartens der Antragstellerin und der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Termin zur mündlichen Verhandlung anzuberaumen gewesen. Ein dringender Fall, in dem auf eine mündliche Verhandlung gemäß § 937 Abs. 2 ZPO verzichtet werden könne, liege nicht vor.
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3. Durch angegriffenen Beschluss des Landgerichts Hamburg vom 31. Januar 2024 - 324 O 38/24 - wurde es der Beschwerdeführerin unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel untersagt, die in der Antragsschrift genannten Bildnisse zu veröffentlichen. Hinsichtlich der von der Antragstellerin beanstandeten Wortberichterstattung wurde der Antrag zurückgewiesen. Nachdem dieser Beschluss am 5. Februar 2024, wie bereits in der Antragsschrift beantragt, ausgefertigt und der Beschwerdeführerin am 20. Februar 2024 im Parteibetrieb zugestellt worden war, legte die Beschwerdeführerin durch Schriftsatz vom 1. März 2024 Widerspruch ein. Ein Termin zur mündlichen Verhandlung über den Widerspruch steht aus.
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4. Ebenfalls am 1. März 2024 hat die Beschwerdeführerin Verfassungsbeschwerde erhoben und hiermit verbunden beantragt, die Wirksamkeit des angegriffenen Beschlusses einstweilen, jedenfalls bis zur Durchführung der mündlichen Verhandlung über den Widerspruch der Beschwerdeführerin außer Vollzug zu setzen. Der Beschluss des Landgerichts verletze sie insbesondere in ihren grundrechtsgleichen Rechten auf prozessuale Waffengleichheit aus Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG und auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG.
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a) Obschon die Voraussetzungen für die Beantragung einer einstweiligen Verfügung bereits am 8. Januar 2024 vorgelegen hätten, habe die Antragstellerin ihre schon am 15. Januar 2024 gefertigte Antragsschrift erst am 24. Januar 2024 beim Landgericht eingereicht. Daher habe das Landgericht kurzfristig mündlich verhandeln können und müssen, was der Antragstellerin auch angesichts eines seit der Berichterstattung bereits verstrichenen Zeitraums von fast einem Monat zumutbar gewesen sei. Dass es ihr nicht eilig gewesen sei, komme auch darin zum Ausdruck, dass sie die einstweilige Verfügung erst am 20. Februar 2024 vollzogen habe. Jedenfalls aber hätte das Landgericht begründen müssen, weshalb es von einer mündlichen Verhandlung abgesehen habe. Stattdessen und entgegen der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts habe es nicht zu erkennen gegeben, dass es sich des Ausnahmecharakters einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung entgegen dem gesetzlichen Regelfall des § 937 Abs. 2 ZPO bewusst gewesen sei. Trotz der klaren Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts, die es immer wieder auch zu Entscheidungen des Landgerichts Hamburg aufgestellt und nachgeschärft habe, betreibe das Landgericht eine ständige Praxis weiter, die die Verfahrensrechte von Antragsgegnern äußerungsrechtlicher Verfügungsverfahren systematisch verletze.
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b) Auch der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sei begründet. Wegen drohender Ordnungsgelder werde die Beschwerdeführerin schwerwiegend in ihrer Berichterstattungsfreiheit eingeschränkt, insbesondere, soweit ihr dadurch auch zukünftig verboten sei, die verbotenen Bildnisse in ihrer Berichterstattung zu zeigen. Die Verwendung dieser Bildnisse sei rechtmäßig gewesen, wie sich nach Anhörung der Beschwerdeführerin im Widerspruchsverfahren, spätestens aber im Hauptsacheverfahren zeigen werde. Die Beschwerdeführerin werde die streitgegenständlichen Bildnisse deshalb als Teil ihrer Berichterstattung über ein Thema von großem öffentlichen Interesse erneut in die streitgegenständlichen Artikel einstellen, sobald die Wirksamkeit der Verbotsverfügung beseitigt sei.
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5. Der Antragstellerin sowie der Behörde für Justiz und Verbraucherschutz der Freien und Hansestadt Hamburg wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gewährt. Die Akten des Ausgangsverfahrens waren beigezogen.
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II.
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Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zulässig und begründet.
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1. Nach § 32 Abs. 1 BVerfGG kann das Bundesverfassungsgericht im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist.
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Die vom Bundesverfassungsgericht im Rahmen der Entscheidung nach § 32 Abs. 1 BVerfGG vorzunehmende Folgenabwägung (vgl. BVerfGE 71, 158 161>; 88, 185 186>; 91, 252 257 f.>; stRspr) führt zu dem Ergebnis, dass die für den Erlass einer einstweiligen Anordnung sprechenden Gründe überwiegen. Denn die Verfassungsbeschwerde ist hinsichtlich der gerügten Verletzung der prozessualen Waffengleichheit im einstweiligen Verfügungsverfahren offensichtlich zulässig und begründet (vgl. zu den Anforderungen näher BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 24. Mai 2023 - 1 BvR 605/23 -, Rn. 25 ff., m.w.N.).
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2. Die Verfassungsbeschwerde wurde binnen eines Monats und damit gemäß § 93 Abs. 1 BVerfGG fristgerecht erhoben und ist auch im Übrigen zulässig. Insbesondere ist der Rechtsweg, ungeachtet des fortdauernden Ausgangsverfahrens, erschöpft (§ 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG), da es keinen Rechtsbehelf gibt, mit dem eine Verletzung der prozessualen Waffengleichheit eigens als solche vor den Fachgerichten geltend gemacht werden könnte. Auch bedarf es nicht der Geltendmachung eines besonders gewichtigen Feststellungsinteresses, soweit die Rechtsbeeinträchtigung der Beschwerdeführerin durch die einstweilige Verfügung in Gestalt eines weiterhin vollstreckbaren Unterlassungstitels fortdauert (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 26. April 2023 - 1 BvR 718/23 -, Rn. 18 f.; vom 24. Mai 2023 - 1 BvR 605/23 -, Rn. 22 f.; vom 15. Juni 2023 - 1 BvR 1011/23 -, Rn. 22; jeweils m.w.N.). Zudem beschränkt sich die Rüge der Beschwerdeführerin nicht auf eine Verletzung ihres grundrechtsgleichen Rechts auf Gewährung rechtlichen Gehörs aus Art. 103 Abs. 1 GG, für die noch fachgerichtlicher Rechtsschutz besteht (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 25. August 2023 - 1 BvR 1612/23 -, Rn. 17). Vielmehr rügt sie eine bewusste und systematische Übergehung ihrer prozessualen Rechte aufgrund einer trotz mehrfacher Beanstandung durch das Bundesverfassungsgericht aufrechterhaltenen Spruchpraxis, die die Verfahrensrechte von Antragsgegnern presse- und äußerungsrechtlicher Verfügungsverfahren systematisch verletze.
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3. Der angegriffene Beschluss verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem grundrechtsgleichen Recht auf prozessuale Waffengleichheit aus Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG.
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a) Der Grundsatz der prozessualen Waffengleichheit ist eine Ausprägung der Rechtsstaatlichkeit und des allgemeinen Gleichheitssatzes im Zivilprozess und sichert verfassungsrechtlich die Gleichwertigkeit der prozessualen Stellung der Parteien vor Gericht. Das Gericht muss den Prozessparteien im Rahmen der Verfahrensordnung gleichermaßen die Möglichkeit einräumen, alles für die gerichtliche Entscheidung Erhebliche vorzutragen und alle zur Abwehr des gegnerischen Angriffs erforderlichen prozessualen Verteidigungsmittel selbständig geltend zu machen. Die prozessuale Waffengleichheit steht dabei im Zusammenhang mit dem Gehörsgrundsatz aus Art. 103 Abs. 1 GG, der eine besondere Ausprägung der Waffengleichheit ist. Als prozessuales Urrecht (vgl. BVerfGE 70, 180 188>) gebietet dieser, in einem gerichtlichen Verfahren der Gegenseite grundsätzlich vor einer Entscheidung Gehör und damit die Gelegenheit zu gewähren, auf eine bevorstehende gerichtliche Entscheidung Einfluss zu nehmen (vgl. BVerfGE 9, 89 96 f.>; 57, 346 359>).
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b) Hiervon zu unterscheiden ist die Frage, wann über den Erlass einer einstweiligen Verfügung ohne mündliche Verhandlung entschieden werden kann.
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aa) Ob mündlich zu verhandeln ist, gestaltet § 937 Abs. 2 ZPO zunächst einfachrechtlich aus, da Art. 103 Abs. 1 GG keinen Anspruch auf eine mündliche Verhandlung begründet (vgl. BVerfGE 5, 9 11>; 15, 249 256>; 15, 303 307>; 21, 73 77>; 25, 352 357>; 36, 85 87>; 60, 175 210 f.>; 89, 381 391>; 112, 185 206>; BVerfG, Beschlüsse der 1. Kammer des Ersten Senats vom 31. August 2023 - 1 BvR 1601/23 -, Rn. 26, und - 1 BvR 1602/23 -, Rn. 28; stRspr). Für die Beurteilung, wann ein dringender Fall im Sinne des § 937 Abs. 2 ZPO vorliegt und damit auf eine mündliche Verhandlung verzichtet werden kann, haben die Fachgerichte einen weiten Wertungsrahmen. Insbesondere dürfen sie dabei davon ausgehen, dass das Presserecht grundsätzlich von dem Erfordernis einer schnellen Reaktion geprägt ist, wenn es darum geht, gegen eine möglicherweise rechtswidrige Berichterstattung vorzugehen. Angesichts der durch das Internet, ständig aktualisierte Online-Angebote und die sozialen Medien noch beschleunigten Möglichkeit der Weiterverbreitung von Informationen kann es verfassungsrechtlich im Interesse effektiven Rechtsschutzes sogar geboten sein, Unterlassungs- ebenso wie Gegendarstellungsansprüchen (vgl. dazu BVerfGE 63, 131 143>) in unmittelbarer zeitlicher Nähe zur Berichterstattung zur Geltung zu verhelfen (vgl. BVerfG, Beschlüsse der 1. Kammer des Ersten Senats vom 15. Juni 2023 - 1 BvR 1011/23 -, Rn. 26; vom 31. August 2023 - 1 BvR 1601/23 -, Rn. 24, und - 1 BvR 1602/23 -, Rn. 26; jeweils m.w.N.).
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bb) Die Annahme einer gesteigerten Dringlichkeit im Sinne von § 937 Abs. 2 ZPO setzt freilich sowohl seitens des Antragstellers als auch seitens des Gerichts eine entsprechend zügige Verfahrensführung voraus, wobei dieses Erfordernis allerdings nicht mit der Dringlichkeit zu verwechseln ist, die eine Anhörung des Gegners in äußerungsrechtlichen Fallkonstellationen ausnahmsweise entbehrlich machen kann (vgl. BVerfG, Beschlüsse der 1. Kammer des Ersten Senats vom 31. August 2023 - 1 BvR 1601/23 -, Rn. 25, und - 1 BvR 1602/23 -, Rn. 27). Der Verzicht auf eine mündliche Verhandlung gemäß § 937 Abs. 2 ZPO ist nach der Entscheidung des Gesetzgebers nur in dem Maße gerechtfertigt, wie die Dringlichkeit es gebietet. Wenn sich im Verlauf des Verfahrens zeigt, dass eine unverzügliche Entscheidung anders als zunächst vorgesehen nicht zeitnah ergehen muss oder kann, hat das Gericht Veranlassung, die Frage der Dringlichkeit erneut zu überdenken und gegebenenfalls eine mündliche Verhandlung anzuberaumen und auf ihrer Grundlage zu entscheiden (vgl. BVerfG, Beschlüsse der 1. Kammer des Ersten Senats vom 15. Juni 2023 - 1 BvR 1011/23 -, Rn. 27; vom 31. August 2023 - 1 BvR 1601/23 -, Rn. 27, und - 1 BvR 1602/23 -, Rn. 29).
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cc) Über eine einstweilige Verfügung gegen Veröffentlichungen der Presse wird gleichwohl angesichts der Eilbedürftigkeit nicht selten zunächst ohne mündliche Verhandlung entschieden werden müssen. Der Verzicht auf eine mündliche Verhandlung berechtigt demgegenüber aber nicht ohne weiteres dazu, die Gegenseite bis zur Entscheidung über den Verfügungsantrag generell aus dem Verfahren herauszuhalten. Nach dem Grundsatz der prozessualen Waffengleichheit kommt eine stattgebende Entscheidung über den Verfügungsantrag vielmehr grundsätzlich nur in Betracht, wenn die Gegenseite zuvor die Möglichkeit hatte, auf das mit dem Antrag geltend gemachte Vorbringen zu erwidern. Dabei kann nach Art und Zeitpunkt der Gehörsgewährung differenziert und auf die Umstände des Einzelfalls abgestellt werden (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 15. Juni 2023 - 1 BvR 1011/23 -, Rn. 28, m.w.N.).
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c) Ein einzelner Verfahrensfehler ist dabei allerdings regelmäßig nicht geeignet, ein bewusstes und systematisches Übergehen prozessualer Rechte von Verfahrensbeteiligten darzutun. Es kann sich dabei ebenso um ein bloßes Versäumnis handeln, das mit weitergehenden Gründen der Verfahrenshandhabung nicht einhergeht. Das gilt auch dann, wenn ein Verfahrensfehler - wie im Fall einer Verletzung des grundrechtsgleichen Rechts auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG - zugleich eine Verletzung von Verfassungsrecht beinhaltet. Denn auch das besondere rechtliche Gewicht eines Verfahrensfehlers besagt regelmäßig nichts über die Gründe der Verfahrenshandhabung, auf denen er beruht (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 25. August 2023 - 1 BvR 1612/23 -, Rn. 20).
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d) Dies zugrunde gelegt, verletzt der angegriffene Beschluss die Beschwerdeführerin offenkundig in ihrem grundrechtsgleichen Recht auf prozessuale Waffengleichheit aus Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG.
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Weshalb das Landgericht von einer mündlichen Verhandlung abgesehen hat, obschon eine solche auch vor der Entscheidung über einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung die Regel ist (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 13. Dezember 2016 - 2 BvR 617/16 -, Rn. 12; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 15. Juni 2023 - 1 BvR 1011/23 -, Rn. 31), lässt sich seiner Entscheidung nicht entnehmen. Ihre Begründung lässt mangels jeglicher Ausführungen zu § 937 Abs. 2 ZPO nicht einmal erkennen, dass sich das Landgericht von den einfachrechtlichen Anforderungen an seine Verfahrensweise überhaupt leiten ließ. Soweit es damit sogar hinter einer nur formelhaft begründeten Verfahrenshandhabung zurückbleibt, die das Bundesverfassungsgericht in einem ähnlich gelagerten Fall desselben Spruchkörpers erst unlängst beanstandet hat (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 15. Juni 2023 - 1 BvR 1011/23 -, Rn. 31 f.), ist deshalb ein bewusstes und systematisches Übergehen der prozessualen Rechte der Beschwerdeführerin nachvollziehbar dargetan.
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
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