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BVerfG 19.12.2023 - 2 BvC 4/23
BVerfG 19.12.2023 - 2 BvC 4/23 - Wahlprüfungsbeschwerde bzgl der partiellen Wiederholung der Bundestagswahl 2021 teilweise erfolgreich - Zur Beweiserhebung durch das BVerfG im Wahlprüfungsverfahren - Wartezeiten vor Stimmabgabe sowie Stimmabgabe nach Ende der Wahlzeit per se kein Wahlfehler, jedoch Indiz für mangelhafte Wahlvorbereitung - Beurteilung der Mandatsrelevanz eines Wahlfehlers auf Basis des potentiellen Wahlverhaltens - Wahlwiederholung als Zweistimmenwahl geboten
Normen
Art 20 Abs 1 GG, Art 20 Abs 2 GG, Art 38 Abs 1 S 1 GG, Art 41 Abs 2 GG, § 26 Abs 1 BVerfGG, § 48 Abs 1 BVerfGG, § 31 S 1 BWahlG, § 34 BWahlG, § 44 Abs 1 BWahlG, § 44 Abs 2 BWahlG, § 46 Abs 1 S 3 BWO, § 47 BWO, § 49 Nr 3 BWO, § 54 BWO, § 56 Abs 1 BWO, § 56 Abs 6 S 1 Nr 6 BWO, § 60 S 2 BWO, § 67 BWO, § 72 Abs 1 S 1 BWO, § 74 Abs 3 BWO, § 5 Abs 3 S 2 WahlPrG
Vorinstanz
vorgehend BVerfG, 5. Juli 2023, Az: 2 BvC 4/23, Beschluss
Leitsatz
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1. Hat der Deutsche Bundestag gemäß § 5 Abs. 3 Satz 2 WahlPrüfG von weiteren Ermittlungen abgesehen, besteht für das Bundesverfassungsgericht weder die Veranlassung noch die Befugnis, weitergehende Ermittlungen anzustellen. Nur wenn sich die Beweiserhebung des Deutschen Bundestages als lückenhaft oder in sonstiger Weise als unzureichend erweist, kann das Bundesverfassungsgericht insoweit tätig werden.
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2. a) Eine Wartezeit vor der Stimmabgabe ist als solche kein Wahlfehler. Treten ungewöhnlich lange Wartezeiten auf, kann dies allerdings ein Indiz dafür sein, dass die zuständigen Behörden oder Wahlorgane bei der Vorbereitung der Wahl das Gebot, die Stimmabgabe möglichst zu erleichtern (§ 46 Abs. 1 Satz 3 BWahlO), unzureichend beachtet haben.
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b) Die Stimmabgabe nach Ende der Wahlzeit gemäß § 60 Satz 2 BWahlO stellt keinen Wahlfehler dar. Dies schließt nicht aus, dass dem Überschreiten des Endes der Wahlzeit indizielle Wirkung hinsichtlich des Vorliegens sonstiger Wahlfehler zukommen kann.
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3. Unabhängig von der Schwere des Wahlfehlers ist Mandatsrelevanz nur gegeben, wenn sich eine Auswirkung des Wahlfehlers auf die Sitzverteilung als eine nach der allgemeinen Lebenserfahrung konkrete und nicht ganz fernliegende Möglichkeit darstellt. Hierbei ist das potentielle Wahlverhalten zwar nicht im Sinne einer exakten Übertragung des Wahlergebnisses, wohl aber im Sinne einer groben Orientierung zu berücksichtigen.
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4. Nach dem Gebot des geringstmöglichen Eingriffs hat eine nur teilweise Wiederholung der Wahl Vorrang vor der Ungültigerklärung der Wahl in Gänze.
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5. Bei der Wiederholung der Wahl ist nicht zwischen Erst- und Zweitstimme zu unterscheiden. Die Wiederholungswahl findet als Zweistimmenwahl statt.
Tenor
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1. Über die im Beschluss des Deutschen Bundestages vom 10. November 2022 genannten Wahlbezirke hinaus wird die Abgabe beider Stimmen für die Wahl zum 20. Deutschen Bundestag vom 26. September 2021 in den folgenden Wahlbezirken für ungültig erklärt:
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Wahlkreis
Wahlbezirke
75
01101, 01102, 01106, 01108, 01314, 01315, 01402, 01405, 011B, 011E, 013G, 014B
76
03111, 03112, 03113, 03114, 03406, 031I, 031K, 034I
79
06407, 064G
80
04304, 04327, 04505, 04518, 04722, 043D, 045E, 047V
81
07117, 07122, 07124, 07214, 07419, 07522, 071R, 071S, 071U, 072L, 074N, 075P
82
08609, 086H
84
09623, 09624, 09625, 09626, 096L, 096M
85
10530, 105ZH
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Die Wahl ist dort nach Maßgabe des Beschlusses des Deutschen Bundestages vom 10. November 2022 zu wiederholen.
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2. Der Beschluss des Deutschen Bundestages vom 10. November 2022 wird insoweit aufgehoben, als die Wahl in folgenden Wahlbezirken des Wahlkreises 75 für ungültig erklärt wurde:
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Wahlkreis
Wahlbezirke
75
01118, 01120, 01317, 01318, 01319, 01 719, 01722, 011K, 013I, 017K
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3. Im Übrigen wird die Wahlprüfungsbeschwerde zurückgewiesen.
Gründe
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A.
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Die Beschwerdeführerin, eine Fraktion des 20. Deutschen Bundestages, wendet sich mit ihrer Wahlprüfungsbeschwerde gegen den Beschluss des Deutschen Bundestages vom 10. November 2022, mit dem dieser die Abgabe beider Stimmen für die Wahl zum 20. Deutschen Bundestag am 26. September 2021 in 431 Wahlbezirken des Landes Berlin für ungültig erklärt und insoweit eine Wiederholungswahl mit Erst- und Zweitstimme angeordnet hat.
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I.
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1. Am 26. September 2021 fand in Berlin die Wahl zum 20. Deutschen Bundestag statt. Zugleich wurden dort die Wahlen zum 19. Abgeordnetenhaus und zu den Bezirksverordnetenversammlungen abgehalten sowie über den Volksentscheid der Initiative "Deutsche Wohnen & Co enteignen" abgestimmt.
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a) Die Wahlberechtigten konnten je nach Staatsangehörigkeit, Zeitpunkt der Wohnsitznahme in Berlin und Lebensalter bis zu sechs Stimmen auf fünf Stimmzetteln abgeben. Bei der Bundestagswahl waren 2.468.919 Personen wahlberechtigt. In den zwölf Wahlkreisen waren insgesamt 2.256 Wahlbezirke eingerichtet. Diesen waren 1.507 Briefwahlbezirke zugeordnet. Teilweise wurde für zwei, in Einzelfällen auch für drei (Urnen-)Wahlbezirke gemeinsam ein Briefwahlbezirk gebildet, dem diejenigen Wählerinnen und Wähler zugeordnet wurden, die in den zugehörigen Wahlbezirken von ihrem Recht auf Briefwahl Gebrauch machten. Gegenüber der Bundestagswahl 2017 war die Zahl der Urnenwahlbezirke um 477 erhöht worden, die sich auf die einzelnen Wahlkreise unterschiedlich verteilten. Dies geschah aufgrund einer Simulation der Landeswahlleitung im Juli 2020, bei der die Stimmzettel von 750 wählenden Personen mit jeweils sechs abgegebenen Stimmen ausgezählt worden waren. Auf dieser Grundlage hatte die Landeswahlleitung empfohlen, Wahllokale für maximal 750 Wählerinnen und Wähler einzurichten. Die Anzahl der Urnenwahlbezirke betrug in den Wahlkreisen zwischen 156 (Wahlkreis 77) und 234 (Wahlkreis 84); der Umfang der Erhöhung ihrer Zahl in den einzelnen Wahlkreisen reichte von gerundet 2 % (Wahlkreis 75) bis 97 % (Wahlkreis 84):
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Wahlkreis
Urnenwahllokale
Urnenwahllokale
Differenz
2017
2021
absolut
in %
75 Mitte
189
192
+ 3
+ 1,6
76 Pankow
154
175
+ 21
+ 13,6
77 Reinickendorf
152
156
+ 4
+ 2,6
78 Spandau - Charlottenburg Nord
165
176
+ 12
+ 7,3
79 Steglitz-Zehlendorf
127
176
+ 49
+ 38,6
80 Charlottenburg-Wilmersdorf
154
176
+ 22
+ 14,3
81 Tempelhof-Schöneberg
123
198
+ 75
+ 61,0
82 Neukölln
155
194
+ 39
+ 25,2
83 Friedrichshain-Kreuzberg - Prenzlauer Berg Ost
157
203
+ 46
+ 29,3
84 Treptow-Köpenick
119
234
+ 115
+ 96,6
85 Marzahn-Hellersdorf
114
166
+ 52
+ 45,6
86 Lichtenberg
170
210
+ 40
+ 23,5
gesamt
1.779
2.256
+ 477
+ 26,8
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Der Einzugsbereich der einzelnen Wahllokale variierte deutlich. Unter Zugrundelegung der Wahlbeteiligung bei der Wahl zum 19. Deutschen Bundestag 2017 in Berlin war in den Urnenwahllokalen der verschiedenen Wahlkreise durchschnittlich mit 446 Wählerinnen und Wählern (Wahlkreis 84) bis 678 Wählerinnen und Wählern (Wahlkreis 76) in Präsenz zu rechnen. Bei der Bundestagswahl 2017, die lediglich mit einem Volksentscheid verknüpft gewesen war, hatte das Maximum der Wählerinnen und Wähler je Wahllokal bei 1.432 und der Durchschnitt über alle Wahllokale bei 708 Wählenden gelegen (vgl. Abschlussbericht der "Expertenkommission Wahlen in Berlin" vom 6. Juli 2022, S. 31 f.).
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b) Bei der Wahl zum 20. Bundestag 2021 wurden in allen 2.256 Urnenwahlbezirken auf der Grundlage eines einheitlichen Vordrucks Niederschriften über die Ermittlung und Feststellung des Ergebnisses der Wahlen zum Deutschen Bundestag, zum Abgeordnetenhaus von Berlin und zur jeweiligen Bezirksverordnetenversammlung sowie des Volksentscheids angefertigt. Diese Niederschriften enthielten unter der Ziffer 2 Angaben zur Stimmabgabe, insbesondere zur Anzahl der aufgestellten Wahlkabinen sowie zu den Uhrzeiten des Beginns und des Endes der Stimmabgabe. Zudem wurde abgefragt, ob es während der Stimmabgabe zu besonderen Vorfällen gekommen sei; wenn diese Frage mit "Ja" beantwortet wurde, war der Wahlvorstand aufgefordert, über diese Vorfälle gesonderte Berichte anzufertigen, "ggf. nummeriert und der Wahlniederschrift beigefügt". Die Niederschriften aller 2.256 Urnenwahlbezirke haben dem Senat vorgelegen.
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c) Im Rahmen der Briefwahl wurden die Wahlbriefe grundsätzlich in den Briefwahlbezirken ausgezählt, denen die jeweiligen Wählerinnen und Wähler zugeordnet waren.
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aa) Im Wahlkreis 81 wurden jedoch Wahlbriefe in anderen Briefwahlbezirken ausgezählt, um ihre gleichmäßige Verteilung und eine zügige Feststellung des Wahlergebnisses zu gewährleisten. Die Wahlbriefe wurden im Wahlergebnis des aufnehmenden Briefwahlbezirks berücksichtigt. Abgegeben wurden insgesamt 1.080 Wahlbriefe aus den Briefwahlbezirken 81 071V, 071W, 072S, 074S und 075B, in denen die Wahl für ungültig erklärt wurde; aufgenommen wurden diese Wahlbriefe von den Briefwahlbezirken 81 071R, 071S, 071U, 072L, 074N und 075P.
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bb) Weiterhin wurden in sechs Wahlkreisen (Wahlkreise 78, 79, 81, 82, 83 und 86) Wahlbriefe, die erst im Laufe des Wahltages bei den Kreiswahlleitungen bis zum Ende der Wahlzeit eingingen, nicht in dem Briefwahlbezirk, der den jeweiligen Wählerinnen und Wählern zugeordnet war, sondern in einem Briefwahlbezirk ausgezählt, welcher ortsnäher lag. Dadurch sollten Transportwege vermieden und eine schnelle Auszählung ermöglicht werden. Dies betrifft 1.795 Wahlbriefe, die in den sechs Wahlkreisen auf 30 aufnehmende Briefwahlbezirke umverteilt wurden; im Falle eines weiteren aufnehmenden Briefwahlbezirks ist die Anzahl aufgenommener Wahlbriefe in der Niederschrift nicht dokumentiert. Von den Briefwahlbezirken, deren Wahlbriefe umverteilt wurden, wurde die Wahl in drei Bezirken im angegriffenen Beschluss des Deutschen Bundestages für ungültig erklärt.
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d) Aufgrund der Corona-Pandemie galt im Land Berlin am Wahltag die Verpflichtung zur Einhaltung von Abstands- und Hygieneregeln. Danach sollten sich im Wahlraum nur die Mitglieder des Wahlvorstands und die jeweils unmittelbar wählenden Personen, gegebenenfalls mit Hilfsperson oder betreuten Kindern, aufhalten dürfen. Von den wählenden Personen genutzte Kugelschreiber sollten vor einer weiteren Nutzung desinfiziert werden. Häufig berührte Flächen oder Gegenstände sollten regelmäßig gereinigt und das Wahllokal sollte in der Regel alle 20 Minuten gelüftet werden.
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e) Die Landeswahlleitung stellte den Bezirken eine Skizze über den "idealtypischen Aufbau" eines Wahllokals zur Verfügung, die die Aufstellung von zwei Wahlkabinen aufwies. Tatsächlich standen am Wahltag in etwa einem Drittel der Urnenwahllokale zu Beginn der Wahlhandlung drei oder mehr Wahlkabinen zur Verfügung. In den Niederschriften der einzelnen Urnenwahllokale wurde in zahlreichen Fällen festgehalten, dass im Laufe des Tages die Zahl der Wahlkabinen erhöht wurde. Teilweise wiesen die Niederschriften auch eine Verringerung der Wahlkabinen in Urnenwahllokalen aus, um diese in benachbarten Urnenwahllokalen in demselben Gebäude zur Bewältigung des dortigen Andrangs einzusetzen.
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f) Mit Pressemitteilung vom 22. September 2021 hatte die Landeswahlleiterin unter anderem darauf hingewiesen, dass Warteschlangen außerhalb des Wahlraumes zu bilden seien. Im Berliner "Tagesspiegel am Sonntag" wurde sie mit der Bitte wiedergegeben, nicht erst um kurz vor 18 Uhr zur Urne zu kommen; sollte unmittelbar vor der Schließung noch eine Schlange vor dem Wahllokal warten, dürften zwar alle ihre Stimme abgeben. Weil die Auszählung wegen der vielen zeitgleichen Wahlen aber aufwendiger sei als sonst, "sollte man besser schon im Laufe des Tages wählen" (vgl. Wurtscheid, An die Urne, fertig, los, Tagesspiegel am Sonntag Nr. 24 668 vom 26. September 2021, S. 7).
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g) Am Wahltag fand der 47. Berlin-Marathon statt, dessen Strecke durch vier der zwölf Berliner Wahlkreise verlief. Die betroffenen Wahlberechtigten waren im Vorfeld der Wahl schriftlich informiert worden und hatten Hinweise erhalten, wie und wann sie ihr Wahllokal erreichen konnten. In einer Übersichtskarte waren die Möglichkeiten zur Querung der Marathonstrecke bekanntgegeben worden. Nach Angaben der Landeswahlleitung kam es aufgrund von marathonbedingten Sperrungen und Staus zu Problemen bei der Nachlieferung von Stimmzetteln an einzelne Urnenwahllokale.
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h) Laut amtlichem Endergebnis nahmen von den 2.468.919 in Berlin Wahlberechtigten 1.856.903 Personen an der Bundestagswahl teil. Die Wahlbeteiligung betrug 75,2 % und lag damit etwas unter der bundesweiten Beteiligung von 76,6 % (vgl. Der Bundeswahlleiter, Wahl zum 20. Deutschen Bundestag am 26. September 2021, Heft 3, Endgültige Ergebnisse nach Wahlkreisen <Okt. 2021>, S. 9, 18). Der Anteil der Briefwählerinnen und -wähler betrug in den einzelnen Wahlkreisen zwischen 43,2 % (Wahlkreis 78) und 52,4 % (Wahlkreis 79; vgl. Bericht der Landeswahlleiterin, zugleich Statistischer Bericht B VII 1-3 - 4j / 21, Wahl zum 20. Deutschen Bundestag am 26. September 2021, S. 9 ff.). Bundesweit lag der Briefwähleranteil bei 47,3 % (vgl. Der Bundeswahlleiter, Wahl zum 20. Deutschen Bundestag am 26. September 2021, Heft 5 Teil 2, Textliche Auswertung <Aug. 2022>, S. 17). Der Anteil der ungültigen Stimmabgaben in den Urnenwahlbezirken lag mit 2,3 % über dem Anteil ungültiger Stimmen in Berlin insgesamt (Erststimme: 1,7 %; Zweitstimme: 1,6 %) und über dem Bundesdurchschnitt (Erststimme: 1,1 %; Zweitstimme: 0,9 %).
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2. Beim Deutschen Bundestag wurden nach der Bundestagswahl insgesamt 1.713 Wahleinsprüche eingelegt, die ausschließlich oder teilweise das Wahlgeschehen in Berlin betrafen (vgl. zur Zahl der Einsprüche gegen die Wahl zum Deutschen Bundestag insgesamt Deutscher Bundestag <Hrsg.>, Datenhandbuch zur Geschichte des Deutschen Bundestages, Kapitel 1.18 <Stand der Bearbeitung: 31. März 2022>: 19. Wahlperiode 275, 18. Wahlperiode 224, 17. Wahlperiode 163, 16. Wahlperiode 195, 15. Wahlperiode 520).
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a) Die Einsprüche bezogen sich gegenständlich auf eine zahlenmäßig unzureichende Ausstattung der Urnenwahllokale mit Stimmzetteln und Wahlkabinen, die Ausgabe nichtamtlicher Stimmzettel, die Ausgabe von Stimmzetteln für einen anderen Wahlkreis, die Übergabe bereits angekreuzter Stimmzettel, Unterbrechungen der Wahlhandlung, Wartezeiten, die zu frühe Öffnung oder zu späte Schließung der Wahllokale, die Zulassung nicht wahlberechtigter Personen zur Wahl, den doppelten Versand von Wahlunterlagen sowie den Versand von Wahlunterlagen an verstorbene Personen, die Stimmabgabe bei der Bundestagswahl durch Personen, die nur berechtigt gewesen seien, an der Wahl der Bezirksverordnetenversammlung teilzunehmen, die fehlende Barrierefreiheit von Wahlräumen, die Unterlassung des Abgleichs der Einträge im Wählerverzeichnis mit dem jeweiligen Personalausweis, die Übermittlung geschätzter Wahlergebnisse, eine Wahlbeteiligung von über 100 %, Unregelmäßigkeiten bei der Stimmzettelauszählung, mehrfache Stimmabgaben, einen Platzverweis, die Verweigerung der Stimmabgabe wegen des Tragens eines Kopftuchs, die Benutzung nichtverschließbarer Wahlurnen, das Auffinden von Stimmzetteln in Abfallbehältern, die Nutzung nur einer Wahlurne für alle stattfindenden Wahlen, das gemeinsame Abstimmen von Familienmitgliedern, die nichtöffentliche Stimmauszählung und die Hygieneregeln zum Betreten der Wahllokale bei Erkältungssymptomen.
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b) Der Bundeswahlleiter machte mit Wahleinspruch vom 19. November 2021 (Az. WP 1760/21) vielfältige und schwerwiegende Verstöße gegen zwingende Regelungen des Bundestagswahlrechts geltend. Die in sechs Wahlkreisen aufgetretenen Wahlrechtsverstöße besäßen Mandatsrelevanz. Daher richte sich der Einspruch gegen die Durchführung und das Ergebnis der Bundestagswahl in den Wahlkreisen 75, 76, 77, 79, 80 und 83.
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aa) Im Wahlverlauf sei es in den sechs benannten Wahlkreisen zu Unterbrechungen und Schließungen von Wahlräumen aufgrund fehlender oder falsch ausgelieferter Stimmzettel gekommen. Zudem seien lange Wartezeiten aufgetreten, und die Wahlhandlung sei zum Teil erst weit nach Ablauf der Wahlzeit beendet worden. Diese Umstände wiesen auf schwerwiegende organisatorische Mängel bei der Vorbereitung und Durchführung der Bundestagswahl in Berlin hin. Zu wenige Wahlkabinen beziehungsweise zu kleine Wahlräume hätten zur Entstehung unzumutbarer Wartezeiten geführt. Die Wahlmängel hätten durch hinreichende Vorkehrungen weitgehend verhindert werden können. Grundlage der Prüfung seien der Bericht der damaligen Landeswahlleiterin für das Land Berlin und die Niederschriften der Kreiswahlausschüsse gewesen. Die Niederschriften der einzelnen Wahlbezirke hätten ihm nicht vorgelegen.
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bb) Die geltend gemachten Wahlmängel seien mandatsrelevant. Dies gelte sowohl für das Erststimmenergebnis im Wahlkreis 77 als auch für das Zweitstimmenergebnis in Berlin insgesamt: Um einen weiteren Sitz zu erhalten, hätten die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) mindestens 802, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN mindestens 8.879, DIE LINKE mindestens 16.123, die Alternative für Deutschland (AfD) mindestens 30.702, die Freie Demokratische Partei (FDP) mindestens 35.747 und die Christlich Demokratische Union Deutschlands (CDU) mindestens 54.195 Zweitstimmen mehr benötigt.
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Unterstelle man, dass sämtliche Nichtwählerinnen und Nichtwähler in den von den Wahlfehlern betroffenen Wahlbezirken der sechs genannten Wahlkreise ihre Zweitstimme hätten abgeben wollen, werde die für eine mandatsrelevante Änderung des Wahlergebnisses erforderliche Zahl von 802 Zweitstimmen weit übertroffen. Die Summe der Zahl der Nichtwählerinnen und Nichtwähler für alle sechs Wahlkreise sei mit 31.605 so hoch, dass jeweils auch BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (mit 8.879 Stimmen), DIE LINKE (mit 16.123 Stimmen) und die AfD (mit 30.702 Stimmen) einen zusätzlichen Sitz hätten erhalten können. Im Wahlkreis 77 hätten dem Erstunterlegenen nur 1.788 Erststimmen für den Gewinn des Direktmandats gefehlt. Hätten dort von den 9.994 Nichtwählerinnen und Nichtwählern in den von Wahlfehlern betroffenen Wahlbezirken nur 17,9 % von ihrem Stimmrecht Gebrauch gemacht, könne zumindest nicht ausgeschlossen werden, dass das Wahlkreismandat durch den Erstunterlegenen gewonnen worden wäre. Demgegenüber hätten sich in den übrigen Wahlkreisen die Wahlfehler auf das Erststimmenergebnis nicht ausgewirkt. Selbst wenn man unterstelle, dass sämtliche wahlberechtigte Personen, die nicht an der Bundestagswahl teilgenommen hätten, in den betreffenden Wahlbezirken ihre Stimme abgegeben hätten, hätten diese Stimmen keinen Einfluss auf das Erststimmenergebnis haben können.
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c) Die Landeswahlleitung Berlin räumte in ihrer Stellungnahme vom 11. Januar 2022 ein, dass es bei der Durchführung der Wahl zum 20. Deutschen Bundestag in Berlin in einigen Wahlbezirken erhebliche Mängel gegeben habe. Ursächlich dafür seien die außerordentlichen Belastungen durch die Verbindung von drei Wahlen und einem Volksentscheid gewesen. Hinzugekommen seien der Berlin-Marathon und die Corona-Pandemie, die die Wahlvorbereitung erheblich erschwert und zusätzliche Anforderungen an die Wahldurchführung gestellt hätten. In einzelnen Wahllokalen seien ungewöhnlich lange Wartezeiten aufgetreten. Dies ergebe sich insbesondere aus den Niederschriften der Kreiswahlausschüsse. Darüber hinaus seien zu einzelnen Sachverhalten die involvierten Personen in den Wahllokalen und Bezirkswahlämtern sowie die Kreiswahlleiter befragt worden. Zudem sei allen vorliegenden Bürgerbeschwerden nachgegangen wie auch nach Substantiierungen von Presseberichten gesucht worden. Für die Analysen seien ferner die Vorwahlergebnisse herangezogen worden. Gleichwohl sei festzustellen, dass für eine vollständige empirische Aufarbeitung Informationen fehlten.
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d) Über den Einspruch des Bundeswahlleiters verhandelte der Wahlprüfungsausschuss des Deutschen Bundestages am 24. Mai 2022 mündlich (Stenografisches Protokoll 20/04). Gelegenheit zur Stellungnahme erhielten dabei neben dem Bundeswahlleiter auch die Landeswahlleitung sowie einzelne Vertreter von Wahlorganen im Land Berlin.
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e) Der Wahlprüfungsausschuss gab mit den Stimmen der Fraktionen SPD, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen CDU/CSU und der AfD - die Fraktion DIE LINKE ist im Ausschuss mit lediglich beratender Stimme vertreten - eine Beschlussempfehlung ab, die 431 Wahlbezirke und die damit verbundenen Briefwahlbezirke umfasste. Sie hat folgenden Inhalt (BTDrucks 20/4000 vom 7. November 2022, Anlage 1, S. 19 ff.):
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1. In den nachfolgend genannten Wahlkreisen des Landes Berlin wird beschränkt auf die nachfolgend genannten Wahlbezirke die Abgabe beider Stimmen für die Wahl zum 20. Deutschen Bundestag vom 26. September 2021 für ungültig erklärt:
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Wahlkreis
Wahlbezirke
75
01100, 01107, 01110, 01113, 01118, 01227, 01229, 01316, 01317, 01425, 01518, 01520, 01602, 01620, 01621, 01710, 01721, 01722, 01124, 01112, 01109, 01117, 01120, 01323, 01318, 01319, 01426, 01519, 01511, 01601, 01711, 01718, 01719, 011A, 011F, 011G, 011I, 011K, 012N, 013H, 013I, 014M, 015F, 015J, 016B, 016K, 017F, 017J, 017K
76
03101, 03116, 03117, 03118, 03119, 03120, 03121, 03123, 03125, 03126, 03200, 03203, 03205, 03207, 03208, 03209, 03211, 03212, 03213, 03214, 03215, 03216, 03217, 03218, 03220, 03223, 03300, 03301, 03305, 03306, 03307, 03308, 03309, 03311, 03312, 03313, 03315, 03316, 03317, 03318, 03321, 03400, 03401, 03402, 03403, 03405, 03408, 03409, 03411, 03412, 03416, 03501, 03502, 03503, 03504, 03505, 03506, 03507, 03508, 03509, 03510, 03511, 03512, 03514, 03515, 03517, 03518, 03519, 03520, 03600, 03601, 03602, 03604, 03605, 03606, 03607, 03608, 03609, 03610, 03612, 03613, 03614, 03616, 03617, 03619, 03621, 03622, 03623, 03624, 03701, 03712, 03713, 03714, 03716, 03717, 03718, 03719, 03720, 03811, 03812, 03813, 03814, 03815, 03816, 03817, 03818, 03819, 03821, 03822, 03823, 03903, 03904, 03100, 03115, 03124, 03122, 03206, 03222, 03204, 03224, 03219, 03304, 03302, 03310, 03322, 03320, 03314, 03323, 03410, 03417, 03500, 03516, 03513, 03603, 03611, 03615, 03620, 03618, 03702, 03715, 03721, 03703, 03705, 03820, 031A, 031F, 031H, 031L, 031M, 031N, 032B, 032C, 032D, 032E, 032F, 032G, 032H, 032I, 032K, 032L, 032N, 033A, 033B, 033D, 033E, 033F, 033G, 033H, 033I, 033K, 033L, 033M, 034C, 034D, 034E, 034F, 034G, 034K, 035A, 035B, 035C, 035D, 035E, 035F, 035G, 035H, 035I, 035K, 035L, 035M, 036A, 036B, 036C, 036D, 036E, 036F, 036G, 036H, 036I, 036K, 036L, 036M, 036N, 036P, 037A, 037B, 037D, 037E, 037F, 037G, 037H, 038A, 038B, 038C, 038D, 038E, 038F, 038G, 038H, 039B
77
12108, 12109, 12110, 12111, 12114, 12120, 12201, 12203, 12207, 12208, 12209, 12211, 12215, 12301, 12309, 12310, 12318, 12319, 12320, 12321, 12322, 12417, 12420, 12503, 12526, 12519, 12603, 12609, 12625, 12107, 12123, 12115, 12119, 12225, 12206, 12202, 12226, 12304, 12313, 12323, 12324, 12317, 12416, 12501, 12523, 12524, 12522, 12525, 121D, 121E, 121F, 121H, 121K, 122A, 122B, 122C, 122E, 122F, 122I, 123A, 123D, 123H, 123I, 123K, 123L, 123M, 124I, 124J, 125A, 125G, 125H, 126B, 126H, 126V
78
04101, 04103, 04104, 04106, 04115, 04117, 04118, 04119, 05327, 05516, 05325, 041A, 041C, 041D, 041F, 041N, 041Q, 041R, 041S, 053J, 055T
79
06103, 06105, 06124, 06126, 06317, 06321, 06323, 06325, 06326, 06410, 06416, 06417, 06502, 06512, 06623, 061AB, 061C, 061E, 061Z, 063AA, 063AB, 063S, 063W, 063Y, 064K, 064R, 064S, 065B, 065M, 066Y
80
04204, 04206, 04211, 04216, 04220, 04222, 04223, 04224, 04306, 04310, 04313, 04316, 04317, 04318, 04328, 04401, 04409, 04424, 04428, 04501, 04509, 04512, 04513, 04516, 04519, 04520, 04521, 04523, 04527, 04528, 04601, 04605, 04607, 04609, 04612, 04616, 04617, 04618, 04619, 04621, 04622, 04623, 04624, 04625, 04626, 04627, 04701, 04703, 04706, 04708, 04711, 04712, 04713, 04714, 04720, 04721, 04723, 04724, 04804, 04226, 04311, 04308, 04511, 04515, 04502, 04517, 04604, 04602, 04727, 042C, 042D, 042I, 042N, 042S, 042U, 042V, 042W, 043F, 043H, 043J, 043K, 043L, 043P, 043Q, 044A, 044H, 044V, 044Y, 045A, 045B, 045H, 045J, 045K, 045M, 045N, 045P, 045Q, 045S, 045W, 046A, 046B, 046D, 046I, 046M, 046N, 046P, 046Q, 046S, 046T, 046U, 046V, 046W, 046X, 046Y, 047A, 047C, 047F, 047H, 047K, 047L, 047M, 047N, 047T, 047U, 047W, 047X, 048D
81
07127, 07129, 07224, 07423, 07504, 07609, 07125, 07128, 07223, 07428, 07503, 07610, 071V, 071W, 072S, 074S, 075B, 076G
82
08101, 08102, 08115, 08119, 08127, 08130, 08305, 08313, 08316, 08319, 08129, 08307, 08312, 08314, 08315, 08320, 081A, 081AA, 081L, 081Q, 081X, 081Z, 083E, 083H, 083I, 083K
83
02116, 02124, 02125, 02128, 02129, 02201, 02204, 02208, 02210, 02213, 02214, 02217, 02223, 02224, 02226, 02318, 02320, 02401, 02402, 02403, 02404, 02412, 02416, 02423, 02518, 02525, 02601, 02602, 02610, 02618, 02621, 02624, 03707, 03708, 03709, 03802, 03803, 03804, 03805, 03806, 03807, 03808, 03810, 03907, 03908, 03911, 03913, 03914, 03916, 03917, 03918, 03919, 03922, 03924, 03925, 03926, 02225, 03722, 03800, 03801, 03809, 03920, 03909, 03915, 021AA, 021AB, 021P, 021W, 021X, 022A, 022D, 022H, 022K, 022N, 022P, 022R, 022X, 022Y, 022Z, 023S, 023U, 024A, 024B, 024C, 024D, 024M, 024R, 024Y, 025S, 025Z, 026A, 026B, 026K, 026T, 026W, 026Z, 037K, 037M, 038I, 038K, 038L, 038M, 038N, 038P, 039E, 039F, 039I, 039K, 039L, 039M, 039N, 039P, 039Q
84
09620, 09622, 09617, 09613, 096G, 096J
85
10107, 10108, 10109, 10221, 10322, 10605, 10110, 10323, 10606, 101D, 101E, 102Q, 103M, 106C
86
11409, 11513, 11519, 11616, 11407, 11615, 114D, 115H, 116I
-
2. Die Wiederholungswahl muss innerhalb der Frist des § 44 Absatz 3 Satz 1 des Bundeswahlgesetzes stattfinden.
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3. Die Wiederholungswahl findet nach denselben Wahlvorschlägen wie die Hauptwahl statt. Gemäß § 83 Absatz 6 der Bundeswahlordnung können Wahlvorschläge nur geändert werden, wenn ein Bewerber gestorben oder nicht mehr wählbar ist. Neue Wahlvorschläge werden nicht zugelassen.
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4. Der Landeswahlleiter für Berlin wird ermächtigt, nach § 83 Absatz 7 der Bundeswahlordnung im Rahmen dieser Entscheidung Regelungen zur Anpassung des Wiederholungswahlverfahrens an besondere Verhältnisse zu treffen.
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5. Nach Durchführung der Wiederholungswahl ist das Ergebnis der Bundestagswahl 2021 nach Maßgabe von § 44 Absatz 4 des Bundeswahlgesetzes neu festzustellen. Das Ergebnis der Wiederholungswahl ist entsprechend § 1 des Gesetzes über die allgemeine und die repräsentative Wahlstatistik bei der Wahl zum Deutschen Bundestag und bei der Wahl der Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland statistisch auszuwerten. Die Auswertung ist zu veröffentlichen. Eine Erhebung von Daten zu Zwecken der repräsentativen Wahlstatistik gemäß § 2 ff. des Gesetzes über die allgemeine und die repräsentative Wahlstatistik bei der Wahl zum Deutschen Bundestag und bei der Wahl der Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland findet nicht statt.
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6. Im Übrigen wird der Wahleinspruch zurückgewiesen.
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Seine Empfehlung begründete der Wahlprüfungsausschuss wie folgt:
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aa) Vor dem Hintergrund der Anzahl an Vorfällen im Land Berlin hätten Zielkonflikte zwischen der Ausermittlung der Ergebnisse, dem öffentlichen Interesse an einer schnellen Klärung der ordnungsgemäßen Zusammensetzung des Parlaments, der Gewährung subjektiven Rechtsschutzes und einer möglichst gleichzeitigen Bescheidung aller Einsprüche bestanden (vgl. BTDrucks 20/4000, S. 3). Vor dem Hintergrund der Fülle an Einsprüchen habe der Wahlprüfungsausschuss das gesamte Berliner Wahlgeschehen anlässlich der Wahl zum 20. Deutschen Bundestag untersucht. Die Tatsache, dass der Bundeswahlleiter seinen Einspruch auf einen Teil der Berliner Wahlkreise beschränkt habe, stehe dem nicht entgegen, da Zweck der Wahlprüfung die Sicherstellung der ordnungsgemäßen Zusammensetzung des Parlaments sei. Im Verfahren zum Einspruch des Bundeswahlleiters seien ähnliche Vorkommnisse auch in Wahlbezirken bekannt geworden, die nicht zu den Wahlkreisen gehörten, deren Ergebnis vom Bundeswahlleiter angegriffen worden sei. Die Zweitstimmen dieser Wahlbezirke seien für die Verteilung von Listenmandaten genauso relevant wie diejenigen aus den Wahlbezirken der ausdrücklich beanstandeten Wahlkreise. Hätten der Wahlprüfungsausschuss und der Deutsche Bundestag diese Wahlbezirke in die Überprüfung nicht einbezogen, wäre ein Widerspruch zum Zweck der Wahlprüfung und zum Grundsatz der Wahlgleichheit entstanden. Es sei aus Gründen der Verfahrensökonomie geboten, das Berliner Wahlgeschehen einheitlich aufzuarbeiten (vgl. BTDrucks 20/4000, S. 41).
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bb) Auf der Grundlage der Ermittlungen unter Beteiligung der Landeswahlleitung und des Bundeswahlleiters stehe fest, dass es in 327 - im Einzelnen tabellarisch aufgeführten - Urnenwahlbezirken zu mandatsrelevanten Wahlfehlern gekommen sei und mit diesen weitere 104 Urnenwahlbezirke über einen gemeinsamen Briefwahlbezirk verknüpft seien.
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(1) Es sei in vielfacher Weise gegen Vorschriften des Bundeswahlgesetzes und der Bundeswahlordnung verstoßen worden.
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(a) Die Ausgabe von Stimmzetteln, die in einem anderen Wahlkreis desselben Landes gültig seien, führe gemäß § 39 Abs. 1 Satz 2 BWahlG zur Ungültigkeit der Erststimme. Sie verletze somit das Recht der betroffenen Wählerinnen und Wähler zur Abgabe der Erststimme aus § 4 Alternative 1 BWahlG (vgl. BTDrucks 20/4000, S. 56).
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(b) Soweit die Wahlhandlung aufgrund fehlender Stimmzettel für die Bundestagswahl erst nach 8 Uhr aufgenommen, zwischenzeitlich unterbrochen oder vor 18 Uhr auch unter Abweisung von Wählerinnen und Wählern endgültig abgebrochen worden sei, liege ein Verstoß gegen § 47 Abs. 1 und § 49 Nr. 3 BWahlO vor (vgl. BTDrucks 20/4000, S. 56).
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(c) Wenn die zur Verfügung stehende Anzahl der Stimmzettel für die Bundestagswahl im Wahlbezirk nicht ausreiche, um eine Stimmabgabe während der gesamten Wahlzeit (vgl. § 47 Abs. 1 und § 60 Satz 2 BWahlO) zu gewährleisten, seien dem Wahlvorsteher nicht genügend Stimmzettel ausgehändigt worden. Die Nachlieferung von Stimmzetteln heile diesen Verstoß nicht (vgl. BTDrucks 20/4000, S. 56 f.).
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(d) Soweit die Unterbrechung der Stimmabgabe für die Bundestagswahl auf fehlenden oder falschen Stimmzetteln für die Wahlen und Abstimmungen auf Landes- oder Kommunalebene beruht habe, finde zwar der nur für die Bundestagswahl geltende § 49 BWahlO keine Anwendung. Es liege jedoch ein Verstoß gegen § 47 Abs. 1 BWahlO vor (vgl. BTDrucks 20/4000, S. 57).
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(e) Eine unzureichende Ausstattung der Wahlräume mit Wahlkabinen verstoße gegen § 50 Abs. 1 Satz 1 BWahlO (vgl. BTDrucks 20/4000, S. 57).
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(f) Eine Wartezeit stelle keinen eigenen Wahlfehler dar, sondern könne stets nur die Folge eines Wahlfehlers sein. Die Frage, ab wann Wartezeiten unzumutbar seien und in einen Wahlfehler umschlügen, könne dahinstehen, zumal sie nur schwerlich zu beantworten sei. Ab wann eine Wartezeit "unzumutbar" sei, könne letztlich nur im Einzelfall festgestellt werden. Dies sei insbesondere abhängig von der physischen und psychischen Konstitution des Einzelnen. Den Bedenken gegen eine solche schwer zu treffende Einzelfallentscheidung könne nicht durch die Festlegung einer starren Grenze begegnet werden. Auch sei es widersprüchlich, stets die hohe Bedeutung des Wahlrechts zu betonen, dann aber eine starre Grenze festzusetzen, bei deren Überschreitung das Warten auf die Möglichkeit, sein Wahlrecht auszuüben, "unzumutbar" werde. Entscheidend sei somit, ob die Wartezeit kausal auf einen Verstoß gegen Wahlvorschriften oder auf höhere Gewalt zurückzuführen sei (vgl. BTDrucks 20/4000, S. 57). Seien lange Wartezeiten festgestellt worden, habe der Wahlprüfungsausschuss die Beweislage so gewürdigt, dass die Anzahl der Wahlkabinen nicht ausreichend gewesen sei und deshalb die Kausalität zwischen diesem Wahlfehler und den langen Wartezeiten angenommen werden könne. Die vorliegenden Nachweise führten zu dem Schluss, dass es sich bei langen Wartezeiten um ein weit verbreitetes Problem gehandelt habe, zumal überall die gleiche hohe Zahl an Wahlen und Abstimmungen stattgefunden habe und vielfach eine ähnliche Anzahl an Wahlkabinen aufgestellt gewesen sei (vgl. BTDrucks 20/4000, S. 58).
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(g) Eine Stimmabgabe nach 18 Uhr sei unter der Voraussetzung des § 60 Satz 2 BWahlO zulässig. Das bestehende Regelwerk führe dann dazu, dass einige Wählerinnen und Wähler bei der Stimmabgabe erste Prognosen zum Wahlausgang kennten. Diesen Wählerinnen und Wählern sei es möglich, ihre Wahlentscheidung auch unter taktischen Gesichtspunkten zu treffen. Ob dies im Verhältnis zu den übrigen Wählerinnen und Wählern die Gewährleistungsgehalte der Wahlrechtsgleichheit beeinträchtige, könne offenbleiben, denn jedenfalls wäre eine derartige Beeinträchtigung gesetzlich gerechtfertigt (unter Verweis auf BVerfGE 124, 1 21 f.>). Eine deutliche Überschreitung der Schließzeit der Wahllokale sei jedoch ein Indiz für Verzögerungen im Ablauf der Wahlhandlung, die auf eine unzureichende Ausstattung der Wahlbezirke mit Wahlkabinen zurückzuführen seien. Hinweise, die dies widerlegten, lägen nur für einen Wahlbezirk vor (vgl. BTDrucks 20/4000, S. 58 f.).
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(h) Seine Erkenntnisse habe der Wahlprüfungsausschuss auf der Grundlage der Wahleinsprüche, der Auswertungen der Landeswahlleitung und des Bundeswahlleiters sowie beim Bundeswahlleiter eingegangener Bürgereingaben und der mündlichen Verhandlung gewonnen (vgl. BTDrucks 20/4000, S. 57). In einigen Fällen hätten Widersprüche zwischen den Angaben der Landeswahlleitung und den übrigen Quellen bestanden. Diese seien in vielen Fällen darauf zurückzuführen, dass gerügte Vorfälle in den Niederschriften nicht verzeichnet gewesen seien und auch sonstige Meldungen der Wahlvorstände nicht vorgelegen hätten. Es habe sich gezeigt, dass die Niederschriften, auf die die Landeswahlleitung Bezug genommen habe, oftmals keine hinreichende Informationsquelle darstellten. Insbesondere seien in ihnen - jenseits von Unterbrechungen der Wahlhandlung - lange Wartezeiten häufig nicht dokumentiert worden. Daher könne aus einem Schweigen der Niederschriften nicht auf das Nichtvorliegen von Wahlfehlern geschlossen werden. Dies gelte gerade dann, wenn anderslautende Aussagen einzelner Bürgerinnen und Bürger im Raum stünden und diese sich mit den in anderen Wahlbezirken auch von der Landeswahlleitung festgestellten Geschehnissen deckten.
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(2) Die Wahlfehler seien mandatsrelevant.
- 37
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(a) Beim Zweitstimmenergebnis hätten der SPD 802 Stimmen für ein zusätzliches Mandat gefehlt. Selbst wenn man der Ansicht der Landeswahlleitung folge, dass bei den Nichtwählerinnen und Nichtwählern die Präferenz entsprechend verteilt sei wie bei denen, die gewählt hätten, hätte es genügt, wenn 10,5 Personen pro fehlerbehaftetem Wahlbezirk mehr an der Wahl teilgenommen hätten, um der SPD zu einem weiteren Mandat zu verhelfen (vgl. BTDrucks 20/4000, S. 61). Dass dies hätte der Fall gewesen sein können, stelle sich - insbesondere vor dem Hintergrund des Ausmaßes an Wahlfehlern - als eine nach der allgemeinen Lebenserfahrung konkrete und nicht ganz fernliegende Möglichkeit dar.
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(b) Mit Blick auf die Erststimmenergebnisse besäßen die dargestellten Wahlfehler lediglich in den Wahlkreisen 76 und 77 Mandatsrelevanz. In den Wahlkreisen 76, 77 und 80 sei die Zahl der für eine Mandatsverschiebung erforderlichen Wähler je Wahlbezirk geringer als die durchschnittliche Zahl der Nichtwählerinnen und Nichtwähler pro betroffenem Wahlbezirk (vgl. BTDrucks 20/4000, S. 61 ff.). Da eine bloß theoretische Möglichkeit jedoch für die Frage der Mandatsrelevanz nicht ausreiche, sondern die bestehende Möglichkeit nach der allgemeinen Lebenserfahrung konkret und nicht ganz fernliegend sein müsse, sei der Wahlprüfungsausschuss auf einer zweiten Stufe davon ausgegangen, dass ein Anteil von knapp 50 % der Nichtwählerinnen und Nichtwähler, der von der Stimmabgabe Abstand genommen habe und sonst die Erstunterlegene gewählt hätte, so wie es im Wahlkreis 80 erforderlich wäre, um den Abstand der Erstunterlegenen zum Erstplatzierten zu überwinden, immer noch fernliegend sei. In den Wahlkreisen 76 und 77 sei der erforderliche Anteil deutlich geringer, auch wenn davon ausgegangen werde, dass nicht alle Nichtwählerinnen und Nichtwähler für den Erstunterlegenen gestimmt hätten und der Wahlkreisgewinner weitere Stimmen bekommen hätte.
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(3) Neben den wahlfehlerbehafteten Urnenwahlbezirken seien die Stimmen in den zugehörigen Briefwahlbezirken sowie im Falle der Bildung eines Briefwahlbezirks für mehrere Urnenwahlbezirke auch die Stimmen in dem verbundenen Urnenwahlbezirk für ungültig zu erklären, selbst wenn in jenen Urnenwahlbezirken keine mandatsrelevanten Wahlfehler aufgetreten sein sollten. Die daraus resultierende Zahl der betroffenen Wahlbezirke stelle sich wie folgt dar:
- 40
-
Wahlkreis
Urnenwahlbezirke 2021
Laut Bundestag wahlfehlerhafte Urnenwahlbezirke
Über Briefwahlbezirke verbundene, selbst nicht als wahlfehlerhaft angesehene Urnenwahlbezirke
Urnenwahlbezirke insgesamt, in denen die Wahl für ungültig erklärt wurde
75
192
18
15
33
76
175
112
32
144
77
156
29
19
48
78
176
10
1
11
79
176
15
0
15
80
176
59
10
69
81
198
6
6
12
82
194
10
6
16
83
203
56
8
64
84
234
2
2
4
85
166
6
3
9
86
210
4
2
6
gesamt
2.256
327
104
431
prozentual
100 %
14,49 %
4,61 %
19,10 %
- 41
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(4) Die Erklärung der Wahl für ungültig mit der Folge, dass die Wahl als Zweistimmenwahl in den betroffenen Wahlbezirken zu wiederholen sei, sei auch verhältnismäßig.
- 42
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(a) Der Wahlbezirk sei die unterste Ebene für die Feststellung des Wahlergebnisses. Da § 83 Abs. 2 BWahlO die Beschränkung der Wiederholungswahl auf einzelne Wahlbezirke erlaube, zwinge das Gebot des geringstmöglichen Eingriffs zur Begrenzung der Wahlwiederholung auf diese kleinstmögliche Einheit. Zwar werde dadurch eine "einheitliche", stichtagsbezogene Wahl im jeweiligen Wahlkreis nicht erreicht. Manche Wählerinnen und Wähler würden an ihrer Wahlentscheidung festgehalten; andere könnten unter neuen Prämissen erneut abstimmen. Auch ändere sich die Zusammensetzung der Wählerschaft etwa durch Zu- und Wegzüge sowie Sterbefälle, da gemäß § 44 Abs. 2 BWahlG neue Wählerverzeichnisse zu erstellen seien. Diese Folgen seien einer Wahlwiederholung aber inhärent. Würde die Wahlwiederholung weiter ausgedehnt, hätte dies zur Folge, dass der Bestandsschutz des insoweit rechtmäßig gewählten Parlaments verletzt würde. Eine "einheitliche" stichtagsbezogene Wahl innerhalb eines Wahlkreises sei kein verfassungsrechtliches Gut und könne deshalb den Bestandsschutz des Parlaments nicht einschränken. Eine Ausdehnung der Wiederholungswahl liefe dem Demokratieprinzip zuwider. Auch löse sie die Diskrepanzen bei der Stimmabgabe zwischen den Teilen des Wahlgebiets, in denen die Wahl wiederholt werde, und dem übrigen Wahlgebiet nicht auf, sondern erweitere sie (vgl. BTDrucks 20/4000, S. 65).
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(b) Die Wiederholungswahl könne auch in den Wahlkreisen, in denen die Wahlfehler für die Erststimme nicht mandatsrelevant gewesen seien, nicht auf die Zweitstimme beschränkt werden. Dies ergebe sich aus § 44 Abs. 2 BWahlG in Verbindung mit dem für das geltende Wahlsystem prägenden § 4 BWahlG (a.F., nunmehr: § 1 Abs. 2 Satz 2 BWahlG): Nach § 4 BWahlG habe "jeder Wähler [...] zwei Stimmen [...]". Auch finde nach "§ 44 Abs. 1 BWahlG" (gemeint wohl: § 44 Abs. 2 BWahlG) die Wiederholungswahl "nach denselben Vorschriften" statt wie die Hauptwahl. Die dort genannten Ausnahmen lägen nicht vor.
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f) Der Deutsche Bundestag nahm die Beschlussempfehlung am 10. November 2022 mit 374 Ja-Stimmen gegen 252 Nein-Stimmen bei 31 Enthaltungen an (vgl. BT-Plenarprotokoll 20/66 vom 10. November 2022, S. 7672 ). Auch die übrigen 1.712 Wahleinsprüche zum Wahlgeschehen in Berlin wurden auf der Grundlage weiterer Beschlussempfehlungen (vgl. BTDrucks 20/4000, Anlagen 2 bis 17) verbeschieden, deutlich überwiegend als teilweise begründet mit der Folge, dass die Wahl in den aufgeführten Wahlbezirken für ungültig erklärt wurde. In 53 Fällen wurden Einsprüche als unzulässig zurückgewiesen, in 13 Fällen als jedenfalls unbegründet. Beinhalteten Wahleinsprüche auch einen Vortrag zum Wahlgeschehen außerhalb Berlins, wurde nur in Bezug auf das Wahlgeschehen in Berlin entschieden und die Entscheidung im Übrigen einer späteren Befassung vorbehalten.
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3. Am 16. November 2022 erklärte der Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin die Wahlen zum 19. Berliner Abgeordnetenhaus und zu den Bezirksverordnetenversammlungen am 26. September 2021 in Gänze für ungültig (Az. VerfGH 154/21).
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a) Gegenstand des Verfahrens nach § 40 VerfGHG Berlin waren mehrere Einsprüche gegen diese Wahlen. Nach den Feststellungen des Verfassungsgerichtshofs des Landes Berlin wurde der Ablauf der Wahlen zum Abgeordnetenhaus und zu den Bezirksverordnetenversammlungen durch zahlreiche Vorkommnisse beeinträchtigt: So hätten in vielen Wahllokalen nach einigen Stunden Stimmzettel gefehlt und seien auch nicht rechtzeitig nachgeliefert worden. Dies habe zu Unterbrechungen des Wahlvorgangs geführt. In weiten Teilen des Wahlgebiets hätten sich Warteschlangen gebildet. In mehreren Wahllokalen seien den Wahlberechtigten nicht alle Wahlunterlagen ausgehändigt worden, wobei teilweise der Stimmzettel der Erststimme und teilweise der Stimmzettel der Zweitstimme für die Wahl zum Abgeordnetenhaus betroffen gewesen sei. In vielen Wahllokalen sei die Wahlhandlung erst nach 18 Uhr beendet worden, während die Medien bereits ab 18 Uhr über den voraussichtlichen Ausgang der Wahlen berichtet hätten. In den Wahlkreisverbänden Friedrichshain-Kreuzberg und Charlottenburg-Wilmersdorf seien für die Abgabe der Zweitstimme zur Wahl des Abgeordnetenhauses teilweise Stimmzettel ausgegeben worden, die für den jeweils anderen Wahlkreisverband vorgesehen gewesen seien. Zudem seien Stimmzettel für die Wahl zum Abgeordnetenhaus kopiert und die darauf abgegebenen Stimmen als gültig gewertet worden (vgl. VerfGH Berlin, Urteil vom 16. November 2022 - VerfGH 154/21 -, S. 21 f.).
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b) Die Einsprüche gegen die Wahl zum 19. Berliner Abgeordnetenhaus und zu den Bezirksverordnetenversammlungen seien, soweit zulässig, begründet. Bei der Durchführung der Wahlen zum Abgeordnetenhaus von Berlin und zu den Bezirksverordnetenversammlungen seien, verursacht durch eine rechtsfehlerhaft unzureichende Vorbereitung der Wahlen, Vorschriften der Verfassung von Berlin, des Landeswahlgesetzes und der Landeswahlordnung verletzt worden. Einer Vielzahl von Wahlberechtigten sei die vollständige oder wirksame Stimmabgabe unmöglich gewesen. Daneben sei einer unbekannten Zahl von Wahlberechtigten die Abgabe der Stimme durch die zeitweise Unterbrechung der Wahlhandlung während der Wahlzeit sowie durch erhebliche Wartezeiten vor den Wahllokalen unzumutbar erschwert worden. Schließlich habe eine Vielzahl von Wählenden ihre Stimme nicht unbeeinflusst abgeben können. Die Wahlfehler hätten in ihrer Häufigkeit die Verteilung der Sitze beeinflusst. Folge sei die Ungültigkeit der Wahlen im gesamten Wahlgebiet (vgl. VerfGH Berlin, Urteil vom 16. November 2022 - VerfGH 154/21 -, S. 32).
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c) Gegen das Urteil des Verfassungsgerichtshofs des Landes Berlin vom 16. November 2022 wurde eine Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht erhoben und ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt, der darauf gerichtet war, die Wiederholung der Wahlen zum Abgeordnetenhaus und zu den Bezirksverordnetenversammlungen bis zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in der Hauptsache auszusetzen. Diesen Antrag lehnte der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts mit Beschluss vom 25. Januar 2023 (2 BvR 2189/22 - Wiederholungswahl Berlin - eA) ab. Daraufhin wurden am 12. Februar 2023 die Wahlen zum Abgeordnetenhaus von Berlin und zu den Bezirksverordnetenversammlungen in Gänze wiederholt.
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II.
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Die Beschwerdeführerin rügt, dass der Beschluss des Deutschen Bundestages zum einen rechtswidrig sei, weil in den sechs vom Bundeswahlleiter angefochtenen Wahlkreisen die Zweitstimmenwahl nicht im ganzen Wahlkreis für ungültig erklärt worden sei, sondern nur in den im Beschluss näher bezeichneten Wahlbezirken. Zum anderen sei der Beschluss insoweit rechtswidrig, als die Erststimmenwahl in sämtlichen aufgeführten Wahlbezirken und nicht nur in den Wahlkreisen 76 und 77 für ungültig erklärt worden sei.
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1. Die Beschwerdeführerin nimmt den Abschlussbericht der "Expertenkommission Wahlen in Berlin" vom 6. Juli 2022 und das Urteil des Verfassungsgerichtshofs des Landes Berlin vom 16. November 2022 in Bezug. Daraus ergebe sich, dass es im gesamten Wahlgebiet zu erheblichen Wartezeiten gekommen sei. Außerdem werde detailliert dargelegt, dass die Wahlniederschriften systematisch untererfassenden Charakter hätten und das Wahlgeschehen, insbesondere Unterbrechungen und erhebliche Wartezeiten, vielfach nicht oder nicht vollständig dokumentiert worden sei. Die vom Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin festgehaltenen Wahlfehler gingen im Bereich der Unterbrechungen, Wartezeiten und Warteschlangen in ihrem Umfang regelmäßig, teils sogar deutlich über die vom Bundestag in seinem Beschluss festgehaltenen Wahlfehler hinaus. Zudem bestünden Anhaltspunkte dafür, dass der Umfang der unzulässigen Schließungen von Wahllokalen und der unzulässig späten Stimmabgaben über die im Verfahren der Wahlprüfung durch den Bundestag und im Urteil des Verfassungsgerichtshofs des Landes Berlin festgestellten Wahlfehler hinausreiche. Bezüglich der Niederschriften und sonstigen Mitteilungen der Wahlleitung sei ergänzend zu berücksichtigen, dass sie aus der Sphäre der staatlichen Wahlorganisation stammten. Wenn nicht nur die Organisation der Wahlräume und Wahlurnen defizitär sei, sondern die Wahl auch fehlerhaft protokolliert werde, wären die Fehler im Verfahren der Wahlprüfungsbeschwerde deutlich schlechter zu rügen als bei einer Wahl, bei der zumindest die Niederschriften und sonstigen Mitteilungen ordentlich geführt worden seien. Insofern schaffe eine Darlegungslast der Beschwerdeführerin für Sachverhalte aus der Sphäre der staatlichen Wahlorganisation einen Anreiz dafür, schlechte Wahldokumentationen zu erstellen oder auf Anfragen der Landeswahlleitung möglichst keine Auskünfte zu erteilen. Dem sei effektiv und auch präventiv entgegenzuwirken. Es müsse daher genügen, konkrete Tatsachen vorzutragen, aus denen auf das Vorliegen von Wahlfehlern geschlossen werden könne.
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2. Über die vom Bundestag festgestellten Wahlfehler hinaus seien sowohl Wartezeiten (a) als auch die zu späte Zulassung zur Stimmabgabe als Wahlfehler zu qualifizieren (b). Zudem seien Wahlfehler nicht nur in den vom Bundestag bezeichneten Wahlbezirken aufgetreten (c).
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a) Wartezeiten seien jedenfalls dann selbständige Wahlfehler, wenn sie auf einer Auswahl der Wahlräume, die die Wahl nicht möglichst erleichtere, oder auf einer unzureichenden Ausstattung derselben mit Wahlkabinen beruhten. In diesen Fällen sei eine Bewertung als Wahlfehler verfassungsrechtlich vorgegeben: Der Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl erfordere, dass jeder Wahlberechtigte eine vollständige und gültige Stimme abgeben könne. Hierzu müssten die zuständigen Behörden bei der Vorbereitung und Durchführung der Wahl alle erforderlichen Vorkehrungen treffen, damit der Zugang zur Wahl unter zumutbaren Bedingungen garantiert sei. Auch der Grundsatz der Gleichheit der Wahl gebiete, dass alle Wahlberechtigten eine vollständige und gültige Stimme unter zumutbaren Bedingungen abgeben könnten. Diejenigen Wahlberechtigten, bei denen dies nicht der Fall sei, hätten nicht den formal gleichen Einfluss auf das Wahlergebnis wie die übrigen Wahlberechtigten. Würden tatsächliche Hindernisse für die Teilnahme an der Wahl durch die staatliche Organisation und Durchführung der Wahl geschaffen, werde das verfassungsrechtliche Gebot verletzt, die Möglichkeit der Stimmabgabe nicht erheblich zu erschweren. Dass lange Wartezeiten über die dokumentierten Fälle hinaus ein grundsätzliches und flächendeckendes Problem der Bundestagswahl in Berlin gewesen seien, folge bereits aus den Darlegungen im Abschlussbericht der "Expertenkommission Wahlen in Berlin" vom 6. Juli 2022 (S. 33). Aus einer dortigen Simulationsrechnung der Personenströme und Durchlaufzeiten in einem "idealtypischen" Berliner Wahllokal folge, dass die Probleme unzumutbarer Schlangen und Wartezeiten nicht auf die gut 11 % aller Berliner Wahllokale begrenzt werden könnten, in denen gemäß den entsprechenden Aufzeichnungen die Wahlhandlung erst nach 18:30 Uhr beendet worden sei. Die Simulationsergebnisse belegten vielmehr, dass es auch in vielen Wahllokalen mit pünktlicher Schließzeit im Tagesverlauf über mehrere Stunden hinweg zu hohen Wartezeiten (eineinhalb bis zwei Stunden) gekommen sein müsse.
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b) Eine zu späte Zulassung zur Stimmabgabe sei gleichfalls ein Wahlfehler. Die Wahlzeit ende grundsätzlich um 18 Uhr. Eine Ausnahme sehe allein § 60 Satz 2 BWahlO vor. Danach müssten die Wahlberechtigten vor Ablauf der Wahlzeit im Wahllokal erschienen sein und sich um 18 Uhr im Wahlraum oder aus Platzgründen davor befinden. Zwar sei nicht auszuschließen, dass diese Wahlberechtigten bei der Abgabe ihrer Stimme bereits Kenntnis von ersten Prognosen über den Ausgang der Wahl hätten. Diese Auswirkungen würden aber akzeptiert, um dem von § 60 Satz 2 BWahlO erfassten begrenzten Kreis von Wahlberechtigten die Ausübung des Wahlrechts zu ermöglichen. Da § 60 Satz 2 BWahlO nur wenige Wahlberechtigte erfasse, seien die davon ausgehenden Beeinträchtigungen der Wahlrechtsgrundsätze eher gering und könnten im Ergebnis verfassungsrechtlich noch hingenommen werden. Um 18 Uhr in einer zu langen Warteschlange noch wartende Wahlberechtigte befänden sich indes nicht "aus Platzgründen" vor dem Wahlraum, sondern aus Gründen der fehlerhaften Durchführung der Wahl; § 60 Satz 2 BWahlO erfasse diese Wahlberechtigten nicht.
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c) Die festgestellten Wahlfehler beschränkten sich nicht auf die vom Bundestag bezeichneten Wahlbezirke, sondern erstreckten sich jedenfalls in den Wahlkreisen 76 und 77 auf deren gesamten Einzugsbereich. Die Auswertung des Wahlprüfungsausschusses selbst belege, dass die Niederschriften sowie sonstigen Meldungen der Wahlvorstände über die aufgetretenen Wahlfehler keine ausreichende Auskunft gäben und insbesondere aus einem Schweigen der Niederschriften nicht geschlossen werden könne, dass Wahlfehler nicht vorlägen.
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3. Die bei der Bundestagswahl im Land Berlin aufgetretenen Wahlfehler seien mandatsrelevant in Bezug auf das Zweitstimmenergebnis und in den Wahlkreisen 76 und 77 auch in Bezug auf die Erststimme.
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a) Die anders als im Bund insgesamt sinkende Wahlbeteiligung in Berlin sei ein deutlicher Hinweis darauf, dass Wahlfehler in signifikanter Weise zur Nichtabgabe von Stimmen geführt hätten, zumal das Zusammenlegen mehrerer Wahlen und Abstimmungen auf einen Wahltag regelmäßig zu einer höheren Wahlbeteiligung führe. Zudem komme bei der Feststellung der potentiellen Kausalität auch der Schwere der Wahlfehler Relevanz zu. Lasse sich infolge gravierender Wahlfehler nicht ausschließen, dass dadurch die Mandatsverteilung beeinflusst worden sei, könne dies im Wahlprüfungsverfahren nicht ohne Konsequenzen bleiben. Die Anforderungen an die Feststellung einer möglichen Beeinflussung der Sitzverteilung seien desto geringer, je schwerwiegender die Wahlfehler das Demokratieprinzip beeinträchtigten.
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b) Hinsichtlich der möglichen Darlegungs- und Beweismittel zur Mandatsrelevanz bestünden keine besonderen Vorgaben. Demnach sei auch der Beweis des ersten Anscheins grundsätzlich zulässig.
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4. Da die Möglichkeit einer Berichtigung des Wahlergebnisses nicht bestehe, sei eine auf die Zweitstimme beschränkte Wiederholungswahl zumindest in den Wahlkreisen 75, 76, 77, 79, 80 und 83 sowie in den weiteren benannten Wahlbezirken nötig. Die Erststimmenwahl sei in den Wahlkreisen 76 und 77 zu wiederholen.
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a) Die Unterscheidung nach Erst- und Zweitstimmenwahl sei zulässig. Die Regelung des § 44 BWahlG enthalte hierzu keine unmittelbare Aussage. Jede wählende Person habe bei der Bundestagswahl zwei Stimmen. Es könne aber auch nur eine Stimme abgegeben werden. Auch seien Unterschiede bei den Folgen von Wahlfehlern zwischen der Erst- und der Zweitstimme möglich, da sich die Mandatsrelevanz - wie für die vorliegende Konstellation dargelegt - an unterschiedlichen Parametern bemesse. Den Regelungen zur Bundestagswahl könne eine strikte Einheit der Zweistimmenwahl nicht entnommen werden. Soweit dies aus einzelnen Bestimmungen des Bundeswahlgesetzes sowie dem Sinn und Zweck des Wahlsystems der personalisierten Verhältniswahl gefolgert werde, überzeuge dies nicht. Die Durchführung der Wiederholungswahl als Einstimmenwahl enthalte auch keine grundsätzliche Abkehr von der Zweistimmenwahl, da die Ergebnisse aus dem ursprünglichen Wahlgang im Übrigen aufrechterhalten würden. Daher sei im Verlauf der Beratungen des Wahlprüfungsausschusses lange Zeit angenommen worden, dass bei einer Wiederholungswahl zwischen Erst- und Zweitstimmenwahl unterschieden werden könne. Weshalb dies in der vom Bundestag angenommenen Fassung der Beschlussempfehlung gegenteilig gesehen werde, sei nicht nachzuvollziehen. Der Möglichkeit einer Wiederholungswahl als Einstimmenwahl stehe auch nicht entgegen, dass die Wiederholungswähler in Kenntnis der Ergebnisse der Hauptwahl wählten und daher bei ihrer Stimmabgabe diese Ergebnisse möglicherweise so berücksichtigen könnten, dass ihre Stimme eine höhere tatsächliche Erfolgschance haben könne. Dies sei der Wiederholungswahl immanent und gerechtfertigt. Außerdem dehnte eine ausnahmslose Zweistimmenwahl die Fehlerfolgen über das nötige Maß hinaus aus.
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b) Weitere Eingrenzungen unter dem Gesichtspunkt der Beschränkung der Fehlerfolgen auf das geringstmögliche Maß seien nicht angezeigt: Die Wahlfehler beträfen zum einen die materielle Richtigkeit der Wahl und Grundfragen der demokratischen Legitimation des Parlaments. Sie beruhten auf der stark defizitären Wahlorganisation und -vorbereitung und seien nicht lediglich Ordnungs- oder Formalverstöße. Zum anderen sei die Anforderung für die Ungültigerklärung einer gesamten Wahl, dass der Fortbestand der gewählten Volksvertretung als unerträglich erscheinen müsse, im Falle einer begrenzten Wiederholungswahl nicht einschlägig. Auch hätten weder die wählenden noch die gewählten Personen schutzwürdig auf den Bestand der Ergebnisse der Bundestagswahl im Land Berlin vertrauen dürfen, da bereits während des Tages der Bundestagswahl in den Medien ausführlich über die in Berlin aufgetretenen Wahlfehler berichtet worden sei.
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c) Durch den Umfang und die Schwere der Wahlfehler werde die Integrität des Wahlergebnisses so erheblich beschädigt, dass die Wahl in dem benannten Umfang wiederholt werden müsse.
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aa) Um die Vertrauensbasis des demokratischen Staates nicht nachhaltig zu erschüttern, könne es erforderlich sein, die Wahl insgesamt für ungültig zu erklären. Bei einer Wahl, die von umfangreichen und schweren Fehlern geprägt und deren Fehlerhaftigkeit bereits am Wahltag bekannt sei, sei die Schutzwürdigkeit ausnahmsweise auch für die nicht von konkreten Fehlern betroffenen Teile der Wahl herabgesetzt. Hierzu existierten in einzelnen Ländern der Bundesrepublik Deutschland gesetzliche Regelungen, deren Verfassungsmäßigkeit nicht bezweifelt werde. Bei Fehlen einer solchen Regelung ergäben sich die Voraussetzungen dafür, dass eine Wahl für ungültig erklärt und ihre Wiederholung angeordnet werden müsse, unmittelbar aus der Verfassung.
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bb) Vorliegend führten die Wahlfehler allerdings nicht dazu, dass der Wahl in jedem der sechs Wahlkreise insgesamt die Eignung als Grundlage für die Legitimation des Parlaments fehle. Denn aus den Ergebnissen der Erststimmenwahl folge, dass in vier der sechs Wahlkreise zumindest nahezu sicher auszuschließen sei, dass die Wahlfehler Relevanz für das jeweilige Wahlkreismandat hätten. Bei der Zweitstimmenwahl sei dagegen nicht sicher auszuschließen, dass die festgestellten Wahlfehler sich auf das Wahlergebnis ausgewirkt hätten.
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cc) Zu berücksichtigen sei, dass bereits während des Tages der Bundestagswahl in den Medien ausführlich über die in Berlin aufgetretenen Wahlfehler berichtet worden sei. Auch deshalb überwiege bei der Abwägung des Korrektur- mit dem Bestandsinteresse für die Zweitstimmenwahl das Korrekturinteresse in den benannten sechs Wahlkreisen, für die Erststimmenwahl hingegen nur in den Wahlkreisen 76 und 77.
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III.
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Der Deutsche Bundestag, der Bundesrat, die Bundesregierung, das Bundesministerium des Innern und für Heimat, das Bundesministerium der Justiz, die Bundeswahlleiterin, der Landeswahlleiter für Berlin und die im 20. Deutschen Bundestag vertretenen Parteien haben Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten. Umfänglich Stellung genommen hat der Deutsche Bundestag (1.). Die Bundeswahlleiterin, der Landeswahlleiter für Berlin und die Christlich Soziale Union haben weitere Erklärungen abgegeben (2.).
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1. Der Deutsche Bundestag hat beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
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a) Die Wahlprüfungsbeschwerde sei teilweise unzulässig. Die Beschwerdeführerin sei auf die Beweiswürdigung des Deutschen Bundestages nicht eingegangen und habe keine Begründung für die Absenkung der Anforderungen an den Nachweis des Vorliegens von Wahlfehlern gegeben. Auch würden 29 weitere Wahlbezirke durch Hinweis auf das Urteil des Verfassungsgerichtshofs des Landes Berlin in die Ungültigerklärung einbezogen, ohne Wahlfehler zu identifizieren und eigenständig zu begründen.
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b) Die Wahlprüfungsbeschwerde sei auch unbegründet. Sie sei auf die Überprüfung des Beschlusses des Deutschen Bundestages beschränkt (aa). Dieser sei nicht zu beanstanden. Der Deutsche Bundestag habe die Fortsetzung der Wahlhandlung nach 18 Uhr nicht als Wahlfehler einordnen (bb) und weitere zwölf Wahlbezirke nicht als wahlfehlerhaft qualifizieren müssen (cc). Zudem liege keine flächendeckende Betroffenheit von sechs oder weiteren Wahlkreisen mit Wahlfehlern vor (dd). Es sei auch nicht fehlerhaft, die Wiederholungswahl als Zweistimmenwahl (ee) und nur für die betroffenen Wahlbezirke durchzuführen (ff).
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aa) Der Umfang der Prüfung durch das Bundesverfassungsgericht reiche - außerhalb der Überprüfung der gesetzlichen Vorschriften selbst - nicht weiter als derjenige bei der Prüfung durch den Deutschen Bundestag. Bei tatsächlichen Ungewissheiten und beim Erreichen der mit Blick auf die gebotene Beschleunigung sich ergebenden Grenzen der Sachaufklärung könne ein Rechtsfehler nicht allein deshalb festgestellt werden, weil rechtlich oder tatsächlich auch eine abweichende Entscheidung in Betracht komme. Entscheidend sei insoweit, ob eine Entscheidung nicht mehr als vertretbar angesehen werden könne. Dies folge aus dem Umstand, dass dem Gesetzgeber ein weit bemessener Spielraum für die Konkretisierung der verfassungsrechtlichen Wahlgrundsätze zustehe. Es sei nicht ersichtlich, weshalb dem Deutschen Bundestag bei der Entscheidung über Wahleinsprüche ein geringerer Spielraum zustehen solle.
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bb) Die seitens des Deutschen Bundestages vorgenommene Auslegung des § 60 Satz 2 BWahlO sei nicht zu beanstanden: Diese Norm gewährleiste die Wahrnehmung des Wahlrechts durch diejenigen, die rechtzeitig vor Ende der Wahlzeit im Wahllokal erschienen seien. Zu spät erschienene Wahlberechtigte seien von den rechtzeitig erschienenen Personen abzugrenzen und von der Wahl auszuschließen. Dabei bleibe die Behauptung der Beschwerdeführerin, vielen Wahlvorständen sei es nicht möglich gewesen, zwischen rechtzeitig und verspätet erschienenen Personen zu unterscheiden, ohne jeden Beleg. Dass überhaupt in nennenswertem Umfang Wählerinnen und Wähler nach 18 Uhr erschienen seien, werde nur unterstellt. Die Fortsetzung der Wahlhandlung über 18 Uhr hinaus stelle keinen Wahlfehler dar, weil § 32 Abs. 2 BWahlG an der Veröffentlichung von Umfrageergebnissen vor Ende der "Wahlzeit" anknüpfe, nicht an der Wahlhandlung. Dies diene dem Schutz der Allgemeinheit der Wahl, der geeignet sei, eine damit verbundene Beeinträchtigung der Freiheit der Wahl zu rechtfertigen. Das geltende Wahlrecht nehme eine Stimmabgabe unter dem möglichen Einfluss erster Prognosen in Kauf. Damit sei die Abstimmung in der Zeit zwischen 18 Uhr und 18:30 Uhr nicht wahlfehlerhaft. Für spätere Stimmabgaben habe der Bundestag wegen der darin zum Ausdruck kommenden unzureichenden Ausstattung der Wahllokale ohnehin einen Wahlfehler angenommen.
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cc) Für fünf der zwölf genannten Wahlbezirke habe der Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin keine tatsächlichen Feststellungen getroffen, aus denen man auf das Vorliegen von Wahlfehlern bei der Bundestagswahl schließen könne. Aus einer Unterbrechung der Wahlhandlung zum Abgeordnetenhaus wegen fehlender Stimmzettel folge nicht, dass auch die Bundestagswahl unterbrochen worden sei. Ein starker oder sehr starker Andrang lasse den Rückschluss auf lange Wartezeiten nicht zu. Die Feststellungen des Verfassungsgerichtshofs des Landes Berlin seien allein für das dortige Verfahren getroffen worden. Sie ließen keine klaren Rückschlüsse auf das Bundestagswahlgeschehen zu. Auch wenn nach den Feststellungen des Verfassungsgerichtshofs des Landes Berlin weitere Wahlfehler möglich erschienen, mache dies die angegriffene Entscheidung des Bundestages nicht fehlerhaft.
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dd) Zu Unrecht gehe die Beschwerdeführerin davon aus, dass es flächendeckend zu Wahlfehlern gekommen sei. Ein dahingehender Aufklärungsmangel liege nicht vor. Welche weiteren Schritte zur Verbreiterung der Tatsachengrundlage hätten unternommen werden können, sei nicht ersichtlich. Fehler in der Beweiswürdigung des Deutschen Bundestages lägen nicht vor. Zur Anzahl der von der Wahl möglicherweise abgehaltenen Wahlberechtigten insgesamt ließen sich nur Vergleichsbetrachtungen anstellen, die jedoch keine verlässlichen Schlüsse zuließen. Soweit die Beschwerdeführerin aus den festgestellten Wartezeiten und der lückenhaften Dokumentation auf flächendeckende Wartezeiten schließe, liege eine bloße Vermutung vor. Könne ein Wahlfehler aber nicht nachgewiesen werden, bleibe die Wahlprüfungsbeschwerde ohne Erfolg. Die von der Beschwerdeführerin für einen Beweis des ersten Anscheins vorgetragenen Argumente überzeugten nicht. Zudem unterliege die Beweiswürdigung im angegriffenen Beschluss des Deutschen Bundestages nur eingeschränkter gerichtlicher Nachprüfung. Das Wahlprüfungsverfahren diene allein der Korrektur festgestellter, nicht dagegen bloß möglicher Fehler. Vorliegend habe der Bundestag überall dort, wo hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für Wahlfehler vorgelegen hätten, im Ergebnis einen solchen angenommen. Damit genüge seine Entscheidung denverfassungsrechtlichen Vorgaben.
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ee) Die Wahl sei auch in denjenigen Wahlbezirken als Zweistimmenwahl zu wiederholen, in denen die Wahlfehler für das Erststimmenergebnis nicht mandatsrelevant seien. Der Grundsatz der Zweistimmenwahl gelte gemäß § 44 Abs. 2 BWahlG auch für die Wiederholungswahl. Der Bundestag habe bei der Wahlprüfung über die Ungültigkeit der Wahl zu befinden, nicht über die Modalitäten der Wiederholung der Wahl. Zudem habe das Bundesverfassungsgericht bereits festgestellt, dass die Vorschriften des Bundeswahlgesetzes einer Einstimmenwahl entgegenstünden (vgl. BVerfGE 124, 1 14 f.>). Der für die Nachwahl geltende § 43 Abs. 3 BWahlG und § 44 Abs. 2 BWahlG seien wortgleich formuliert und unterschieden nicht zwischen Erst- und Zweitstimme. Die Wahlfehler beträfen alle Stimmen, auch wenn die Mandatsrelevanz nur für die Zweitstimme festgestellt worden sei. Das von der Beschwerdeführerin angeführte Urteil des Verfassungsgerichtshofs des Freistaates Sachsen (SächsVerfGH, LKV 2006, S. 267 ff.), welches - ohne weitere Begründung - davon ausgegangen sei, dass bei Wiederholungswahlen zwischen Erst- und Zweitstimme zu unterscheiden sei, sei vor der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Nachwahl ergangen und habe eine verfassungswidrige Wahlrechtsnorm betroffen. Zudem sei der Vortrag der Beschwerdeführerin widersprüchlich, weil sie unter Bezugnahme auf den Vertrauensverlust der Bürger in demokratische Strukturen einerseits für die Beschränkung auf die Zweitstimme, andererseits für eine flächendeckende Wahlwiederholung in sechs Wahlkreisen streite.
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ff) Auch hinsichtlich der Begrenzung der Wahlwiederholung auf bestimmte Wahlbezirke innerhalb der Wahlkreise sei der Beschluss des Deutschen Bundestages nicht zu beanstanden. Leitgedanke des Wahlfehlerfolgenrechts sei die Folgenbegrenzung. Es gelte das Gebot des geringstmöglichen Eingriffs, sodass es geboten sei, die Ungültigkeit der Wahl auf den von Wahlfehlern betroffenen Teil zu beschränken. Die Wahlprüfungsentscheidung dürfe nur so weit gehen, wie es die Korrektur des festgestellten Wahlfehlers verlange, und die Wahl dürfe nur dort wiederholt werden, wo sich der Wahlfehler ausgewirkt habe. Dies gelte auch in räumlicher Hinsicht. Daher komme die Ungültigkeit einer Wahl nur in Betracht, wenn ein Wahlfehler sich flächendeckend wahlrelevant ausgewirkt habe. Ein solcher Fall liege hier nicht vor.
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Für eine Fehlerfolgenerstreckung sei kein Raum. Das Wahlprüfungsverfahren habe nicht die Funktion, Mängel bei der Vorbereitung und Durchführung der Wahl zu sanktionieren. Wenn gut 85 % der Wahlbezirke nicht von Wahlfehlern betroffen seien, lasse sich die Anordnung einer Wahlwiederholung im gesamten Wahlgebiet nicht begründen. Lediglich im Wahlkreis 76 seien mehr als die Hälfte der Wahlbezirke von Wahlfehlern betroffen. Zudem überwögen die Nachteile einer beschränkten Wiederholung nicht den Bestandsschutz des ohne Wahlfehler konstituierten Parlaments - auch das Problem des gespaltenen Wahlakts als solches habe nicht zur Folge, dass der Bestandsschutz des rechtmäßig gewählten Parlaments zurücktreten müsse.
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c) Der Deutsche Bundestag hat den Beitritt zum vorliegenden Verfahren erklärt (vgl. BT-Plenarprotokoll 20/91 vom 16. März 2023, S. 10899 ; BTDrucks 20/6013 vom 15. März 2023, S. 1). Mit Beschluss vom 5. Juli 2023 hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass der Beitritt unzulässig ist. Zugleich hat es den Antrag auf Ablehnung des Richters Müller für gegenstandslos erklärt (vgl. Beschluss des Zweiten Senats vom 5. Juli 2023 - 2 BvC 4/23 -).
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2. Die Bundeswahlleiterin hat mitgeteilt, dass eine weitere Stellungnahme aus ihrer Sicht nicht angezeigt sei. Die Christlich-Soziale Union hat erklärt, sich der Wahlprüfungsbeschwerde der Beschwerdeführerin "anzuschließen". Der Landeswahlleiter für Berlin hat auf eine weitere inhaltliche Stellungnahme verzichtet und die Beiziehung der Verfahrensakten des Verfassungsgerichtshofs des Landes Berlin angeregt.
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IV.
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Die Beschwerdeführerin hat auf die Stellungnahme des Deutschen Bundestages erwidert. Sie betont die Eigenständigkeit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im Wahlprüfungsverfahren und wendet sich gegen Einschränkungen der Kontrolldichte (1.). Zudem bekräftigt sie ihre Position zur Darlegungs- und Beweislast (2.) und hält daran fest, dass die Fortsetzung der Wahlhandlung nach 18 Uhr ein Wahlfehler sei (3.) und weitere Wahlbezirke als wahlfehlerhaft angesehen werden müssten (4.). Weiter sei zwischen Erst- und Zweitstimmenwahl zu unterscheiden (5.).
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1. Die bundesverfassungsgerichtliche Prüfung erstrecke sich auf alle hinreichend substantiierten Wahlfehler (a) und finde als Vollkontrolle statt (b).
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a) Wahlfehler hätten von der Beschwerdeführerin selbst im Wahleinspruchsverfahren nicht thematisiert werden können, weil sie nicht einspruchsberechtigt gewesen sei. Dies sei für den Prüfungsumfang des Bundesverfassungsgerichts ohne Belang. Das Urteil des Verfassungsgerichtshofs des Landes Berlin sei zu beachten, da die Bundestagswahl durch den äußeren Ablauf mit den Wahlen zum Abgeordnetenhaus und zu den Bezirksverordnetenversammlungen verbunden gewesen sei. Außerdem habe die Beschwerdeführerin weder einen neuen Sachverhalt eingeführt, noch seien von ihr Rügen erstmals erhoben worden.
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Dem Bundesverfassungsgericht komme im Verfahren der Wahlprüfungsbeschwerde grundsätzlich eine umfassende Untersuchungskompetenz zu. Es sei nicht auf die Kontrolle von Rechtsfehlern des Beschlusses des Deutschen Bundestages beschränkt. Die Wahlprüfung solle die gesetzmäßige Zusammensetzung des Bundestages gewährleisten. Das Gericht prüfe daher nicht lediglich die rechtliche Vertretbarkeit der Entscheidung über den Wahleinspruch.
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Zulässiger Gegenstand der Wahlprüfungsbeschwerde sei zwar allein der Beschluss des Bundestages. Dies beschränke aber nicht den Umfang und die Intensität der Überprüfung durch das Bundesverfassungsgericht. Der Untersuchungsgrundsatz nach § 26 Abs. 1 BVerfGG gelte auch in diesem Verfahren und könne nur durch eine spezifische gesetzliche Regelung eingeschränkt werden, die hier (anders als bei § 5 Abs. 3 Satz 2 WahlPrüfG) jedoch fehle. Eine Anlehnung an revisionsrechtliche Regelungen komme nicht in Betracht. Nur wenn die Prüfungs- und Ermittlungskompetenz des Bundestages durch besondere gesetzliche Regelungen eingeschränkt sei, sei auch das Bundesverfassungsgericht daran gebunden, damit diese Einschränkung nicht ausgehebelt werden könne.
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b) Die Kontrolldichte der Prüfung durch das Bundesverfassungsgericht sei nicht reduziert, gerade weil die gesetzmäßige Zusammensetzung des Deutschen Bundestages zu gewährleisten sei. Tatsächliche Unsicherheiten seien soweit wie möglich aufzuklären und bei Unaufklärbarkeit nach den einschlägigen Regelungen zuzurechnen. Der Bundestag habe seine Entscheidung nicht als politisch gestaltender Wahlrechtsgesetzgeber getroffen, sondern in Wahrnehmung seiner Wahlprüfungsfunktion. Es sei nicht ersichtlich, weshalb insoweit die Beachtung der verfassungsrechtlichen Grenzen nicht umfassend gerichtlich kontrolliert werden solle. Auch der Umstand, dass der Bundestag bei der Wahlprüfung in eigener Sache entscheide, spreche gegen eine Beschränkung der Kontrolldichte.
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2. Der Beweis des ersten Anscheins sei ein vollwertiger und in den Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht zulässiger Beweis. Soweit ein Vorgang allgemein nach einem durch Regelmäßigkeit, Üblichkeit und Häufigkeit geprägten Muster abzulaufen pflege, dürfe das Gericht auch im Einzelfall von diesem Vorgang ausgehen, sofern keine die Grundlage dieses Rückschlusses erschütternden Anhaltspunkte vorlägen.
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Übermäßige Darlegungs- und Beweisanforderungen verkennten Ziel und Zweck des Verfahrens der Wahlprüfungsbeschwerde. Die Fehler der unzulässigen Schließung von Wahllokalen, der zu langen Wartezeiten und der zu späten Stimmabgaben seien solche, bei denen die Schwierigkeit der Darlegung im tatsächlichen Bereich ganz erheblich über das Maß an Schwierigkeiten hinausgehe, das bislang Gegenstand der Rechtsprechung gewesen sei. Die Nachweismöglichkeit dieser Wahlfehler aufgrund der Niederschriften sei erheblich beeinträchtigt; insbesondere seien Wartezeiten nicht oder unzureichend dokumentiert. Gerade solche Nachweisprobleme könnten nicht einseitig zulasten der Beschwerdeführerin gewertet werden. Sie habe daher mit ihrem Vorbringen die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich des Vorliegens der behaupteten Wahlfehler erfüllt.
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3. § 60 Satz 2 BWahlO rechtfertige keine pauschale und generelle Wahlzeitverlängerung im Falle massiver organisatorischer Mängel bei der Vorbereitung und Durchführung der Wahl. Die im Jahr 2020 eingeführte Formulierung "aus Platzgründen davor" habe eine begrenzende Funktion. Die pauschale Zeitgrenze 18:30 Uhr überzeuge nicht; sie verfehle Wortlaut, Entstehungsgeschichte, Kontext und Systematik der Regelung sowie das hinter ihr stehende verfassungsrechtliche Spannungsverhältnis.
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4. Vom Vorliegen weiterer Wahlfehler sei auszugehen.
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a) Die Feststellungen des Verfassungsgerichtshofs des Landes Berlin seien geeignet, weitere bei der Bundestagswahl aufgetretene Wahlfehler nachzuweisen. Es handele sich zu einem erheblichen Teil um solche Fehler, die jeweils einheitliche äußere Wahlabläufe beträfen (verspätete Öffnung, Unterbrechung, Wartezeiten, verspätete Stimmabgabe). Dem Rückgriff auf dieses Urteil stehe auch nicht der Umstand entgegen, dass es erst nach dem Beschluss des Deutschen Bundestages verkündet worden sei. Der Deutsche Bundestag sei verpflichtet gewesen, sich die verfügbaren und vom Verfassungsgerichtshof eingeholten Informationen selbst zu beschaffen. Zudem habe die mündliche Verhandlung vor dem Verfassungsgerichtshof schon am 28. September 2022 stattgefunden.
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b) Einzuräumen sei, dass mehrere von der Beschwerdeführerin als fehlerbehaftet bezeichnete Wahlbezirke vom Bundestagsbeschluss bereits erfasst seien und insoweit aufgrund der Zuordnung zu einem falschen Wahlkreis eine Abweichung unzutreffend behauptet worden sei. Dies betreffe namentlich den Wahlbezirk 76 03 312 und die Wahlbezirke, die bei der Bundestagswahl - anders als bei der Abgeordnetenhauswahl - dem Wahlkreis 83 und nicht dem Wahlkreis 76 zugeordnet gewesen seien.
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c) Die Beschwerdeführerin benennt sodann die Fälle, in denen der Deutsche Bundestag ihrer Auffassung nach zu Unrecht keine Wahlfehler festgestellt oder den Sachverhalt nicht weiter aufgeklärt habe. Es handele sich um die Wahlbezirke 75 01 314, 76 03 303, 76 03 314, 76 03 323, 76 03 406, 76 03 413, 76 03 618, 76 03 700, 76 03 703, 77 12 113, 83 03 706, 83 03 802, 83 03 804, 83 03 805, 83 03 916, 83 03 922 und 83 03 926, für deren Beurteilung sich die Beschwerdeführerin im Wesentlichen auf das Urteil des Verfassungsgerichtshofs des Landes Berlin vom 16. November 2022 stützt.
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d) Über die Feststellungen des Deutschen Bundestages und des Verfassungsgerichtshofs des Landes Berlin hinaus lägen Hinweise auf weitere Wahlfehler vor. Zumindest in den sechs Wahlkreisen 75, 76, 77, 79, 80 und 83 seien flächendeckend mandatsrelevante Wahlfehler bei der Zweitstimmenwahl sowie in den Wahlkreisen 76 und 77 flächendeckend auch bei der Erststimmenwahl verwirklicht. Das Bundesverfassungsgericht sei hier nicht durch eine vermeintliche Einschätzungsprärogative des Deutschen Bundestages beschränkt. Es sei plausibel, aus Wahlhandlungen nach 18:30 Uhr abzuleiten, dass es auch schon im Tagesverlauf Wartezeiten gegeben habe. Dies schließe jedoch nicht aus, dass es auch ohne ein verspätetes Ende der Wahlhandlung im Tagesverlauf zu Wartezeiten gekommen sei. Aus der fehlenden Dokumentation dürfe nicht gefolgert werden, dass diese nicht vorgelegen hätten.
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5. Die Unterscheidung zwischen Erst- und Zweitstimmenwahl sei zulässig. Aus § 44 Abs. 2 BWahlG folge nichts anderes, auch wenn dieser auf die Vorschriften der Hauptwahl verweise. § 44 Abs. 1 BWahlG sei nicht nur räumlich zu verstehen. Das Bundeswahlgesetz eröffne daher die Möglichkeit einer gespaltenen Wiederholungswahl. Dass die Zweitstimmenwahl in den Wahlkreisen 75, 76, 77, 79, 80 und 83 vollständig zu wiederholen sei, ergebe sich aus den zahlreichen und schweren Wahlfehlern, welche die Legitimationsfunktion der Wahl erheblich beschädigt hätten. Das Vertrauen in die Wahl könne nur durch deren Wiederholung in diesen Wahlkreisen wiederhergestellt werden. Die Schutzwürdigkeit der Bestandsinteressen sei demgegenüber herabgesetzt. Auch die Integrationsfunktion der Wahl sei vorliegend erheblich beeinträchtigt.
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Das Wahlfehlerfolgenrecht werde nicht umfassend vom Gedanken der Fehlerfolgenbegrenzung bestimmt. Die Grundlage für einen eigenständigen Bestandsschutz entfalle, wenn die Wahl nach Umfang und Schwere ganz erheblich von Fehlern betroffen sei. Die Bildung eines Durchschnittswerts fehlerhafter Wahlbezirke in ganz Berlin verdecke eine "deutlich überproportionale Fehlerballung" in den benannten sechs Wahlkreisen 75, 76, 77, 79, 80 und 83. Dem müsse durch die komplette Wiederholung der Abgabe der Zweitstimme in diesen Wahlkreisen Rechnung getragen werden.
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V.
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Der Senat hat die Verfahrensakten des Verfassungsgerichtshofs des Landes Berlin in dem Verfahren über die Gültigkeit der Wahlen zum 19. Berliner Abgeordnetenhaus und zu den Bezirksverordnetenversammlungen (VerfGH Berlin, Urteil vom 16. November 2022 - VerfGH 154/21 -) beigezogen. Den Verfahrensakten beigefügt sind die Niederschriften von 2.251 Urnenwahlbezirken; die Niederschriften der fünf übrigen Urnenwahlbezirke hat die Landeswahlleitung zur Verfügung gestellt. Der Senat hat die Niederschriften ausgewertet und auf dieser Grundlage die Landeswahlleitung um Aufklärung über das Wahlgeschehen in 35 näher benannten Urnenwahlbezirken gebeten. Die Landeswahlleitung hat vor der mündlichen Verhandlung schriftlich Stellung genommen und hierbei auch mitgeteilt, mit welchen weiteren Urnenwahlbezirken die Prüffälle über einen Briefwahlbezirk verbunden waren.
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VI.
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In der mündlichen Verhandlung am 18. Juli 2023 haben die Beschwerdeführerin und der Deutsche Bundestag ihr Vorbringen vertieft und ergänzt. Als sachkundige Auskunftspersonen sind die Bundeswahlleiterin, der Landeswahlleiter für das Land Berlin sowie der stellvertretende Landeswahlleiter gehört worden.
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VII.
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1. Im Nachgang zur mündlichen Verhandlung ist der Deutsche Bundestag um Stellungnahme zu dem Wahlgeschehen in drei Urnenwahlbezirken (75 01 118, 75 01 317, 75 01 722) gebeten worden. Die Wahl in diesen Bezirken hatte er auf der Grundlage von unbezifferten Wartezeiten oder Wartezeiten von unter 60 Minuten für ungültig erklärt, ohne dass die Wahlhandlung unterbrochen oder erst nach 18:30 Uhr beendet worden sei. Der Deutsche Bundestag hat daraufhin weitere Wahlbezirke benannt, in denen Wartezeiten von bis zu einer Stunde aufgetreten seien und dies vom Wahlprüfungsausschuss als Folge unzureichender Ausstattung der Wahllokale mit Wahlkabinen gewertet worden sei. Zugleich hat er ausgeführt, der Wahlprüfungsausschuss habe sich nicht an einer zeitlichen Grenze orientiert, sondern auch Wahlbezirke ohne bezifferte Wartezeit als wahlfehlerhaft berücksichtigt. Zudem hat er zu den 35 vom Senat benannten weiteren Urnenwahlbezirken Stellung genommen und in 17 Fällen Wahlfehler eingeräumt.
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2. Ebenfalls im Nachgang zur mündlichen Verhandlung ist der Landeswahlleiter um Prüfung gebeten worden, ob der Beschluss des Deutschen Bundestages vom 10. November 2022 in tatsächlicher Hinsicht umgesetzt werden kann. Mit Schreiben vom 8. September 2023 und vom 19. September 2023 hat der Landeswahlleiter hierzu sowie zur Auszählung von Briefwahlstimmen (s.o. Rn. 8 f.) ausgeführt. Insbesondere hat er dargelegt, dass im Wahlkreis 81 Wahlbriefe mit dem Ziel gleichmäßiger Arbeitsbelastung und beschleunigter Feststellung des Wahlergebnisses umverteilt worden seien. Aus den im Beschluss des Deutschen Bundestages für ungültig erklärten Briefwahlbezirken seien insgesamt 1.080 Wahlbriefe auf andere Briefwahlbezirke umverteilt worden. Außerdem seien erst am Wahltag bei den Bezirkswahlämtern eingegangene Wahlbriefe nicht an die zuständigen, sondern an ortsnähere - insgesamt 31 - Briefwahlbezirke verteilt worden. Die Zahl der verteilten Wahlbriefe belaufe sich bei 30 dieser Bezirke auf insgesamt 1.795.
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3. Zu diesem Schreiben haben die Beschwerdeführerin und der Deutsche Bundestag Stellung genommen. Letzterer macht geltend, dass sich die Ausführungen des Landeswahlleiters nicht auf die tatsächliche Durchführbarkeit des Beschlusses vom 10. November 2022 bezögen, sondern auf den Umfang der Wiederholungswahl unter Berücksichtigung weiterer Mängel, die nicht Gegenstand des Wahlprüfungsverfahrens gewesen seien. Der Beschluss des Deutschen Bundestages entfalte aber insoweit Sperrwirkung.
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Die Beschwerdeführerin trägt vor, aufgrund der Umverteilung der Wahlbriefe sei eine Erstreckung der Wiederholungswahl auf die betroffenen Wahlbezirke geboten, da die Gleichheit der Wahl erfordere, im Rahmen des Möglichen doppelte Stimmabgaben oder die Nichtzählung einer Stimme zu vermeiden.
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B.
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Gemäß § 48 Abs. 2 BVerfGG ist von einer Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung abgesehen worden. Soweit der Landeswahlleiter des Landes Berlin mit seinem Schreiben vom 8. September 2023 seinen Sachvortrag erweitert hat, ist der Beschwerdeführerin und dem Deutschen Bundestag rechtliches Gehör gewährt worden. Dass die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung zu einer weiteren Förderung des Verfahrens führen könnte, stand nicht zu erwarten.
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C.
- 101
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Die gemäß Art. 41 Abs. 2 GG, § 48 BVerfGG zulässige Wahlprüfungsbeschwerde ist teilweise begründet.
- 102
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Dem Bundesverfassungsgericht obliegt es, im Rahmen der Wahlprüfungsbeschwerde den angegriffenen Beschluss des Deutschen Bundestages in formeller und materieller Hinsicht zu überprüfen (I.). Diese Überprüfung ergibt, dass der Wahlprüfungsausschuss seinen Amtsermittlungspflichten nicht in vollem Umfang nachgekommen ist (II.). Die materielle Prüfung führt dazu, dass einerseits die Bundestagswahl in weiteren 25 Wahlbezirken des Landes Berlin für ungültig zu erklären und andererseits die Ungültigerklärung der Wahl in zehn Wahlbezirken im angegriffenen Beschluss des Deutschen Bundestages aufzuheben ist (III.). Darüber hinaus führen die erst im Wahlprüfungsbeschwerdeverfahren bekanntgewordenen Besonderheiten der Auszählung von Briefwahlstimmen zur Ungültigerklärung der Bundestagswahl in weiteren sechs Briefwahlbezirken und den sechs Urnenwahlbezirken, die mit diesen Briefwahlbezirken verknüpft sind (IV.).
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I.
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Die Wahlprüfung dient der Feststellung der ordnungsgemäßen Zusammensetzung des Parlaments und dem Schutz des subjektiven Wahlrechts der Bürgerinnen und Bürger (1.). Sie ist zunächst Sache des Deutschen Bundestages (2.). Das Bundesverfassungsgericht überprüft im Wahlprüfungsbeschwerdeverfahren dessen Entscheidung grundsätzlich in vollem Umfang unter Berücksichtigung der dem Wahlprüfungsausschuss eingeräumten Entscheidungsspielräume (3.).
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1. Bei der Wahlprüfung steht der Schutz des objektiven Wahlrechts im Vordergrund (vgl. BVerfGE 1, 430 433>; 40, 11 32>; 48, 271 280>; 66, 369 378>). Das Wahlprüfungsverfahren soll die richtige Zusammensetzung des Parlaments gewährleisten (vgl. BVerfGE 1, 430 433>; 37, 84 89>; 85, 148 159>; 122, 304 305 f.>) und dient zugleich der Feststellung der Verletzung subjektiver Rechte bei der Vorbereitung und Durchführung der Wahl (§ 1 Abs. 1 WahlPrüfG, § 48 Abs. 1 BVerfGG). Dies setzt die Prüfung der Einhaltung der Wahlgrundsätze des Grundgesetzes und der einfachrechtlichen Vorschriften des Wahlrechts auf der Grundlage des Einspruchsvorbringens voraus.
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Der Umfang der Wahlprüfung ist dadurch begründet, dass die Abgeordneten im demokratisch verfassten Staat des Grundgesetzes ihre Legitimation nur aus der Wahl beziehen können (vgl. BVerfGE 97, 317 323>; 122, 304 307>). Die Ausübung des Wahlrechts stellt sich als essentielle Teilhabe des Volkes an der Staatsgewalt dar (vgl. BVerfGE 8, 104 115>; 83, 60 71>; 122, 304 307>). Die Wahl zum Deutschen Bundestag ist ein für die Willensbildung im demokratischen Staat des Grundgesetzes unverzichtbarer Akt. In der repräsentativen Demokratie müssen Wahlen periodisch wiederkehrend stattfinden, um dem Volk, von dem gemäß Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG alle Staatsgewalt ausgeht, die Möglichkeit zu geben, die Ausübung staatlicher Gewalt zu legitimieren (vgl. BVerfGE 41, 399 414>). Erforderlich ist regelmäßig eine ununterbrochene Legitimationskette vom Volk zu den mit staatlichen Aufgaben betrauten Organen und Amtswaltern (vgl. BVerfGE 47, 253 275>; 52, 95 130>; 77, 1 40>; 93, 37 66>; 107, 59 87>). Dabei stellt sich die Wahl als der zentrale Legitimationsakt dar. Die Wahlprüfung dient dazu, die Beachtung des Rechts auf Teilhabe an diesem Organisationsakt und die Ordnungsgemäßheit der Zusammensetzung des daraus hervorgegangenen Parlaments zu kontrollieren.
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2. Die Wahlprüfung ist zunächst Sache des Deutschen Bundestages (Art. 41 Abs. 1 GG). Dieser hat das Vorliegen des behaupteten Wahlfehlers, ausgehend von einem hinreichend substantiierten Sachvortrag und beschränkt auf den Einspruchsgegenstand, von Amts wegen zu ermitteln (vgl. BVerfGE 40, 11 30>; 66, 369 378 f.>; 146, 327 364 f. Rn. 92>; 160, 129 141 f. Rn. 46> - Wahlprüfungsbeschwerde 19/VIII - Ermittlungspflichten Wahlprüfungsausschuss).
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Dabei hängt der Umfang der Ermittlungspflicht wesentlich von der Art des beanstandeten Wahlergebnisses sowie dem konkret gerügten Wahlmangel ab (vgl. BVerfGE 85, 148 160>; 146, 327 365 Rn. 92>; 160, 129 142 Rn. 46>). Besteht die Möglichkeit, dass sich der behauptete Wahlfehler auf die Zusammensetzung des Parlaments ausgewirkt hat, liegt mit Blick auf die Legitimationsfunktion der Wahl grundsätzlich ein Interesse an einer vollumfänglichen Sachaufklärung vor. Ist hingegen eine Relevanz des geltend gemachten Wahlfehlers für die Mandatszuteilung ausgeschlossen, kann dies im Interesse der zügigen Feststellung der ordnungsgemäßen Zusammensetzung des Deutschen Bundestages dazu führen, dass die Pflicht zur Ermittlung des dem Wahleinspruch zugrundeliegenden Sachverhalts beschränkt ist (vgl. BVerfGE 85, 148 160>).
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Einfachrechtlich trägt dem § 5 Abs. 3 WahlPrüfG Rechnung, gegen den keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen (vgl. BVerfGE 160, 129 145 ff. Rn. 56 ff.>). Danach ist der Wahlprüfungsausschuss im Rahmen der Vorprüfung berechtigt, Auskünfte einzuholen sowie Zeugen und Sachverständige vernehmen und beeidigen zu lassen, soweit deren Anwesenheit im - gegebenenfalls nach § 6 Abs. 1 WahlPrüfG anzuberaumenden - Verhandlungstermin nicht erforderlich ist oder nicht zweckmäßig erscheint (§ 5 Abs. 3 Satz 1 WahlPrüfG). Zur Prüfung der Feststellung, dass bei der Vorbereitung oder Durchführung der Wahl Rechte einer einsprechenden Person oder einer Gruppe einsprechender Personen verletzt wurden, führt der Wahlprüfungsausschuss Ermittlungen, die über die Einholung von Auskünften hinausgehen, in der Regel nur dann durch, wenn eine Auswirkung der Rechtsverletzung auf die Verteilung der Sitze im Bundestag nicht auszuschließen ist (§ 5 Abs. 3 Satz 2 WahlPrüfG). Eine darüberhinausgehende Verpflichtung, weitere Ermittlungen anzustellen, ist nur anzunehmen, wenn jede andere Entscheidung des Wahlprüfungsausschusses mit Blick auf die Bedeutung des Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG sowie das Gebot effektiven Rechtsschutzes im Wahlprüfungsverfahren offensichtlich fehlerhaft wäre (vgl. BVerfGE 160, 129 157 Rn. 92>).
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3. a) Gegen die Entscheidung des Bundestages ist die Beschwerde an das Bundesverfassungsgericht zulässig (Art. 41 Abs. 2 GG, § 48 BVerfGG). Dieses überprüft den angegriffenen Beschluss des Deutschen Bundestages in formeller und materieller Hinsicht (vgl. BVerfGE 89, 243 249>; 121, 266 289>). Zudem hat das Gericht, insoweit über den Prüfungsumfang der Wahlprüfungsentscheidung des Deutschen Bundestages hinausgehend (vgl. BVerfGE 160, 129 145 Rn. 47>), die Verfassungsmäßigkeit der anzuwendenden Vorschriften zu prüfen, sofern es auf diese ankommt (vgl. BVerfGE 16, 130 135 f.>; 146, 327 348 Rn. 55>). Das Bundesverfassungsgericht unterzieht die Wahlprüfungsentscheidung des Deutschen Bundestages grundsätzlich einer umfassenden rechtlichen Kontrolle. Es ist nicht auf eine Vertretbarkeitskontrolle beschränkt, hat aber die Entscheidungsspielräume zu beachten, die das einfache Recht dem Deutschen Bundestag einräumt.
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Für eine grundsätzlich umfassende Prüfung spricht nicht zuletzt der Gesichtspunkt der "Entscheidung in eigener Sache". Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Rechtsprechung regelmäßig darauf hingewiesen, dass in Fällen, in denen die parlamentarische Mehrheit gewissermaßen in eigener Sache tätig wird, die Gefahr besteht, dass sie sich nicht von gemeinwohlbezogenen Erwägungen, sondern dem Ziel des eigenen Machterhalts leiten lässt, und daraus die Notwendigkeit einer strikten verfassungsgerichtlichen Kontrolle abgeleitet (vgl. BVerfGE 120, 82 105>; 129, 300 322 f.>; 130, 212 229>; 135, 259 289 Rn. 57>). Auch die Wahlprüfungsentscheidung des Deutschen Bundestages stellt eine solche Entscheidung in eigener Sache dar, da sie den Fortbestand des Parlaments beziehungsweise des Mandats einzelner Abgeordneter betrifft.
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b) Demgemäß ist im Wahlprüfungsbeschwerdeverfahren auch ein Tätigwerden des Bundesverfassungsgerichts als Tatsacheninstanz nicht von vornherein ausgeschlossen. Mit Blick darauf, dass das verfassungsgerichtliche Verfahren in weiten Teilen als ein Kontrollverfahren ausgestaltet ist, welches einer tatsachenfeststellenden Vorinstanz nachfolgt, wird der Umfang der Tatsachenkontrolle durch das Bundesverfassungsgericht allerdings durch die Ausgestaltung und den Umfang des primären Tatsachenfeststellungsverfahrens beeinflusst. § 26 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG normiert darüber hinaus eine eigenständige Untersuchungskompetenz des Bundesverfassungsgerichts, die die Tatsachenfeststellung durch den Deutschen Bundestag im Wahleinspruchsverfahren ergänzt (vgl. BVerfGE 160, 129 162 Rn. 106>).
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aa) Für das Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht wird durch § 26 Abs. 1 BVerfGG die Geltung des Amtsermittlungsgrundsatzes angeordnet (vgl. BVerfGE 107, 339 388 f.> unter Verweis auf BVerfGE 93, 248 256 f.>). Danach ist das Gericht nicht darauf beschränkt, die Beweise zu erheben, die ihm von den Beteiligten angetragen worden sind. Vielmehr hat es von Amts wegen für die notwendige Aufklärung des Sachverhalts zu sorgen (vgl. BVerfGE 107, 339 388>; Lenz/Hansel, BVerfGG, 3. Aufl. 2020, § 26 Rn. 1). Förmliche Beweisanträge der Verfahrensbeteiligten sind lediglich als Beweisanregungen anzusehen (vgl. Zöbeley/Dollinger, in: Umbach/Clemens/Dollinger, BVerfGG, 2. Aufl. 2005, § 26 Rn. 5; so allgemein auch, aber wohl a.A. für Verfahren nach § 28 Abs. 1 BVerfGG Lechner/Zuck, BVerfGG, 8. Aufl. 2019, § 26 Rn. 5 Fn. 11; allgemein a.A. wohl Lenz/Hansel, BVerfGG, 3. Aufl. 2020, § 26 Rn. 10). Demgemäß hat das Gericht selbständig die Beweise zu bestimmen und die Ermittlungen anzustellen, die zur Klärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts erforderlich sind (vgl. F. Klein, in: Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, BVerfGG, § 26 Rn. 9 <Jan. 1987>). Es ist nicht auf die Ermittlung der von den Beteiligten vorgetragenen Umstände beschränkt, sondern hat umfassend die dem Rechtsstreit zugrundeliegenden Tatsachen zu erforschen (vgl. BVerfGE 1, 299 316>; 107, 339 388 f.> <nicht entscheidungstragende Mehrheit>).
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bb) Aus dem Untersuchungsgrundsatz folgt, dass für eine Beweislastentscheidung zulasten derjenigen, die eine Wahl durchgeführt haben, kein Raum ist. Wenn nach Ausschöpfung aller Möglichkeiten entscheidungserhebliche Tatsachen nicht zweifelsfrei festgestellt werden können, sodass sich nicht aufklären lässt, ob ein Wahlfehler vorliegt, bleibt die Wahlprüfungsbeschwerde ohne Erfolg (vgl. BVerfGE 146, 327 365 Rn. 92>; 160, 129 141 f. Rn. 46>).
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cc) Die dem Deutschen Bundestag im Wahleinspruchsverfahren eingeräumten Möglichkeiten, entsprechend seiner Einschätzung die Aufklärung zu beschränken, sind durch das Bundesverfassungsgericht zu beachten. Insoweit erfährt der Untersuchungsauftrag gemäß § 26 Abs. 1 BVerfGG durch § 5 Abs. 3 Satz 2 WahlPrüfG eine Einschränkung (vgl. BVerfGE 160, 129 163 f. Rn. 109>). Gegenstand der Wahlprüfungsbeschwerde gemäß Art. 41 Abs. 2 GG, § 48 Abs. 1 BVerfGG ist allein die Entscheidung des Deutschen Bundestages über den Wahleinspruch; entsprechend wird der Gegenstand der Wahlprüfung durch das Einspruchsverfahren vor dem Deutschen Bundestag bestimmt (vgl. BVerfGE 66, 369 378 f.> m.w.N.). Hat der Deutsche Bundestag verfahrensfehlerfrei von weiteren Ermittlungen gemäß § 5 Abs. 3 Satz 2 WahlPrüfG abgesehen, besteht für das Bundesverfassungsgericht weder die Veranlassung noch die Befugnis, weitergehende Ermittlungen anzustellen. Daher ist das Bundesverfassungsgericht Tatsacheninstanz zunächst nur für die Geschehensabläufe im Verfahren des Wahlprüfungsausschusses und des Deutschen Bundestages, nicht auch für die Geschehensabläufe, die Gegenstand der Prüfung durch den Wahlprüfungsausschuss waren. Nur wenn sich die Beweiserhebung des Deutschen Bundestages selbst als lückenhaft oder in sonstiger Weise unzureichend erweist, kann das Bundesverfassungsgericht als letzte Instanz des Wahlprüfungsverfahrens (vgl. BVerfGE 16, 130 135 f.>) auch insoweit tätig werden.
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dd) Soweit der Deutsche Bundestag demgegenüber geltend macht, in Fällen tatsächlicher Ungewissheit oder bei rechtlich schwierigen und ungeklärten Fragen sei Voraussetzung der Feststellung eines Rechtsfehlers, dass in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht die angegriffene Wahlprüfungsentscheidung als nicht mehr vertretbar angesehen werden könne, ist dem nicht zu folgen. Wenn zur Begründung vorgebracht wird, die Verringerung der Kontrolldichte im Wahlprüfungsverfahren folge aus dem weiten Spielraum des Gesetzgebers bei der Konkretisierung der Wahlrechtsgrundsätze, ist dies nicht nachvollziehbar. Die dem Deutschen Bundestag gemäß Art. 41 Abs. 1 GG zugewiesene Aufgabe der Wahlprüfung ist von dem gesetzgeberischen Gestaltungsauftrag gemäß Art. 38 Abs. 3 GG zu unterscheiden. Gegenstand des Wahlprüfungsverfahrens ist die Frage, ob das geltende Wahlrecht eingehalten worden ist. Der Deutsche Bundestag unterliegt bei der Wahrnehmung seiner Aufgabe vollumfänglicher verfassungsgerichtlicher Kontrolle. Dass der Gesetzgeber die Möglichkeit hat, das geltende Wahlrecht im Rahmen des Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG zu ändern, ist dabei ohne Belang. Der ihm im Rahmen des Art. 38 Abs. 3 GG übertragene Gestaltungsauftrag wirkt nicht auf seine Aufgabe zurück, im Wege der Rechtskontrolle die Einhaltung der Vorgaben des aktuellen Wahlrechts zu überprüfen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Hinweisen auf die bisherige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfGE 85, 148 161>; 160, 129 157 Rn. 92>). Die vom Bundestag in Bezug genommenen Entscheidungspassagen betreffen verfahrensrechtliche Fragen, bei denen den Wahlprüfungsorganen einfachrechtlich ein Entscheidungsspielraum eingeräumt ist. Beschränkungen der materiellen Kontrolle einer Wahlprüfungsentscheidung können ihnen hingegen nicht entnommen werden.
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II.
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Der Beschluss des Deutschen Bundestages beruht zum Teil auf einer unzureichenden Aufklärung des Wahlgeschehens (1.). Deshalb hat das Bundesverfassungsgericht im Rahmen seiner Amtsaufklärungspflicht die Auswertung der Niederschriften der einzelnen Wahlbezirke nachgeholt (2.).
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1. a) Mängel im Verfahren des Deutschen Bundestages können für die Beschwerde nur dann beachtlich sein, wenn sie wesentlich sind und der Entscheidung die Grundlage entziehen (vgl. BVerfGE 89, 243 249>; 89, 291 299>; 121, 266 289>; 123, 39 65>; 160, 129 141 Rn. 45>). Als ein solcher Mangel kommt vorliegend eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht in Betracht.
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b) Bereits der Einspruch des Bundeswahlleiters ist auf die Wiederholung der Bundestagswahl in sechs Wahlkreisen gerichtet. Angesichts dessen war nicht auszuschließen, dass den gerügten Wahlfehlern Mandatsrelevanz zukam. Insoweit war eine vollumfängliche Sachaufklärung geboten. Darüber hinaus sah sich der Wahlprüfungsausschuss veranlasst, aufgrund der Vielzahl der erhobenen Wahleinsprüche das gesamte Berliner Wahlgeschehen in den Blick zu nehmen (vgl. BTDrucks 20/4000, S. 41).
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c) Soweit der Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin über die in der Liste des Wahlprüfungsausschusses enthaltenen Fälle hinaus weitere Wahlbezirke ermittelt hat, in denen Wahlfehler vorlagen, ergeben sich daraus allerdings keine korrespondierenden Amtsermittlungspflichten für den Deutschen Bundestag. Die Feststellungen des Verfassungsgerichtshofs des Landes Berlin können nicht ohne Weiteres auf die Prüfung der Bundestagswahl übertragen werden, weil der Verfassungsgerichtshof nicht das Vorliegen von Wahlfehlern bei der Bundestagswahl, sondern bei den Wahlen zum Abgeordnetenhaus und zu den Bezirksverordnetenversammlungen untersuchte. Dabei stellte er zahlreiche Wahlfehler fest, die die Bundestagswahl nicht betrafen, wie etwa die Nichtausgabe von Erststimmzetteln für die Wahlen zum Abgeordnetenhaus und von Stimmzetteln zur Bezirksverordnetenversammlung sowie die Ausgabe von Stimmzetteln anderer Wahlkreise bei der Abgeordnetenhauswahl.
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d) Der Deutsche Bundestag hat seinen Aufklärungspflichten jedoch nicht in jeder Hinsicht Rechnung getragen, weil er seine Feststellungen auf die Auswertung der behandelten Wahleinsprüche und das Vorbringen im Verfahren vor dem Wahlprüfungsausschuss gestützt, aber dabei die Niederschriften der einzelnen Wahlbezirke trotz entgegenstehender Anhaltspunkte nicht ausgewertet hat. Diese Verfahrensentscheidung ist nicht tragfähig, soweit sie die Aussagekraft der Niederschriften ohne eigene Prüfung in Abrede stellt.
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aa) Die Beiziehung und Auswertung der Niederschriften aus den einzelnen Wahlbezirken hat vorliegend nahegelegen.
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Gemäß § 72 BWahlO ist über die Wahlhandlung sowie die Ermittlung und Feststellung des Wahlergebnisses eine Niederschrift nach dem Muster der Anlage 29 zu fertigen. Dabei sieht der Mustervordruck die Dokumentation "besonderer Vorfälle während der Wahlhandlung" vor, ohne diesen Begriff näher zu erläutern. Die dabei genannten Regelbeispiele (Zurückweisung von Wählern in den Fällen des § 56 Abs. 6 und 7 und des § 59 BWahlO) betreffen Fälle, in denen die Aufnahme in die Niederschrift in der Bundeswahlordnung angeordnet ist (vgl. § 56 Abs. 7 Satz 2, § 59 Satz 4 BWahlO). Daraus folgt jedoch nicht, dass in der Niederschrift nur solche Umstände als "besondere Vorfälle" auszuweisen sind, bei denen sich die Pflicht zur Ausweisung aus der Bundeswahlordnung oder sonstigen Wahlrechtsnormen ergibt. Vielmehr sind als "besondere Vorfälle" alle Umstände anzusehen, die sich auf den Ablauf der Wahlhandlung in relevanter, die Stimmabgabe oder das Wahlergebnis beeinflussender Weise ausgewirkt haben können.
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Die Wahlniederschrift hat gemäß § 72 BWahlO der Schriftführer als Mitglied des Wahlvorstands zu fertigen. Es ist davon auszugehen, dass diese Aufgabe regelmäßig in sorgfältiger Weise wahrgenommen wird. Demgemäß können die Niederschriften regelmäßig Hinweise zum Ablauf der Wahl geben, die geeignet sind, das Vorliegen von Wahlfehlern zu bestätigen oder zu widerlegen.
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Soweit demgegenüber geltend gemacht wird, die Niederschriften der einzelnen Wahlbezirke seien im vorliegenden Fall "größtenteils unbrauchbar" (vgl. CDU/CSU-Fraktion, BTDrucks 20/4000, S. 7), ist dies wiederum nicht nachvollziehbar. Auch wenn nach den Ermittlungen des Wahlprüfungsausschusses anzunehmen ist, dass einzelne Wahlniederschriften lückenhaft sind und für das Vorliegen von Wahlfehlern relevante "besondere Vorfälle" nicht ausweisen, folgt daraus nicht, dass die Niederschriften in denjenigen Fällen, in denen solche Vorfälle dokumentiert werden, den Wahlverlauf fehlerhaft wiedergeben und daher nicht verwertbar sind.
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bb) Gleichwohl haben - im Unterschied zum Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin - weder der Bundeswahlleiter oder die Landeswahlleitung Berlin noch der Wahlprüfungsausschuss selbst diese Niederschriften beigezogen und ausgewertet. Der Bundeswahlleiter hatte auf sie keinen Zugriff. Die Landeswahlleitung Berlin beschränkte sich auf die Niederschriften der Kreiswahlausschüsse und die Befragung von in einzelne Sachverhalte involvierten Personen (Wahlvorstände, Beschäftigte der Bezirkswahlämter, Kreiswahlleiterinnen und Kreiswahlleiter). Der Wahlprüfungsausschuss hatte zwar Zugriff jedenfalls auf einen Teil der Wahlniederschriften, hat sich mit diesen aber ebenfalls nicht näher befasst. Stattdessen hat er darauf verwiesen, dass aus dem Schweigen der Niederschriften nicht auf das Fehlen von Wahlfehlern geschlossen werden könne (vgl. BTDrucks 20/4000, S. 57). Dem ist zu folgen, da nicht auszuschließen ist, dass die Niederschriften hinsichtlich der Entstehung von Wartezeiten und der Bildung von Warteschlangen lückenhaft sind und für die Beurteilung des Vorliegens von Wahlfehlern relevante Vorfälle nicht ausweisen. Dies rechtfertigt jedoch den Verzicht auf die Beiziehung und Auswertung der Niederschriften aus den einzelnen Wahlbezirken nicht.
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Auch wenn nicht davon auszugehen ist, dass aus dem Schweigen der Niederschriften auf das Nichtvorliegen von Wahlfehlern geschlossen werden kann (vgl. BTDrucks 20/4000, S. 57), ist es umgekehrt nicht ausgeschlossen, dass die Durchsicht der Niederschriften zur Feststellung des Vorliegens weiterer Wahlfehler geführt hätte. Bei einer Auswertung der Niederschriften hätte die Möglichkeit bestanden, einzelne, bisher nicht erfasste wahlfehlerrelevante Vorgänge aufzudecken. Die Annahme, dass die Dokumentation besonderer Vorfälle unvollständig war, weil diese außerhalb des Blickfelds des Wahlvorstands auftraten (etwa Warteschlangen) oder der Wahlvorstand angesichts der Mehrfachwahl und des zum Teil erheblichen Andrangs mit anderen Aufgaben befasst war (Ausgabe der Stimmzettel, Organisieren weiterer Stimmzettel, Umsetzung der Hygienevorgaben, Stimmabgabevermerk, ggf. "Schlangenmanagement"), schließt die Möglichkeit nicht aus, durch die Auswertung der Niederschriften weitere Fehler festzustellen.
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cc) Da sich der Wahlprüfungsausschuss veranlasst sah, seine Ermittlungen auf das gesamte Berliner Wahlgeschehen auszudehnen (vgl. BTDrucks 20/4000, S. 41), wäre er zur Gewährleistung einer möglichst vollumfänglichen Sachverhaltsaufklärung verpflichtet gewesen, die Niederschriften der einzelnen Wahlbezirke beizuziehen und auszuwerten oder - etwa durch die Landeswahlleitung - auswerten zu lassen und das Ergebnis der Auswertung bei der Prüfung des Vorliegens mandatsrelevanter Wahlfehler zu berücksichtigen.
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e) Weitere Möglichkeiten zur umfassenden und zügigen Klärung des Wahlgeschehens sind nicht ersichtlich. Es mag zwar möglich sein, anhand der Zahl der Wahlberechtigten und Wahlkabinen die Wahrscheinlichkeit der Entstehung von Warteschlangen zu ermitteln. Verlässliche Rückschlüsse auf das tatsächliche Wahlgeschehen lässt dies aber nicht zu.
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2. Nachdem der Deutsche Bundestag auf die Beiziehung und Auswertung der Niederschriften der einzelnen Wahlbezirke verzichtet hat, obwohl er dazu gehalten gewesen wäre, ist das Bundesverfassungsgericht nicht gehindert, diese Möglichkeit der Aufklärung des tatsächlichen Wahlgeschehens eigenständig wahrzunehmen.
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Nur in den Konstellationen, in denen der Deutsche Bundestag gemäß § 5 Abs. 3 Satz 2 WahlPrüfG verfahrensfehlerfrei von weiteren Ermittlungen abgesehen hat, besteht für das Bundesverfassungsgericht weder die Veranlassung noch die Befugnis, weitergehende Ermittlungen anzustellen (vgl. BVerfGE 160, 129 163 f. Rn. 109> m.w.N.). Vorliegend entspricht es dem Gebot, im Wege der Wahlprüfung möglichst zügig über die ordnungsgemäße Zusammensetzung des Parlaments zu entscheiden, davon abzusehen, dem Bundestag oder dem Wahlprüfungsausschuss die Nachholung der bisher unterlassenen Auswertung der Niederschriften der einzelnen Wahlbezirke aufzugeben, sondern diese Auswertung durch das Bundesverfassungsgericht selbst vorzunehmen.
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III.
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Der Beschluss des Deutschen Bundestages vom 10. November 2022 ist materiell überwiegend rechtmäßig. Der Bundestag hat in seitens des Bundesverfassungsgerichts im Wesentlichen nicht zu beanstandender Weise Wahlfehler bei der Vorbereitung und Durchführung der Wahl zum 20. Deutschen Bundestag in Berlin festgestellt, von denen allerdings einzelne Urnenwahlbezirke zusätzlich beziehungsweise nicht betroffen sind (1.). Zutreffend hat er die Mandatsrelevanz der festgestellten Wahlfehler angenommen (2.) und als Rechtsfolge eine Wiederholung der Wahl als Zweistimmenwahl in den betroffenen Wahlbezirken angeordnet (3.).
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1. In dem angegriffenen Beschluss hat der Deutsche Bundestag die in Betracht kommenden Wahlfehler ihrem Inhalt nach weitgehend zutreffend bestimmt. Die Feststellung ihres Auftretens in den einzelnen Wahlbezirken ist - von Ausnahmen abgesehen - nicht zu beanstanden.
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a) Maßstab für die Beurteilung des Vorliegens von Wahlfehlern sind die Wahlgrundsätze des Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG (aa) und die auf deren Grundlage nach Art. 38 Abs. 3 GG getroffenen wahlrechtlichen Regelungen für die Vorbereitung und Durchführung der Bundestagswahl (bb).
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aa) Das Bundesverfassungsgericht prüft im Wahlprüfungsbeschwerdeverfahren, ob die wahlrechtlichen Vorschriften mit den Vorgaben der Verfassung in Einklang stehen (vgl. BVerfGE 16, 130 135 f.>; 121, 266 295>; 123, 39 68>; 132, 39 47 Rn. 22>) und ob sie zutreffend angewandt worden sind (vgl. BVerfGE 97, 317 322>). Die Wahlprüfungsbeschwerde ist ein objektivrechtliches Verfahren, welches zwar nur unter bestimmten Zulässigkeitsvoraussetzungen eingeleitet werden kann, aber zu einer Überprüfung des Beschlusses des Deutschen Bundestages und in diesem Umfang zu einer Überprüfung der Wahl führt. Dies schließt auch Vorkommnisse ein, die der Deutsche Bundestag im Rahmen seines Prüfungsumfangs zum Gegenstand seiner Entscheidung gemacht, aber nicht als Wahlfehler gewertet hat.
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Ausgangspunkt der Prüfung sind die Wahlgrundsätze aus Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG, da Wahlen demokratische Legitimation im Sinne des Art. 20 Abs. 2 GG nur zu vermitteln vermögen, wenn sie allgemein (1), frei (2), gleich (3), geheim (4), öffentlich (5) und unmittelbar sind. Die Wahlrechtsordnung und die Anwendung ihrer Vorschriften sind daher wesentlich von diesen Wahlgrundsätzen geprägt. Gründe für eine unterschiedliche Gewichtung bestehen nicht. Allen Wahlgrundsätzen ist gemeinsam, dass sie grundlegende Anforderungen an demokratische Wahlen stellen. Ihnen kommt gleichermaßen die Funktion zu, bei politischen Wahlen und Abstimmungen im Sinne von Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG das demokratische Prinzip wirksam zur Geltung zu bringen (vgl. BVerfGE 99, 1 13>). Dennoch erschöpft sich die nach Art. 38 Abs. 3 GG dem Bundesgesetzgeber anvertraute Aufgabe nicht in der Regelung technischer Einzelheiten. Sie erfordert vielmehr schon im Hinblick auf die Auswahl des Wahlsystems vielfältige Entscheidungen von großer Tragweite. Dem Bundesgesetzgeber ist insoweit ein weiter Gestaltungsspielraum eingeräumt, den er verantwortlich ausfüllen muss.
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(1) Der Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl des Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG verbürgt allen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern das Recht, bei der Wahl zum Deutschen Bundestag zu wählen (aktives Wahlrecht) und gewählt zu werden (passives Wahlrecht). Er verbietet dem Gesetzgeber, bestimmte Bevölkerungsgruppen aus politischen, wirtschaftlichen oder sozialen Gründen von der Ausübung des Wahlrechts auszuschließen (vgl. BVerfGE 36, 139 141>). Grundsätzlich sollen alle Staatsbürger an der Wahl teilnehmen können (vgl. BVerfGE 59, 119 125>). Differenzierungen können nur durch Gründe gerechtfertigt werden, die durch die Verfassung legitimiert und von mindestens gleichem Gewicht wie die Allgemeinheit der Wahl sind (vgl. BVerfGE 132, 39 47 f. Rn. 25>).
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(2) Der Grundsatz der Freiheit der Wahl gewährleistet, dass die Wählerinnen und Wähler ihr Urteil frei von Zwang und unzulässigem Druck (vgl. BVerfGE 44, 125 139>; 138, 102 109 Rn. 27>; 148, 11 23 Rn. 40>) und in einem freien, unbeeinflussten Prozess der Willensbildung gewinnen und fällen können (vgl. BVerfGE 20, 56 97>; 44, 125 139>; 156, 224 261 Rn. 103> - Wahlprüfungsbeschwerde 19/VI - Parität). Die Freiheit der Wahl ist eine unabdingbare Voraussetzung dafür, dass die Wahl dem Gewählten die erforderliche demokratische Legitimation vermittelt (vgl. BVerfGE 124, 1 24>). Der sachliche Geltungsbereich der Wahlfreiheit bezieht sich auf die Freiheit der Wahlbetätigung und der Stimmabgabe (vgl. BVerfGE 124, 1 24>). Bereits zuvor müssen Wahlvorschläge frei von staatlichem oder privatem Druck formuliert werden können. Der Grundsatz der Freiheit der Wahl gilt also auch schon in der Wahlvorbereitung (vgl. Boehl, in: Schreiber, BWahlG, 11. Aufl. 2021, § 1 Rn. 24 f.). Am Wahltag soll die wählende Person die Stimmabgabe im Rahmen der Wahlhandlung umsetzen können. Dies setzt die Möglichkeit voraus, sich mit den Wahlvorschlägen rechtzeitig vertraut zu machen (vgl. BVerfGE 7, 63 71>; 79, 161 166>).
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(3) Der Grundsatz der Gleichheit der Wahl trägt der vom Demokratieprinzip vorausgesetzten Egalität der Staatsbürger Rechnung (vgl. BVerfGE 41, 399 413>; 51, 222 234>; 85, 148 157 f.>; 99, 1 13>; 121, 266 295>). Die Gleichbehandlung aller Staatsbürgerinnen und Staatsbürger bei der Ausübung des Wahlrechts ist eine der wesentlichen Grundlagen der freiheitlich-demokratischen Grundordnung, wie sie das Grundgesetz verfasst (vgl. BVerfGE 6, 84 91>; 11, 351 360>; 121, 266 295>). Aus dem Grundsatz der Gleichheit der Wahl folgt, dass jedermann sein aktives und passives Wahlrecht in formal möglichst gleicher Weise ausüben kann (vgl. BVerfGE 12, 73 77>; 34, 81 98>; 41, 399 413>; 48, 64 81>; 85, 148 157>; 146, 327 349 Rn. 59>). Es handelt sich bei diesem Grundsatz um eine spezialgesetzliche Ausprägung der vom Grundgesetz in Art. 3 Abs. 1 GG allgemein gewährleisteten Gleichheit der Bürgerinnen und Bürger (vgl. BVerfGE 99, 1 10>). Geltung beansprucht der Grundsatz der Gleichheit der Wahl für das gesamte Wahlverfahren, also für alle Phasen der Wahl. Im Rahmen der Vorbereitung der Wahl entfaltet der Grundsatz Wirkung bei der Einteilung der Wahlkreise, der Erstellung des Wählerverzeichnisses und der Kandidatenaufstellung. Schon in diesem Zusammenhang wird sichergestellt, dass alle Wählerinnen und Wähler mit der Stimme, die sie abgeben, den gleichen Einfluss auf das Wahlergebnis nehmen können (vgl. BVerfGE 121, 266 295>; 131, 316 337>). Für die Wahlhandlung am Wahltag bedeutet der Grundsatz der Gleichheit der Wahl, dass alle Wahlberechtigten die Möglichkeiten haben müssen, ihre Stimme unter im Wesentlichen gleichen Bedingungen abzugeben. Dies schließt die Vergleichbarkeit der Umstände ein, die vor Ort für die Stimmabgabe geschaffen werden, sei es in zeitlicher oder räumlicher Hinsicht (vgl. § 46 Abs. 1 Satz 3, § 50 Abs. 1 BWahlO). Daher müssen Urnenwahllokale so ausgewählt und eingerichtet sein, dass allen Wahlberechtigten die Teilnahme an der Wahl möglichst erleichtert wird (§ 46 Abs. 1 Satz 3 BWahlO).
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(4) Der Grundsatz der geheimen Wahl gilt ebenfalls für die Wahlvorbereitungen und die Stimmabgabe. Er fordert, dass ausschließlich die wählende Person vom Inhalt ihrer Wahlentscheidung Kenntnis hat, und verpflichtet den Gesetzgeber, die erforderlichen Maßnahmen zum Schutz des Wahlgeheimnisses zu treffen (vgl. H. H. Klein/K. A. Schwarz, in: Dürig/ Herzog/Scholz, GG, Art. 38 Rn. 117 <Jan. 2021>; Pieroth, JuS 1991, S. 89 91>). Die Geheimheit der Wahl bildet den wichtigsten institutionellen Schutz der Freiheit der Wahl (vgl. BVerfGE 99, 1 13>; 123, 39 76>; Frowein, AöR 99 1974>, S. 72 105>). Sie ist in Bezug auf die Stimmabgabe "nicht nur ein Recht des Wählers, sondern auch ein objektives Prinzip der Wahl und insofern eine Pflicht des Wählers" (H. Meyer, in: Isensee/Kirchhof, HStR III, 3. Aufl. 2005, § 46 Rn. 20). Wahlkabinen, Wahlurnen und amtliche Stimmzettel sind für die Sicherstellung der Geheimheit der Wahl von zentraler Bedeutung und von staatlicher Seite zu gewährleisten.
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(5) Schließlich gebietet der Grundsatz der Öffentlichkeit der Wahl aus Art. 38 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 und 2 GG, dass alle wesentlichen Schritte der Wahl öffentlicher Überprüfbarkeit unterliegen müssen (vgl. BVerfGE 123, 39 70>). Die Öffentlichkeit sichert die Ordnungsgemäßheit und Nachvollziehbarkeit der Wahlvorgänge und schafft damit eine wesentliche Voraussetzung für begründetes Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in den korrekten Ablauf der Wahl (vgl. BVerfGE 121, 266 291>). Die Staatsform der parlamentarischen Demokratie, in der die Herrschaft des Volkes durch Wahlen nicht dauernd unmittelbar ausgeübt wird, verlangt, dass der Akt der Übertragung der staatlichen Verantwortung auf die Parlamentarier einer besonderen, öffentlichen Kontrolle unterliegt (vgl. VerfGH Nordrhein-Westfalen, NVwZ 1991, S. 1175 1179>). Die grundsätzlich gebotene Öffentlichkeit im Wahlverfahren umfasst das Wahlvorschlagsverfahren, die Wahlhandlung und die Ermittlung des Wahlergebnisses (vgl. H. H. Klein/K. A. Schwarz, in: Dürig/ Herzog/Scholz, GG, Art. 38 Rn. 120 <Jan. 2021>). Es ist in erster Linie Aufgabe des Gesetzgebers, zu regeln, wie die Nachvollziehbarkeit der wesentlichen Schritte des Wahlverfahrens sichergestellt wird (vgl. BVerfGE 123, 39 70>). Für den Wahltag legt § 31 Satz 1 BWahlG fest, dass die Wahlhandlung öffentlich ist. Diese wird gemäß § 53 Abs. 1 Satz 1 BWahlO dadurch eröffnet, dass der Wahlvorsteher die anwesenden Beisitzer auf ihre Verpflichtung zur unparteiischen Wahrnehmung ihres Amtes und zur Verschwiegenheit hinweist. Während der Wahlhandlung sowie der Ermittlung und Feststellung des Wahlergebnisses hat nach § 54 BWahlO jedermann zum Wahlraum Zutritt, soweit dies ohne Störung des Wahlgeschäfts möglich ist. Gemäß § 31 Satz 2 BWahlG kann der Wahlvorstand Personen, die die Ordnung und Ruhe stören, aus dem Wahlraum verweisen. Dies hebt die Öffentlichkeit der Wahlhandlung nicht insgesamt auf, sondern bezieht sich nur auf einzelne im konkreten Fall die Wahlhandlung beeinträchtigende Personen. Aus § 54 BWahlO folgt, dass das Wahllokal während der Wahlzeit sowie der Ermittlung und Feststellung des Wahlergebnisses ununterbrochen geöffnet sein muss, selbst wenn zeitweise keine Stimme abgegeben wird oder mangels vorhandener Stimmzettel keine Stimme abgegeben werden kann.
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bb) Ein Wahlfehler liegt immer dann vor, wenn die Regelungen des Bundeswahlgesetzes und der Bundeswahlordnung (vgl. BVerfGE 130, 212 224>) und die diese prägenden Wahlgrundsätze des Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG verletzt sind. Daneben können Verstöße gegen sonstige Vorschriften einen Wahlfehler begründen, soweit sie mit einer Wahl in einem unmittelbaren Zusammenhang stehen. Relevant sind alle Normwidrigkeiten, die den vom Gesetz vorausgesetzten regelmäßigen Ablauf des Wahlverfahrens zu stören geeignet sind. Diese können während der Wahlvorbereitung (1), der Wahlhandlung (2) und bei der Feststellung des Wahlergebnisses auftreten. Lediglich Sachverhalte, die bei Gelegenheit einer Wahl auftreten, ohne in einem auch nur mittelbaren Bezug zum Wahlvorgang und dessen Ergebnis zu stehen, sind zur Begründung eines Wahlfehlers ungeeignet (vgl. BVerfGE 146, 327 341 f. Rn. 38 f.>; 160, 129 158 f. Rn. 96>).
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(1) Schon die Vorbereitung der Wahl ist eine öffentliche Aufgabe (vgl. BVerfGE 8, 51 63>; 20, 56 96>; 41, 399 414>; Schreiber, DVBl 2007, S. 807 809>), die detailliert, indes nicht erschöpfend gesetzlich geregelt ist (a). Nur soweit gesetzliche Vorgaben bestehen, kommen Wahlfehler in Betracht (b). Wesentlicher Teil der Wahlvorbereitung sind die Bildung der Wahlbezirke, die Bestimmung und Ausstattung der Wahlräume sowie die Beschaffung der Stimmzettel und deren Vorhaltung zu Beginn der Wahlhandlung (c).
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(a) Die Vorbereitung der Wahl zum Deutschen Bundestag obliegt nach Maßgabe des Bundeswahlgesetzes und der Bundeswahlordnung einer Vielzahl von Akteuren. Mit der Bestimmung des Wahltags durch den Bundespräsidenten beginnen die amtlichen Maßnahmen zur Wahlvorbereitung (vgl. Seedorf, in: Schreiber, BWahlG, 11. Aufl. 2021, § 16 Rn. 2). Die Gemeindebehörden führen für jeden Wahlbezirk ein Verzeichnis der Wahlberechtigten (§ 17 Abs. 1 Satz 1 BWahlG); im Land Berlin liegt die Zuständigkeit auf der Grundlage des § 91 BWahlO gemäß Ziffer I. 3. der Anordnung über Zuständigkeiten für die Wahlen zum Deutschen Bundestag und zum Europäischen Parlament in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. Oktober 2018 (Amtsblatt für Berlin Nr. 44 vom 2. November 2018, S. 5965) bei den Bezirksämtern. Die Wahlorgane sind nach Maßgabe der §§ 8 ff. BWahlG, §§ 1 ff. BWahlO zu bilden. Sie handeln "als Einrichtungen gesellschaftlicher Selbstorganisation und sind damit eine Art Selbstverwaltungsorgan der Wählerschaft im staatlichen Bereich" (Schreiber, DVBl 2007, S. 807 811>, unter Verweis auf BayVerfGH, Entscheidung vom 2. März 1990 - Vf. 23 - VI/90 u.a. -, NVwZ 1990, S. 752, für die Gemeinde- und Landkreiswahlausschüsse nach bayerischem Wahlrecht). Weder das Bundesministerium des Innern noch die Landesinnenministerien haben ein Weisungsrecht gegenüber den Wahlorganen (vgl. Schreiber, DVBl 2007, S. 807 809>). Sie tragen aber die Verantwortung dafür, dass die Wahl von den Wahlorganen ordnungsgemäß durchgeführt werden kann. Damit diese ihre Aufgaben wahrnehmen können, sind sie auf eine ordnungsgemäße Vorbereitung der Wahl angewiesen, die durch die Wahlleiter im Zusammenwirken mit der Verwaltung geleistet werden muss. Werden die gesetzlichen Bestimmungen über die Wahlvorbereitung verletzt, liegt ein Wahlfehler vor.
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Einzelheiten der Wahlvorbereitung werden auf der Grundlage des § 52 Abs. 1 BWahlG durch die Bundeswahlordnung geregelt: Diese Ermächtigung reicht von der Bestellung der Wahlleiter und Wahlvorsteher über die Bildung der Wahlbezirke und die Form des Stimmzettels bis hin zur Einrichtung der Wahlräume; es handelt sich um Organisationsakte, "die sich an die Allgemeinheit richten und die Rechtssphäre des einzelnen lediglich durch Reflexwirkung berühren" (Seifert, DÖV 1953, S. 365 367>). Gesondert geregelt werden in der Bundeswahlordnung unter anderem die Beschaffenheit der Wahlräume (§ 46 BWahlO), die Ausstattung des Wahlvorstands (§ 49 BWahlO), die Gestaltung und Ausstattung der Wahlkabinen (§ 50 BWahlO) sowie die Zugänglichkeit des Wahltischs (§ 52 BWahlO).
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(b) Die Wahlgrundsätze des Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG und die Bedeutung des Wahlakts als Teilhabe an und Ausübung von Staatsgewalt im status activus verstärken die Verpflichtung der Wahlorgane, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die Einhaltung der Wahlvorschriften sicherzustellen. Unzulänglichkeiten in der Wahlvorbereitung sind dann als die Gültigkeit der Wahl oder das subjektive Wahlrecht möglicherweise betreffende Wahlfehler zu qualifizieren, wenn gegen eine konkrete Regelung des Wahlrechts verstoßen wird. Solche Fehler können nicht nur beim Führen des Verzeichnisses der Wahlberechtigten und bei der Aufstellung der Kandidaten sowie bei der Zulassung der Wahlvorschläge auftreten (vgl. §§ 17 ff. BWahlG), sondern auch im unmittelbaren Vorfeld der Durchführung der Wahl, das heißt bei den seitens der Verwaltung zu leistenden organisatorischen Vorbereitungen für den Wahltag.
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Fehlt es an einfachrechtlichen Regelungen zur Vorbereitung der Wahl, kommt es für das Vorliegen eines Wahlfehlers allein auf Verstöße gegen Vorschriften bei der Durchführung der Wahl an. Diese lassen allerdings unter Umständen den Schluss auf Unzulänglichkeiten in der Wahlvorbereitung zu. Die Optimierungsaufgabe, jenseits des positiven Rechts alle rechtmäßigen Maßnahmen zu ergreifen, die erforderlich sind, um einen möglichst reibungslosen Ablauf der Wahl zu gewährleisten, ist als solche nicht sanktionsfähig. Dies gilt auch für eine gute fachliche Praxis beim Organisieren der Abläufe, beim Berechnen der erforderlichen Größe der Urnenwahllokale, bei der Gewinnung, Schulung und Betreuung der Wahlvorstände und bei der Vorwegnahme möglicherweise kurzfristig auftretender Problemstellungen am Wahltag. Allerdings kann das Außerachtlassen der guten fachlichen Praxis bei der Wahrnehmung dieser Aufgaben zu einem Verstoß gegen das Gebot führen, Wahlräume so auszuwählen und einzurichten, dass die Teilnahme an der Wahl möglichst erleichtert wird (§ 46 Abs. 1 Satz 3 BWahlO).
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(c) Von besonderer Bedeutung bei der Vorbereitung der Wahl sind die Bildung von Wahlbezirken (aa), die Bestimmung und Ausstattung von Wahlräumen (bb) sowie die Beschaffung amtlicher Stimmzettel und deren Bevorratung (cc).
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(aa) Gemäß § 12 Abs. 2 BWahlO sollen die Wahlbezirke nach den örtlichen Verhältnissen so abgegrenzt werden, dass allen Wahlberechtigten die Teilnahme an der Wahl möglichst erleichtert wird (Satz 1); kein Wahlbezirk soll mehr als 2.500 Einwohner umfassen (Satz 2). Umgekehrt darf die Zahl der Wahlberechtigten eines Wahlbezirks nicht so gering sein, dass erkennbar wird, wie einzelne Wahlberechtigte gewählt haben (Satz 3). Die Einwohnerzahl ist gerade bei einer Mehrfachwahl die verlässlichste Bezugsgröße, weil die Zahl der Wahlberechtigten von Wahl zu Wahl (je nach vorgesehenem Wahlalter und Kreis der Wahlberechtigten, vgl. Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG) variieren kann. Zugleich verpflichtet das Ziel, die Wahl möglichst zu erleichtern, die Gemeindebehörde bereits bei der Bildung von Wahlbezirken, die konkreten Gegebenheiten im Wahlkreis und den Wahlbezirken in den Blick zu nehmen.
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(bb) Die Gemeindebehörde bestimmt für jeden Wahlbezirk einen Wahlraum, § 46 Abs. 1 Satz 1 BWahlO. Gemäß § 46 Abs. 1 Satz 3 BWahlO sollen die Wahlräume nach den örtlichen Verhältnissen so ausgewählt und eingerichtet werden, dass allen Wahlberechtigten, insbesondere Menschen mit Behinderungen und anderen Menschen mit Mobilitätsbeeinträchtigung, die Teilnahme an der Wahl möglichst erleichtert wird. Die Barrierefreiheit ist nach § 46 Abs. 1 Satz 4 BWahlO frühzeitig und nach § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BWahlO auch in der Benachrichtigung an die Wahlberechtigten mitzuteilen; wird die mitgeteilte Barrierefreiheit am Wahltag nicht gewährleistet, liegt ein Wahlfehler vor. Die Hervorhebung von Behinderungen und Mobilitätsbeeinträchtigungen in § 46 Abs. 1 Satz 3 BWahlO beschreibt den Anwendungsbereich der Norm nicht abschließend ("insbesondere"). Dieser ist zudem in Übereinstimmung mit der Anforderung an die Bildung der Wahlbezirke zu würdigen (§ 12 Abs. 1 BWahlO). Demgemäß ist auch die Zahl der Wahlräume so zu bestimmen, dass die Wahl "möglichst erleichtert" wird.
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Zu diesem Zweck ist die Zahl der Wahlberechtigten in einem Wahlbezirk zu ermitteln und unter der Annahme einer Präsenzwahl zu bestimmen, wie viele Wahllokale unter Nutzung wie vieler Wahlkabinen erforderlich sind, um im Rahmen der Wahlzeit den Wahlberechtigten eine geordnete Stimmabgabe zu ermöglichen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, wie viele Stimmzettel auszufüllen sind, wie viel Zeit hierfür zu veranschlagen ist und inwieweit eine Mehrfachwahl auch für den Wahlvorstand einen Zusatzaufwand verursacht. Wenn der Andrang aufgrund geringer Wahlbeteiligung, eines hohen Briefwahlanteils und/oder ungünstiger Witterungsbedingungen hinter dem maximal zu erwartenden Aufkommen an Wahlberechtigten zurückbleibt, ist dies unschädlich und ermöglicht es, einen zwischenzeitlich größeren Andrang mit Wartezeiten wieder abzubauen. Die Ausgestaltung des § 46 Abs. 1 Satz 3 BWahlO als Sollvorschrift trägt der Unmöglichkeit Rechnung, alle Eventualitäten abzudecken, etwa den Zufall des Eintreffens einer hohen Zahl von Wahlberechtigten zur gleichen Zeit. Zudem ist in Ansatz zu bringen, dass die Wahlvorstände ihre Aufgaben ehrenamtlich und mit unterschiedlicher Vorerfahrung erledigen. Sie sind dazu berufen, die Wahlhandlung zu begleiten und die rechtlich vorgegebenen Maßnahmen zu ergreifen. Dies ist bei einer unzureichenden Kalkulation der Zahl oder Ausstattung der Urnenwahllokale nicht möglich.
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(cc) Der Wahlvorbereitung zuzuordnen sind die Beschaffung amtlicher Stimmzettel (α) und deren Bevorratung vor dem Beginn der Wahlhandlung (β). Der Grundsatz der gleichen Wahl verlangt, dass jeder nach den allgemeinen Vorschriften Wahlberechtigte bei der Wahl seine Stimme wie jeder andere Wahlberechtigte abgeben darf (vgl. BVerfGE 1, 208 246>; 7, 63 70>; 16, 130 138 f.>; 34, 81 99>) und können muss (vgl. Thum, in: Schreiber, BWahlG, 11. Aufl. 2021, Einführung, Rn. 13).
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(α) Die Stimmzettel werden amtlich hergestellt (§ 30 Abs. 1 BWahlG). Dies bedeutet, dass die Stimmzettel "von den zuständigen staatlichen Stellen inhaltlich und hinsichtlich der typografischen Gestaltung festgelegt und verantwortet werden müssen" (Seedorf, in: Schreiber, BWahlG, 11. Aufl. 2021, § 30 Rn. 2). Für ihre Beschaffung ist der Kreiswahlleiter für seinen Wahlkreis zuständig, § 88 Abs. 1 Nr. 8 BWahlO, wenn nicht der Landeswahlleiter die Beschaffung übernimmt, § 88 Abs. 1 Halbsatz 2 in Verbindung mit Abs. 2a BWahlO. Die Regel des § 88 Abs. 1 BWahlO ist dadurch begründet, dass die Stimmzettel von Wahlkreis zu Wahlkreis unterschiedliche Wahlkreisbewerber enthalten und damit wahlkreisbezogen hergestellt werden müssen (vgl. Seedorf, in: Schreiber, BWahlG, 11. Aufl. 2021, § 30 Rn. 2). Gemäß § 45 Abs. 6 Satz 1 BWahlO weist der Kreiswahlleiter die Stimmzettel der Gemeindebehörde zur Weitergabe an die Wahlvorsteher zu.
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Der Stimmzettel ist nach Maßgabe des § 45 Abs. 1 BWahlO und nach dem Muster der Anlage 26 zur BWahlO (Anlageband zum BGBl I Nr. 26 vom 26. April 2002, S. 43) zu gestalten. Gemäß § 45 Abs. 1 Satz 6 BWahlO müssen die Stimmzettel in jedem Wahlbezirk von gleicher Farbe und Beschaffenheit sein. Zudem gibt § 30 Abs. 2 BWahlG vor, dass der Stimmzettel für die Wahl in den Wahlkreisen die Namen der Bewerber der zugelassenen Kreiswahlvorschläge und für die Wahl nach Landeslisten insbesondere die Namen der Parteien enthält.
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(β) Die Gemeindebehörde übergibt dem Wahlvorsteher eines jeden Wahlbezirks vor dem Beginn der Wahlhandlung nach § 49 Nr. 3 BWahlO "amtliche Stimmzettel in genügender Zahl". Beginn der Wahlhandlung ist nicht die Stimmabgabe einer einzelnen wählenden Person, sondern die Eröffnung der Wahlhandlung durch den Hinweis des Wahlvorstehers an die anwesenden Beisitzer auf ihre Verpflichtung zur unparteiischen Wahrnehmung ihres Amtes und zur Verschwiegenheit, die der ersten Stimmabgabe vorausgeht (vgl. § 53 Abs. 1 BWahlO). Dieser Hinweis markiert den Beginn der Wahlzeit. Vor deren Beginn hat die Gemeindebehörde allen Wahlvorstehern rechtzeitig die Stimmzettel zu übergeben. Der damit verbundene grundsätzliche Ausschluss einer Nachlieferung von Stimmzetteln vermeidet Verzögerungen bei deren Ausgabe an die Wählerinnen und Wähler und entlastet den Wahlvorstand davon, den Bedarf für Nachlieferungen (durch Zählung der noch vorhandenen Stimmzettel) ermitteln und gegebenenfalls Nachlieferungen anfordern und entgegennehmen zu müssen.
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(2) Neben der Wahlvorbereitung ist auch die Organisation der Wahlhandlung einfachgesetzlich ausgestaltet (vgl. §§ 31 ff. BWahlG, §§ 49 ff. BWahlO). Die Regelungen betreffen insbesondere die Pflichten des Wahlvorstands (a) und die Gewährleistung der Möglichkeit der Stimmabgabe (b) während der gesamten Wahlzeit (c). Daneben sind im vorliegenden Zusammenhang die Vorgaben für die Dokumentation des Wahlgeschehens (d) und für die Briefwahl in den Blick zu nehmen (e).
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(a) Die Wahlvorstände, die für jeden Wahlbezirk zu bilden sind und aus dem Wahlvorsteher als dem Vorsitzenden, seinem Stellvertreter und weiteren drei bis sieben vom Wahlvorsteher berufenen Wahlberechtigten als Beisitzern bestehen (vgl. § 9 Abs. 2 Satz 3 BWahlG), sind insbesondere gemäß § 56 BWahlO für die Ausgabe der amtlichen Stimmzettel, das Verlangen der Abgabe der Wahlbenachrichtigung oder des Ausweises, die Feststellung der wählenden Person im Wählerverzeichnis und ihrer Wahlberechtigung, die Freigabe der Wahlurne und den Vermerk der Stimmabgabe im Wählerverzeichnis verantwortlich. Die Wahlorgane gewährleisten die Einhaltung der verfassungsrechtlichen Wahlgrundsätze und der subjektiven Rechte von Wählerinnen und Wählern sowie der Wahlbewerberinnen und Wahlbewerber und der politischen Parteien im Wahlverfahren. Der Wahlvorstand hat auf die Wahrung des Wahlgeheimnisses, die Öffentlichkeit der Stimmabgabe, die Kontinuität der Wahlhandlung und den Ausschluss unzulässiger Wahlbeeinflussung zu achten (vgl. Danzer, KommunalPraxis Wahlen 2017, S. 105 ff.). Werden amtliche Stimmzettel nicht oder falsch ausgegeben, wird die Wahlberechtigung nicht festgestellt, der Stimmzettel einer nicht wahlberechtigten Person angenommen, ein Stimmzettel grundlos zurückgewiesen oder wird eine unzulässige Wahlbeeinflussung im Rahmen des dem Wahlvorstand Möglichen nicht unterbunden, so liegt ein Wahlfehler vor. Außerdem können die Wahlvorstände gegebenenfalls verpflichtet sein, die Einhaltung anderer Regelungen, etwa der Hygienebestimmungen (Maskenpflicht, Abstand), zu überwachen.
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(b) Der Grundsatz der Gleichheit der Wahl schließt die Möglichkeit der gleichberechtigten Stimmabgabe ein. Nach § 46 Abs. 1 Satz 3 BWahlO soll dabei die Teilnahme an der Wahl möglichst erleichtert werden.
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(aa) Alle Wahlberechtigten haben das Recht, ihre Stimme persönlich in dem ihnen zugewiesenen Urnenwahllokal oder auf der Grundlage eines Wahlscheins in einem anderen Urnenwahllokal oder per Briefwahl abzugeben. Dies gebietet schon der Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl, der im Sinne einer strengen und formalen Gleichheit bei der Zulassung zur Wahl des Deutschen Bundestages zu verstehen ist. Dem dient es, wenn die Wahlberechtigten in den Urnenwahllokalen vergleichbare Bedingungen vorfinden, die ihnen die Stimmabgabe ermöglichen. Insoweit wird innerhalb eines Wahlkreises auf ein einheitliches System von Wahlkabinen hingewirkt, um dem Vorwurf der unterschiedlichen Behandlung der Wählerinnen und Wähler vorzubeugen (vgl. Frommer/Engelbrecht, Bundeswahlrecht, 43. Lieferung, 15. Juni 2021, 21.50 - § 50 BWahlO, S. 1).
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Konkrete Vorgaben zur Zahl der Wahlkabinen macht die Bundeswahlordnung nicht. Aus § 46 Abs. 1 Satz 3 BWahlO kann eine bestimmte Zahl an Wahlkabinen nicht abgeleitet werden. Ihre Anzahl muss jedoch daran orientiert sein, allen Wahlberechtigten die Stimmabgabe zu erleichtern.
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(bb) Die Möglichkeit der Stimmabgabe ist nicht gewährleistet, wenn Stimmzettel gar nicht oder falsche Stimmzettel ausgegeben werden. Dadurch wird ein Wahlfehler begründet. Von den Wahlvorständen selbst hergestellte Stimmzettel sind keine amtlichen Stimmzettel, auch wenn diese in der Absicht hergestellt wurden, Wahlberechtigten die Teilnahme an der Wahl zu ermöglichen. Die Verwendung solcher Stimmzettel stellt einen Wahlfehler dar.
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(cc) Die Urnenwahllokale müssen der Vorgabe des § 47 Abs. 1 BWahlO entsprechend von 8 Uhr bis 18 Uhr geöffnet sein. Eine verspätete Öffnung wie auch eine verfrühte Schließung sind - ungeachtet der Frage, ob dadurch jemand an der Abgabe seiner Stimme gehindert wurde - Wahlfehler.
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(dd) Bei der Bundestagswahl wahlberechtigt sind Deutsche im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben und die weiteren Voraussetzungen des § 12 BWahlG erfüllen. Im Unterschied dazu ist zur Wahl der Bezirksverordnetenversammlung in Berlin berechtigt, wer das 16. Lebensjahr vollendet hat (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 des Gesetzes über die Wahlen zum Abgeordnetenhaus und zu den Bezirksverordnetenversammlungen <Landeswahlgesetz - LWG Berlin>); zudem sind nach § 22a LWG Berlin Staatsangehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Union bei dieser Wahl wahlberechtigt. Werden Personen aus diesen beiden Gruppen zur Bundestagswahl zugelassen, liegt ein Wahlfehler vor.
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(ee) Eine Wartezeit vor Abgabe der Stimme ist als solche kein Wahlfehler. Weder Bundeswahlgesetz noch Bundeswahlordnung machen Vorgaben zum Umfang einer zumutbaren Wartezeit. Aus der Formulierung "möglichst erleichtern" in § 46 Abs. 1 Satz 3 BWahlO lässt sich eine bestimmte zumutbare Wartezeit nicht entnehmen. Treten ungewöhnlich lange Wartezeiten auf, kann dies allerdings Indiz dafür sein, dass die zuständigen Behörden oder Wahlorgane bei der Vorbereitung der Wahl das Gebot, die Stimmabgabe möglichst zu erleichtern, unzureichend beachtet haben. Dies ist indes nicht der Fall, wenn Wartezeiten Folge eines punktuellen, außerordentlich großen Andrangs sind. Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleistet nicht das Recht, seine Stimme am Wahltag jederzeit an jedem Ort ungehindert abgeben zu können, sondern nur die gleiche Möglichkeit zur Stimmabgabe für jeden Wahlberechtigten. Die Unwägbarkeit eines gleichzeitigen Zustroms einer Vielzahl von Wahlberechtigten zur selben Zeit kann für alle betroffenen Personen mehr Wartezeit mit sich bringen, ohne dass dadurch ein Wahlfehler begründet wird. Wenn jedoch aufgrund unzureichender Planung und Vorbereitung, etwa wegen zeitweise fehlender Stimmzettel oder einer unzureichenden Zahl an Wahlkabinen oder einer Kombination dieser Umstände, erhebliche Wartezeiten auftreten und der Dauer nach zunehmen, kann dies zur Folge haben, dass Wahlberechtigte das Warten auf die Abgabe der Stimme abbrechen oder gar nicht erst zur Wahl erscheinen. In diesem Fall liegt zwar in der Wartezeit als solcher kein Wahlfehler, wohl aber in den Maßnahmen oder Unterlassungen, die die Wartezeit verursacht und in der Folge die Stimmabgabe vereitelt haben. Wird die Stimme in einem solchen Fall trotz langer Wartezeit innerhalb der Wahlzeit abgegeben, liegt in der fehlerhaften Vorbereitung dennoch ein Wahlfehler, dem allerdings keine Mandatsrelevanz zukommt.
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(ff) Die vorübergehende Schließung eines Wahllokals stellt einen Wahlfehler dar, weil damit gegen die Öffentlichkeit der Wahlhandlung (vgl. § 31 Satz 1 BWahlG) und der Ermittlung des Wahlergebnisses (vgl. § 67 BWahlO) verstoßen wird. Zugleich liegt ein Verstoß gegen § 54 BWahlO vor, wonach während der Wahlhandlung sowie der Ermittlung und Feststellung des Wahlergebnisses jedermann zum Wahlraum Zutritt hat, soweit dies ohne Störung des Wahlgeschäfts möglich ist. Der Zutritt zum Wahlraum muss auch und gerade nach dem Ende der Wahlzeit möglich sein (vgl. Böth, in: Schreiber, BWahlG, 11. Aufl. 2021, § 31 Rn. 5). Eine vorzeitige und/oder zwischenzeitliche Schließung des Wahllokals begründet einen Wahlfehler, weil sie die Wahlurne mit den gesammelten Stimmzetteln in dieser Zeit der Kontrolle der Öffentlichkeit entzieht. Außerdem ist eine Schließung des Wahllokals geeignet, Wahlberechtigten zu vermitteln, dass sie von ihrem Wahlrecht nicht mehr Gebrauch machen können. Etwas anderes gilt dann, wenn lediglich die Wahlhandlung - etwa wegen fehlender Stimmzettel - unterbrochen wird, das Urnenwahllokal selbst aber geöffnet bleibt. Ein Verstoß gegen die Öffentlichkeit der Wahl ist in einem solchen Fall nicht gegeben. Dies schließt aber nicht aus, dass aus anderen Gründen ein eigenständiger Wahlfehler vorliegt.
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(c) Eine Stimmabgabe nach Ende der Wahlzeit (aa) ist nicht bereits als solche ein Wahlfehler, sondern grundsätzlich im Rahmen des § 60 Satz 2 BWahlO zulässig (bb).
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(aa) Die Wahl dauert nach § 47 Abs. 1 BWahlO von 8 Uhr bis 18 Uhr. Ein früherer Beginn kann aus besonderen Gründen im Einzelfall festgesetzt werden (vgl. § 47 Abs. 2 BWahlO). Der Ablauf der Wahlzeit ist vom Wahlvorsteher bekanntzugeben (vgl. § 60 Satz 1 BWahlO). Ab diesem Zeitpunkt sind nur noch die Wählerinnen und Wähler zur Stimmabgabe zuzulassen, die vor Ablauf der Wahlzeit erschienen sind und sich im Wahlraum oder aus Platzgründen davor befinden (vgl. § 60 Satz 2 BWahlO). Werden Wählerinnen und Wähler zugelassen, die sich zum Zeitpunkt des Ablaufs der Wahlzeit noch nicht vor dem Wahlraum eingefunden haben, liegt ein Verstoß gegen § 60 Satz 2 BWahlO und damit ein Wahlfehler vor.
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(bb) Die Formulierung "aus Platzgründen davor" in § 60 Satz 2 BWahlO nimmt Bezug auf die räumlichen Gegebenheiten im Wahllokal, die dazu führen können, dass ein Wahlberechtigter nicht in dem, sondern vor dem Wahlraum warten muss. Je nach Größe des Wahlraums können sich dort nur wenige Wahlberechtigte aufhalten, bereits um die Geheimheit der Wahl und das ordnungsgemäße Handeln der Wahlorgane sicherzustellen. Zudem waren im vorliegenden Fall die Abstandsvorgaben der Corona-Verordnung zu beachten. Ein Warten aus Platzgründen vor dem Wahlraum ist anzunehmen, wenn die räumliche Kapazität des Wahllokals erschöpft ist. Entscheidend setzt § 60 Satz 2 BWahlO voraus, dass die betroffene Person "vor Ablauf der Wahlzeit" erschienen ist. Dies ist der Fall, wenn sie vor 18 Uhr am Wahllokal eingetroffen ist. Davon ausgehend kann der Auffassung der Beschwerdeführerin nicht gefolgt werden, dass bei Bildung einer Warteschlange bis 18 Uhr ein Wahlfehler vorliegt, weil die Wartenden sich nicht aus Platzgründen vor dem Wahllokal aufhielten. Für die Anwendbarkeit von § 60 Satz 2 BWahlO ist allein entscheidend, ob die betroffene Person rechtzeitig am Wahllokal eingetroffen ist und aus Gründen der räumlichen Kapazität vor diesem warten muss.
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(cc) Aus § 32 Abs. 2 BWahlG folgt nichts anderes. Danach dürfen Prognosen, die auf Befragungen über das Wahlverhalten am Wahltag beruhen, und Hochrechnungen nicht vor dem "Ablauf der Wahlzeit" veröffentlicht werden. "Ablauf der Wahlzeit" ist gemäß § 47 Abs. 1 BWahlO 18 Uhr. Hiervon ist das Ende der Wahlhandlung, das gemäß § 60 Satz 2 BWahlO später eintreten kann, zu unterscheiden. Angesichts der ubiquitären Verfügbarkeit aktueller Informationen hat eine Stimmabgabe nach Ende der Wahlzeit und damit möglicherweise in Kenntnis der ersten Prognosen zwar eine Beeinträchtigung der Gleichheit der Wahl, wonach alle Wählerinnen und Wähler unter den gleichen Umständen und vom Verhalten anderer unbeeinflusst ihre Stimmen abgeben sollen, zur Folge. Gleichwohl wirkt die Veröffentlichung von Prognosen, die den Vorgaben des § 32 Abs. 2 BWahlG entspricht, nicht auf den ordnungsgemäßen Ablauf der Wahl selbst zurück. Die Möglichkeit rechtzeitig erschienener Wähler, ihre Stimme auch noch nach 18 Uhr abzugeben, dient der Allgemeinheit der Wahl. Dies rechtfertigt, dass Personen, die sich im Wahlraum oder unmittelbar davor befinden, ihre Stimme nach dem regulären Ende der Wahlzeit noch abgeben können.
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(dd) Im Ergebnis ist daher festzustellen, dass die Entgegennahme der Stimme einer rechtzeitig am Wahllokal erschienenen Person den Vorgaben von § 60 Satz 2 BWahlO entspricht, der im Interesse der Allgemeinheit der Wahl sicherstellen will, dass Kapazitätsengpässe nicht zum Ausschluss von der Stimmabgabe führen. Eine Stimmabgabe nach 18 Uhr stellt damit für sich genommen keinen Wahlfehler dar. Dies schließt allerdings nicht aus, dass der Überschreitung des Endes der Wahlzeit indizielle Wirkung hinsichtlich des Vorliegens sonstiger Wahlfehler zukommen kann.
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(d) Die Wahlniederschrift dient der Dokumentation und Nachvollziehbarkeit des Ablaufs der Wahl. Eigenständige Regelungen hierzu enthält das Bundeswahlgesetz nicht.
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Gemäß § 72 Abs. 1 Satz 1 BWahlO ist über die Wahlhandlung sowie die Ermittlung und Feststellung des Wahlergebnisses vom Schriftführer des Wahlvorstands eines jeden Wahlbezirks eine Niederschrift nach dem Muster in der Anlage 29 zur Bundeswahlordnung (BGBl I 2020, S. 208 ff.) zu fertigen. Dabei wird vorausgesetzt, dass für auftretende besondere Vorfälle eigene Niederschriften angefertigt werden, ohne dass der Begriff der "besonderen Vorfälle" in der Bundeswahlordnung oder im Bundeswahlgesetz erläutert wird. Eine Annäherung an seinen Bedeutungsgehalt wird durch die Nennung von Beispielen im Vordruck - Zurückweisung von Wählern (§ 56 Abs. 6, 7 und § 59 BWahlO) - ermöglicht (Ziffer 2.9 der Wahlniederschrift; vgl. dazu oben Rn. 6). Die Bundeswahlordnung sieht für einzelne Ereignisse im Rahmen des Wahlgeschehens ausdrücklich die Dokumentation in der Niederschrift vor (vgl. § 56 Abs. 7 <Beschluss über Zulassung oder Zurückweisung einer Stimmabgabe>; § 59 <Stimmabgabe von Inhabern eines Wahlscheins>; § 61 Abs. 6 <Entgegennahme von Stimmen in Sonderwahlbezirken>; § 68 Abs. 1 Satz 3 <Abweichung zwischen Stimmabgabevermerken/Wahlscheinen und Zahl der Stimmzettel>, Abs. 2 Satz 5 <Übergabe der Wahlurne>; § 69 Abs. 5 Satz 3 und 7 <Zahl der Stimmen>, Abs. 6 Satz 4 <Zahl der ungültigen Stimmen>, Abs. 7 Satz 4 <Gründe für die erneute Zählung>). Damit soll sichergestellt werden, dass die wesentlichen Verfahrensschritte für jedes einzelne Urnenwahllokal eigenständig dokumentiert werden. Eine Ausschlusswirkung im Sinne einer Beschränkung des Begriffs der "besonderen Vorfälle" ausschließlich auf diese Ereignisse folgt daraus nicht. Die Wahlniederschrift gibt damit die vom Wahlvorstand verantwortete Auskunft über den Ablauf der Wahl und die Einhaltung wesentlicher Verfahrensvorschriften. Sie ermöglicht die Überprüfung des Wahlgeschehens in Bezug auf die in der Niederschrift erwähnten Verfahrensschritte im Nachgang zur Wahl.
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Die Ausweisung von Wartezeiten sieht das Muster der Anlage 29 zur Bundeswahlordnung nicht explizit vor. Sie werden auch nicht ausdrücklich als "besondere Vorfälle" im Sinne der Ziffer 2.9 qualifiziert. Dies schließt deren Ausweisung in dieser Kategorie nicht aus. Voraussetzung ist allerdings, dass der Wahlvorstand die Wartezeiten oder die Länge von Warteschlangen überhaupt zur Kenntnis genommen und als besonders gewertet hat.
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Mit dem Vordruck der Wahlniederschrift ist der Wahlvorstand vor Beginn der Wahlhandlung auszustatten, § 49 Nr. 4 BWahlO. Dadurch wird die gleichmäßige Dokumentation der Geschehensabläufe in den einzelnen Urnenwahllokalen gewährleistet. Zugleich dient die Wahlniederschrift als Handlungsleitfaden, indem die wesentlichen Verfahrensschritte genannt werden, zum deutlich überwiegenden Teil mit der Anforderung, den Vollzug eines einzelnen Schritts durch Ankreuzen zu bestätigen. Verstöße gegen die Vorgaben des § 72 BWahlO stellen Wahlfehler dar.
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(e) Die Briefwahl ermöglicht den Wahlberechtigten die Teilnahme an der Wahl, ohne am Wahltag im Urnenwahllokal erscheinen zu müssen. Sie findet ihre Rechtfertigung in der Allgemeinheit der Wahl, berührt aber gleichzeitig die Grundsätze der Geheimheit, Freiheit und Öffentlichkeit der Wahl (vgl. BVerfGE 59, 119 124>; 134, 25 29 Rn. 11>). Nach § 17 Abs. 2 BWahlG erhält ein Wahlberechtigter, der in das Wählerverzeichnis eingetragen ist, auf Antrag einen Wahlschein (vgl. § 25 BWahlO), der Voraussetzung für die Teilnahme an der Briefwahl ist (vgl. § 14 Abs. 3 BWahlG). Den Maßstab für die Durchführung der Briefwahl bilden die §§ 36, 38, 39 BWahlG, §§ 66, 74, 75 BWahlO sowie Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG. Dabei ist es den Wahlberechtigten bei der Briefwahl weitgehend selbst überlassen, für die Beachtung des Wahlgeheimnisses und der Wahlfreiheit Sorge zu tragen (vgl. BVerfGE 21, 200 205>). Die Missachtung der dargestellten Vorgaben begründet ebenfalls einen Wahlfehler.
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b) Nach diesen Maßstäben weisen die Abläufe bei der Bundestagswahl 2021 in Berlin Wahlfehler in Bezug sowohl auf die Vorbereitung (aa) als auch auf die Durchführung der Wahl (bb) auf. Davon sind über den angegriffenen Beschluss des Deutschen Bundestages hinaus weitere Urnenwahlbezirke betroffen (cc). Aus der möglichen Lückenhaftigkeit der Niederschriften (dd) und der Durchführung der Briefwahl (ee) ergeben sich dagegen keine weiteren Wahlfehler.
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aa) Bereits in der Phase der Vorbereitung der Bundestagswahl 2021 in Berlin sind Wahlfehler festzustellen. Während die Bildung der Wahlbezirke sowie die Ermittlung der Anzahl der Wahllokale pro Wahlbezirk nicht zu beanstanden sind (1), ist die Vorbereitung in den einzelnen Wahlbezirken dort fehlerhaft, wo Kapazität und Ausstattung der Wahllokale sowohl für die Anzahl der Wahlberechtigten insgesamt als auch für die Anzahl der für die Präsenzwahl zu erwartenden Wahlberechtigten nicht ausreichend waren (2) oder die (richtigen) Stimmzettel nicht rechtzeitig in ausreichender Zahl zur Verfügung gestellt wurden (3).
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(1) Bei der Bildung der Wahlbezirke wurde die Sollgröße von 2.500 Einwohnerinnen und Einwohnern pro Wahlbezirk nicht überschritten. Darüber hinaus ist auch die Berechnung der Anzahl der Wahllokale innerhalb der einzelnen Bezirke nicht zu beanstanden. Bedenken ergeben sich dabei nicht aus der Simulation der Stimmauszählung im Juli 2020. Zwar ist im Rahmen der Wahlvorbereitung die möglichst schnelle Auszählung der Stimmen nicht allein entscheidend. Vielmehr ist zunächst ein Wahlablauf zu gewährleisten, der die Wahl selbst möglichst erleichtert. In diesem Rahmen kann aber auch die Simulation der Stimmauszählung zur Bestimmung der Anzahl der Wahllokale herangezogen werden. Der daraus abgeleiteten Empfehlung, maximal 750 Wählerinnen und Wähler pro Wahllokal vorzusehen, wurde Rechnung getragen, wobei in nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen wurde, dass unter Berücksichtigung der Briefwählerinnen und Briefwähler sowie der Nichtwählerinnen und Nichtwähler in den Urnenwahllokalen die vorgegebene Richtzahl eingehalten werden würde. Die drei Wahlkreise, in denen die meisten fehlerbehafteten Wahlbezirke lagen, verdeutlichen dies (vgl. Landeswahlleitung Berlin, Stellungnahme an den Wahlprüfungsausschuss vom 11. Januar 2022, S. 13 ff.): So wählten im
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- Wahlkreis 76 (zusätzlich 21 Urnenwahlbezirke eingerichtet, insgesamt 175, davon nach Auffassung des Deutschen Bundestages 112 fehlerbehaftet) in den Wahllokalen, die vor 18:30 Uhr schlossen, im Mittel 535 Personen (Minimum: 345; Maximum: 717), in den später schließenden Wahllokalen im Mittel 581 Personen (Minimum: 398; Maximum: 731);
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- Wahlkreis 80 (zusätzlich 22 Urnenwahlbezirke, insgesamt 176, davon 59 fehlerbehaftet) in den Wahllokalen, die vor 18:30 Uhr schlossen, im Mittel 427 Personen (Minimum: 168; Maximum: 710), in den später schließenden Wahllokalen im Mittel 489 Personen (Minimum: 362; Maximum: 567);
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- Wahlkreis 83 (zusätzlich 46 Urnenwahlbezirke eingerichtet, insgesamt 203, davon 56 fehlerbehaftet) in den Wahllokalen, die vor 18:30 Uhr schlossen, im Mittel 436 Personen (Minimum: 109; Maximum: 675), in den später schließenden Wahllokalen im Mittel 491 Personen (Minimum: 327; Maximum: 631).
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(2) Demgegenüber wurde § 46 Abs. 1 Satz 3 BWahlO, wonach die Teilnahme an der Wahl möglichst zu erleichtern ist, bereits während der Wahlvorbereitung missachtet. Erforderlich wäre es gewesen, eine Ausstattung der Wahlräume mit Wahlkabinen und Stimmzetteln in einem Umfang zu veranlassen, der einen reibungslosen Wahlablauf ohne überlange Wartezeiten ermöglicht hätte, es sei denn, dass unvorhersehbare, außerhalb der staatlichen Verantwortungssphäre liegende Ereignisse wie ein punktuell besonders starker Andrang diesen gestört hätten.
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Dem genügte die Planung der Ausstattung der Wahllokale mit Wahlkabinen nicht. Es wurden keine tragfähigen Überlegungen angestellt oder umgesetzt, wie der einzelne Wahlraum eines jeden Wahlbezirks für die absolute Zahl oder jedenfalls die Zahl der zu erwartenden Wahlberechtigten unter den Bedingungen einer Mehrfachwahl mit sechs Entscheidungsmöglichkeiten auf fünf inhaltlich verschiedenen und unterschiedlich gestalteten Stimmzetteln auszustatten gewesen wäre. Zwar war der Rückgriff auf Vorerfahrungen, insbesondere im Zusammenhang mit der Bundestagswahl 2017, nicht per se fehlerhaft. Allerdings hatten 2017 lediglich die Bundestagswahl und ein Volksentscheid über den Weiterbetrieb des Flughafens Berlin-Tegel "Otto Lilienthal" gleichzeitig stattgefunden, das heißt, es waren drei Stimmen auf zwei Stimmzetteln abzugeben. Demgegenüber konnten am 26. September 2021 auf bis zu fünf Stimmzetteln bis zu sechs Stimmen abgegeben werden. Diesem Umstand konnte nicht allein durch eine Erhöhung der Zahl der Wahlbezirke von 1.779 um im Ergebnis 477 auf im Ergebnis 2.256 Rechnung getragen werden. Einer Verdoppelung der Anzahl der abzugebenden Stimmen stand lediglich eine Erhöhung der Zahl der Wahlbezirke um rund 27 % gegenüber (vgl. zur Verteilung auf die einzelnen Wahlkreise oben, Rn. 4).
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Demgegenüber kann auch nicht auf die Simulation, die zur Vorbereitung der Wahl im Juli 2020 durchgeführt wurde, verwiesen werden. Denn dabei stand der Zeitaufwand für die Auszählung der Stimmen im Vordergrund, nicht die Dauer der Wahlhandlung beziehungsweise des Vorgangs der Stimmabgabe durch die einzelne Wählerin oder den einzelnen Wähler. Daran wäre aber die Ausstattung der Wahllokale auszurichten gewesen. Erforderlich wäre neben einer genügenden personellen Besetzung (d.h. einer ausreichenden Zahl an Mitgliedern des Wahlvorstands, um die einzelnen Arbeitsschritte pro Wählerin oder Wähler in einer bestimmten Zeit zu erledigen) insbesondere eine ausreichende Zahl an Wahlkabinen pro Wahllokal gewesen.
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Die Landeswahlleitung hatte in ihren Handlungshinweisen einen "idealtypischen Aufbau" eines Wahllokales mit zwei Wahlkabinen als Orientierung vorgestellt, der - abhängig von der Größe des Wahlraums - auch die Einhaltung der pandemiebedingten Hygienevorschriften gewährleisten sollte (vgl. Landeswahlleiterin, Pandemiebedingte Handlungshinweise für die Wahlen in Berlin 2021, S. 8, 18 <Anlage 3>). Bei einer solchen Ausstattung ergab sich bei einer Wahlzeit von zehn Stunden (8 Uhr bis 18 Uhr) eine Kapazität eines Urnenwahllokals von zwei Mal 600 Minuten, also 1.200 Minuten, in denen den Wählerinnen und Wählern Wahlkabinen zur Verfügung standen. Dies war für einen die Teilnahme an der Wahl möglichst erleichternden Ablauf unzureichend, zumal nicht von einem gleichmäßigen Zustrom an Wahlberechtigten ausgegangen werden konnte. Dabei sind die Möglichkeit der Briefwahl und die Erwartung ihrer steigenden Inanspruchnahme keine Faktoren, die im Planungsstadium wahlraumscharf die Anforderungen an die Ausstattung der Wahlräume in den Urnenwahlbezirken absenken konnten, weil die Erwartung einer verstärkten Inanspruchnahme der Briefwahl bereits bei der Bildung der Wahlbezirke berücksichtigt worden war.
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Dass die der Wahlvorbereitung zugrunde gelegte Ausstattung der Wahllokale angesichts der gewählten Größe der Wahlbezirke unzureichend war, zeigt die folgende Betrachtung:
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- Bei einer Ausstattung mit zwei Wahlkabinen standen rechnerisch pro wahlberechtigter Person 1,5 Minuten, bei drei Wahlkabinen 2,2 Minuten zur Verfügung, wenn eine Wahlbeteiligung von 75 % (bei diesem Wert lag die Wahlbeteiligung bei der Bundestagswahl 2021 in Berlin) und eine reine Präsenzwahl zugrunde gelegt werden.
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- Bei einer Ausstattung mit zwei Wahlkabinen standen rechnerisch pro wahlberechtigter Person 2,2 Minuten, bei drei Wahlkabinen 3,3 Minuten zur Verfügung, wenn eine Wahlbeteiligung von 75 % und eine Briefwahlbeteiligung wie bei der Bundestagswahl 2017 (Berlin: 33,4 %) zugrunde gelegt werden.
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- Bei einer Ausstattung mit zwei Wahlkabinen standen rechnerisch pro wahlberechtigter Person 2,8 Minuten, bei drei Wahlkabinen 4,2 Minuten zur Verfügung, wenn eine Wahlbeteiligung von 75 % und eine Briefwahlbeteiligung wie bei der Bundestagswahl 2021 (Berlin: 47,2 %) zugrunde gelegt werden.
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- Bei einer Ausstattung mit zwei Wahlkabinen standen rechnerisch pro wahlberechtigter Person 2,9 Minuten, bei drei Wahlkabinen 4,4 Minuten zur Verfügung, wenn eine Wahlbeteiligung von 75 % und entsprechend der Prognose des Bundeswahlleiters eine Briefwahlbeteiligung von mindestens 50 % zugrunde gelegt werden (vgl. Tagesspiegel Nr. 24 627 vom 16. August 2021, S. 1: "Bundeswahlleiter rechnet mit 50 Prozent Briefwählern").
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Diese abstrakte Berechnung bildet nicht ab, dass der Einzugsbereich der Urnenwahllokale stark variierte (zwischen durchschnittlich 1.347 Wahlberechtigten im Wahlkreis 76 und 885 Wahlberechtigten im Wahlkreis 84). Ersichtlich ist jedoch, dass selbst im Fall einer hohen Briefwahlbeteiligung von 50 % bei einer Ausstattung mit zwei Wahlkabinen pro Wahllokal durchschnittlich lediglich 2,9 beziehungsweise bei drei Wahlkabinen 4,4 Minuten zur Verfügung standen, um die insgesamt sechs Stimmen abzugeben, und zwar als Bruttozeit vom Herantreten an und Eintreten in die Wahlkabine bis hin zum Verlassen derselben. Jedenfalls bei Wahllokalen, die einen überdurchschnittlich großen Einzugsbereich hatten und nur mit zwei Wahlkabinen ausgestattet waren, war demgemäß ein erleichterter Zugang zur Wahlteilnahme gemäß § 46 Abs. 1 Satz 3 BWahlO nicht eröffnet, sondern die Entstehung von Wartezeiten und Warteschlangen unvermeidbar.
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(3) Daneben wurde bei der Wahlvorbereitung gegen § 49 Nr. 3 BWahlO verstoßen, weil die amtlichen Stimmzettel zwar beschafft, aber teilweise den Wahlvorständen der Wahlbezirke nicht vor Beginn der Wahlhandlung in genügender Zahl übergeben wurden. Dies kann nicht mit der Begründung gerechtfertigt werden, dass eine sukzessive Anlieferung der Stimmzettel im Laufe des Wahltages erforderlich gewesen sei, weil ein Satz Stimmzettel 32 Gramm gewogen habe und für die Vollausstattung eines Urnenwahllokals mit beispielhaft mindestens 750 Wahlberechtigten Stimmzettel mit einem Gesamtgewicht von 24 Kilogramm zu transportieren gewesen seien (vgl. Wahlprüfungsausschuss vom 24. Mai 2022, Stenographisches Protokoll 20/04, S. 29). Dadurch wird die zuständige Wahlbehörde nicht davon entbunden, der Wahlvorsteherin oder dem Wahlvorsteher des jeweiligen Wahlbezirks vor Beginn der Wahlhandlung gemäß § 49 Nr. 3 BWahlO "amtliche Stimmzettel in genügender Zahl" zu übergeben. Konnten in der Folge Wahlberechtigte wegen fehlender Stimmzettel ihre Stimme nicht oder jedenfalls nicht ohne längere Wartezeit abgeben, liegt ein Wahlfehler vor.
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In welchem Umfang in den einzelnen Urnenwahlbezirken zu Beginn der Wahlhandlung amtliche Stimmzettel für die Bundestagswahl nur in unzureichender Zahl vorgehalten wurden, dürfte im Einzelnen allerdings nicht mehr feststellbar sein. In der mündlichen Verhandlung des Wahlprüfungsausschusses hat die Landeswahlleitung Berlin erklärt, einige Bezirke hätten die Stimmzettel vorher anliefern lassen. Dort seien keine Probleme aufgetreten (vgl. Stenographisches Protokoll 20/04, S. 29). Der Kreiswahlleiter des Bundestagswahlkreises 83, der im Wesentlichen den Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg, aber auch einen Teil des Bezirks Pankow umfasste, hat erklärt, der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg habe vorausgeliefert; die Wahllokale seien ausgestattet gewesen. Für den Pankower Teil des Wahlkreises sei das Modell der Nachlieferung gewählt worden. Obwohl der Pankower Teil des Wahlkreises klein sei, habe dort ein Großteil der problematischen Wahlbezirke gelegen (vgl. Stenographisches Protokoll 20/04, S. 29 f.). Die Niederschriften der einzelnen Wahlbezirke geben ebenfalls nur zum Teil Auskunft darüber, ob eine ausreichende Zahl an Stimmzetteln bei Wahlbeginn vorhanden war, ob und welche Stimmzettel ausgingen und ob diese rechtzeitig nachgeliefert oder abgeholt wurden.
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Selbst wenn bei der Nachlieferung von Stimmzetteln eine gewisse Wartezeit zumutbar wäre (vgl. BTDrucks 19/16350 vom 7. Januar 2020, S. 22), liegt beim Scheitern der Nachlieferung - etwa wegen des Marathons, Verkehrsstaus und Unfällen mit der Folge, dass Stimmzettel über einen längeren Zeitraum nicht zur Verfügung standen, sodass Wahlberechtigte von der Wahlteilnahme abgehalten wurden - ein Wahlfehler vor. Ob und inwieweit dies der Fall war, ist mangels sonstiger Anhaltspunkte anhand der feststellbaren Abläufe der Wahl in den einzelnen Wahlbezirken zu erörtern (s.o. Rn. 6). Unterbrechungen der Wahlhandlung, Schließungen von Wahllokalen, überlange Wartezeiten oder erhebliche Verlängerungen der Wahlzeit können im konkreten Einzelfall hinreichende Indizien sein, um von einer unzureichenden Ausstattung der betroffenen Wahllokale mit Wahlkabinen oder einer genügenden Zahl an amtlichen Stimmzetteln vor Beginn der Wahlhandlung ausgehen zu können.
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bb) Auch bei der Durchführung der Bundestagswahl 2021 in Berlin sind zahlreiche Wahlfehler festzustellen. Dazu zählen die Ausgabe von Stimmzetteln eines anderen Wahlkreises (1), Unterbrechungen der Wahlhandlung (2), die Verwendung anderer als der amtlichen Stimmzettel (3) und die Zulassung von nicht wahlberechtigten Personen zur Bundestagswahl (4). Demgegenüber stellen Wartezeiten (5), die Stimmabgabe nach 18 Uhr (6) und die Veröffentlichung von Prognosen um 18 Uhr trotz noch geöffneter Wahllokale (7) keine eigenständigen Wahlfehler dar. Dies schließt nicht aus, dass den beiden zuerst genannten Umständen indizielle Bedeutung für das Vorliegen sonstiger Wahlfehler zukommt. Die fehlende Barrierefreiheit einzelner Urnenwahllokale bedarf differenzierter Betrachtung (8).
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(1) Wahlberechtigte, denen ein Stimmzettel eines anderen Wahlkreises ausgehändigt wurde, konnten die Erststimme nicht einem wählbaren Bewerber ihres Wahlkreises geben. Auch wenn der Stimmzettel für einen anderen Wahlkreis desselben Landes gültig ist, ist die abgegebene Erststimme gemäß § 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 in Verbindung mit Satz 2 Halbsatz 2 BWahlG ungültig. Damit liegt ein Wahlfehler vor. Dass die Zweitstimme demgegenüber berücksichtigt wird, beseitigt diesen Fehler nicht. Dokumentiert sind durch den Wahlprüfungsausschuss 495 Fälle, in denen Wahlberechtigte aus diesem Grund bei der Bundestagswahl nur ihre Zweitstimme wirksam abgegeben haben:
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- Wahlkreis 76 (Wahlbezirk 605 und Briefwahlbezirk 03B8L): 107 falsche Stimmzettel (BTDrucks 20/4000, S. 30),
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- Wahlkreis 78 (Wahlbezirke 101, 103, 106): 221 "nicht für diesen Wahlkreis bestimmte und damit falsche" Stimmzettel (BTDrucks 20/4000, S. 26),
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- Wahlkreis 80 (Wahlbezirk 624): 41 falsche Stimmzettel (BTDrucks 20/4000, S. 29),
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- Wahlkreis 83: 126 falsche Stimmzettel (BTDrucks 20/4000, S. 29).
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(2) Unterbrechungen des Wahlgeschehens sind als Wahlfehler zu qualifizieren. Bei der Bundestagswahl 2021 in Berlin waren sie regelmäßig Folge der mangelhaften Vorbereitung der Wahlen, insbesondere der unzureichenden Ausstattung einzelner Wahllokale mit Wahlkabinen und Stimmzetteln. Im Einzelnen sind die Abläufe dabei unklar und in Anbetracht des Umstandes, dass die Niederschriften der Wahllokale hierzu nur in beschränktem Umfang Auskunft zu geben vermögen, wohl auch nicht abschließend aufklärbar. Verbleiben Unklarheiten, ob es überhaupt zu relevanten Unterbrechungen des Wahlgeschehens gekommen ist, kann ein Wahlfehler nicht festgestellt werden.
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(a) Die Ursachen für die Unterbrechungen des Wahlgeschehens (fehlende Stimmzettel für die Bundestags- oder Abgeordnetenhauswahl, übergroßer Andrang) sind im Ergebnis für das Vorliegen eines Wahlfehlers ebenso ohne Belang wie die Ausgestaltung der Unterbrechungen (Schließung des Wahllokals, Unterbrechung des gesamten Wahlgeschehens, Unterbrechung nur der Bundestags- oder Abgeordnetenhauswahl). Hierzu führte der Kreiswahlleiter des Wahlkreises 83 in der mündlichen Verhandlung des Wahlprüfungsausschusses vom 24. Mai 2022 aus (Stenographisches Protokoll 20/04, S. 30):
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Als wir wegen dieser fehlenden AGH-Stimmzettel (Anmerkung: Abgeordnetenhaus-Stimmzettel) Unterbrechungen hatten, gab es bei den Wahlvorständen unterschiedliche Vorgehensweisen. Manche haben gesagt: Okay, alles andere läuft weiter, auch die Bundestagswahl, und nur wer die AGH-Zweitstimme abgeben will, soll noch mal kommen; wir vermerken das im Wählerverzeichnis, damit nicht doppelt abgestimmt werden kann. (…) Das war aber die Minderheit. Die meisten haben gesagt: Ein Stimmzettel fehlt, wir machen komplett zu.
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(b) Für die Beurteilung, dass ein Wahlfehler vorliegt, kommt es darauf nicht an. Eine zeitweilige völlige Schließung eines Wahllokals verstößt bereits gegen den Grundsatz der Öffentlichkeit der Wahl gemäß § 54 BWahlO (s.o. Rn. 164). Unterbrechungen der Bundestagswahl bei fortbestehender öffentlicher Zugänglichkeit des Wahllokals verstoßen gegen § 47 BWahlO, wonach die Wahl von 8 Uhr bis 18 Uhr dauert (s.o. Rn. 161). Zweifelhaft erscheinen allenfalls Fälle, in denen zwar die Abgeordnetenhauswahl, hingegen nicht die Bundestagswahl unterbrochen wurde. In welchem Umfang es derartige Fälle gab, ist nicht mehr uneingeschränkt nachvollziehbar. Die zitierte Aussage des Kreiswahlleiters des Wahlkreises 83 spricht dafür, dass die Wahl nur ausnahmsweise als Teilwahl fortgeführt, also die Bundestagswahl nur ausnahmsweise isoliert fortgesetzt wurde. Überdies ist das Wahlgeschehen einer Mehrfachwahl einheitlich zu beurteilen. Wird wegen fehlender Stimmzettel für die Wahl des Abgeordnetenhauses die Wahl unterbrochen, liegt eine Störung des Wahlgeschehens vor, die auch die Bundestagswahl erfasst. Es wäre lebensfremd anzunehmen, dass in diesen Fällen die Unterbrechung der Abgeordnetenhauswahl ohne Rückwirkung auf die Beteiligung der Wahlberechtigten an der Bundestagswahl geblieben ist. Demgegenüber ist es in Bezug auf die Bundestagswahl nicht zu beanstanden, wenn - wie in zahlreichen Urnenwahllokalen geschehen - versehentlich die Erststimmzettel für die Abgeordnetenhauswahl nicht ausgegeben wurden, ohne dass sich dies auf die Stimmabgabe im Übrigen ausgewirkt hat. Der Stimmzettel für die Bundestagswahl konnte in diesen Fällen unbeeinflusst und wirksam abgegeben werden.
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(c) Ein Wahlfehler ist aber nur dann festzustellen, wenn eine Unterbrechung der Wahlhandlung tatsächlich stattgefunden hat. Fehlen dafür hinreichende Anhaltspunkte, ist für die Annahme des Vorliegens eines Wahlfehlers kein Raum (im Einzelnen dazu nachfolgend Rn. 212 ff.).
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(3) Die Verwendung anderer als der im Vorfeld der Wahl beschafften amtlichen Stimmzettel, insbesondere Fotokopien derselben, verstößt gegen § 34 Abs. 1 BWahlG, § 56 Abs. 1 und 6 Satz 1 Nr. 6 BWahlO. Ein solcher Verstoß liegt im Wahlbezirk 76 03 518 vor, weil dort Statistikwahlzettel ausgegeben wurden; gemäß § 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 in Verbindung mit Satz 2 Halbsatz 2 BWahlG sind beide Stimmen ungültig, wenn der Stimmzettel nicht amtlich hergestellt ist. Der angegriffene Beschluss des Deutschen Bundestages, der dies nicht in den Blick nimmt, wird dadurch aber nicht infrage gestellt, weil in diesem Wahlbezirk die Wahl aus einem anderen Grund (Unterbrechung der Wahlhandlung) für ungültig erklärt worden ist. Die Vervielfältigung von Stimmzetteln ist nur für die parallel stattfindende Wahl zum Abgeordnetenhaus festgestellt.
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(4) Aus den Niederschriften gehen einzelne Fälle hervor, in denen Personen, die nur bei der Wahl zur Bezirksverordnetenversammlung wahlberechtigt waren, Stimmzettel für die Bundestagswahl erhalten und diese eingeworfen haben: So ist im Wahlkreis 81, Urnenwahlbezirk 81 07 506, und im Wahlkreis 85, Urnenwahlbezirk 85 10 620, jeweils ein Fall dokumentiert, in dem eine nur für die Wahl zur Bezirksverordnetenversammlung berechtigte Person auch den Stimmzettel für die Bundestagswahl erhalten und eingeworfen hat, ohne dass die Wahl in diesem Wahlbezirk aus anderen Gründen wahlfehlerbehaftet wäre. Zudem wurden im Urnenwahlbezirk 83 02 425 zwischen 8 Uhr und 9 Uhr ausweislich der Niederschrift statt der Stimmzettel für die Bezirksverordnetenversammlung Stimmzettel für die Bundestagswahl an Personen ausgegeben, die nur für die Wahl zur Bezirksverordnetenversammlung zuzulassen waren; auf der Grundlage der Stimmabgabevermerke dürfte es sich dabei um höchstens sechs Fälle handeln, in denen der Stimmzettel in der Folge auch eingeworfen wurde. Abgewendet wurde der Einwurf fälschlich ausgegebener Stimmzettel ausweislich der Niederschriften in den Urnenwahlbezirken 79 06 714 und 80 04 704. Soweit dies nicht gelang, liegen Wahlfehler vor, weil diese Personen ohne Wahlberechtigung und daher ohne Eintrag im Wählerverzeichnis zurückzuweisen gewesen wären (vgl. § 56 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 BWahlO). Die in den Niederschriften ebenfalls vereinzelt nachgewiesenen Fälle, in denen für die Bezirksverordnetenversammlung wahlberechtigte Personen auch zur Wahl zum Abgeordnetenhaus und/oder zum Volksentscheid zugelassen wurden, sind für die Bundestagswahl unbeachtlich.
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(5) Überlange Wartezeiten sind entgegen dem Vortrag der Beschwerdeführerin (a) nicht als solche als Wahlfehler anzusehen, können sich aber als Auswirkungen von Wahlfehlern in der Vorbereitung der Wahl und als Beleg für die unzureichende Ausstattung der Urnenwahllokale mit Wahlkabinen und Stimmzetteln darstellen (b).
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(a) Nach Auffassung der Beschwerdeführerin stellen überlange Wartezeiten bei der Bundestagswahl in Berlin eigenständige Wahlfehler dar. Dies gelte nicht erst zum oder nach Ende der Wahlzeit. Auch bereits zuvor könnten unzumutbar lange Wartezeiten Wahlberechtigte von der Ausübung des Wahlrechts abhalten und hätten dies bei der Bundestagswahl in Berlin auch getan. Diese Wirkung trete nicht erst beim Anstehen in der Warteschlange ein, sondern bereits bei der Annäherung an das Wahllokal oder beim Sichtbarwerden der Warteschlange beziehungsweise schon davor, wenn über persönliche Kontakte oder Medien über Wartezeiten informiert werde. Eine Kompensation solcher Wahlfehler durch längere Öffnungszeiten der Wahllokale sei nicht möglich.
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Dabei weist die Beschwerdeführerin darauf hin, dass der Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin in acht der zwölf Wahlkreisverbände dokumentierte Wartezeiten festgestellt habe, die sich auf 5.598 Minuten beliefen. Diese seien - wovon auch der Deutsche Bundestag ausgehe - häufig in den Niederschriften nicht dokumentiert worden. Jedenfalls in sechs dieser Wahlkreise sei eine sehr deutliche Häufung problematischer Warteschlangen festzustellen.
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(b) Dem ist nicht zu folgen. Es ist daran festzuhalten, dass Wartezeiten per se keinen Wahlfehler darstellen, da es an rechtlichen Vorgaben zum Umfang zulässiger Wartezeiten fehlt (s.o. Rn. 163). Besonders lange Wartezeiten indizieren allerdings regelmäßig eine unzureichende Ausstattung der Wahlräume mit Wahlkabinen und/oder Stimmzetteln und damit das Vorliegen eines Verstoßes gegen § 46 Abs. 1 Satz 3, § 49 Nr. 3 BWahlO. Als zeitliche Grenze dürfte dabei - unter Berücksichtigung des Umstands, dass in Berlin bis zu sechs Stimmen auf fünf unterschiedlichen Stimmzetteln abgegeben werden konnten - eine Wartezeit ab einer Stunde anzusehen sein. Kürzeren Wartezeiten dürfte eine vergleichbare Indizwirkung nicht zukommen, da nicht auszuschließen ist, dass trotz einer für den reibungslosen Ablauf der Wahl grundsätzlich ausreichenden Ausstattung eines Wahllokals aufgrund eines punktuell hohen Andrangs zeitweise Wartezeiten bis zu einer Stunde entstehen können. Überschreitet die Wartezeit aber den Zeitraum von einer Stunde, dürfte dies nicht mehr mit dem besonderen Andrang während sogenannter Stoßzeiten erklärbar sein, sodass von einer unzureichenden Ausstattung des betreffenden Wahllokals auszugehen ist.
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(6) Auch eine Stimmabgabe nach 18 Uhrbegründet als solche - wie dargestellt (s.o. Rn. 165 ff.) - keinen Wahlfehler. Ein solcher liegt grundsätzlich nur dann vor, wenn die Wahlberechtigten nicht rechtzeitig vor dem Ablauf der Wahlzeit erschienen und trotzdem zur Wahl zugelassen worden sind. Derartige Fälle sind vorliegend weder vorgetragen noch in sonstiger Weise ersichtlich.
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Davon zu unterscheiden ist die Frage, inwieweit Öffnungszeiten der Wahllokale über das Ende der Wahlzeit hinaus als ausreichendes Indiz für das Vorliegen sonstiger Wahlfehler angesehen werden können. Insoweit geht der Wahlprüfungsausschuss davon aus, dass in allen Urnenwahllokalen mit Schließzeiten nach 18:30 Uhr lange Wartezeiten vorgelegen hätten, die auf eine unzureichende, fehlerhafte Ausstattung der Wahllokale zurückzuführen seien. Nur für einen Wahlbezirk lägen entgegenstehende Hinweise vor. In diesem Fall sei die verspätete Schließung auf einen Polizeieinsatz zurückzuführen, dessen es bedurft habe, um eine Person zum Verlassen der Wahlkabine und des Wahllokals zu bewegen (vgl. BTDrucks 20/4000, S. 59).
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Der Senat teilt diese Einschätzung des Wahlprüfungsausschusses. Die Öffnung eines Wahllokals über 18:30 Uhr hinaus setzt voraus, dass zum Zeitpunkt des Endes der Wahlzeit um 18 Uhr eine nicht geringe Zahl an Wahlberechtigten zwar am Wahllokal eingetroffen ist, aber an der Wahl noch nicht teilnehmen konnte. Alternativ käme in Betracht, dass eine erhebliche Zahl an Wahlberechtigten nach 18 Uhr eintrifft und ihnen die Wahlteilnahme noch ermöglicht wird. Für diese Alternative gibt es vorliegend keine hinreichenden Anhaltspunkte. Bestand aber am Ende der Wahlzeit noch eine beträchtliche Warteschlange, die zur Ermöglichung der Wahlteilnahme der Wartenden eine Verlängerung der Öffnung des Wahllokals um mehr als eine halbe Stunde erfordert, spricht dies für eine unzureichende Ausstattung des betroffenen Wahllokals. Es liegt nahe, in diesem Fall einen Verstoß gegen § 46 Abs. 1 Satz 3, § 49 Nr. 3 BWahlO anzunehmen. Deshalb wird im Folgenden davon ausgegangen, dass eine Verlängerung der Öffnungszeiten eines Urnenwahllokals über 18:30 Uhr hinaus das Vorliegen eines Wahlfehlers indiziert. Demgemäß ist im Rahmen des Möglichen zu ermitteln, in welchen Wahlbezirken dies bei der Bundestagswahl 2021 in Berlin der Fall war (s.o. Rn. 211 ff.).
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(7) In der Veröffentlichung der Prognosen zur Bundestagswahl um 18 Uhr liegt kein Verstoß gegen § 32 Abs. 2 BWahlG, weil die Prognosen gerade nicht vor dem Ablauf der Wahlzeit veröffentlicht wurden. Der Begriff der "Wahlzeit" bezeichnet die gesetzlich bestimmte Wahlzeit, die um 18 Uhr endet (vgl. § 47 Abs. 1 BWahlO). Mit der Veröffentlichung der Prognose verbundene Eingriffe in die Wahlrechtsgleichheit sind durch den Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl, dem die Möglichkeit der Stimmabgabe nach 18 Uhr gemäß § 60 Satz 2 BWahlO entspricht, gerechtfertigt (s.o. Rn. 168).
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(8) Soweit bei der Bundestagswahl 2021 in Berlin die Barrierefreiheit der Wahllokale nicht durchgängig gewährleistet war, bedarf es einer differenzierten Betrachtung.
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(a) § 46 Abs. 1 Satz 4 BWahlO bestimmt, dass die Gemeindebehörden frühzeitig und in geeigneter Weise mitteilen, welche Wahlbezirke barrierefrei sind. Demgemäß liegt, wenn die Barrierefreiheit eines bestimmten Urnenwahllokals der wahlberechtigten Person konkret mitgeteilt, am Wahltag aber nicht gewährleistet ist, ein Wahlfehler vor.
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(b) Dies war im Urnenwahlbezirk 75 03 308 (Wahlkreis 75) der Fall. Die Barrierefreiheit war mitgeteilt worden, aber ausweislich der Niederschrift nicht gegeben. Auch in den Urnenwahlbezirken 83 04 427 (Wahlkreis 83) und 84 09 115 (Wahlkreis 84) war trotz gegenteiliger Mitteilung der barrierefreie Zugang zum Wahllokal nicht gewährleistet; die Stimmabgabe wurde aber durch eine mobile Wahlkabine beziehungsweise die Verbringung einer Wahlurne in einen anderen Raum ermöglicht. Aufgrund der wirksamen Stimmabgabe dürfte daher bereits kein Wahlfehler vorliegen; jedenfalls fehlt es an der Mandatsrelevanz.
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(c) Der gegenüber der Europawahl 2019 um circa 10 % gesunkene Anteil der barrierefreien Wahllokale (vgl. BTDrucks 20/4000, S. 21) ist als solcher nicht als Wahlfehler einzustufen, wenngleich die Wahlgrundsätze der Allgemeinheit und Gleichheit der Wahl gerade auch dadurch umgesetzt werden, dass es möglichst viele barrierefreie Wahllokale gibt. Gleichzeitig ist aber zu berücksichtigen, dass aufgrund der Corona-Pandemie eine Vielzahl an Urnenwahllokalen in eher barrierefreien Senioreneinrichtungen nicht zur Verfügung standen.
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cc) Nach diesen Maßgaben hat der Senat die Niederschriften der einzelnen Wahlbezirke ausgewertet. Dabei ergibt sich, dass über die Feststellungen im angegriffenen Beschluss des Deutschen Bundestages und die sie bestätigenden vorstehenden Ausführungen hinaus 15 weitere Urnenwahlbezirke mit Wahlfehlern behaftet sind (1). Zugleich kann die Feststellung des Vorliegens von Wahlfehlern in drei Urnenwahlbezirken nicht aufrechterhalten werden (2).
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(1) Den Niederschriften der einzelnen Wahlbezirke sind folgende, im angegriffenen Beschluss des Deutschen Bundestages nicht berücksichtigte Wahlfehler zu entnehmen:
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(a) In den Urnenwahlbezirken 75 01 102 und 75 01 106 (Wahlkreis 75) begann die Stimmabgabe nicht vor 8:59 Uhr beziehungsweise 8:55 Uhr. Grund hierfür war, dass die dem Wahlvorstand ausgehändigte Schlüsselkarte an einem Sonntag keinen Zutritt zum Gebäude eröffnete und daher die Feuerwehr hinzugezogen werden musste. Nach Angaben der Landeswahlleitung haben der Schriftführer im Wahllokal 75 01 102 sowie der Wahlvorsteher und die stellvertretende Wahlvorsteherin im Wahllokal 75 01 106 den Sachverhalt bestätigt und darauf verwiesen, dass die Schlüsselkarte am 23. September 2021 (einem Werktag) erfolgreich getestet worden sei. Dies ändert nichts an dem Vorliegen eines Wahlfehlers aufgrund des verspäteten Beginns der Wahlhandlung (§ 47 Abs. 1 BWahlO).
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(b) Im Urnenwahlbezirk 75 01 314 (Wahlkreis 75), in dem ab 14:30 Uhr eine dritte Wahlkabine aufgestellt wurde, ist in der Niederschrift für 14:20 Uhr eine Wartezeit bis zur Stimmabgabe von über einer Stunde notiert. Die von der Landeswahlleitung veranlasste Rücksprache mit dem Wahlvorsteher am 8. Juli 2023 hat bestätigt, dass eine solche Wartezeit über den gesamten Tag bestanden hat, weitere Wahlkabinen aber nicht aufgestellt werden konnten. Die ausgewiesene Wartezeit rechtfertigt die Annahme einer wahlfehlerhaft unzureichenden Ausstattung des Wahllokals.
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(c) Im Urnenwahlbezirk 75 01 402 (Wahlkreis 75) wurden Wartezeiten von bis zu 60 Minuten angegeben. Die Rücksprache mit zwei Mitgliedern des Wahlvorstands am 8. Juli 2023 hat ergeben, dass die Wartezeiten den gesamten Tag über sehr lang waren, obwohl um 11:00 Uhr eine dritte Wahlkabine aufgestellt wurde.
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(d) Im Urnenwahlbezirk 76 03 112 (Wahlkreis 76) wird in der Niederschrift als Ende der Stimmabgabe 18:31 Uhr angegeben. Nach den entwickelten Maßstäben (s.o. Rn. 204) reicht dies aus, um auf einen Wahlfehler zu schließen.
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(e) Im Urnenwahlbezirk 76 03 113 (Wahlkreis 76) wurde 19:40 Uhr als Ende der Wahlhandlung in der Niederschrift vermerkt. Der Wahlvorstand teilte mit, dass man bis 19:30 Uhr "unentwegt" Wähler gehabt habe. Dem Bezirkswahlamt erschien diese Angabe realistisch.
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(f) Im Urnenwahlbezirk 76 03 406 (Wahlkreis 76) wurden überlange Wartezeiten ausgewiesen. Um 16:41 Uhr seien die Stimmzettel für die Bundestagswahl ausgegangen. Der Vorgabe rechtzeitiger Anlieferung einer ausreichenden Zahl von Stimmzetteln gemäß § 49 Nr. 3 BWahlO war daher nicht genügt.
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(g) Im Urnenwahlbezirk 79 06 407 (Wahlkreis 79) wurde in der Niederschrift für 12 Uhr eine Warteschlange mit 65 Personen dokumentiert, was einer Wartezeit von mehr als einer Stunde entsprochen habe; dies ist bei drei vorhandenen Wahlkabinen (ab 10:40 Uhr) plausibel und ein ausreichender Grund dafür, auch die Ausstattung dieses Wahllokals als wahlfehlerhaft zu bewerten.
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(h) Im Urnenwahlbezirk 80 04 304 (Wahlkreis 80) sind 437 Wählende und eine Unterbrechung der Wahlhandlung von mindestens 40 Minuten dokumentiert. Es habe einen Engpass an Stimmzetteln gegeben, weshalb mehrere Wählerinnen und Wählern für einen späteren Zeitpunkt "erneut eingeladen wurden"; nach 40 Minuten habe man im Rathaus eine geringe Zahl an weiteren Stimmzetteln entgegennehmen können. Eine § 46 Abs. 1 Satz 3, § 49 Nr. 3 BWahlO entsprechende Ausstattung dieses Wahllokals war somit nicht gegeben.
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(i) Im Urnenwahlbezirk 80 04 505 (Wahlkreis 80) wurde in der Niederschrift ebenfalls eine Unterbrechung angegeben. Vermerkt ist, dass zwischen 15 Uhr und 15:50 Uhr "keine Stimmzettel" zur Verfügung gestanden hätten. Daher ist auch hier ein Wahlfehler anzunehmen.
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(j) Im Urnenwahlbezirk 80 04 722 (Wahlkreis 80) fehlten laut Niederschrift für 55 Minuten die Stimmzettel für die Bundestagswahl, sodass die Wahlhandlung unterbrochen werden musste. Der Wahlvorstand hat die Unterbrechung gegenüber der Landeswahlleitung bestätigt.
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(k) Im Urnenwahlbezirk 82 08 609 (Wahlkreis 82) weist die Niederschrift Wartezeiten von über einer Stunde aus. Zudem wurde seitens des Bezirks mitgeteilt, dass zwischen 16 Uhr und 18 Uhr ein deutlicher Anstieg der Wählenden festzustellen gewesen sei. Wartezeiten von über einer Stunde sind auch angesichts der Zahl der verfügbaren zwei Wahlkabinen und der Rückmeldung des Wahlvorstands, dass der einzelne Wahlvorgang zum Teil sehr lang gedauert habe, plausibel.
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(l) In den Urnenwahlbezirken 84 09 623 und 84 09 625 (jeweils Wahlkreis 84) endete die Wahlhandlung laut Niederschrift um 18:35 Uhr beziehungsweise 18:36 Uhr. Damit ist nach den dargestellten Maßstäben auch hier von einer unzureichenden Ausstattung der beiden Wahllokale auszugehen.
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(m) Im Urnenwahlbezirk 85 10 530 (Wahlkreis 85) wurde das korrekte Wählerverzeichnis erst um 8:43 Uhr übergeben. Als Beginn der Wahlzeit wurde in der Niederschrift 9:20 Uhr angegeben; der Grund für diese deutlich spätere Uhrzeit ist nicht bekannt. Jedoch ist bereits die Verzögerung bis 8:43 Uhr ausreichend, um einen Wahlfehler in Gestalt einer verspäteten Öffnung des Wahllokals festzustellen.
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(2) Umgekehrt kann auf der Grundlage der vorstehenden Maßstäbe die Feststellung von Wahlfehlern im angegriffenen Beschluss des Deutschen Bundestages in drei Fällen nicht aufrechterhalten werden. Der Bundestag hat in diesen Fällen Wartezeiten von weniger als einer Stunde beziehungsweise unbezifferte Wartezeiten ohne Unterbrechung der Wahlhandlung beziehungsweise ohne Dokumentation sonstiger Wahlfehler als ausreichend angesehen, um von einer unzureichenden Ausstattung der jeweiligen Wahllokale ausgehen zu können.
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Dies lässt außer Betracht, dass Wartezeiten und -schlangen - etwa im Fall eines punktuell großen Andrangs - auch entstehen können, wenn die Ausstattung des betroffenen Wahllokals den Vorgaben von § 46 Abs. 1 Satz 3, § 49 Nr. 3 BWahlO entspricht. Erst wenn das Ausmaß der Wartezeiten einen Umfang erreicht, der nicht auf einen solchen punktuellen Andrang zurückgeführt werden kann, vermag dies den Rückschluss auf eine wahlfehlerhaft unzureichende Ausstattung des betroffenen Wahllokals zu rechtfertigen. Dies setzt aber beim Fehlen sonstiger Anhaltspunkte Wartezeiten ab einer Stunde voraus (s.o. Rn. 163), die in folgenden Wahlbezirken nicht feststellbar sind:
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(a) Für das Urnenwahllokal im Wahlbezirk 75 01 118, das mit zwei weiteren Urnenwahllokalen (75 01 117 und 75 01 119) gemeinsam in der Turnhalle der Schule am Arkonaplatz eingerichtet war, hat der Wahlprüfungsausschuss gegen Mittag Wartezeiten von weit mehr als 30 Minuten festgestellt (vgl. BTDrucks 20/4000, S. 80). Diese Feststellung genügt für die Annahme eines Wahlfehlers nicht. In einem der Niederschrift beigefügten Blatt ist zudem vermerkt, dass in allen drei Wahllokalen jeweils eine Wahlkabine zusätzlich aufgestellt worden sei. Als Grund wird ein sehr großer Andrang vor den Wahllokalen angegeben sowie "mehrere Schlangen bis 100 m". Um 12:50 Uhr sei eine Wahlkabine im Urnenwahllokal 75 01 119 zugunsten des Urnenwahllokals 75 01 118 abgebaut worden, um 14:30 Uhr sei die Zahl der Wahlkabinen im Urnenwahllokal 75 01 119 zugunsten einer vierten Wahlkabine für das Urnenwahllokal 75 01 117 auf eine reduziert worden. Um 14:43 Uhr sei von dort eine Wahlkabine dem Urnenwahllokal 75 01 118 zur Verfügung gestellt worden (dort dann fünf Wahlkabinen). Diese Darlegungen belegen einen aufmerksamen und erfolgreichen Umgang mit Warteschlangen, nicht jedoch eine Wartezeit, die eine Stunde überschritten hätte und daher geeignet wäre, eine wahlfehlerhafte Ausstattung des Urnenwahllokals im Wahlbezirk 75 01 118 zu belegen.
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(b) Für das Urnenwahllokal im Wahlbezirk 75 01 317 geht der Wahlprüfungsausschuss von Warteschlangen gegen Mittag und um 17:30 Uhr aus (vgl. BTDrucks 20/4000, S. 80). Angaben zur Dauer der Wartezeit oder zur Länge der Warteschlangen fehlen. Im Gebäude des Gymnasiums Tiergarten waren insgesamt acht Wahllokale eingerichtet, von denen kein weiteres vom Bundestag als wahlfehlerhaft eingestuft wurde. In der Niederschrift ist an einer Stelle vermerkt: "Chaotische Zustände am Nachmittag", allerdings nicht im Zusammenhang mit besonderen Vorfällen, sondern zur Erklärung, wie die Differenz von 1 beim Vergleich der Stimmzettel mit den Stimmabgabevermerken zu erklären sei (S. 4 der Niederschrift). Insgesamt genügen diese Angaben nicht, um die Annahme einer unzureichenden Ausstattung des Urnenwahllokals zu tragen.
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(c) Für das Urnenwahllokal im Wahlbezirk 75 01 722 nimmt der Wahlprüfungsausschuss während der gesamten Wahlzeiten das Vorhandensein von Warteschlangen an, die aus "mehreren Dutzend Leuten" bestanden hätten (vgl. BTDrucks 20/4000, S. 80). Der Niederschrift für das Urnenwahllokal ist zu entnehmen, dass um 9:10 Uhr eine dritte Wahlkabine aufgestellt worden sei; besondere Vorfälle seien nicht aufgetreten. Auch diese Angaben genügen nicht, um einen Wahlfehler feststellen zu können.
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dd) Die mögliche Lückenhaftigkeit der Niederschriften insbesondere in Bezug auf Warteschlangen und Wartezeiten oder Unterbrechungen der Wahl stellt weder selbst einen Wahlfehler dar, noch lässt sie auf weitere Wahlfehler schließen. Insoweit hat der Wahlprüfungsausschuss festgestellt, auf der Grundlage der Wahleinsprüche und eidesstattlichen Versicherungen, der Auswertung des Auskunfts- und Amtsermittlungsersuchens und des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung ergebe sich, dass aus dem Schweigen der Niederschriften nicht auf das Nichtvorliegen von Wahlfehlern geschlossen werden könne (BTDrucks 20/4000, S. 57). Dem ist zuzustimmen. Allerdings folgt daraus entgegen der Annahme des Wahlprüfungsausschusses nicht, dass den Niederschriften, soweit sie das Wahlgeschehen und "besondere Vorfälle" dokumentieren, keine Bedeutung zukommt. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin erlaubt dies aber ebenso wenig den Rückschluss auf das flächendeckende Vorliegen von Wahlfehlern.
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Es ist davon auszugehen, dass die unterlassene Dokumentation von Wartezeiten, Warteschlangen oder Unterbrechungen der Wahlhandlungen nicht als eigenständiger Wahlfehler zu qualifizieren ist (s.o. Rn. 171 f.). Gesetzliche Regelungen hinsichtlich der Dokumentation derartiger Vorfälle bestehen nicht. Insbesondere werden diese Fälle im Mustervordruck in Anlage 29 zur Bundeswahlordnung nicht als Regelbeispiele für "besondere Vorfälle" ausgewiesen. Zudem kann nicht davon ausgegangen werden, dass den Wahlvorständen durchgängig die Länge der Wartezeiten und -schlangen überhaupt gegenwärtig war. Die mögliche Unvollständigkeit der Niederschriften hinsichtlich der Entstehung von Warteschlangen und Unterbrechungen des Wahlgeschehens verletzt daher die gesetzlich vorgegebenen Dokumentationspflichten nicht.
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ee) Es ist nicht erkennbar, dass die gesetzlichen Vorgaben zur Teilnahme an der Briefwahl bei der Bundestagswahl 2021 in Berlin nicht eingehalten worden wären. Der Anteil der Briefwählerinnen und Briefwähler lag bundesweit bei 47,3 % (2017: 28,6 %), in Berlin bei 47,2 % (2017: 33,4 %; vgl. Bundeswahlleiter, Anteil der Briefwählenden bei den Bundestagswahlen 1994 bis 2021 nach Ländern <auf der Grundlage des amtlichen Endergebnisses; aktualisiert am 26. Januar 2022>). Dieser bundesweite Anstieg des Anteils der Briefwahl dürfte seinen Grund insbesondere in der Corona-Pandemie gehabt haben. Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen insoweit nicht. Mit den im Wege der Wahleinsprüche geltend gemachten Einwendungen gegen die Durchführung der Briefwahl im Einzelnen setzte sich der Wahlprüfungsausschuss ausführlich auseinander und verneinte das Vorliegen von Wahlfehlern nachvollziehbar (vgl. BTDrucks 20/4000, S. 77). Einwände hiergegen erhebt die Beschwerdeführerin nicht. Auch ansonsten sind keine auf die Briefwahl bezogenen Bedenken gegen den angegriffenen Beschluss des Deutschen Bundestages ersichtlich.
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2. Die festgestellten Wahlfehler sind weitgehend mandatsrelevant.
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a) Maßstab für die Beurteilung der Mandatsrelevanz ist der Grundsatz der potentiellen Kausalität (aa), der keiner Modifikation bedarf (bb).
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aa) Ein Wahlfehler kann allein dann Auswirkungen auf die Gültigkeit der Wahl haben, wenn er mandatsrelevant ist. Anderenfalls kann nur eine (subjektive) Rechtsverletzung festgestellt werden (§ 48 Abs. 3 BVerfGG). Mandatsrelevant ist ein Wahlfehler, wenn er Einfluss auf die Verteilung der Sitze im Parlament haben kann (vgl. BVerfGE 146, 327 342 Rn. 40> m.w.N.; 161, 136 144 f. Rn. 32> - Wahlprüfungsbeschwerde 19/IX - Nichtzulassung einer Landesliste zur Bundestagswahl). Dabei gilt der Grundsatz der potentiellen Kausalität (vgl. BVerfGE 146, 327 342 Rn. 40> m.w.N.; 161, 136 144 f. Rn. 32>). Demgemäß muss es sich bei der Auswirkung des Wahlfehlers auf die Sitzverteilung um eine nach der allgemeinen Lebenserfahrung konkrete und nicht ganz fernliegende Möglichkeit handeln (vgl. BVerfGE 89, 243 254>; 89, 266 273>; 89, 291 304>; 121, 266 310>; 146, 327 342 Rn. 40>; 161, 136 144 f. Rn. 32>). Andernfalls würde die Wahlanfechtung erheblich erschwert und das Verfahren mit überzogenen Beweisanforderungen belastet (vgl. Misol, in: Barczak, BVerfGG, 2018, § 48 Rn. 43 m.w.N.). Die nur theoretische Möglichkeit eines Kausalzusammenhangs zwischen der geltend gemachten Rechtsverletzung und dem Ergebnis der angefochtenen Wahl genügt nicht (vgl. BVerfGE 89, 266 273>; 121, 266 310>; 146, 327 342 Rn. 40>; 161, 136 144 f. Rn. 32>).
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bb) Der von diesen Maßstäben abweichenden Auffassung der Beschwerdeführerin, wonach "die Anforderungen an die Feststellung einer möglichen Beeinflussung der Sitzverteilung desto geringer sind, je schwerwiegender die Wahlfehler das Demokratieprinzip beeinträchtigen" (unter Verweis auf VerfGH Berlin, Urteil vom 16. November 2022 - VerfGH 154/21 -, S. 63), ist nicht zu folgen. Dem steht bereits entgegen, dass eine solche Absenkung der Anforderungen bei besonders schwerwiegenden Wahlfehlern letztlich zu einem Heranziehen von bloßen Vermutungen und damit zu einer weitgehenden Aufweichung des Grundsatzes der potentiellen Kausalität führen würde (vgl. Wischmeyer, JuS 2023, S. 286 288>).
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Außer Betracht bleibt dabei ferner, dass primäres Ziel des Wahlprüfungsverfahrens die Feststellung der ordnungsgemäßen Zusammensetzung des gewählten Parlaments ist. Dies setzt die Feststellung voraus, dass sich die identifizierten Wahlfehler hierauf ausgewirkt haben können. Ein Wahlfehler kann den in einer Wahl zum Ausdruck gebrachten Volkswillen nur verletzen, wenn sich ohne ihn eine andere für die Mandatsverteilung relevante Mehrheit ergäbe (vgl. BVerfGE 29, 154 165>). Wie schwer ein Wahlfehler wiegt, ist dafür ohne Belang. Auch ein schwerwiegender Wahlfehler, der sich auf die Zusammensetzung des Parlaments nicht ausgewirkt hat, rechtfertigt den Erfolg der Wahlprüfungsbeschwerde hinsichtlich der Gültigkeit der Wahl nicht. In einem solchen Fall kommt allenfalls die Feststellung einer subjektiven Wahlrechtsverletzung in Betracht. Daher bleibt es dabei, dass unabhängig von der Schwere des Wahlfehlers Mandatsrelevanz nur gegeben ist, wenn sich eine Auswirkung des Wahlfehlers auf die Sitzverteilung als eine nach der allgemeinen Lebenserfahrung konkrete und nicht ganz fernliegende Möglichkeit darstellt.
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cc) Bei der Feststellung, ob sich ein Wahlfehler auf die Mandatsverteilung ausgewirkt haben kann, ist das potentielle Wahlverhalten zu berücksichtigen (1). Dem trägt die verfassungsgerichtliche Rechtsprechung Rechnung (2). Entgegen der Auffassung des Verfassungsgerichtshofs des Landes Berlin (3) ist daran festzuhalten (4).
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(1) Nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats ist bei der Frage nach dem im Rahmen der allgemeinen Lebenserfahrung Erwartbaren auch auf das potentielle Wählerverhalten abzustellen.
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So entschied der Zweite Senat mit Beschluss vom 2. April 1974 (BVerfGE 37, 84), dass die geltend gemachten Wahlfehler angesichts des deutlichen Abstimmungsergebnisses (rund 1,3 Millionen Stimmen für die Erhaltung des Landes Baden-Württemberg, rund 0,3 Millionen Stimmen für eine Wiederherstellung des Landes Baden) nicht erheblich seien, weil eine Mehrheit der Abstimmenden für die Wiederherstellung des Landes Baden ausgeschlossen werden könne (vgl. BVerfGE 37, 84 92>). Im Beschluss vom 9. Mai 1978 (BVerfGE 48, 271) lehnte der Zweite Senat eine Mandatsrelevanz der von einer Splitterpartei geltend gemachten Wahlfehler unter Berufung auf deren Wahlergebnisse ab. Um einen Sitz auf der Landesliste zu erringen, hätte die Partei über die für sie abgegebenen 6.720 Stimmen hinaus weitere 1.884.405 Zweitstimmen erhalten müssen. Ein Direktmandat hätte von den drei Wahlkreisbewerbern, die bis zu 2,6 % der Erststimmen erzielt hätten, nur erlangt werden können, wenn ein weitgehender Wählerwechsel von den Wahlkreisbewerbern der CSU, die mindestens 66,5 % der Erststimmen erhalten hätten, zu ihnen zu erwarten gewesen wäre. Eine solche Annahme sei in höchstem Maße unwahrscheinlich, wenn nicht gar auszuschließen (vgl. BVerfGE 48, 271 280 f.>).
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In dem Senatsbeschluss vom 21. Oktober 1993 (BVerfGE 89, 266) stützte sich der Zweite Senat zur Begründung der fehlenden Mandatsrelevanz auf die Ergebnisse bei vergangenen (Landtags- und Bundestags-)Wahlen (vgl. BVerfGE 89, 266 273 f.>). Schließlich verwies er im Beschluss vom 23. März 2022 (BVerfGE 161, 136) darauf, dass die Beschwerdeführer nicht hinreichend substantiiert ausgeführt hätten, weshalb angesichts des geringen Erfolgs bei den vorhergehenden Bundestagswahlen die Zulassung der Landesliste zu Umschichtungen von Wählerstimmen in einem ergebnisrelevanten Umfang geführt hätte (vgl. BVerfGE 161, 136 145 f. Rn. 33 ff.>).
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(2) Entsprechend hat der Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalenin einem landeswahlrechtlichen Verfahren zur Ermittlung der Mandatsrelevanz eines möglichen Wahlfehlers die Wahlbeteiligung einer bestimmten Personengruppe anlässlich der letzten Bundestagswahl als Vergleichsparameter herangezogen (vgl. VerfGH Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 14. Mai 1996 - VerfGH 30/95 -, S. 3 f.). Auch der Thüringer Verfassungsgerichtshof folgt der bisherigen Rechtsprechungslinie des Bundesverfassungsgerichts. In einem Beschluss über eine Wahlprüfungsbeschwerde betreffend die Wahl des 6. Thüringer Landtags führte er aus, nach der allgemeinen Lebenserfahrung sei nicht vorstellbar, dass eine Änderung der Mandatsverteilung, wofür mindestens weitere circa 13.000 Stimmen auf eine Partei hätten entfallen müssen, allein durch eine andere Gestaltung der Stimmzettel hätte bewirkt werden können (vgl. ThürVerfGH, Beschluss vom 9. Juli 2015 - 9/15 -, juris, Rn. 59 ff.).
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(3) Demgegenüber war aus Sicht des Verfassungsgerichtshofs des Landes Berlin bei der Feststellung der Mandatsrelevanz der Wahlfehler bei der Wahl des Abgeordnetenhauses und der Bezirksverordnetenversammlungen das potentielle Wahlverhalten außer Betracht zu lassen. In den vom Bundesverfassungsgericht entschiedenen Fällen sei das Abstimmungsverhalten der Wählerinnen und Wähler aus der Vergangenheit sowie aus dem mit der Wahlprüfungsbeschwerde angegriffenen Wahlgang bekannt gewesen. Mit dem bekannten Abstimmungsverhalten hätten konkrete Anhaltspunkte bestanden, die einer lebensnahen Betrachtung des Sachverhalts zugänglich wären. Anders verhalte es sich in Fällen, in denen zu entscheiden sei, ob die Sitzverteilung dadurch beeinflusst sein könnte, dass Wahlberechtigte ihre Stimme gar nicht oder nicht unbeeinflusst hätten abgeben können. Hier bestünden keinerlei Anhaltspunkte für ein zu unterstellendes Abstimmungsverhalten. Eine lebensnahe Betrachtung des Stimmverhaltens sei daher nicht möglich (vgl. VerfGH Berlin, Urteil vom 16. November 2022 - VerfGH 154/21 -, S. 65). Es verbiete sich bei der Prüfung der Mandatsrelevanz von nicht, nicht wirksam oder nicht unbeeinflusst abgegebenen Stimmen, ein bestimmtes hypothetisches Wählerverhalten zur Verteilung der von Wahlfehlern betroffenen Stimmen zu unterstellen (vgl. VerfGH Berlin, Urteil vom 16. November 2022 - VerfGH 154/21 -, S. 64).
- 244
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(4) Die Argumentation des Verfassungsgerichtshofs des Landes Berlin vermag nicht zu überzeugen. Es entspricht nicht der Lebenswirklichkeit anzunehmen, dass die Stimmen aller Wählerinnen und Wähler, die aufgrund von nicht parteibezogenen Wahlfehlern an einer Wahl nicht oder nicht unbeeinflusst teilgenommen haben, nur auf eine Partei entfallen wären. Dem Verfassungsgerichtshof ist zwar zuzugestehen, dass eine exakte Übertragung der Wahlergebnisse oder Prognosen auf die Gruppe der Nichtwählerinnen und Nichtwähler nicht in Betracht kommt. Vielmehr ergeben sich daraus nur Orientierungspunkte, die in die Bewertung der Wahrscheinlichkeit der Auswirkung eines Wahlfehlers auf die Zusammensetzung des Parlaments einfließen können. Bei der Prüfung, ob nach der allgemeinen Lebenserfahrung die konkrete Möglichkeit einer Beeinflussung der Mandatsverteilung durch den festgestellten Wahlfehler besteht, ist daher das potentielle Wahlverhalten zwar nicht im Sinne einer exakten Übertragung der Wahlergebnisse, wohl aber im Sinne einer groben Orientierung zu berücksichtigen.
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b) Davon ausgehend ist vorliegend die Mandatsrelevanz bezogen auf das Zweitstimmenergebnis gegeben, soweit Wahlfehler in der Form einer unzureichenden Ausstattung der Urnenwahllokale mit Wahlkabinen und Stimmzetteln vorliegen (aa). Anders verhält es sich, soweit in einzelnen Fällen Personen, die nur für die Bezirksverordnetenversammlung wahlberechtigt waren, auch einen Stimmzettel für die Bundestagswahl erhalten und eingeworfen haben (bb). Gleiches gilt auch für die Einzelfälle, in denen eine Stimmabgabe in Urnenwahlbezirken trotz mitgeteilter Barrierefreiheit nicht möglich war (cc). Hinsichtlich des Erststimmenergebnisses ist die Mandatsrelevanz nur in den Wahlkreisen 76 und 77 gegeben (dd).
- 246
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aa) Für die Zweitstimme ist von der Mandatsrelevanz der auf der unzureichenden Ausstattung einzelner Wahllokale beruhenden Wahlfehler auszugehen: Es kann nicht ausgeschlossen werden, sondern ist vielmehr wahrscheinlich, dass die mehr als einstündigen Wartezeiten, die Unterbrechungen der Wahlhandlung, die verspäteten Öffnungen beziehungsweise die vorübergehenden oder vorzeitigen Schließungen von Wahllokalen dafür ursächlich waren, dass Wahlberechtigte nicht von ihrem Wahlrecht Gebrauch gemacht haben. Es besteht auch die konkrete Möglichkeit, dass bei einer Wahlteilnahme dieser Personen die SPD die Anzahl an Zweitstimmen erzielt hätte, die erforderlich gewesen wäre, um ein zusätzliches Bundestagsmandat zu gewinnen. Landesweit hätte es dazu einer Verbesserung des Ergebnisses der SPD um 802 Stimmen bedurft. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass ein solches Ergebnis bereits in den 327 nach dem angegriffenen Beschluss des Deutschen Bundestages als wahlfehlerhaft festgestellten Urnenwahlbezirken hätte erzielt werden können. Erst recht gilt dies unter Berücksichtigung der zusätzlich als wahlfehlerhaft anzusehenden Wahlbezirke. Daran ändert sich auch nichts, wenn die drei Urnenwahlbezirke außer Betracht bleiben, deren Ungültigerklärung nach dem Vorstehenden (s.o. Rn. 225 ff.) nicht aufrechterhalten werden kann. Zwischen den Beteiligten ist die Mandatsrelevanz bezogen auf das Zweitstimmenergebnis unstreitig. Sowohl die insoweit angestellten Erwägungen des Wahlprüfungsausschusses (vgl. BTDrucks 20/4000, S. 61) als auch diejenigen der Beschwerdeführerin sind ohne Weiteres nachvollziehbar und zutreffend.
- 247
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bb) Anders verhält es sich hinsichtlich der Ausgabe von Stimmzetteln an nicht wahlberechtigte Personen und deren unberechtigte Teilnahme an der Bundestagswahl. Insgesamt handelt es sich dabei um acht dokumentierte Fälle (s.o. Rn. 197). Selbst wenn diese Personen alle zugunsten einer Landesliste gestimmt hätten und deren Gesamtstimmenzahl dementsprechend zu verringern wäre, hätte dies für die Sitzverteilung keine Bedeutung.
- 248
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cc) Der Wahlfehler in einem Urnenwahlbezirk, dessen Barrierefreiheit fehlerhaft mitgeteilt worden war (s.o. Rn. 207 f.), ist ebenfalls nicht mandatsrelevant. Es ist schon nicht ersichtlich, ob und in wie vielen Fällen sich die fehlende Barrierefreiheit auf die Wahlteilnahme ausgewirkt hat. Zudem ist es nicht fernliegend, dass dies allenfalls in wenigen Einzelfällen der Fall war. Damit fehlt es an Anhaltspunkten für die konkrete Möglichkeit einer Auswirkung des Wahlfehlers auf die Mandatsverteilung, sodass lediglich die Feststellung einer Verletzung subjektiver Wahlrechte in Betracht kommt.
- 249
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dd) Für die Erststimmen ist eine Mandatsrelevanz anhand der in den einzelnen Wahlbezirken erzielten Ergebnisse zu ermitteln. Danach ist sie für die Wahlkreise 76 und 77 gegeben.
- 250
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Der Wahlprüfungsausschuss geht im Grundsatz zutreffend davon aus, dass für die Frage der Mandatsrelevanz bezüglich des Erststimmenergebnisses darauf abzustellen ist, ob die Differenz zwischen dem Wahlkreisgewinner und dem Erstunterlegenen durch die Nichtwähler in den Wahlbezirken, die mit Wahlfehlern behaftet sind, hätte ausgeglichen werden können. Dabei sei in Rechnung zu stellen, dass die Zahl der Nichtwähler in den fehlerbehafteten Wahlbezirken nicht vollständig auf die festgestellten Wahlfehler zurückzuführen sei und es auch fernliegend erscheine, dass eine Quote von 50 % der Nichtwähler ohne die Wahlfehler zur Wahl gegangen wäre und den Erstunterlegenen gewählt hätte. Da im Wahlkreis 76 aber lediglich 26 % der Nichtwähler und im Wahlkreis 77 lediglich 19 % der Nichtwähler den Erstunterlegenen hätten wählen müssen, sei in diesen Wahlkreisen die Mandatsrelevanz gegeben (vgl. BTDrucks 20/4000, S. 63). Dagegen ist nichts zu erinnern.
- 251
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3. Rechtsfolge der festgestellten mandatsrelevanten Wahlfehler ist nach den hierfür geltenden Maßstäben (a) die auf die betroffenen Wahlbezirke und die damit verbundenen Wahlbezirke beschränkte Ungültigerklärung der Wahl und deren Wiederholung als Zweistimmenwahl (b).
- 252
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a) aa) Aus dem Demokratieprinzip folgt der Grundsatz des Bestandsschutzes der gewählten Volksvertretung (vgl. BVerfGE 89, 243 253>; 103, 111 135>; 121, 266 311>; 123, 39 87>; 154, 372 381 Rn. 34> - Nachgeschobenes Ausgleichsmandat II - eA; vgl. auch von Heyl, Wahlfreiheit und Wahlprüfung, 1975, S. 202). Diesem verfassungsrechtlich begründeten Interesse ist bei der Festlegung der Folgen des Vorliegens eines mandatsrelevanten Wahlfehlers Rechnung zu tragen. Demgemäß bedarf es einer Abwägung zwischen dem Interesse am Bestand des gewählten Parlaments und dem aus der Legitimationsfunktion der Wahl folgenden Interesse an der Korrektur der festgestellten Wahlfehler. Der Eingriff in die Zusammensetzung der gewählten Volksvertretung durch eine wahlprüfungsrechtliche Entscheidung muss also vor dem Interesse an deren Erhalt gerechtfertigt werden (vgl. BVerfGE 121, 266 311 f.>; 123, 39 87> m.w.N.). Die Ungültigerklärung der Wahl kommt deshalb nur in Betracht, wenn das Interesse an der Korrektur der mandatsrelevanten Wahlfehler im konkreten Fall nach Art und Ausmaß das Interesse am Bestand des gewählten Parlaments überwiegt (vgl. BVerfGE 121, 266 311>).
- 253
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bb) Dementsprechend unterliegt die Wahlprüfungsentscheidung des Bundesverfassungsgerichts dem Gebot des geringstmöglichen Eingriffs.
- 254
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(1) Sie darf nur so weit gehen, wie es der festgestellte Wahlfehler verlangt (vgl. BVerfGE 121, 266 311>; 129, 300 344>). Von mehreren Möglichkeiten zur Korrektur eines mandatsrelevanten Fehlers ist diejenige zu wählen, die dem Interesse am Bestand der gewählten Volksvertretung am stärksten Rechnung trägt.
- 255
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(2) Dabei verhält es sich gleichwohl so, dass die Erklärung einer Wahl in einzelnen Wahlbezirken für ungültig auch denjenigen von Wählerinnen und Wählern abgegebenen Stimmen die Geltung entzieht, bei denen sich der Wahlfehler nicht ausgewirkt hat. An der Wiederholungswahl können die betroffenen Wählerinnen und Wähler nur dann teilnehmen und ihre Wahlentscheidung aktualisieren, wenn sie zu diesem Zeitpunkt noch dort ihren Wohnsitz haben; im Falle eines Wegzugs sind sie trotz regulär abgegebener, aber für ungültig erklärter Stimme nicht mehr an der Legitimation der Staatsgewalt beteiligt, da sich das Elektorat auf ein räumlich umgrenztes Gebiet bezieht und sich aus den dort wahlberechtigten Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern zum Zeitpunkt der Wahl zusammensetzt. Diesem Umstand trägt § 44 Abs. 2 BWahlG Rechnung, indem bei der Wiederholungswahl nach Ablauf von sechs Monaten seit der Hauptwahl nicht mehr dieselben Wählerverzeichnisse verwendet werden dürfen.
- 256
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§ 83 Abs. 4 Satz 2 BWahlO sieht zudem vor, dass im Falle der Wiederholung der Wahl in einzelnen Wahlbezirken vor Ablauf von sechs Monaten nach der Hauptwahl Personen mit Wahlschein nur dann an der Wahl teilnehmen können, wenn sie ihren Wahlschein in einem Wahlbezirk abgegeben haben, für den die Wahl wiederholt wird. Nach dem Ablauf von sechs Monaten ist diese gesetzliche Begrenzung nicht mehr vorgesehen. Somit erhalten Personen, die an der Bundestagswahl in einem nicht fehlerbehafteten Wahlbezirk teilgenommen haben und in der Zwischenzeit in einen Wahlbezirk gezogen sind, in dem die Wahl für ungültig erklärt wurde, die Gelegenheit, ihre Wahl ein zweites Mal zu treffen. Auch dies stellt einen Bruch in der Legitimation des Deutschen Bundestages dar, ist aber dadurch begründet, dass auf der Grundlage neuer Wählerverzeichnisse gewählt wird (§ 44 Abs. 2 BWahlG). Solche Brüche sind bei einer Wiederholungswahl unausweichlich, zumal die Wahl in einem anderen tagesaktuellen und politischen Kontext als am Tag der Hauptwahl wiederholt wird.
- 257
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cc) Das Gebot des geringstmöglichen Eingriffs in den Bestand der gewählten Volksvertretung hat zur Folge, dass Wahlbeeinflussungen einfacher Art und ohne jedes Gewicht nicht zur Ungültigkeit der Wahl führen. Außerdem sind Wahlfehler vorrangig zu berichtigen, statt die Wahl zu wiederholen. Des Weiteren hat eine nur teilweise Wiederholung der Wahl Vorrang vor der Ungültigerklärung der Wahl in Gänze. Dabei muss der Wahlfehler umso schwerer wiegen, je tiefer die Wirkungen des Eingriffs in die Zusammensetzung der gewählten Volksvertretung reichen (vgl. BVerfGE 103, 111 135>). Ist eine Wahlwiederholung unumgänglich, so darf diese nur dort stattfinden, wo sich der Wahlfehler ausgewirkt hat, also in dem hiervon betroffenen Stimmbezirk, Wahlkreis oder Land (vgl. BVerfGE 121, 266 311>). Die Ungültigerklärung einer gesamten Wahl setzt demgegenüber einen erheblichen Wahlfehler von solchem Gewicht voraus, dass ein Fortbestand der in dieser Weise gewählten Volksvertretung unerträglich erscheint (vgl. BVerfGE 103, 111 134>; 121, 266 311 f.>; 129, 300 344>). Ansonsten kommt allenfalls eine teilweise Ungültigerklärung der Wahl in Betracht.
- 258
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dd) Soweit im Wahlprüfungsverfahren eine Wahl ganz oder teilweise für ungültig erklärt wird, ist sie gemäß § 44 BWahlG zu wiederholen. Dabei bestimmt § 44 Abs. 2 BWahlG, dass die Wiederholungswahl nach denselben Vorschriften stattfindet wie die Hauptwahl.
- 259
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b) Nach diesen Maßstäben kommt aufgrund der hier festgestellten Wahlfehler eine bloße Berichtigung des Wahlergebnisses nicht in Betracht (aa). Vielmehr bedarf es einer teilweisen Ungültigerklärung (bb) und der Wiederholung der Wahl in den wahlfehlerbehafteten Wahlbezirken im Wege der Zweistimmenwahl (cc).
- 260
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aa) Eine bloße Berichtigung des Wahlergebnisses ist nicht möglich. Dem steht entgegen, dass nicht konkret feststellbar ist, wie sich die Fehler bei der Vorbereitung und Durchführung der Wahl auf das Wahlergebnis ausgewirkt haben. Es ist schon nicht ersichtlich, in welchem Umfang Wahlberechtigte aufgrund der festgestellten Wahlfehler von einer Teilnahme an der Wahl Abstand genommen haben. Weder kann unterstellt werden, dass sich sämtliche Nichtwählerinnen und Nichtwähler ohne die Wahlfehler an der Wahl beteiligt hätten, noch kann angenommen werden, dass eine ohne die dargestellten mandatsrelevanten Wahlfehler zu erwartende höhere Wahlbeteiligung das Wahlergebnis nicht in relevantem Umfang verändert hätte.
- 261
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bb) Für eine vollständige Ungültigerklärung der Wahl ist vorliegend kein Raum (1). Stattdessen ist der Umfang der Wahlwiederholung entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin auf diejenigen Wahlbezirke zu beschränken, in denen mandatsrelevante Wahlfehler vorliegen (2).
- 262
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(1) Der Ungültigerklärung der gesamten Wahl steht entgegen, dass keine Wahlfehler von einem solchen Gewicht vorliegen, dass der Fortbestand der gewählten Volksvertretung unerträglich wäre (vgl. BVerfGE 103, 111 134>; 121, 266 311 f.>; 129, 300 344>).
- 263
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(a) Von vornherein ausgeschlossen ist dies mit Blick auf die Bundestagswahl in ihrer Gesamtheit. Selbst gravierende und flächendeckende Wahlfehler im Gebiet eines Landes vermögen eine Ungültigerklärung der Wahl in anderen Ländern nicht zu rechtfertigen. Insoweit hat das Interesse am Fortbestand der in diesen Ländern ordnungsgemäß gewählten Teile des Deutschen Bundestages Vorrang vor dem Interesse an der Korrektur der in einem anderen Land aufgetretenen Wahlfehler.
- 264
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(b) Nichts anderes gilt im Ergebnis aber auch mit Blick auf die Bundestagswahl im gesamten Wahlgebiet des Landes Berlin.
- 265
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(aa) Insoweit ist in Rechnung zu stellen, dass nach Auffassung des Senats nur in 339 von 2.256 Urnenwahlbezirken mandatsrelevante Wahlfehler festgestellt werden konnten. Dies entspricht einer Quote von 15,03 % der Gesamtzahl der Berliner Wahlbezirke.
- 266
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Demgemäß konnte der Großteil der Wahlberechtigten seine Stimme in Wahllokalen abgeben, die jedenfalls von dokumentierten oder sonst feststellbaren Wahlfehlern oder Störungen der Wahlhandlung nicht betroffen waren. Dies schließt es aus, den Fortbestand des Ergebnisses der Bundestagswahl in Berlin in Gänze als unerträglich zu qualifizieren. Die weit überwiegende Mehrzahl der Wahlberechtigten war - soweit ersichtlich - in der Lage, an der Bundestagswahl in Berlin ordnungsgemäß und ohne relevante Beeinträchtigung teilzunehmen. Von einer Erschütterung der Legitimationsfunktion der Wahl, die geeignet wäre, deren Bestand grundsätzlich infrage zu stellen, ist demgemäß nicht auszugehen.
- 267
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(bb) Etwas anderes ergibt sich auch nicht, soweit die Beschwerdeführerin geltend macht, neben den vom Wahlprüfungsausschuss festgestellten Wahlfehlern sei es in erheblichem Umfang zu weiteren Störungen des Wahlgeschehens gekommen. Insoweit handelt es sich letztlich um bloße Vermutungen. Belastbare tatsächliche Anhaltspunkte hierfür sind nicht vorgetragen. Außerdem folgert selbst die Beschwerdeführerin daraus nicht die Notwendigkeit einer kompletten Wiederholung der Bundestagswahl im Land Berlin. Vielmehr geht sie davon aus, dass lediglich in sechs von zwölf Berliner Bundestagswahlkreisen flächendeckend mandatsrelevante Wahlfehler aufgetreten seien und die Bundestagswahl daher auch nur in diesen Wahlkreisen jedenfalls hinsichtlich der Zweitstimmen zu wiederholen sei (siehe dazu nachfolgend Rn. 284).
- 268
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(cc) Unerheblich ist zudem, dass der Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin in seinem Urteil vom 16. November 2022 eine vollständige Wiederholung der Wahl des Abgeordnetenhauses und der Bezirksverordnetenversammlungen anordnete. Einer Übertragung auf das vorliegende Verfahren steht entgegen, dass es sich zwar nach dem äußeren Rahmen um ein einheitliches Wahlgeschehen handelte, dieses aber auf der Basis unterschiedlicher Rechtsgrundlagen der Konstituierung unterschiedlicher Parlamente diente. Hinzu kommt, dass bei der Wahl des Abgeordnetenhauses Wahlfehler (z.B. die Verwendung kopierter Stimmzettel) auftraten, die für die Bundestagswahl nicht feststellbar sind. Vor allem aber ging der Verfassungsgerichtshof davon aus, dass die mandatsrelevanten Wahlfehler 88 von 147 Sitzen und damit rund 60 % der Mitglieder des Abgeordnetenhauses betrafen (vgl. VerfGH Berlin, Urteil vom 16. November 2022 - VerfGH 154/21 -, S. 147).
- 269
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Eine vergleichbare Situation ist für die Bundestagswahl nicht gegeben. Daher kann dahinstehen, ob den Erwägungen des Verfassungsgerichtshofs des Landes Berlin zur Neuwahl des Abgeordnetenhauses und der Bezirksverordnetenversammlungen zu folgen ist. Für die Beurteilung der Rechtsfolgen, die sich aus den bei der Bundestagswahl im Land Berlin aufgetretenen Wahlfehlern ergeben, ist dies ohne Belang.
- 270
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(2) Nach dem Gebot des geringstmöglichen Eingriffs (s.o. Rn. 253 ff.) ist die Bundestagswahl 2021 in Berlin in denjenigen Wahlbezirken, die mit mandatsrelevanten Wahlfehlern behaftet sind, und in den damit verbundenen Wahlbezirken für ungültig zu erklären (a). Eine darüber hinausgehende Ausweitung der Ungültigerklärung der Wahl auf sechs der zwölf Berliner Bundestagswahlkreise, wie von der Beschwerdeführerin begehrt, scheidet demgegenüber aus (b).
- 271
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(a) Notwendig ist die Erklärung der Wahl für ungültig in allen Wahlbezirken, in denen festgestellte Wahlfehler sich mandatsrelevant ausgewirkt haben können.
- 272
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(aa) Ausgehend davon hat der Deutsche Bundestag zunächst alle Wahlbezirke in die Ungültigerklärung einbezogen, für die Unterbrechungen der Bundestagswahl, verspätete Öffnungen oder vorzeitige Schließungen von Wahllokalen dokumentiert sind. Ebenso hat er diejenigen Wahlbezirke einbezogen, in denen die Wahllokale erst nach 18:30 Uhr geschlossen wurden. Dagegen ist nichts zu erinnern. In diesen Fällen liegen Wahlfehler vor (s.o. Rn. 203 f.), die geeignet waren, Wahlberechtigte von der Teilnahme an der Wahl abzuhalten und sich damit auf das Wahlergebnis auszuwirken. Demgemäß erfordert die Korrektur dieser Wahlfehler eine Wiederholungswahl in den betroffenen Wahlbezirken.
- 273
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(bb) Daneben hat der Deutsche Bundestag die Bundestagswahl in denjenigen Wahlbezirken für ungültig erklärt, die mit den wahlfehlerbehafteten Urnenwahlbezirken als Briefwahlbezirke beziehungsweise über einen gemeinsamen Briefwahlbezirk miteinander "verknüpft" waren. Er ist davon ausgegangen, dass die Wähler eines Briefwahlbezirks mit den Wählern des dazu gehörenden Urnenwahlbezirks eine Gesamtheit bildeten, sodass bei der Ungültigerklärung der Wahl in einem Urnenwahlbezirk die Wahl auch in dem gemeinsamen Briefwahlbezirk und den weiteren, mit diesem Briefwahlbezirk verbundenen Urnenwahlbezirken zu wiederholen sei. Andernfalls bestünde die Gefahr doppelter Stimmabgabe oder einer Beeinträchtigung der Geheimheit der Wahl (vgl. BTDrucks 20/4000, S. 42). Bedenken hiergegen bestehen im Ergebnis nicht. Durch die Erstreckung der Wahlwiederholung auf die zugehörigen Briefwahlbezirke und die damit verbundenen Urnenwahlbezirke wird die Gesamtheit der Wählerinnen und Wähler in dem von den mandatsrelevanten Wahlfehlern betroffenen Bereich in die Wahlwiederholung einbezogen. Dies gewährleistet, dass die Wahlfehler in einer den allgemeinen Wahlgrundsätzen aus Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG entsprechenden Weise korrigiert werden können. Davon könnte bei einer Beschränkung der Wiederholungswahl auf die von Wahlfehlern betroffenen Urnenwahlbezirke nicht ohne Weiteres ausgegangen werden. Dementsprechend beanstandet auch die Beschwerdeführerin das gewählte Vorgehen insoweit nicht.
- 274
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(cc) Soweit nach Überzeugung des Senats 15 weitere Urnenwahlbezirke als mandatsrelevant wahlfehlerhaft zu beurteilen sind (s.o. Rn. 211 ff.), ist die Wahl auch in diesen Urnenwahlbezirken sowie den zugeordneten Briefwahlbezirken und den damit wiederum verbundenen Urnenwahlbezirken für ungültig zu erklären. Demgemäß werden neben den diesen zugeordneten Briefwahlbezirken zehn weitere, selbst nicht fehlerbehaftete Urnenwahlbezirke von der Ungültigerklärung erfasst:
- 275
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Fehlerhafter Wahlbezirk
Briefwahlbezirk zu diesem Wahlbezirk
Über den Briefwahlbezirk verbundener, selbst nicht fehlerhafter Wahlbezirk
Zahl der Urnenwahlbezirke, in denen die Wahl im Ergebnis zusätzlich für ungültig erklärt wird
75 01 102
011B
75 01 101
2
75 01 106
011E
75 01 108
2
75 01 314
013G
75 01 315
2
75 01 402
014B
75 01 405
2
76 03 112
031I
76 03 111
2
76 03 113
031K
76 03 114
2
76 03 406
034I
-
1
79 06 407
064G
-
1
80 04 304
043D
80 04 327
2
80 04 505
045E
80 04 518
2
80 04 722
047V
-
1
82 08 609
086H
-
1
84 09 623
096M
84 09 624
2
84 09 625
096L
84 09 626
2
85 10 530
105ZH
-
1
15
10
25
- 276
-
(dd) Demgegenüber ist in denjenigen Wahlbezirken, in denen lediglich Wartezeiten von weniger als einer Stunde feststellbar waren (s.o. Rn. 201), die vom Deutschen Bundestag ausgesprochene Ungültigerklärung einschließlich der verbundenen Wahlbezirke aufzuheben. Betroffen hiervon sind die Urnenwahlbezirke 75 01 118, 75 01 317 und 75 01 722, die zugehörigen Briefwahlbezirke 011K, 013I und 017K sowie die über diese Briefwahlbezirke verbundenen Urnenwahlbezirke 75 01 120, 75 01 318, 75 01 319 und 75 01 719.
- 277
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(b) Soweit die Beschwerdeführerin darüber hinaus begehrt, die Ungültigerklärung auf das Zweitstimmenergebnis in sechs Berliner Bundestagswahlkreisen insgesamt zu erstrecken, hat sie keinen Erfolg.
- 278
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(aa) Sie verweist insoweit darauf, dass über die in der angegriffenen Entscheidung festgestellten Wahlfehler hinaus vom Vorliegen weiterer, nicht nur auf bloße Einzelfälle beschränkter, wenn auch nicht dokumentierter Wahlfehler auszugehen sei. Dies gelte insbesondere für weitere Schließungen von Wahllokalen sowie unzulässig späte Stimmabgaben und lange Wartezeiten, die zwar in den Niederschriften nicht dokumentiert seien, aber gleichwohl vorgelegen hätten. Sie stützt sich insoweit auf Simulationsrechnungen der nach der Wahl eingesetzten Expertenkommission, wonach aufgrund der unzureichenden Ausstattung der Wahllokale abhängig von der Zahl der Wählerinnen und Wähler sowie der verfügbaren Wahlkabinen von vornherein mit Wartezeiten von mehr als einer und bis zu zwei Stunden zu rechnen gewesen sei. 90 % der dokumentierten Wartezeiten und Warteschlangen seien in den Bundestagswahlkreisen 75, 76, 77, 78, 80 und 83 aufgetreten. Diese eindeutige Konzentration lege nahe, dass in diesen sechs Wahlkreisen zeitlich und räumlich flächendeckende und umfassende Probleme bei der Durchführung der Wahlen bestanden hätten. Daher sei es notwendig, in diesen sechs Wahlkreisen die Bundestagswahl hinsichtlich der Zweitstimme vollständig zu wiederholen.
- 279
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(bb) Dabei lässt die Beschwerdeführerin außer Betracht, dass in Fällen, in denen nicht aufklärbar ist, ob ein Wahlfehler vorliegt, die Wahlprüfungsbeschwerde ohne Erfolg zu bleiben hat (vgl. BVerfGE 146, 327 365 Rn. 92>; 160, 129 141 Rn. 46>). Bloße Vermutungen und rein spekulative Annahmen reichen nicht aus (vgl. BVerfGE 121, 266 310>). Zu unterscheiden ist insoweit zwischen Fällen, in denen eine Störung des Wahlgeschehens nachgewiesen und daraus auf das Vorliegen eines Wahlfehlers geschlossen wird, und Fällen, in denen es bereits an einem Nachweis der Störung des Wahlgeschehens fehlt. Die Ausführungen der Beschwerdeführerin sind spekulativ. Auch wenn es möglich erscheint, dass weitere Wahllokale unzureichend ausgestattet waren und es dadurch zur Bildung langer Warteschlangen kam, fehlt es an ausreichenden Anhaltspunkten, um feststellen zu können, dass dies in den einzelnen Wahllokalen auch tatsächlich der Fall war. Dabei hilft der Verweis auf die Simulationsrechnungen der Expertenkommission nicht weiter, da diese über das tatsächliche Geschehen in diesen Wahllokalen keine Auskunft zu geben vermögen.
- 280
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(cc) Demgegenüber kann auch nicht darauf abgestellt werden, dass die Nichterweislichkeit des konkreten Umfangs der Wahlfehler aus der Sphäre der staatlichen Wahlorganisation stamme und allzu hohe Anforderungen an den Nachweis von konkreten Wahlfehlern Anreize dafür schüfen, unzureichende Wahldokumentationen zu erstellen und auf Anfragen keine Auskünfte zu erteilen. Diese Auffassung verkennt die Aufgabe des Wahlprüfungsverfahrens. Dessen Funktion besteht nicht darin, etwaige Mängel bei der Vorbereitung und Durchführung einer Wahl und damit ein etwaiges Organisationsverschulden der zuständigen Behörden zu sanktionieren. Vielmehr ist es darauf gerichtet, die ordnungsgemäße, der Legitimationsfunktion der Wahl genügende Zusammensetzung des Parlaments zu gewährleisten. Dafür ist die Frage der Verantwortlichkeit für Organisationsmängel ohne Belang. Entscheidend ist allein, ob die gewählte Volksvertretung aus einer den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden Wahl hervorgegangen ist. Fehlt es an tatsächlichen Anhaltspunkten dafür, dass dies nicht der Fall ist, setzt sich das verfassungsrechtlich geschützte Interesse am Bestand der gewählten Volksvertretung durch.
- 281
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(dd) Etwas anderes ergibt sich schließlich auch nicht aus der von der Beschwerdeführerin angeführten Erschütterung der durch die Wahl vermittelten Legitimationsgrundlage in Fällen zahlreicher und schwerer Wahlfehler. Die Beschwerdeführerin nimmt insoweit beispielhaft Bezug auf § 40 Abs. 3 des Gesetzes über die Wahl zur Hamburgischen Bürgerschaft, wonach die gesamte Bürgerschaft neu zu wählen ist, wenn Wiederholungswahlen für mehr als ein Viertel der Wahlberechtigten erforderlich wären, sowie auf § 46 Abs. 3 des Wahlgesetzes für den Landtag von Schleswig-Holstein, wonach eine Wiederholungswahl im gesamten Wahlkreis stattfindet, wenn Unregelmäßigkeiten mehr als die Hälfte der Wahlbezirke betreffen. Schon sie selbst weist aber zutreffend darauf hin, dass aus der Zulässigkeit derartiger einfachgesetzlicher Regelungen zu Wahlfehlerfolgen nicht auf deren verfassungsrechtliche Gebotenheit geschlossen werden kann. Hinzu kommt, dass bezogen auf das gesamte Wahlgebiet des Landes Berlin vorliegend lediglich rund 15,03 % der Urnenwahlbezirke nachweislich fehlerbehaftet sind. Auch unter Beachtung der von der Beschwerdeführerin behaupteten 90%igen Konzentration der Wahlfehler auf die bezeichneten sechs Wahlkreise ist daher nicht ersichtlich, dass Schwere und Zahl der Wahlfehler geeignet sind, die Legitimationsfunktion der Bundestagswahl in Berlin in Gänze oder in den von der Beschwerdeführerin bezeichneten Wahlkreisen infrage zu stellen. Lediglich mit Blick auf die Situation im Wahlkreis 76 könnte eine andere Betrachtung angezeigt sein, da in diesem Wahlkreis mehr als die Hälfte der Urnenwahllokale, unter Berücksichtigung der Feststellungen des Senats 115, mit Wahlfehlern behaftet war. Dies ändert aber nichts daran, dass in den Urnenwahlbezirken, für die keine mandatsrelevanten Wahlfehler festgestellt wurden, die der Wahl zukommende Legitimationsfunktion nicht gestört ist. Die im Wahlkreis 76 konzentriert auftretenden Wahlfehler sind nicht geeignet, das Vertrauen in die Legitimationsfunktion der Wahl in Berlin insgesamt oder auch nur in sechs von zwölf Berliner Wahlkreisen zu erschüttern. Ebenso ist nicht ersichtlich, dass in denjenigen Wahlbezirken im Wahlkreis 76, in denen die Wahl beanstandungsfrei durchgeführt wurde, die Legitimationsfunktion der Wahl nicht gewährleistet wäre.
- 282
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cc) Nicht zu beanstanden ist, dass der Deutsche Bundestag angeordnet hat, die Wahl durchgängig als Zweistimmenwahl zu wiederholen (1). Dem hat die Beschwerdeführerin widersprochen (2). Für die Position des Deutschen Bundestages streiten die besseren Argumente (3).
- 283
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(1) Der Deutsche Bundestag hat erwogen, ob in denjenigen Wahlbezirken, in denen die festgestellten Wahlfehler nur Relevanz für das Zweitstimmenergebnis haben, die Wiederholungswahl auf die Abgabe der Zweitstimme beschränkt werden könnte. Nach seiner Auffassung steht dem jedoch "§ 44 Abs. 1 BWahlG" (gemeint wohl: § 44 Abs. 2 BWahlG) entgegen, wonach die Wiederholungswahl nach denselben Vorschriften stattzufinden hat wie die Hauptwahl (vgl. BTDrucks 20/4000, S. 65).
- 284
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(2) Demgegenüber verweist die Beschwerdeführerin auf § 4 BWahlG a.F. (nunmehr: § 1 Abs. 2 Satz 2 BWahlG), der zwischen Erst- und Zweitstimme unterscheide. Damit sei die Möglichkeit einer gespaltenen Wiederholungswahl gegeben, zumal § 44 Abs. 1 BWahlG ausdrücklich davon ausgehe, dass eine Wahl teilweise wiederholt werden könne. Der mit einer begrenzten Wiederholungswahl verbundene Eingriff in den Grundsatz der Gleichheit der Wahl sei durch das Gebot des geringstmöglichen Eingriffs in den Bestand der gewählten Volksvertretung gerechtfertigt. Eine Zweistimmenwahl führe demgegenüber zu einer unzulässigen Ausdehnung der Folgen der festgestellten Wahlfehler.
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(3) Dieser Ansicht der Beschwerdeführerin ist nicht zu folgen, weil sie der Konzeption der Bundestagswahl als Zweistimmenwahl widerspricht (a) und die Wiederholungswahl an der Hauptwahl ausgerichtet ist (b).
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(a) Einer Wiederholung als reine Zweitstimmenwahl steht entgegen, dass sich der Gesetzgeber für eine mit der Personenwahl verbundene Verhältniswahl und daraus folgend für eine Zweistimmenwahl entschieden hat (vgl. u.a. § 1 Abs. 2 Satz 2, § 6 und § 30 Abs. 2 BWahlG). Der in § 4 Abs. 1 Satz 2 BWahlG vorgesehenen vorrangigen Berücksichtigung der erfolgreichen Wahlkreisbewerber und dem Verfahren der Zweitstimmendeckung gemäß § 6 Abs. 1 Satz 4 BWahlG könnte bei einer Trennung von Erst- und Zweitstimmenwahl nicht entsprochen werden.
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(b) Darüber hinaus fordert § 44 Abs. 2 BWahlG, dass die Wiederholungswahl nach "denselben Vorschriften […] wie die Hauptwahl" stattfindet. Soweit demgegenüber auf die Möglichkeit der teilweisen Ungültigerklärung gemäß § 44 Abs. 1 BWahlG verwiesen wird, hat die Vorschrift nicht die Unterscheidung zwischen Erst- und Zweitstimme zum Gegenstand, sondern ist mit Blick auf den gebotenen Bestandsschutz der gewählten Volksvertretung auf die räumliche Begrenzung der Wiederholungswahl gerichtet. Insoweit spricht der Wortlaut des § 44 Abs. 2 BWahlG eindeutig für die obligatorische Durchführung einer Wiederholungswahl als Zweistimmenwahl. Außerdem hat das Bundesverfassungsgericht - wenn auch bezogen auf die Nachwahl gemäß § 43 BWahlG - festgestellt, dass einer Einstimmenwahl die Vorschriften des Bundeswahlgesetzes zur Stimmabgabe entgegenstehen (vgl. BVerfGE 124, 1 14 f.>). § 43 BWahlG ordnet dabei in Abs. 3 wortgleich zu § 44 Abs. 2 BWahlG für die Nachwahl die Anwendung der für die Hauptwahl geltenden Vorschriften an. Es erschließt sich nicht, warum trotz der identischen Formulierung im Rahmen des § 44 Abs. 2 BWahlG anderes gelten sollte als im Rahmen von § 43 BWahlG.
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IV.
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Gesondert zu würdigen ist der erst im Wahlprüfungsbeschwerdeverfahren bekanntgewordene Umstand, dass Wahlbriefe umverteilt wurden, sodass sie nicht in das Ergebnis der vom Beschluss des Deutschen Bundestages umfassten Briefwahlbezirke, sondern in das Ergebnis anderer, nicht für ungültig erklärter Briefwahlbezirke eingingen. Dies war sowohl im Wahlkreis 81 (1.) als auch in den Wahlkreisen 78, 79, 82, 83 und 86 beschränkt auf am Wahltag eingegangene Wahlbriefe (2.) der Fall. Demgegenüber ist die Möglichkeit doppelter Stimmabgabe oder der Nichtwahl im Falle von Personen, die nach der Wahl zu- oder weggezogen sind, vom Regelungssystem des Bundeswahlgesetzes gedeckt (3.).
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1. Die Umverteilung von Wahlbriefen aus fünf für ungültig erklärten Briefwahlbezirken auf sechs andere Briefwahlbezirke im Wahlkreis 81 war wahlrechtswidrig und ist bei der Anordnung der Wiederholungswahl zu berücksichtigen.
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a) aa) § 8 Abs. 1 Satz 2 BWahlG sieht vor, dass der Kreiswahlleiter bestimmt, wie viele Briefwahlvorstände zu bilden sind, um das Ergebnis der Briefwahl noch am Wahltag feststellen zu können. Dabei darf die Zahl der auf einen Briefwahlvorstand entfallenden Wahlbriefe nicht so gering sein, dass erkennbar wird, wie einzelne Wahlberechtigte gewählt haben. Daher sollen mindestens 50 Wahlbriefe auf einen Briefwahlvorstand entfallen (§ 7 Nr. 1 BWahlO). Gemäß § 38 BWahlG stellt der für die Briefwahl eingesetzte Wahlvorstand fest, wie viele durch Briefwahl abgegebene Stimmen auf die einzelnen Kreiswahlvorschläge und Landeslisten entfallen.
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Aus §§ 74, 75 BWahlO geht hervor, dass die Wahlbriefe briefwahlbezirksscharf und nicht lediglich wahlkreisscharf auszuzählen sind. Denn nach § 74 Abs. 3 BWahlO verteilt die Stelle, bei der die Wahlbriefe einzureichen sind, diese "auf die einzelnen Briefwahlvorstände". Damit können nur diejenigen Briefwahlvorstände gemeint sein, die für die jeweiligen Briefwähler nach deren Wohnsitz zuständig sind. Der Sonderfall der Bildung von Briefwahlbezirken, die mit mehreren Urnenwahlbezirken verknüpft sind, wird dann ausgelöst, wenn ansonsten weniger als 50 Wahlbriefe zu erwarten sind (§ 7 Nr. 1 BWahlO; vgl. im Übrigen für die ad hoc-Zusammenführung von Wahlbriefen § 75 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 68 Abs. 2 Satz 1 BWahlO, Ziffern 3.2.1, 3.2.2 der Anlage 31 zu § 75 Abs. 5 BWahlO, BGBl I 2020, S. 222 225>). Auch in diesem Fall sind die Wahlbriefe den Briefwahlbezirken zuzuordnen, die für die Urnenwahlbezirke gebildet wurden, die für die jeweiligen Wählerinnen und Wähler im Fall der Präsenzwahl zuständig wären.
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bb) Wurden Wahlbriefe eines Briefwahlbezirks, in dem die Wahl für ungültig zu erklären ist, in einem anderen Briefwahlbezirk ausgezählt, der selbst nicht mit einem wahlfehlerhaften Urnenwahlbezirk verknüpft ist, werden die mit diesen Wahlbriefen abgegebenen Stimmen von der Ungültigerklärung nicht erfasst. In diesem Falle lässt sich für den die Wahlbriefe abgebenden Briefwahlbezirk kein vollständiges Wahlergebnis feststellen. Bei einer Wiederholungswahl nur im abgebenden Briefwahlbezirk bliebe die im aufnehmenden Briefwahlbezirk ausgezählte Stimme gültig. Zugleich könnte bei der Wiederholungswahl erneut eine gültige Stimme abgegeben werden. Durch eine solche doppelte Stimmabgabe würde der Grundsatz der Gleichheit der Wahl verletzt.
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b) Daran gemessen liegt bei der Umverteilung der Wahlbriefe im Wahlkreis 81 ein Wahlfehler vor (aa), der zur Ungültigerklärung der Wahl auch in den aufnehmenden Briefwahlbezirken und den mit ihnen verbundenen Urnenwahlbezirken führt (bb).
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aa) Im Wahlkreis 81 wurden Wahlbriefe, deren Anzahl in den einzelnen Briefwahlbezirken teilweise stark variierte, mit dem Ziel umverteilt, die Arbeitsbelastung bei der Auszählung gleichmäßig zu verteilen und die Feststellung des Briefwahlergebnisses zu beschleunigen. Konkret wurden Wahlbriefe aus Briefwahlbezirken, die mit zwei Urnenwahlbezirken verbunden waren, in Briefwahlbezirke umgeschichtet, die jeweils nur für einen Urnenwahlbezirk gebildet worden waren. Davon waren die im angegriffenen Beschluss des Deutschen Bundestages für ungültig erklärten Briefwahlbezirke im Wahlkreis 81 wie folgt betroffen:
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1
2
3
4
5
Vom Bundestag als wahlfehlerhaft bewerteter Urnenwahlbezirk (UWB); Wahl für ungültig erklärt
Verbundener Briefwahlbezirk (BWB), in dem die Wahl ebenfalls für ungültig erklärt wurde (Anzahl der abgegebenen Wahlbriefe)
Nachrichtlich: UWB ohne eigenen Vorfall, der über den BWB in Spalte 2 mit dem UWB in Spalte 1 verbunden ist
BWB, in dem auch Wahlbriefe des BWB in Spalte 2 ausgezählt wurden (Anzahl der aufgenommenen Wahlbriefe)
UWB, für den der BWB in Spalte 4 ursprünglich gebildet worden war
81 07 127
071V (100)
81 07 125
071S (100)
81 07 122
81 07 129
071W (350)
81 07 128
071R (150) und 071U (200)
81 07 117 und 81 07 124
81 07 224
072S (180)
81 07 223
072L (180)
81 07 214
81 07 423
074S (230)
81 07 428
074N (230)
81 07 419
81 07 504
075B (220)
81 07 503
075P (220)
81 07 522
Gesamtzahl der umverteilten Wahlbriefe
1.080
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Insgesamt wurden damit 1.080 Wahlbriefe (im Einzelnen: 100; 350; 180; 230; 220) aus für ungültig erklärten Briefwahlbezirken auf andere, nicht für ungültig erklärte Briefwahlbezirke verteilt.
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Diese Umverteilung von Wahlbriefen von einem Briefwahlbezirk auf einen anderen Briefwahlbezirk im Wahlkreis 81 ist wahlrechtswidrig. Sie kann mit dem Hinweis auf eine gleichmäßigere Belastung der Wahlvorstände und eine Beschleunigung der Feststellung des Wahlergebnisses nicht gerechtfertigt werden. Soweit eine kapazitätsbezogene Überforderung einzelner Briefwahlvorstände zu befürchten steht, muss dem durch eine entsprechende Dimensionierung der Briefwahlbezirke Rechnung getragen werden. Dem Interesse an einer möglichst gleichzeitigen, zeitnahen Feststellung des Wahlergebnisses eines jeden Briefwahlbezirks kann nicht durch Umverteilungen Rechnung getragen werden. Nachträgliche Korrekturen durch die Umverteilung von Wahlbriefen sind mit dem Gebot wahlbezirksscharfer Feststellung des Wahlergebnisses nicht zu vereinbaren. Das für die Wahlkreis- beziehungsweise Landesebene festgestellte Wahlergebnis wurde durch diese Umverteilung allerdings nicht verändert.
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bb) Dies ändert nichts daran, dass bei der Frage nach der Korrektur des mandatsrelevanten Wahlfehlers im Urnenwahlbezirk, der der Ungültigerklärung der Wahl im abgebenden Briefwahlbezirk zugrunde lag, auch die im aufnehmenden Briefwahlbezirk ausgezählten Stimmen in den Blick zu nehmen sind. Dabei ist davon auszugehen, dass - wie bereits festgestellt (s.o. Rn. 273) - die Wahl nicht nur in dem Urnenwahlbezirk, in dem mandatsrelevante Wahlfehler aufgetreten sind, für ungültig zu erklären ist. Vielmehr ist auch der mit diesem Urnenwahlbezirk verbundene Briefwahlbezirk einschließlich weiterer mit diesem verbundener Urnenwahlbezirke in die Ungültigerklärung einzubeziehen. Grund dafür ist, dass die Stimmen in einem Wahlbezirk zur Gewährleistung der Gleichheit der Wahl nur einheitlich für ungültig erklärt werden können. Auch unter Beachtung des Gebots des geringstmöglichen Eingriffs ist insoweit von einem grundsätzlichen Vorrang des Korrektur- gegenüber dem Bestandsinteresse auszugehen.
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Nicht anders verhält es sich, wenn Wahlbriefe nicht in dem Briefwahlbezirk ausgezählt werden, der dem fehlerbehafteten Urnenwahlbezirk zugeordnet ist, sondern auf weitere Briefwahlbezirke verteilt und dort ausgezählt werden. Würde das Ergebnis der Wahl in diesem Briefwahlbezirk nicht für ungültig erklärt, bestünde im Wahlkreis 81 in 1.080 Fällen die Möglichkeit der doppelten Stimmabgabe. Insoweit würde das Ziel, den Wahlfehler zu korrigieren, in relevantem Umfang verfehlt. Sieht man davon ab, die Wahlscheine in den aufnehmenden Briefwahlbezirken händisch zu überprüfen, was bereits aus Gründen der Beschleunigung und Fehleranfälligkeit nicht in Betracht kommen dürfte, lässt sich auch nicht feststellen, welche der Briefwähler aus einem mit mandatsrelevanten Wahlfehlern behafteten Wahlbezirk ihre Stimme bei der Wiederholungswahl ein zweites Mal wirksam abgeben könnten. Dies spricht dafür, dass bei der Auszählung der einem Briefwahlbezirk zuzuordnenden Wahlbriefe in einem anderen Briefwahlbezirk das Wahlergebnis für diese Gesamtheit nur einheitlich als gültig oder ungültig angesehen werden kann. Eine Ungültigerklärung der Wahl ist in einem solchen Fall grundsätzlich auf den aufnehmenden Briefwahlbezirk und die mit ihm verbundenen weiteren Urnenwahlbezirke zu erstrecken.
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Etwas anderes könnte allenfalls dann gelten, wenn die Möglichkeit einer doppelten Stimmabgabe auf wenige, für das Wahlergebnis nicht ins Gewicht fallende Einzelfälle beschränkt wäre. Dies kann im vorliegenden Zusammenhang dahinstehen. Da insgesamt 1.080 Wahlbriefe aus fünf mit mandatsrelevanten Wahlfehlern behafteten Wahlbezirken auf andere Briefwahlbezirke umverteilt wurden, bestünde die Möglichkeit einer doppelten Wahlteilnahme nicht nur in einer geringen Zahl an Einzelfällen. Außerdem ist für den Ausschluss dieser Möglichkeit die Erstreckung der Ungültigerklärung nur auf wenige Brief- und Urnenwahlbezirke erforderlich. Demgemäß ist im Wahlkreis 81 die Bundestagswahl auch in den sechs betroffenen Briefwahlbezirken mit den jeweils zugehörigen insgesamt sechs Urnenwahlbezirken für ungültig zu erklären.
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2. Die Umverteilung von erst am Wahltag eingegangenen Wahlbriefen auf ortsnahe Briefwahlbezirke stellt zwar einen Wahlfehler dar (a), der bei der Anordnung der Wahlwiederholung aber außer Betracht bleiben kann (b).
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a) Nach Mitteilung des Landeswahlleiters wurden in sechs der zwölf Berliner Wahlkreise (78, 79, 81, 82, 83, 86) Wahlbriefe, die bei der letzten Leerung der Briefkästen bei den Bezirkswahlämtern eingegangen seien, nicht an die nach dem Wohnsitz der Wählerinnen und Wähler zuständigen Briefwahlbezirke, sondern an andere, ortsnähere Briefwahlbezirke desselben Wahlkreises verteilt, um Transporte zu vermeiden und unmittelbar nach 18 Uhr mit der Auszählung beginnen zu können. Verteilt worden sei auf 31 Briefwahlbezirke. Für 30 dieser Bezirke belaufe sich die Zahl der verteilten Wahlbriefe auf insgesamt 1.795. Drei der aufnehmenden Briefwahlbezirke seien im angegriffenen Beschluss des Deutschen Bundestages für ungültig erklärt worden. Auf 27 der übrigen 28 Briefwahlbezirke seien insgesamt 1.618 Wahlbriefe verteilt worden.
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Dieses Vorgehen war wahlfehlerhaft, da es ebenfalls dazu führt, dass Wahlbriefe nicht in dem den Wählerinnen und Wählern zugeordneten Briefwahlbezirk ausgezählt wurden. Da die Verteilung der Wahlbriefe aber nur innerhalb der jeweiligen Wahlkreise stattfand, sind mandatsrelevante Auswirkungen damit nicht verbunden.
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Allerdings kann dieses Vorgehen bei der Durchführung der Wiederholungswahl nach Maßgabe des angegriffenen Beschlusses des Deutschen Bundestages sowohl zu doppelten Stimmabgaben als auch dazu führen, dass von Wählenden überhaupt keine wirksame Stimme abgegeben wird. Die Möglichkeit der doppelten Stimmabgabe besteht, wenn Wahlbriefe in einem nicht für ungültig erklärten Briefwahlbezirk gezählt wurden und die wahlberechtigte Person eine weitere Gelegenheit zur Wahl in einem für ungültig erklärten Wahlbezirk erhält. Umgekehrt fiele bei der Auszählung eines Wahlbriefs in einem für ungültig erklärten Briefwahlbezirk die abgegebene Stimme endgültig weg, wenn der Wahlberechtigte bei der Wiederholungswahl seine Stimme nicht in einem für ungültig erklärten Wahlbezirk erneut abgeben könnte.
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b) Auszugehen ist allerdings davon, dass das Risiko einer doppelten Stimmabgabe oder des endgültigen Wegfalls einer abgegebenen Stimme tatsächlich nur bei einem geringen Teil der 1.795 fehlerhaft ausgezählten Wahlbriefe gegeben ist. Hat die Umverteilung der Wahlbriefe zwischen zwei von der Ungültigerklärung nicht berührten oder zwischen zwei für ungültig erklärten Briefwahlbezirken stattgefunden, besteht dieses Risiko von vornherein nicht. Im ersten Fall bliebe die abgegebene Stimme gültig und eine erneute Stimmabgabe wäre ausgeschlossen. Im zweiten Fall bestünde die Möglichkeit, bei der Wiederholungswahl erstmals eine gültige Stimme abzugeben. Dies dürfte bei dem weit überwiegenden Teil der 1.795 umverteilten Wahlbriefe der Fall sein. Dafür spricht, dass die Umverteilung deutlich überwiegend Wahlkreise betrifft, in denen die Zahl fehlerhafter und für ungültig erklärter Urnenwahlbezirke niedrig ist. Im Wahlkreis 78 gilt dies für 11 von 176, im Wahlkreis 79 für 15 von 176, im Wahlkreis 81 für 12 von 198, im Wahlkreis 82 für 16 von 194 und im Wahlkreis 86 für 6 von 210 Urnenwahlbezirken. Lediglich der Wahlkreis 83 hebt sich mit 64 betroffenen Urnenwahlbezirken von 203 ab. Allerdings wurden dort 177 der 282 Wahlbriefe in von der Ungültigerklärung betroffene Briefwahlbezirke umverteilt (vgl. Schreiben des Landeswahlleiters vom 19. September 2023), sodass das Risiko der Doppelwahl in diesen Fällen nicht besteht. Auch unter Berücksichtigung der weiteren für ungültig zu erklärenden Wahlbezirke (s.o. Rn. 211 ff.), ergibt sich nichts wesentlich anderes. Der Anteil wahlfehlerbehafteter Urnenwahlbezirke liegt dann - abgesehen vom Wahlkreis 83 - zwischen 3,76 % (Wahlkreis 86) und 9,09 % (Wahlkreis 79 und 81).
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Demgemäß dürfte sich das Risiko der Doppel- beziehungsweise Nichtwahl in diesem Zusammenhang auf einen geringen Teil der umverteilten Wahlbriefe beschränken. Die Ermittlung der konkreten Zahl der davon betroffenen Fälle hätte nach Mitteilung des Landeswahlleiters eine händische Auswertung von 17.000 Wahlscheinen zur Voraussetzung. Abgesehen von dem dabei bestehenden Fehlerrisiko steht einem solchen Vorgehen das Interesse an der möglichst raschen und verbindlichen Klärung der ordnungsgemäßen Zusammensetzung des Parlaments entgegen (vgl. dazu BVerfGE 85, 148 159>).
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Vor diesem Hintergrund überwiegt hinsichtlich der Folgen der Umverteilung der am Wahltag bei den Bezirkswahlämtern eingegangenen Wahlbriefe das Bestandsinteresse das Korrekturinteresse. Die Erstreckung der Ungültigerklärung auf die von der Umverteilung betroffenen Wahlbezirke dürfte auch Briefwahlbezirke erfassen, in denen kein Zusammenhang mit den festgestellten mandatsrelevanten Wahlfehlern besteht, weil keine Wahlbriefe aus den für ungültig erklärten Briefwahlbezirken in diese Bezirke umverteilt wurden. Hinzu kommt, dass das Risiko der Doppel- oder Nichtwahl allenfalls in einer geringen, nicht näher bezifferbaren Zahl von Einzelfällen besteht. Die Erstreckung der Ungültigerklärung auf die von der Umverteilung betroffenen Briefwahlbezirke und die mit diesen verbundenen Urnenwahlbezirke wäre daher unverhältnismäßig.
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3. Der Anordnung der Wiederholungswahl in den in der Entscheidungsformel bezeichneten Wahlkreisen steht die Veränderung des Elektorats durch Zu- und Fortzüge nicht entgegen. Zwar besteht auch in diesen Fällen das Risiko der Doppel- beziehungsweise Nichtwahl. Diese Wirkung stellt sich jedoch - anders als in den soeben erörterten Fällen - als notwendige Folge der gesetzlichen Regelungen für die Wiederholungswahl dar. § 44 Abs. 1 BWahlG ermöglicht es, dass eine Wahl teilweise für ungültig erklärt wird, und sieht gleichzeitig nach sechs Monaten die Erstellung neuer Wählerverzeichnisse vor (§ 44 Abs. 2 BWahlG). Die damit verbundene Konsequenz, dass wahlberechtigte Personen ihre Stimme entweder doppelt oder gar nicht abgeben können, folgt aus dem Umstand, dass sich die Stimmabgabe auf zwei verschiedene Zeitpunkte bezieht, zu denen von einem Wahlbezirk ausgehend demokratische Legitimation vermittelt wird. Verfassungsrechtliche Bedenken hiergegen bestehen nicht.
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V.
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Die Wahl ist in den bezeichneten Wahlbezirken nach den Maßgaben des Beschlusses des Deutschen Bundestages vom 10. November 2022 zu wiederholen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die in Ziffer 3 Satz 2 dieses Beschlusses ausgesprochene Anforderung, dass Wahlvorschläge gemäß § 83 Abs. 6 BWahlO nur geändert werden können, wenn ein Bewerber verstorben oder nicht mehr wählbar ist, so zu verstehen ist, dass Wahlvorschläge unter den Voraussetzungen des § 83 Abs. 6 BWahlO nur in Form einer Streichung geändert werden können.
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D.
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Die Entscheidung ist einstimmig ergangen.
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