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BVerfG 19.05.2023 - 2 BvR 78/22
BVerfG 19.05.2023 - 2 BvR 78/22 - Stattgebender Kammerbeschluss: Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts iVm Art 20 Abs 3 GG durch Versagung einer Geldentschädigung nach rechtswidriger, mit Entkleidung verbundener Durchsuchung eines Strafgefangenen - Zur Maßgeblichkeit der EMRK (RIS: MRK) im fachgerichtlichen Verfahren - Gegenstandswertfestsetzung
Normen
Art 1 Abs 1 GG, Art 2 Abs 1 GG, Art 20 Abs 3 GG, Art 34 GG, § 93c Abs 1 S 1 BVerfGG, § 74 ALR PR, § 75 ALR PR, § 839 BGB
Vorinstanz
vorgehend LG Regensburg, 14. Dezember 2021, Az: 24 O 242/21 (2), Urteil
vorgehend BVerfG, 23. September 2020, Az: 2 BvR 1810/19, Stattgebender Kammerbeschluss
Tenor
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1. Das Endurteil des Landgerichts Regensburg vom 14. Dezember 2021 - 24 O 242/21 (2) - verletzt den Beschwerdeführer in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht aus Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip aus Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes.
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2. Das Urteil wird aufgehoben und die Sache wird zur erneuten Entscheidung an das Landgericht Regensburg zurückverwiesen.
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3. Der Freistaat Bayern hat dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen zu erstatten.
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4. Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit wird auf 15.000 (in Worten: fünfzehntausend) Euro festgesetzt.
Gründe
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Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Geltendmachung einer Geldentschädigung nach gerichtlicher Feststellung der Rechtswidrigkeit einer mit vollständiger Entkleidung verbundenen körperlichen Durchsuchung eines Strafgefangenen.
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I.
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1. Der Beschwerdeführer verbüßt seit 2009 eine lebenslange Freiheitsstrafe in der Justizvollzugsanstalt (…).
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2. Mit Verfügung vom 25. Februar 2019 genehmigte die Justizvollzugsanstalt gemäß Art. 91 BayStVollzG für den Monat März 2019 die körperliche Durchsuchung mit vollständiger Entkleidung an jedem sechsten Strafgefangenen und an jedem achten Sicherungsverwahrten nach einer Besuchsvorführung. Davon solle abgesehen werden, soweit die Gefahr des Missbrauchs des Besuchsrechts besonders fernliegend sei. Dies sei insbesondere der Fall, wenn der Besuch mit einer Amts- oder vergleichbaren Person (Polizei, Notar, Rechtsanwalt, Rechtspfleger, Gutachter, Therapeut) oder mit außenstehenden Dritten unter Verwendung einer Trennvorrichtung oder als Einzelbesuch stattgefunden habe.
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3. Am 27. März 2019 erhielt der Beschwerdeführer Familienbesuch in der Cafeteria der Justizvollzugsanstalt. Nach dem Besuch wurde ihm mitgeteilt, dass er sich einer körperlichen Durchsuchung unterziehen müsse. Nachdem er sich vollständig entkleidet hatte, inspizierten die Bediensteten der Justizvollzugsanstalt zunächst die Achselhöhlen, den Mund und die Fußsohlen. Anschließend kam es zu einer Nachschau im Intimbereich des Beschwerdeführers. Die Durchsuchung wurde schriftlich auf einem Formblatt dokumentiert, welches zwei männliche Vollzugsbedienstete unterzeichneten. Ein weiterer männlicher Bediensteter war zu Ausbildungszwecken während der Durchsuchung anwesend.
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4. Gegen die Durchsuchung stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung, den das Landgericht Regensburg und das Bayerische Oberste Landesgericht zurückwiesen.
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5. Der hiergegen erhobenen Verfassungsbeschwerde gab die 1. Kammer des Zweiten Senats mit Beschluss vom 23. September 2020 - 2 BvR 1810/19 - statt, weil die angegriffenen Entscheidungen den Beschwerdeführer in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG verletzten.
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6. Daraufhin stellte das Landgericht Regensburg mit Beschluss vom 25. November 2020 fest, dass die mit einer Entkleidung verbundene körperliche Durchsuchung des Beschwerdeführers am 27. März 2019 rechtswidrig gewesen sei und diesen in seinen Rechten verletzt habe. Eine Durchsuchung mit vollständiger Entkleidung, die mit einer Inspizierung normalerweise verdeckter Körperöffnungen verbunden ist, greife schwerwiegend in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG ein (unter Bezugnahme auf BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 5. November 2016 - 2 BvR 6/16 -, Rn. 29). Vorliegend habe die Durchsuchung den verfassungsrechtlichen Vorgaben nicht entsprochen (unter Bezugnahme auf BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 23. September 2020 - 2 BvR 1810/19 -, Rn. 27 ff.). Zwar lasse die zugrundeliegende Anordnung durch das Formblatt erkennen, dass Ausnahmen im Einzelfall möglich seien. Allerdings genüge das bloße Ankreuzen des vorgesehenen Feldes nicht den Anforderungen an die gebotene sorgfältige Ermessensausübung. Die Justizvollzugsanstalt habe ferner eingeräumt, dass die für die Entscheidung über die Durchsuchung zuständigen Bediensteten nicht über die erforderliche Ausbildung verfügten, um die Missbrauchsgefahr im Einzelfall sachgerecht prüfen zu können; der Einsatz entsprechend geschulten Personals sei personell nicht zu leisten. Insofern führte das Landgericht aus, der Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht sei "ganz massiv" und könne nicht durch personelle Erwägungen kompensiert werden.
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7. Der Beschwerdeführer beantragte daraufhin die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Durchsetzung einer angemessenen Entschädigung in Höhe von 1.000,00 Euro, die ihm das Landgericht Regensburg mit Beschluss vom 24. März 2021 für die Durchsetzung einer angemessenen Entschädigung in Höhe von 500,00 Euro bewilligte. Im Übrigen lehnte es den Antrag ab.
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8. Mit Klageschrift vom 31. März 2021 nahm der Beschwerdeführer den Freistaat Bayern entsprechend der bewilligten Prozesskostenhilfe auf Zahlung einer angemessenen Entschädigung in Höhe von 500,00 Euro in Anspruch. Unter Bezugnahme auf die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 5. November 2016 - 2 BvR 6/16 - und vom 23. September 2020 - 2 BvR 1810/19 - trug er vor, die Durchsuchung habe nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen entsprochen und sei daher rechtswidrig gewesen. Da es sich um eine schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts gehandelt habe, die nicht auf andere Weise ausgeglichen werden könne, stehe ihm ein Schmerzensgeldanspruch gemäß § 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG zu. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass gegen ihn keinerlei Verdachtsmomente bestanden hätten. Ferner sei die Durchsuchung als solche in rechtswidriger Art und Weise durchgeführt worden. Er habe sich bereits zu Beginn der Prozedur vollständig ausziehen und damit über einen längeren Zeitraum nackt vor den Beamten stehen müssen, als für die Inspizierung normalerweise verborgener Körperstellen erforderlich gewesen wäre. Schließlich verwies der Beschwerdeführer auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in der Sache Roth v. Germany vom 22. Oktober 2020 - Nr. 6780/18 und 30776/18 -, in der dieser für einen vergleichbaren Fall eine Geldentschädigung in Höhe von 1.000,00 Euro pro Durchsuchung zugesprochen habe.
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9. In der Klageerwiderung vom 2. Juli 2021 vertrat der beklagte Freistaat zunächst die Auffassung, die Anordnung der Durchsuchung und deren Durchführung hätten den damals nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts maßgeblichen Anforderungen entsprochen. Die Praxis in der Justizvollzugsanstalt, insbesondere das Formblatt, sei stetig an die in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze angepasst worden. Bei Privatbesuchen könne, zumal wenn diese in der Cafeteria der Justizvollzugsanstalt stattfänden, die Gefahr eines Missbrauchs nicht ausgeschlossen werden. Dies gelte auch für "unverdächtige" Gefangene, die von Mitgefangenen zum Schmuggeln von Gegenständen ausgenutzt werden könnten. Schließlich habe es dem Beschwerdeführer offen gestanden, eine restriktivere Besuchsform zu wählen (Einsatz von Trennvorrichtungen), in welchem Fall die Beamten von einer Durchsuchung abgesehen hätten.
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Selbst wenn man von einer Rechtsverletzung ausgehe, entfalle der Verschuldensvorwurf nach Maßgabe der im Amtshaftungsrecht geltenden Kollegialgerichts-Richtlinie. Demnach treffe den Beamten in der Regel kein Verschulden, wenn ein mit mehreren Rechtskundigen besetztes Kollegialgericht die Amtstätigkeit als objektiv rechtmäßig angesehen habe, denn von einem Beamten könne keine bessere Rechtseinsicht verlangt werden. Da das Landgericht Regensburg und das Bayerische Oberste Landesgericht - letzteres besetzt mit drei rechtskundigen Richtern - die Durchsuchung gebilligt hätten, liege eine schuldhafte Amtspflichtverletzung nicht vor. Der zeitlich nachfolgende Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 23. September 2020 - 2 BvR 1810/19 - könne ein Verschulden der Justizvollzugsanstalt denknotwendig nicht begründen. Vielmehr habe sich die Justizvollzugsanstalt durch den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 27. März 2019, mit dem die Verfassungsbeschwerde in einem vergleichbaren Verfahren nicht zur Entscheidung angenommen wurde (Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats - 2 BvR 2294/18 -), bestätigt sehen dürfen. Dort habe das Bundesverfassungsgericht bereits die abstrakte Gefahr etwa des Einbringens unerlaubter Gegenstände oder von Betäubungsmitteln für die grundrechtskonforme Durchführung der Durchsuchung genügen lassen.
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Die vom Beschwerdeführer angeführte Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (Roth v. Germany, Urteil vom 22. Oktober 2020 - Nr. 6780/18 und 30776/18 -) sei auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. In rechtlicher Hinsicht sei es dort um eine verschuldensunabhängige Entschädigung nach Art. 41 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) gegangen, und auch in tatsächlicher Hinsicht gebe es wesentliche Unterschiede. Das hier eingesetzte Formblatt, das die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts entsprechend habe umsetzen sollen, habe damals noch nicht existiert. Der Entscheidung des Gerichtshofs hätten ferner insgesamt elf körperliche Durchsuchungen zugrunde gelegen, die im Zusammenhang mit dem Besuch von Amts- und nicht Privatpersonen gestanden hätten. Schließlich sei dem Beschwerdeführer im hiesigen Verfahren auch eine restriktivere Besuchsform angeboten worden.
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Weiterhin erhob der beklagte Freistaat den Einwand rechtmäßigen Alternativverhaltens. Die Durchsuchung sei nur deshalb für rechtswidrig erklärt worden, weil eine Einzelfallprüfung nicht stattgefunden habe. Bei Durchführung einer solchen Einzelfallprüfung hätte man die Durchsuchung ebenfalls durchgeführt, da die hierfür ausreichende abstrakte Missbrauchsgefahr vorgelegen habe. Selbst wenn jedoch die tatbestandlichen Voraussetzungen für einen Amtshaftungsanspruch erfüllt seien, sei eine Entschädigung nicht zu gewähren. Durch die gerichtliche Feststellung der Rechtswidrigkeit habe der Beschwerdeführer bereits Genugtuung erlangt. Der Präventionsgedanke trete in den Hintergrund, weil die Justizvollzugsanstalt die beanstandete Durchsuchungspraxis mittlerweile aufgegeben habe. Schließlich sei auch ein etwaiges Verschulden der handelnden Beamten allenfalls minimal.
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10. Mit Schriftsatz vom 26. August 2021 vertiefte der Beschwerdeführer sein bisheriges Vorbringen und betonte erneut, dass eine Überprüfung der Missbrauchsgefahr nicht stattgefunden habe. Gegen ihn hätten keinerlei Verdachtsmomente bestanden. Er habe seit seiner Inhaftierung zirka 400 Besuche, größtenteils von Privatpersonen, erhalten und sämtliche Besuche seien ordnungsgemäß durchgeführt worden. Sowohl er selbst als auch die für den Besuch zugelassenen Familienangehörigen seien in keiner Weise vorbelastet. Zudem werde die Cafeteria durch Bedienstete der Justizvollzugsanstalt optisch überwacht. Ferner habe die Justizvollzugsanstalt angesichts der schematischen Handhabung des Formblatts schon vor der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in dieser Sache (Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 23. September 2020 - 2 BvR 1810/19 -) erkennen müssen, dass ihre Praxis den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht gerecht werde. Schließlich sei die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte insofern übertragbar, als dieser festgestellt habe, dass bei schweren Verletzungen von Art. 3 EMRK der Ausspruch der Rechtswidrigkeit nicht für die Wiedergutmachung genüge.
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11. Mit Schriftsatz vom 26. November 2021 nahm auch der beklagte Freistaat erneut Stellung und wiederholte und vertiefte sein bisheriges Vorbringen. Der Verschuldensvorwurf entfalle bereits nach Maßgabe der Kollegialgerichts-Richtlinie. Ein Verzicht auf das Verschuldenserfordernis aufgrund des Urteils des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in der Sache Roth v. Germany vom 22. Oktober 2020 - Nr. 6780/18 und 30776/18 - sei mit deutschem Recht nicht vereinbar. Zudem sei die Höhe der geltend gemachten Entschädigung überzogen. Die vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in der vorgenannten Entscheidung zugesprochene Entschädigung habe für den vorliegenden Fall keine Aussagekraft. Nach deutschem Recht sei allenfalls ein Betrag in einer Größenordnung von 20,00 Euro bis 50,00 Euro angemessen, wenn man auf die für rechtswidrige Freiheitsentziehungen zugesprochenen Beträge abstelle.
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12. Mit angegriffenem Urteil vom 14. Dezember 2021, dem Beschwerdeführer am selben Tag zugegangen, wies das Landgericht Regensburg die Klage ab. Bei der Frage der Rechtswidrigkeit sei man zwar an die gerichtliche Feststellung durch die zuständige Strafvollstreckungskammer gebunden. Dies gelte jedoch nicht für die Frage, ob eine schuldhafte Amtspflichtverletzung vorliege. Der insoweit darlegungs- und beweisbelastete Beschwerdeführer habe ein Verschulden der handelnden Amtsträger nicht nachgewiesen. Nicht jeder objektive Rechtsirrtum begründe einen Verschuldensvorwurf. Wenn die nach sorgfältiger Prüfung gewonnene Rechtsansicht des Amtsträgers als rechtlich vertretbar angesehen werden könne und er daran bis zur gerichtlichen Klärung der Rechtslage festhalte, könne aus der späteren Missbilligung dieser Rechtsauffassung durch die Gerichte ein Schuldvorwurf nicht hergeleitet werden (unter Bezugnahme auf BGH, Urteil vom 23. Juli 2020 - III ZR 66/19 -, juris, Rn. 16). Dies sei hier der Fall gewesen. Auslegung und Anwendung des der Durchsuchung zugrundeliegenden Art. 91 Abs. 3 BayStVollzG hätten auf einer sorgfältigen und gewissenhaften Prüfung insbesondere der bis zu diesem Zeitpunkt ergangenen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts beruht. Dementsprechend hätten auch die vom Beschwerdeführer angerufenen Gerichte zunächst die Rechtmäßigkeit der Durchsuchung bestätigt. Der mit drei rechtskundigen Richtern besetzte Senat am Bayerischen Obersten Landesgericht habe zwar die Rechtsbeschwerde des Beschwerdeführers bereits als unzulässig verworfen, dabei aber ergänzend ausgeführt, dass die Justizvollzugsanstalt bei der Anordnung der Durchsuchung sämtliche entscheidungserheblichen Umstände berücksichtigt und zutreffend gewichtet habe. Dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in einer vergleichbaren Konstellation eine Geldentschädigung nach Art. 41 EMRK zugebilligt habe, stehe dem nicht entgegen. Bei der Entscheidung über den Entschädigungsanspruch hätten die deutschen Gerichte allein das nationale Recht, hier § 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG, zugrunde zu legen. Erst wenn das innerstaatliche Recht lediglich eine unvollkommene Entschädigung für die Folgen einer Konventionsverletzung gewähre, komme eine Entschädigung nach Art. 41 EMRK in Betracht, für deren Ausspruch allein der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte zuständig sei (unter Bezugnahme auf BGHZ 198, 1 11 f. Rn. 30>).
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Auch aus der Art und Weise der Durchführung der Durchsuchung ergebe sich kein Entschädigungsanspruch. Selbst wenn die vollständige Entkleidung über die gesamte Dauer der Durchsuchung nicht erforderlich gewesen wäre, hätte der Beschwerdeführer durch die gerichtliche Feststellung der Rechtswidrigkeit durch die Strafvollstreckungskammer bereits hinreichende Genugtuung erfahren. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte hänge es von den Umständen des Einzelfalls ab, was unter einer angemessenen und ausreichenden Wiedergutmachung zu verstehen sei; maßgeblich sei insbesondere die Art der festgestellten Konventionsverletzung. Ausnahmsweise, wenn nämlich die festgestellte Verletzung wenig gravierend sei oder nur Verfahrensfragen betreffe, könne die Feststellung der Verletzung selbst eine ausreichende Genugtuung bieten (unter Bezugnahme auf EGMR, Roth v. Germany, Urteil vom 22. Oktober 2020, Nr. 6780/18 und 30776/18, § 78). Ein solcher Ausnahmefall sei hier gegeben. Soweit eine Entkleidung während der Nachschau im Mund und unter den Fußsohlen nicht erforderlich gewesen sein sollte, betreffe dies einen sehr kurzen Zeitabschnitt. Den Beamten könne zudem allenfalls ein Fahrlässigkeitsvorwurf gemacht werden, zumal es gute Gründe für die gewählte Vorgehensweise gegeben habe.
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II.
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1. Mit am 14. Januar 2022 fristgerecht eingegangener Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1, Art. 3, Art. 19 Abs. 4 GG sowie Art. 3 EMRK und Art. 3 in Verbindung mit Art. 13 EMRK.
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Die angegriffene Entscheidung verstoße gegen das Willkürverbot aus Art. 3 Abs. 1 GG. Es sei unhaltbar, dass das Landgericht das fehlende Verschulden mit gerichtlichen Entscheidungen begründe, die nach Durchführung der Durchsuchung ergangen seien. Jedenfalls hätte dann auch die nachfolgende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 23. September 2020 - 2 BvR 1810/19 -) berücksichtigt werden müssen. In der Sache ergebe sich der Verschuldensvorwurf aus der Feststellung des Bundesverfassungsgerichts, dass das verwendete Formblatt nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG genügt habe. Dies habe die Justizvollzugsanstalt bereits auf Grundlage der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 5. November 2016 (Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats - 2 BvR 6/16 -) erkennen können und müssen. Ein Organisationsverschulden liege damit vor. Auch bezüglich der Durchführung der Durchsuchung habe das Landgericht den Begriff des "Eingriffes in das Persönlichkeitsrecht" verkannt. Es habe irrtümlich angenommen, die Eingriffsintensität sei derart geringfügig gewesen, dass der Beschwerdeführer bereits durch den Beschluss des Landgerichts vom 25. November 2020 hinreichende Genugtuung erfahren habe. Dies sei mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht zu vereinbaren, wonach eine Durchsuchung mit Entkleidung, zumal vor mehreren Beamten, einen schweren Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen darstelle. Insofern habe das Landgericht auch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte nicht beachtet.
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Im vorliegenden Fall sei wegen der schwerwiegenden Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts eine Entschädigung zu gewähren gewesen. Zwar bestehe nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts keine unbedingte Verpflichtung zur Geldentschädigung in Fällen einer Grundrechtsverletzung (unter Bezugnahme auf BVerfGK 7, 120 123>). Aufgrund der jüngeren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (unter Bezugnahme auf Roth v. Germany, Urteil vom 22. Oktober 2020, Nr. 6780/18 und 30776/18) müsse hier jedoch etwas anderes gelten. Es sei dort in einer vergleichbaren Konstellation festgestellt worden, dass anlasslose Durchsuchungen mit vollständiger Entkleidung eine erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK darstellten, für deren Wiedergutmachung eine Geldentschädigung geschuldet sei. Gemäß Art. 13 EMRK müsse zudem eine innerstaatliche Möglichkeit zur Durchsetzung dieses Anspruchs zur Verfügung stehen, die sowohl praktisch als auch rechtlich wirksam sei. Das Verschuldenserfordernis des Amtshaftungsanspruchs sei mit dieser Vorgabe nicht vereinbar. Die entsprechende Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Art. 3 (i.V.m. Art. 13) EMRK müsse auf das deutsche Recht, in diesem Fall auf Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG beziehungsweise Art. 19 Abs. 4 GG übertragen werden. Selbst wenn ein Verschulden des beklagten Freistaats zu verneinen sei, könne dies deshalb nicht zum Ausschluss des Entschädigungsanspruchs führen.
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2. Das Bayerische Staatsministerium der Justiz hatte Gelegenheit zur Stellungnahme.
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3. Die Akte des fachgerichtlichen Verfahrens hat dem Bundesverfassungsgericht vorgelegen.
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III.
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Die Verfassungsbeschwerde wird gemäß § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG zur Entscheidung angenommen, weil dies zur Durchsetzung der Grundrechte des Beschwerdeführers angezeigt ist. Die Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung im Sinne des § 93c Abs. 1 BVerfGG liegen vor. Die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Grundsätze hat das Bundesverfassungsgericht bereits geklärt. Nach diesen Grundsätzen ist die Verfassungsbeschwerde zulässig und in einem die Zuständigkeit der Kammer begründenden Sinn offensichtlich begründet.
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1. Das angegriffene Urteil des Landgerichts vom 14. Dezember 2021 verletzt den Beschwerdeführer in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip aus Art. 20 Abs. 3 GG.
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a) Durchsuchungen, die mit einer Entkleidung verbunden sind, stellen einen schwerwiegenden Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG dar (vgl. BVerfGK 2, 102 105>; 17, 9 14>). Dies gilt in besonderem Maße für Durchsuchungen, die mit einer Inspizierung von normalerweise verdeckten Körperöffnungen verbunden sind (vgl. BVerfGK 17, 9 14>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 5. November 2016 - 2 BvR 6/16 -, Rn. 29; Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 23. September 2020 - 2 BvR 1810/19 -, Rn. 21). Wegen des besonderen Gewichts von Eingriffen, die den Intimbereich und das Schamgefühl des Inhaftierten berühren, hat der Betroffene Anspruch auf besondere Rücksichtnahme (vgl. BVerfGK 17, 9 16>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 5. November 2016 - 2 BvR 6/16 -, Rn. 29; Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 23. September 2020 - 2 BvR 1810/19 -, Rn. 21).
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b) Die Versagung eines Entschädigungsanspruchs berührt den Schutzbereich des Grundrechts aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG (vgl. BVerfGE 34, 269 281 f., 285 f.>; BVerfGK 6, 144 146 f.>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 2. April 2017 - 1 BvR 2194/15 -, Rn. 9). Das Bundesverfassungsgericht hat bereits entschieden, dass der Schutzauftrag des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch den Anspruch auf Ausgleich des immateriellen Schadens verwirklicht wird, wobei die Gerichte die Fundierung in der Menschenwürde zu beachten haben (vgl. BVerfGK 3, 49 52>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 14. Februar 2017 - 1 BvR 2639/15 -, Rn. 15). Der hiernach gebotene Ausgleich muss nicht zwingend in der Zubilligung eines Zahlungsanspruchs bestehen (vgl. BVerfGK 3, 49 52>; 7, 120 123 f.>; 16, 389 394>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 14. Februar 2017 - 1 BvR 2639/15 -, Rn. 15). Daher begegnet es grundsätzlich keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, dass eine Geldentschädigung wegen der Verletzung immaterieller Persönlichkeitsbestandteile nach der zivilgerichtlichen Rechtsprechung (vgl. BGHZ 39, 124 133>; 161, 33 36 f.>; stRspr) nur unter der Voraussetzung einer hinreichenden Schwere und des Fehlens einer anderweitigen Genugtuungsmöglichkeit beansprucht werden kann (vgl. BVerfGE 34, 269 286 ff.>; BVerfGK 6, 144 147>; 16, 389 394 f.>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 14. Februar 2017 - 1 BvR 2639/15 -, Rn. 15).
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c) Das hier einschlägige Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG ist unter Heranziehung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte auszulegen.
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aa) Die Europäische Menschenrechtskonvention und ihre Zusatzprotokolle - soweit sie für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft getreten sind - stehen innerhalb der deutschen Rechtsordnung im Rang eines Bundesgesetzes (vgl. BVerfGE 74, 358 370>; 82, 106 120>; 111, 307 316 f.>; 128, 326 367>; 148, 296 351 Rn. 127>; stRspr). Gleichwohl besitzen die Gewährleistungen der Konvention verfassungsrechtliche Bedeutung, indem sie die Auslegung der Grundrechte und rechtsstaatlichen Grundsätze des Grundgesetzes beeinflussen. Der Konventionstext und die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte dienen auf der Ebene des Verfassungsrechts als Auslegungshilfen für die Bestimmung von Inhalt und Reichweite von Grundrechten und rechtsstaatlichen Grundsätzen des Grundgesetzes, sofern dies nicht zu einer - von der Konvention selbst nicht gewollten (vgl. Art. 53 EMRK) - Einschränkung oder Minderung des Grundrechtsschutzes nach dem Grundgesetz führt (vgl. BVerfGE 74, 358 370>; 83, 119 128>; 111, 307 317>; 120, 180 200 f.>; 128, 326 367 f.>; 148, 296 351 Rn. 128>; stRspr). Auf der Ebene des einfachen Rechts trifft die Fachgerichte die Verpflichtung, die Gewährleistungen der Konvention zu berücksichtigen und in den betroffenen Teilbereich der nationalen Rechtsordnung einzupassen (vgl. BVerfGE 74, 358 370>; 111, 307 323, 326 f.>). Die Pflicht zur Berücksichtigung der Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention und der Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte erfordert zumindest, dass die entsprechenden Texte und Judikate zur Kenntnis genommen werden und in den Willensbildungsprozess des zu einer Entscheidung berufenen Gerichts einfließen. Gegebenenfalls muss das Gericht nachvollziehbar begründen, warum es der völkerrechtlichen Rechtsauffassung nicht folgt (vgl. BVerfGE 111, 307 324, 329>; 148, 296 389 f. Rn. 190>).
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bb) Die Möglichkeiten einer konventionsfreundlichen Auslegung enden dort, wo diese nach den anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung und Verfassungsinterpretation nicht mehr vertretbar erscheint (vgl. BVerfGE 111, 307 323, 329>; 128, 326 371>; 148, 296 355 Rn. 133>), etwa wenn die Beachtung der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte gegen eindeutig entgegenstehendes Gesetzesrecht verstößt. Auch auf der Ebene des Bundesrechts genießt die Konvention nicht automatisch Vorrang vor anderem Bundesrecht (vgl. BVerfGE 111, 307 329>; 148, 296 354 Rn. 132>). Im Übrigen ist auch im Rahmen der konventionsfreundlichen Auslegung des Grundgesetzes - ebenso wie bei der Berücksichtigung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte auf der Ebene des einfachen Rechts - die Rechtsprechung des Gerichtshofs möglichst schonend in das vorhandene, dogmatisch ausdifferenzierte nationale Rechtssystem einzupassen (vgl. BVerfGE 111, 307 327>; 128, 326 371>; 148, 296 355 f. Rn. 135>), weshalb sich eine unreflektierte Adaption völkerrechtlicher Begriffe verbietet.
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d) Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in der Vergangenheit mehrfach über Entschädigungsansprüche nach körperlichen Durchsuchungen von Strafgefangenen entschieden. In dem auch vom Beschwerdeführer angeführten Urteil in der Rechtssache Roth v. Germany vom 22. Oktober 2020 - Nr. 6780/18 und 30776/18 - stellte der Gerichtshof eine Verletzung von Art. 3 EMRK sowie Art. 13 in Verbindung mit Art. 3 EMRK fest (vgl. EGMR, Roth v. Germany, Urteil vom 22. Oktober 2020, Nr. 6780/18 und 30776/18, §§ 70 ff.) und sprach dem dortigen Beschwerdeführer nach Art. 41 EMRK eine Geldentschädigung in Höhe von insgesamt 12.000,00 Euro zu. Zwar hänge es von den Gesamtumständen des Falls ab, was für eine angemessene und ausreichende Wiedergutmachung einer Konventionsverletzung erforderlich sei. Eine Verletzung von Art. 3 EMRK, der eines der Kernrechte der Konvention enthalte, rufe bei der betroffenen Person jedoch einen immateriellen Schaden hervor, der in der Regel durch Zusprechung einer Entschädigung in Geld wiedergutzumachen sei. Nur in Ausnahmefällen sei davon auszugehen, dass die Feststellung der Verletzung selbst eine ausreichende Genugtuung gewähre. Dies betreffe insbesondere Fälle, in denen die festgestellte Verletzung als weniger gravierend erachtet werde oder nur Verfahrensfehler betreffe. Ein solcher Ausnahmefall liege in der Rechtssache Roth v. Germany nicht vor. Die deutschen Gerichte hätten selbst anerkannt, dass die Durchsuchungen rechtswidrig und der damit verbundene Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Beschwerdeführers schwerwiegend gewesen seien (vgl. EGMR, Roth v. Germany, Urteil vom 22. Oktober 2020, Nr. 6780/18 und 30776/18, §§ 76 ff.). Dem Opfer einer Konventionsverletzung müsse auch ein Mechanismus zur Verfügung stehen, um Amtspersonen oder Organe des Staates für den Verstoß haftbar zu machen. Vorliegend sei das Amtshaftungsverfahren aussichtslos gewesen, obwohl die Maßnahmen gegen den dortigen Beschwerdeführer als rechtswidrig eingestuft worden waren und - zumindest ein mögliches - Verschulden seitens der Behörden vorgelegen habe. Es habe sich auch nicht um einen minder schweren Verstoß gehandelt. Die Tatsache, dass sich die deutschen Stellen einer Konventionsverletzung nicht bewusst gewesen seien oder dass der dortige Beschwerdeführer einer solchen Behandlung nicht noch einmal unterzogen werde, seien keine maßgeblichen Gründe dafür, ihm keine Entschädigung zuzusprechen. Der Gerichtshof kam zu dem Schluss, dass dem dortigen Beschwerdeführer kein wirksamer Rechtsbehelf zur Rüge der Konventionsverletzung zur Verfügung gestanden habe, so dass auch Art. 13 in Verbindung mit Art. 3 EMRK verletzt sei (vgl. EGMR, Roth v. Germany, Urteil vom 22. Oktober 2020, Nr. 6780/18 und 30776/18, §§ 90 ff.).
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e) Gemessen hieran verletzt das angegriffene Urteil den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG. Die vom Beschwerdeführer erduldete körperliche Durchsuchung mit vollständiger Entkleidung am 27. März 2019 stellt einen schwerwiegenden Eingriff in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht dar (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 23. September 2020 - 2 BvR 1810/19 -, Rn. 21). Indem das Landgericht einen Entschädigungsanspruch unter Verweis auf ein fehlendes Verschulden der handelnden Amtsträger verneint hat, ohne eine konventionsfreundliche Auslegung der § 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG oder die Anwendung weiterer staatshaftungsrechtlicher Institute zu prüfen, verkennt es den Einfluss der Europäischen Menschenrechtskonvention und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte auf die Anwendung des einfachen Rechts. Das Landgericht hat die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in der Rechtssache Roth v. Germany zwar zur Kenntnis genommen und ist in dem angegriffenen Urteil darauf eingegangen. Die inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Urteil und den Vorgaben, die sich aus der Europäischen Menschenrechtskonvention und der Rechtsprechung des Gerichtshofs ergeben, bleibt jedoch hinter den verfassungsrechtlichen Anforderungen zurück.
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aa) Das Landgericht ist im angegriffenen Urteil in vertretbarer Weise, wenn auch ohne nähere Begründung, davon ausgegangen, dass die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in der Rechtssache Roth v. Germany eine vergleichbare Konstellation betraf. Vor diesem Hintergrund hätte es jedoch die Frage klären müssen, inwieweit dessen Vorgaben auf den hier zu entscheidenden Fall übertragen werden können.
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Das Gericht hat lediglich festgestellt, dass die Zubilligung einer Entschädigung durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte für die nationalen Gerichte nicht maßgeblich sei, da diese bei der Entscheidung über eine Entschädigung allein das nationale Recht zugrunde zu legen hätten. Diese Sichtweise verkennt, dass die Fachgerichte die Verpflichtung trifft, die Gewährleistungen der Konvention zu beachten und in die nationale Rechtsordnung einzupassen. Ihre Aufgabe besteht gerade darin, der Europäischen Menschenrechtskonvention und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte durch eine konventionsfreundliche Auslegung des nationalen Rechts auf eine Weise Rechnung zu tragen, die Konventionsverletzungen und entsprechende Entschädigungsansprüche gegen die Bundesrepublik Deutschland vermeidet.
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Infolgedessen lässt die Entscheidung auch die konkreten Vorgaben außer acht, die der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in dem Urteil in der Rechtssache Roth v. Germany aufgestellt hat. Bei Verletzungen von Art. 3 EMRK ist danach in der Regel eine Entschädigung in Geld zu gewähren. Die bloße Feststellung der Verletzung genügt nur in Ausnahmefällen zur Genugtuung, insbesondere bei weniger gravierenden Verstößen oder bloßen Verfahrensfehlern (vgl. EGMR, Roth v. Germany, Urteil vom 22. Oktober 2020, Nr. 6780/18 und 30776/18, § 77 f.). Ferner muss im nationalen Recht eine praktisch und rechtlich wirksame Möglichkeit zur Wiedergutmachung der Konventionsverletzung bestehen. Insofern hat der Gerichtshof betont, dass die Entschädigung potenziell leerlaufe, wenn sie daran gekoppelt werde, dass der Anspruchsteller ein Verschulden seitens der handelnden Stellen beweisen kann ("prove fault"; vgl. EGMR, Roth v. Germany, Urteil vom 22. Oktober 2020, Nr. 6780/18 und 30776/18, §§ 93, 96). Bereits zuvor hatte er in mehreren Entscheidungen darauf hingewiesen, dass eine verschuldensabhängige Staatshaftung ("conditional on the establishment of fault") in Konstellationen, in denen regelmäßig ein Entschädigungsanspruch bestehe, den Anforderungen der Konvention nicht gerecht werde (vgl. in Bezug auf menschenunwürdige Haftbedingungen EGMR, Reshetnyak v. Russia, Urteil vom 8. Januar 2013, Nr. 56027/10, § 67; Ananyev and others v. Russia, Urteil vom 10. Januar 2012, Nr. 42525/07 und 60800/08, § 113, jeweils m.w.N.).
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bb) Zwar findet die konventionsfreundliche Auslegung ihre Grenze dort, wo die Beachtung der Entscheidung des Gerichtshofs gegen eindeutig entgegenstehendes Gesetzesrecht verstößt. Das Landgericht hat jedoch nicht geprüft, ob und inwieweit den entsprechenden Vorgaben unter Berücksichtigung der anerkannten Auslegungsgrundsätze, zu denen auch die teleologische Reduktion zählt (vgl. BVerfGE 35, 263 279 f.>; 88, 145 167>; 97, 186 196>), Rechnung getragen werden könnte. Es hat ferner unterlassen, die Anwendung weiterer staatshaftungsrechtlicher Institute jenseits des in § 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG verankerten, verschuldensabhängigen Amtshaftungsanspruchs in Erwägung zu ziehen. So wird im Schrifttum etwa vermehrt die Anwendung des in richterlicher Rechtsfortbildung aus §§ 74, 75 des Allgemeinen Landrechts für die Preußischen Staaten abgeleiteten und mittlerweile gewohnheitsrechtlich anerkannten allgemeinen Aufopferungsanspruchs auf Persönlichkeitsrechtsverletzungen befürwortet (vgl. Ossenbühl/Cornils, Staatshaftungsrecht, 6. Aufl. 2013, S. 135; Grzeszick, in: Ehlers/Pünder, Allgemeines Verwaltungsrecht, 16. Aufl. 2022, § 45 Rn. 101; Papier/Shirvani, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 14 Rn. 778 <September 2022>). Der Bundesgerichtshof hat diese Frage bislang offengelassen (vgl. BGHZ 50, 14 18>); seit einer jüngeren Entscheidung können über den Aufopferungsanspruch jedoch auch immaterielle Schäden geltend gemacht werden (vgl. BGHZ 215, 335 337 ff. Rn. 5 ff.>).
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2. Da die angegriffene Entscheidung schon wegen des Verstoßes gegen Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG keinen Bestand hat, kann offenbleiben, ob das Urteil weitere Grundrechte oder grundrechtsgleiche Rechte des Beschwerdeführers verletzt (vgl. BVerfGE 128, 226 268>).
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IV.
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Das Endurteil des Landgerichts Regensburg vom 14. Dezember 2021 - 24 O 242/21 (2) - wird aufgehoben; die Sache wird an das Landgericht zurückverwiesen (§ 93c Abs. 2 i.V.m. § 95 Abs. 2 BVerfGG).
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V.
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Die Entscheidung über die Erstattung der notwendigen Auslagen beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.
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Die Festsetzung des Gegenstandswerts für die anwaltliche Tätigkeit stützt sich auf § 37 Abs. 2 Satz 2, § 14 Abs. 1 RVG in Verbindung mit den Grundsätzen über die Festsetzung des Gegenstandswerts im verfassungsgerichtlichen Verfahren (vgl. BVerfGE 79, 365 366 ff.>).
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