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BVerfG 04.12.2019 - 2 BvR 1600/19
BVerfG 04.12.2019 - 2 BvR 1600/19 - Stattgebender Kammerbeschluss: Verletzung des Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz (Art 19 Abs 4 S 1 GG) durch fachgerichtliche Verfehlung der Maßstäbe für die Beurteilung der Beachtlichkeit eines Asylfolgeantrags (§ 71 AsylG <juris: AsylVfG 1992>) - Klärung unklarer Tatsachenfragen (hier: staatliche bzw nichtstaatliche Verfolgung homosexueller Männer in Pakistan) darf nicht aus dem Asylverfahren in die Entscheidung über die Zulässigkeit des Folgeantrags verlagert werden - Gegenstandswertfestsetzung
Normen
Art 19 Abs 4 S 1 GG, § 93c Abs 1 S 1 BVerfGG, § 71 AsylVfG 1992, § 14 Abs 1 RVG, § 37 Abs 2 S 2 RVG, § 51 Abs 1 VwVfG, § 51 Abs 2 VwVfG, § 51 Abs 3 VwVfG
Vorinstanz
vorgehend BVerfG, 19. September 2019, Az: 2 BvR 1600/19, Einstweilige Anordnung
vorgehend VG Cottbus, 30. August 2019, Az: VG 4 L 437/19.A, Beschluss
vorgehend VG Cottbus, 6. August 2019, Az: VG 4 L 290/19.A, Beschluss
Tenor
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Die Beschlüsse des Verwaltungsgerichts Cottbus vom 6. August 2019 - VG 4 L 290/19.A - und vom 30. August 2019 - VG 4 L 437/19.A - verletzen die Rechte des Beschwerdeführers aus Artikel 19 Absatz 4 Satz 1 des Grundgesetzes. Die Entscheidungen werden aufgehoben und die Sache an das Verwaltungsgericht Cottbus zurückverwiesen.
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Das Land Brandenburg hat dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen für das Verfassungsbeschwerde-verfahren und für das - mit Beschluss vom 19. September 2019 beschiedene - Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu erstatten. Damit erledigt sich der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts.
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Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit wird für das Verfassungsbeschwerdeverfahren auf 10.000 (in Worten: zehntausend) Euro und für den - mit Beschluss vom 19. September 2019 beschiedenen - Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auf 5.000 (in Worten: fünftausend) Euro festgesetzt.
Gründe
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I.
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1. Der am ... 2000 geborene Beschwerdeführer ist pakistanischer Staatsangehöriger; er stammt aus der Region Punjab. Er reiste im Oktober 2015 mit seinem Vater in die Bundesrepublik Deutschland ein. Am 22. Januar 2016 stellten sie beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) Asylanträge. In der persönlichen Anhörung am 1. September 2016 machte ausschließlich der Vater des Beschwerdeführers Angaben.
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2. Das Asylerstverfahren des Beschwerdeführers und seines Vaters blieb erfolglos. Die im negativen Bescheid des Bundesamtes vom 14. September 2016 enthaltene Abschiebungsandrohung ist seit dem 19. November 2017 vollziehbar.
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3. Am 3. April 2019 stellte der zwischenzeitlich volljährig gewordene Beschwerdeführer einen Folgeantrag. Er sei homosexuell und führe seit kurzem eine Beziehung mit Herrn M., den er über Facebook kennengelernt habe. Am 11. Januar 2019 habe ihr erstes Telefonat stattgefunden, Ende Februar/ Mitte März dann gegenseitige Besuche. Im März habe er auch seiner Betreuerin von seiner Homosexualität erzählt. Die Frist des § 51 Abs. 3 VwVfG für die Stellung des Folgeantrags sei gewahrt; sie habe mit der ersten telefonischen Kontaktaufnahme mit Herrn M., die als erster ernsthafter Schritt zur Anbahnung einer homosexuellen Beziehung angesehen werden könne, zu laufen begonnen.
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4. Am 18. April 2019 hörte das Bundesamt den Beschwerdeführer informatorisch zum Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG an. Der Beschwerdeführer gab an, sich in der Obhut des Jugendamtes zu befinden, seit sein Vater im Oktober 2017 nach Griechenland ausgereist sei. Im Asylerstverfahren habe ausschließlich der Vater Asylgründe vorgebracht. Ende September/ Anfang Oktober 2018 habe er, der Beschwerdeführer, festgestellt, dass er homosexuell sei. Er habe dann einen festen Freund und mehrere Sexualpartner gehabt. Derzeit habe er wieder einen festen Freund, Herrn M.; sie liebten sich. In Pakistan würden Homosexuelle gemieden, beschimpft, teilweise sogar umgebracht. Er wolle seine Homosexualität offen ausleben können.
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5. Mit Bescheid vom 21. Mai 2019 lehnte das Bundesamt den Folgeantrag als unzulässig ab. Ebenso lehnte es den Antrag auf Abänderung des Bescheides vom 14. September 2016 bezüglich der Feststellung zu § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG ab. Die Unzulässigkeit des Folgeantrags ergebe sich schon aus der Nichteinhaltung der Frist des § 51 Abs. 3 VwVfG. Die Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen zu § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG lägen gleichfalls nicht vor.
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6. Am 7. Juni 2019 erhob der Beschwerdeführer Klage beim Verwaltungsgericht Cottbus. Gleichzeitig beantragte er vorläufigen Rechtsschutz. Er machte geltend: Die Anforderungen des § 51 Abs. 3 VwVfG seien erfüllt. Außerdem lägen die Voraussetzungen für die Feststellung von Abschiebungsverboten vor. Ihm drohe in Pakistan wegen seiner Homosexualität Verfolgung durch den Staat, durch seine Familie und durch die Zivilgesellschaft. Auf der Grundlage von Art. 377 des pakistanischen Strafgesetzbuchs komme es zu Verurteilungen einvernehmlicher gleichgeschlechtlicher Handlungen unter Erwachsenen (Verweis auf: VG Freiburg, Urteil vom 5. Oktober 2017 - A 6 K 4389/16 -, S. 14; VG Potsdam, Urteil vom 21. März 2017 - VG 11 K 250/15.A -, S. 15), außerdem diene die Strafvorschrift als Grundlage für administrative, polizeiliche und justizielle Maßnahmen, zum Beispiel Untersuchungshaft, vorläufige Festnahmen, Durchsuchungen und Identitätskontrollen. Homosexuelle könnten gemäß dem aktuellen Lagebericht leicht Opfer von Erpressungen seitens der Polizeibehörden werden. Die dennoch recht niedrige Anzahl dokumentierter Fälle sei die Folge der in Pakistan weit verbreiteten Marginalisierung und Stigmatisierung von Homosexualität. Polizei und Gesellschaft missbrauchten Art. 377, um LGBTs zu drohen, zu bestechen und sexuelle Gefälligkeiten von ihnen zu erpressen (Verweis auf: Schweizerische Flüchtlingshilfe, Pakistan: Situation von Homosexuellen, Auskunft vom 11. Juni 2015). Bei Ermordungen von LGBTs habe der Staat keinen Untersuchungswillen. In Gegenden, in denen sich homosexuelle Männer oder Transgender-Personen aufhielten (Islamabad, Karachi, Lahore), würden sie von Gruppen verprügelt und vergewaltigt. Mehrere Verwaltungsgerichte kämen zu einer Verfolgungsgefahr für unverfolgt ausgereiste homosexuelle pakistanische Staatsangehörige (Verweis auf: VG Berlin, Urteil vom 28. Juni 2018 - VG 6 K 1614.16.A -, S. 14; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 14. Oktober 2016 - 2a K 5150/16.A. -, juris m.w.N.; VG Trier, Urteil vom 23. November 2017 - 2 K 9945/16.TR -, juris; VG Freiburg, Urteil vom 5. Oktober 2017 - A 6 K 4389/16 -, S. 7).
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7. Mit Beschluss vom 6. August 2019 lehnte das Verwaltungsgericht die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ab. Es bestünden keine ernstlichen Zweifel an der Auffassung, dass ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen sei. Wiederaufgreifensgründe lägen nicht vor. Dabei könne dahingestellt bleiben, ob die Homosexualität des Beschwerdeführers glaubhaft sei und ob die Frist des § 51 Abs. 3 VwVfG aus Rechts- oder Tatsachengründen nicht greife. Denn jedenfalls sei wegen der Homosexualität keine günstigere Entscheidung möglich.
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Die Kriminalisierung von Homosexualität in Pakistan erlaube die Feststellung, dass Homosexuelle eine soziale Gruppe bildeten. Es mangele jedoch an einer beachtlichen Verfolgungswahrscheinlichkeit. Voraussetzung für eine solche wäre, dass Haftstrafen wegen homosexueller Handlungen tatsächlich mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit verhängt würden. Daran fehle es hier. Dem Auswärtigen Amt seien keine Strafverfahren gegen Homosexuelle, die Beziehungen auf einvernehmliche Weise unterhielten, bekannt. Diese würden aber leicht Opfer von Erpressungen seitens der Polizeibehörden. Andere Erkenntnismittel legten dar, dass zwar durchaus Fälle homosexueller Handlungen zur Anklage kämen, dies aber nur selten bis sehr selten geschehe. So sei etwa von zehn Fällen in der Provinz Punjab im Jahr 2011 die Rede. Darüber hinaus fänden sich nur Darstellungen von Einzelfällen. Fehlten - wie hier - verlässliche Zahlen zur Größe einer sozialen Gruppe, müsse das Gericht die Größe schätzen. In der Provinz Punjab lebten circa 5 bis 11 Millionen homo- oder bisexuelle Menschen; die Zahl von zehn Anklagen sei in Anbetracht dessen verschwindend gering, zumal eine Anklage noch nicht bedeute, dass auch eine Freiheitsstrafe verhängt werde. Die Annahme einer alle Gruppenmitglieder erfassenden gruppengerichteten Verfolgung setze eine bestimmte Verfolgungsdichte voraus, welche die Regelvermutung eigener Verfolgung rechtfertige. Es sei unstreitig, dass es in Pakistan (nur) zu einzelnen Verhaftungen, Verurteilungen und Diskriminierungshandlungen durch den Staat komme.
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Auch eine nichtstaatliche Verfolgung des Beschwerdeführers sei nicht beachtlich wahrscheinlich. Hinsichtlich einer Verfolgung durch die Zivilbevölkerung erweise sich die Erkenntnislage - schon fernab einer Quantifizierung - als uneindeutig. Teilweise sei den Quellen zu entnehmen, dass homosexueller Geschlechtsverkehr als normal betrachtet werde beziehungsweise weit verbreitet sei und stillschweigend akzeptiert werde. Demgegenüber stellten andere Quellen fest, dass ein Outing gesellschaftlich inakzeptabel sei und zur Ausgrenzung durch die Gesellschaft und oft auch durch die Familie sowie zu entsprechender Strafverfolgung führe. Die betroffenen Personen seien häufig Einschüchterungen, Bedrohungen oder gewalttätigen Übergriffen ausgesetzt (Verweis auf: Amnesty International, Auskunft an das Verwaltungsgericht Wiesbaden vom 2. Oktober 2012, S. 1 f.). Auch sei den Erkenntnismitteln zu entnehmen, dass Homosexuelle in Pakistan sowohl sozialer Diskriminierung als auch Belästigung und Gewalt ausgesetzt sein könnten. Diese finde hauptsächlich in der Familie statt. In solchen Fällen sei auch regelmäßig kein Schutz seitens der staatlichen Behörden zu erwarten. Einige Homosexuelle aus privilegierten Sphären könnten bis zu einem gewissen Grad offen leben und einen gewissen Grad an Akzeptanz durch ihre Familie und Freunde erfahren, sofern sie diskret lebten. Die meisten gleichgeschlechtlichen Beziehungen blieben jedoch geheim, um dem sozialen Stigma zu entgehen. Es mangele insoweit schon aufgrund dieser Ambivalenz an einer beachtlichen Wahrscheinlichkeit. Auch sei nicht im Ansatz eine hinreichende Häufigkeit an Verfolgungshandlungen ersichtlich.
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8. Am 20. August 2019 erhob der Beschwerdeführer Anhörungsrüge.
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II.
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1. Der Beschwerdeführer hat am 30. August 2019 Verfassungsbeschwerde erhoben und den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt.
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2. Durch Beschluss vom selben Tag hat das Verwaltungsgericht die Anhörungsrüge gegen den Beschluss vom 6. August 2019 zurückgewiesen. Der Beschwerdeführer habe keine Gehörsverletzung dargelegt; er habe lediglich die inhaltliche Richtigkeit des angegriffenen Beschlusses gerügt. In der Sache sei seine Auffassung unzutreffend: Voraussetzung für die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens gemäß § 51 Abs. 1 VwVfG sei, dass sich die dem Verwaltungsakt zugrundeliegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert habe oder neue Beweismittel vorlägen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden. Trage der Antragsteller nur Sachverhalte vor, die, selbst wenn sie vorlägen, kein günstigeres Ergebnis begründen würden, sei der Folgeantrag nach wie vor unzulässig.
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3. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung seiner Rechte aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG und Art. 103 Abs. 1 GG.
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Zur Begründung der Verletzung des Gebots effektiven Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG führt er aus: Hätte das Bundesamt die Frage der "Präklusion" des Folgeantrags dahinstehen lassen, wäre für dessen Ablehnung als unzulässig kein Raum gewesen. Die Auffassung, dass bereits im Rahmen der Zulässigkeit eines Folgeantrags geprüft werden müsse, ob die Änderung der Sachlage eine günstigere Entscheidung für den Beschwerdeführer herbeigeführt hätte, stehe im Widerspruch zu der Verwaltungspraxis des Bundesamtes und der herrschenden Lehre. Eine Änderung der Sachlage sei anzunehmen, wenn sich entweder die allgemeinen politischen Verhältnisse oder Lebensbedingungen im Heimatstaat oder aber die das persönliche Schicksal des Asylbewerbers bestimmenden Umstände so verändert hätten, dass eine günstigere Entscheidung möglich erscheine. Dies sei systematisch folgerichtig, weil ansonsten ein zulässiger Asylfolgeantrag nicht mehr als unbegründet abgelehnt werden könnte.
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4. Durch Beschluss vom 19. September 2019 hat die Kammer dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung stattgegeben.
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5. Die Akten des Ausgangsverfahrens haben dem Bundesverfassungsgericht vorgelegen. Das Bundesministerium des Inneren, für Bau und Heimat, das Ministerium der Justiz und für Europa und Verbraucherschutz Brandenburg sowie das Bundesamt hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.
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III.
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Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt. Die Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG liegen vor. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist gemäß § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG zur Durchsetzung der Rechte des Beschwerdeführers aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG angezeigt. Die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen hat das Bundesverfassungsgericht bereits geklärt. Die zulässige Verfassungsbeschwerde ist offensichtlich begründet.
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1. Die Beschlüsse des Verwaltungsgerichts Cottbus vom 6. und vom 30. August 2019 verstoßen gegen das Gebot effektiven Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG.
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a) Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gewährleistet nicht nur, dass jeder potentiell rechtsverletzende Akt der Exekutive in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht der richterlichen Prüfung unterstellt ist. Vielmehr müssen die Gerichte den betroffenen Rechten auch tatsächliche Wirkung verschaffen (vgl. BVerfGE 35, 263 274>; 40, 272 275>; 67, 43 58>; 84, 34 49>; stRspr).
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Geht es in einem fachgerichtlichen Verfahren um die Frage, ob ein Folgeantrag gemäß § 71 AsylG wegen einer nachträglichen Änderung der Sach- oder Rechtslage zugunsten des Betroffenen zulässig ist, genügt es, wenn der Asylbewerber eine Änderung der allgemeinen politischen Verhältnisse oder Lebensbedingungen im Heimatstaat oder der sein persönliches Schicksal bestimmenden Umstände im Verhältnis zu der der früheren Asylentscheidung zugrunde gelegten Sachlage glaubhaft und substantiiert vorträgt. Es genügt mithin schon die Möglichkeit einer günstigeren Entscheidung aufgrund der geltend gemachten Wiederaufgreifensgründe (vgl. BVerfG, Beschlüsse der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 13. März 1993 - 2 BvR 1988/92 -, Rn. 23, vom 11. Mai 1993 - 2 BvR 2245/92 -, Rn. 22 und vom 3. März 2000 - 2 BvR 39/98 -, Rn. 32; Dickten, in: Kluth/Heusch, BeckOK Ausländerrecht, 23. Edition, Stand 01.08.2019, § 71 AsylG Rn. 18).
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Nicht von Bedeutung ist, ob der neue Vortrag im Hinblick auf das glaubhafte persönliche Schicksal des Antragstellers sowie unter Berücksichtigung der allgemeinen Verhältnisse im angeblichen Verfolgerland tatsächlich zutrifft, die Verfolgungsfurcht begründet erscheinen lässt und die Annahme einer relevanten Verfolgung rechtfertigt. Diese Prüfung hat im Rahmen eines neuen, mit den Verfahrensgarantien des Asylgesetzes ausgestatteten materiellen Anerkennungsverfahrens zu erfolgen. Lediglich wenn das Vorbringen des Antragstellers zwar glaubhaft und substantiiert, jedoch von vornherein nach jeder vertretbaren Betrachtungsweise ungeeignet ist, zur Asylberechtigung beziehungsweise zur Zuerkennung internationalen Schutzes zu verhelfen, darf der Folgeantrag als unzulässig abgelehnt beziehungsweise die Unzulässigkeitsentscheidung gerichtlich bestätigt werden (vgl. BVerfG, Beschlüsse der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 13. März 1993 - 2 BvR 1988/92 -, Rn. 23, vom 11. Mai 1993 - 2 BvR 2245/92 -, Rn. 22 und vom 3. März 2000 - 2 BvR 39/98 -, Rn. 32).
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b) Dies zugrunde gelegt, halten die Erwägungen, mit denen das Verwaltungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf ein Wiederaufgreifen des Verfahrens verneint hat, einer verfassungsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Durch die Annahme, eine für den Beschwerdeführer günstigere Entscheidung erscheine nicht einmal möglich, hat das Verwaltungsgericht den Anwendungsbereich der Unzulässigkeitsentscheidung beim Folgeantrag unter Verletzung des Gebots effektiven Rechtsschutzes überdehnt.
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aa) Das Verwaltungsgericht hat es in den angegriffenen Beschlüssen offengelassen, ob die Homosexualität des Beschwerdeführers glaubhaft ist und ob die Frist des § 51 Abs. 3 VwVfG einem Wiederaufgreifen des Verfahrens entgegensteht. Es hat die Bestätigung der Unzulässigkeitsentscheidung des Bundesamtes ausschließlich darauf gestützt, dass jedenfalls keine Möglichkeit einer günstigeren Entscheidung für den Beschwerdeführer bestehe, weil ihm in Pakistan keine Verfolgung wegen seiner Homosexualität drohe.
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Dies wird den verfassungsrechtlichen Anforderungen, nach denen ein Folgeantrag nach § 71 AsylG nur dann als unzulässig abgelehnt beziehungsweise die behördliche Unzulässigkeitsentscheidung gerichtlich bestätigt werden darf, wenn das Folgeantragsvorbringen von vornherein nach jeder vertretbaren Betrachtungsweise ungeeignet ist, zur Asylberechtigung beziehungsweise zur Zuerkennung internationalen Schutzes zu verhelfen, nicht gerecht.
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Die Frage, ob homosexuelle Männer in Pakistan von staatlicher oder nichtstaatlicher Verfolgung bedroht sind, ist weder höchstrichterlich geklärt noch wird sie in der Rechtsprechung einheitlich beurteilt (Bejahung von Verfolgung: VG Trier, Urteil vom 23. November 2017 - 2 K 9945/16.TR -, juris; VG Freiburg, Urteil vom 5. Oktober 2017 - A 6 K 4389/16 -, S. 14; VG Hannover, Urteil vom 14. November 2018 - 11 A 5244/17 -, juris; VG Berlin, Urteil vom 28. Juni 2018 - VG 6 K 1614.16.A -, S. 14; VG Potsdam, Urteil vom 21. März 2017 - VG 11 K 250/15.A -, S. 15; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 14. Oktober 2016 - 2a K 5150/16.A. -, juris; VG Augsburg, Urteil vom 31. Oktober 2014 - Au 3 K 14.3022 -, juris; Verneinung von Verfolgung: VG München, Urteil vom 18. Oktober 2018 - M 10 K 17.30550 -, juris; VG Oldenburg, Urteil vom 20. März 2017 - 5 A 3921/15 -, MiLO; VG Cottbus, Urteil vom 2. August 2018 - 4 K 726/18.A. -, juris).
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Die Klärung, ob die - unstreitig existierende - staatliche und nichtstaatliche Verfolgung und Diskriminierung von Homosexuellen in Pakistan eine hinreichende Verfolgungsdichte erreicht, um die Regelvermutung eigener Verfolgung zu rechtfertigen, muss im wiederaufzunehmenden Asylverfahren stattfinden. Der vom Verwaltungsgericht aufgestellte Obersatz, Voraussetzung für die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens gemäß § 51 Abs. 1 VwVfG sei, dass sich die dem Verwaltungsakt zugrundeliegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert habe oder neue Beweismittel vorlägen, "die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden", geht fehl.
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bb) Die Bestätigung der Unzulässigkeit des Asylfolgeantrags im gerichtlichen Eilverfahren bringt für den Beschwerdeführer erhebliche verfahrensrechtliche Nachteile mit sich (Entbehrlichkeit einer persönlichen Anhörung gemäß § 71 Abs. 3 Satz 3 AsylG; Vollziehbarkeit der Abschiebung ab der Unzulässigkeitsentscheidung bzw. deren gerichtlicher Bestätigung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gemäß § 74 Abs. 4, 5 AsylG). Auch dieser Umstand steht einer weitgehenden Verlagerung der Bewertung einer unklaren Tatsachenlage in die Entscheidung über die Frage, ob ein Folgeverfahren durchzuführen ist, entgegen.
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2. Hat die Verfassungsbeschwerde schon wegen der Verletzung des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG Erfolg, bedarf es keiner Entscheidung, ob die weiter geltend gemachten Grundrechtsverstöße vorliegen.
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3. Die angegriffenen Beschlüsse beruhen auf der festgestellten Grundrechtsverletzung. Es ist nicht auszuschließen, dass das Verwaltungsgericht bei hinreichender Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Vorgaben zu einer anderen, für den Beschwerdeführer günstigeren Entscheidung gelangt wäre.
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IV.
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Die Beschlüsse des Verwaltungsgerichts vom 6. und vom 30. August 2019 waren gemäß § 93c Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2 BVerfGG aufzuheben und die Sache an das Verwaltungsgericht zurückzuverweisen.
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Das Land Brandenburg hat dem Beschwerdeführer nach § 34a Abs. 2 BVerfGG die notwendigen Auslagen sowohl für das Verfassungsbeschwerde- als auch für das einstweilige Anordnungsverfahren zu erstatten. Dadurch erledigt sich der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (vgl. BVerfGE 105, 239 252> m.w.N.).
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Die Festsetzung des Gegenstandswertes der anwaltlichen Tätigkeit beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 RVG (vgl. BVerfGE 79, 365 366 ff.>).
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