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BVerfG 23.05.2018 - 2 BvR 1161/16
BVerfG 23.05.2018 - 2 BvR 1161/16 - Stattgebender Kammerbeschluss: Unzureichend begründeter Beschluss über die Fortdauer einer bereits langandauernden Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (hier: 22 Jahre) verletzt Art 2 Abs 2 S 2 GG iVm Art 20 Abs 3 GG - Gefahr erneuter Begehung erheblicher Taten iSd § 67d Abs 2 StGB nicht hinreichend konkretisiert - unzureichende Berücksichtigung der Unterbringungsdauer - Gegenstandswertfestsetzung
Normen
Art 2 Abs 2 S 2 GG, Art 20 Abs 3 GG, § 93c Abs 1 S 1 BVerfGG, § 14 Abs 1 RVG, § 37 Abs 2 S 2 RVG, § 63 StGB, § 67d Abs 2 StGB, § 67d Abs 6 StGB, § 67e Abs 2 StGB
Vorinstanz
vorgehend OLG Düsseldorf, 29. April 2016, Az: III-1 Ws 150/16, Beschluss
vorgehend LG Düsseldorf, 10. Februar 2016, Az: 051 StVK 9/16, Beschluss
Tenor
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Der Beschluss des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 29. April 2016 - III-1 Ws 150/16 - und der Beschluss des Landgerichts Düsseldorf vom 10. Februar 2016 - 051 StVK 9/16 - verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 2 Satz 2 in Verbindung mit Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes.
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Der Beschluss des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 29. April 2016 - III- 1 Ws 150/16 - wird aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Oberlandesgericht Düsseldorf zurückverwiesen.
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Das Land Nordrhein-Westfalen hat dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen zu erstatten.
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Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit wird auf 10.000 € (in Worten: zehntausend Euro) festgesetzt.
Gründe
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Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Anordnung der Fortdauer der Unterbringung des Beschwerdeführers in einem psychiatrischen Krankenhaus, die zum Zeitpunkt der angegriffenen Beschlüsse seit rund 22 Jahren vollzogen wurde.
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I.
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1. Der Beschwerdeführer wurde durch Urteil des Landgerichts Siegen vom 16. Februar 1994 wegen sexueller Nötigung, begangen im Zustand verminderter Schuldfähigkeit gemäß § 21 StGB, unter Einbeziehung einer Vorverurteilung zu einer Jugendstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus wurde angeordnet.
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a) Der Beschwerdeführer hatte sich am 29. Juli 1993 auf die Damentoilette einer Kaufhausfiliale geschlichen, wo er nacheinander zwei Frauen unter der Kabinentür hindurch beim Urinieren zusah. Gegenüber einer dritten Frau, der er ebenfalls unter der Kabinentür hindurch beim Urinieren zugesehen hatte, entblößte er sein Geschlechtsteil und griff ihr über der Kleidung an die Scheide. Als die Frau aufschrie, ergriff der Beschwerdeführer die Flucht. Nach den gerichtlichen Feststellungen war die Steuerungsfähigkeit des Beschwerdeführers zum Tatzeitpunkt aufgrund einer schweren Störung seiner sexuellen Entwicklung erheblich vermindert. Er leide unter einem erhöhten Triebdruck, wobei sich der Wunsch nach partnerschaftlichem Geschlechtsverkehr auf das Betrachten und Anfassen der Vagina im Sinne einer fetischistischen Fixierung verlagert habe. Der Beschwerdeführer wolle den Frauen im Grunde genommen nichts tun, so dass er an seinen Handlungen dann nicht mehr festhalte, wenn aus den Opfern Frauen mit Persönlichkeiten würden.
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b) In das Urteil vom 16. Februar 1994 wurde ein Urteil des Jugendschöffengerichts Siegen vom 22. Mai 1991 einbezogen, mit welchem der Beschwerdeführer wegen sexueller Nötigung in einem Fall, exhibitionistischer Handlung in einem Fall und des Diebstahls geringwertiger Sachen in einem fortgesetzten Fall zu einer Jugendstrafe von neun Monaten verurteilt worden war, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Der Verurteilung wegen der Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer eine ihm unbekannte Frau, die mit ihrem sechsjährigen Sohn in einem Waldgebiet spazieren ging, von hinten ansprang und ihr unter Vorhaltung eines Springmessers erklärte, in ihre Scheide zu wollen. Im weiteren Verlauf beschränkte er sich darauf, seine Hose zu öffnen und sein Geschlechtsteil zu entblößen.
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c) Nachdem sich der Beschwerdeführer seit Juli 1993 in Untersuchungshaft befunden hatte, wurde er am 25. Mai 1994 in den Maßregelvollzug überführt.
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2. Nach Einholung einer Stellungnahme der behandelnden Klinik und nach Anhörung des Beschwerdeführers ordnete das Landgericht Düsseldorf mit angegriffenem Beschluss vom 10. Februar 2016 die Fortdauer der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an. Zur Begründung seiner Entscheidung führte das Landgericht aus, dass nach der Stellungnahme der behandelnden Klinik beim Beschwerdeführer nur noch von einer kombinierten Persönlichkeitsstörung mit narzisstischen, emotional instabilen und unreifen Zügen (ICD-10: F61.0) sowie - nach wie vor - von einer multiplen Störung der Sexualpräferenz (Voyeurismus, Exhibitionismus, ICD-10: F65.6) auszugehen sei. Vor dem Hintergrund dieser Stellungnahme und der Anhörung des Beschwerdeführers sei deutlich geworden, dass er trotz der ihm gewährten weitreichenden Lockerungen noch einiges an therapeutischer Arbeit vor sich habe. Die Strafvollstreckungskammer schließe sich der Auffassung der behandelnden Klinik an, wonach es zurzeit für eine bewährungsweise Aussetzung der Maßregel noch zu früh sei. Zwar befinde sich der Beschwerdeführer insgesamt auf einem guten Weg. Gleichwohl teile das Gericht die Auffassung der Klinik, dass der Beschwerdeführer weiterhin konsequent therapeutisch mitarbeiten müsse und sich die Möglichkeit einer Aussetzung der Maßregel zur Bewährung nicht durch bloßen Zeitablauf einstellen werde. Im Hinblick auf die ihm gewährten weitreichenden Lockerungen sei die weitere Unterbringung noch verhältnismäßig.
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3. Mit ebenfalls angegriffenem Beschluss vom 29. April 2016 verwarf das Oberlandesgericht Düsseldorf die sofortige Beschwerde "aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet". Das Beschwerdevorbringen rechtfertige keine abweichende Beurteilung. Insbesondere sei mit Blick auf die nach Einschätzung der behandelnden Ärzte fortbestehende hohe Gefahr der Begehung weiterer erheblicher Sexualstraftaten die Fortdauer der Unterbringung ungeachtet ihres bereits sehr langen Vollzugs weiterhin verhältnismäßig. Dies gelte auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass die dem Beschwerdeführer gewährte Lockerungsstufe inzwischen zurückgeführt worden sei, nachdem er einen unbegleiteten Stadtausgang zum Besuch einer Thaimassage genutzt habe. Gerade diese jüngste Entwicklung zeige erneut, dass der Beschwerdeführer noch ein erhebliches Maß an therapeutischer Arbeit vor sich habe und vor seiner Entlassung in die Freiheit seine längerfristige Erprobung in Lockerungen unabdingbar erforderlich sei.
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II.
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Der Beschwerdeführer sieht sich durch die angegriffenen Beschlüsse in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 GG verletzt. Sie verstießen gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, weil seine Verweildauer im Maßregelvollzug außer Verhältnis zur Bedeutung und Schwere der seiner Verurteilung zugrunde liegenden Anlasstaten und der von ihm ausgehenden Gefahr für die Allgemeinheit stehe. Die Anlasstaten seien von vergleichsweise geringer Intensität und rechtfertigten keine Freiheitsentziehung von mehr als 20 Jahren. Anhaltspunkte für einen progredienten Verlauf seiner Persönlichkeitsstörung lägen nicht vor. Die Dauer des Maßregelvollzugs betrage mittlerweile das 13,5-fache der gegen ihn verhängten Freiheitsstrafe. Aufgrund eines engen, konfliktfreien Verhältnisses zu seinem Bruder und seinen Eltern bestehe für ihn außerhalb des Maßregelvollzugs ein guter sozialer Empfangsraum. Außerdem sei er krankheitseinsichtig, stehe in einem kontinuierlichen Behandlungsprozess und habe sich in den vergangenen Jahren deutlich stabilisiert.
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III.
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1. Das Justizministerium des Landes Nordrhein-Westfalen hat von einer Stellungnahme abgesehen.
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2. Der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof hält die Verfassungsbeschwerde für aussichtsreich. Schon die vom Beschwerdeführer ausgehende Gefahr zukünftiger rechtswidriger Taten sei nicht ausreichend konkretisiert. Vor diesem Hintergrund hätten sich die Gerichte den Blick für die Prüfung verstellt, ob die Voraussetzungen für die Maßregel überhaupt noch vorlägen. Daneben fehle jede Darlegung dazu, dass die vom Beschwerdeführer ausgehende Gefahr das angesichts der Dauer der Unterbringung zunehmende Gewicht seines Freiheitsanspruchs aufzuwiegen vermöge. Schließlich setzten sich die Gerichte auch nicht mit der Frage auseinander, ob dem Sicherungsinteresse der Allgemeinheit nicht auch durch den Beschwerdeführer weniger belastende Maßnahmen hätte Rechnung getragen werden können.
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IV.
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Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt. Die Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung nach § 93c Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 93a Abs. 2 BVerfGG sind erfüllt. Das Bundesverfassungsgericht hat die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen - insbesondere die sich aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ergebenden Anforderungen an die Anordnung der Fortdauer langandauernder Unterbringungen in einem psychiatrischen Krankenhaus - bereits entschieden (§ 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG; vgl. BVerfGE 70, 297). Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch zur Durchsetzung des Grundrechts des Beschwerdeführers aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die zulässige Verfassungsbeschwerde ist offensichtlich begründet (§ 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG).
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1. Die angegriffenen Beschlüsse des Landgerichts Düsseldorf vom 10. Februar 2016 und des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 29. April 2016 verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG, weil sie den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht genügen, die für die Anordnung der Fortdauer langandauernder Unterbringungen in einem psychiatrischen Krankenhaus bestehen.
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a) Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG gewährleistet jedermann "die Freiheit der Person" und nimmt einen hohen Rang unter den Grundrechten ein. Das kommt darin zum Ausdruck, dass Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG die Freiheit der Person als "unverletzlich" bezeichnet, Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG ihre Beschränkung nur aufgrund eines förmlichen Gesetzes zulässt und Art. 104 Abs. 2 bis 4 GG besondere Verfahrensgarantien für ihre Beschränkung statuiert (vgl. BVerfGE 35, 185 190>; 109, 133 157>; 128, 326 372>).
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aa) Die Freiheit der Person darf nur aus besonders gewichtigen Gründen und unter strengen formellen Gewährleistungen eingeschränkt werden. Zu diesen wichtigen Gründen gehören in erster Linie solche des Strafrechts und des Strafverfahrensrechts. Eingriffe in die persönliche Freiheit auf diesem Gebiet dienen vor allem dem Schutz der Allgemeinheit (vgl. BVerfGE 22, 180 219>; 45, 187 223>; 58, 208 224 f.>); zugleich haben die gesetzlichen Eingriffstatbestände freiheitsgewährleistende Funktion, da sie die Grenzen zulässiger Einschränkung der Freiheit der Person bestimmen. Das gilt auch für die Regelung der Unterbringung eines schuldunfähigen oder erheblich vermindert schuldfähigen Straftäters, von dem infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten zu erwarten sind, in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 StGB.
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bb) Die freiheitssichernde Funktion des Art. 2 Abs. 2 GG hat auch verfahrens-rechtliche Bedeutung. Unverzichtbare Voraussetzung eines rechtsstaatlichen Verfahrens ist, dass Entscheidungen, die den Entzug der persönlichen Freiheit betreffen, auf zureichender richterlicher Sachaufklärung beruhen (vgl. BVerfGE 58, 208 222>) und eine in tatsächlicher Hinsicht genügende Grundlage haben, die der Bedeutung der Freiheitsgarantie entspricht (vgl. BVerfGE 58, 208 230>).
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Erst eine hinreichende Tatsachengrundlage setzt den Richter in den Stand, darüber zu entscheiden, ob die Vollstreckung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus fortzudauern hat oder zur Bewährung auszusetzen ist (§ 67d Abs. 2 StGB). Nur auf dieser Grundlage kann er die von ihm geforderte Prognose künftiger Straffälligkeit stellen sowie die Verantwortbarkeit einer Erprobung des Untergebrachten in Freiheit und die Verhältnismäßigkeit einer weiteren Unterbringung prüfen.
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cc) Zudem ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in die Entscheidung über die Fortdauer oder Aussetzungsreife der Maßregel einzubeziehen (integrative Betrachtung). Das sich daraus ergebende Spannungsverhältnis zwischen dem Freiheitsanspruch des betroffenen Einzelnen und dem Sicherungsbedürfnis der Allgemeinheit vor zu erwartenden erheblichen Rechtsverletzungen verlangt nach gerechtem und vertretbarem Ausgleich. Dieser lässt sich für Entscheidungen über die Aussetzung der Maßregelvollstreckung nur dadurch bewirken, dass Sicherungsbelange und der Freiheitsanspruch des Untergebrachten als wechselseitiges Korrektiv gesehen und im Einzelfall gegeneinander abgewogen werden. Hält das Gericht ein Risiko der Begehung weiterer Straftaten bei einem nach § 63 StGB Untergebrachten für gegeben, hat es die mögliche Gefährdung der Allgemeinheit zu der Dauer des erlittenen Freiheitsentzugs in Beziehung zu setzen (vgl. BVerfGE 70, 297 311 f.>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 16. August 2017 - 2 BvR 1280/15 -, juris, Rn. 26).
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Dabei ist auf die Gefahr solcher rechtswidriger Taten abzustellen, die ihrer Art und ihrem Gewicht nach ausreichen, die Anordnung der Maßregel zu tragen; diese müssen mithin "erheblich" im Sinne des § 63 StGB sein. Die Beurteilung hat sich darauf zu erstrecken, ob und welche Art rechtswidriger Taten von dem Untergebrachten drohen, wie ausgeprägt das Maß der Gefährdung ist (Häufigkeit und Rückfallfrequenz) und welches Gewicht den bedrohten Rechtsgütern zukommt. Dabei ist die von dem Untergebrachten ausgehende Gefahr hinreichend zu konkretisieren; die Art und der Grad der Wahrscheinlichkeit zukünftiger rechtswidriger Taten ist zu bestimmen; deren bloße Möglichkeit vermag die weitere Maßregelvollstreckung nicht zu rechtfertigen. Bei allem ist auf die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalls einzugehen. Zu erwägen sind das frühere Verhalten des Untergebrachten und von ihm bislang begangene Taten. Abzuheben ist aber auch auf die seit der Anordnung der Maßregel veränderten Umstände, die für die künftige Entwicklung bestimmend sind (vgl. BVerfGE 70, 297 313 f.>; BVerfGK 16, 501 506>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 16. August 2017 - 2 BvR 1280/15 -, juris, Rn. 28).
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Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebietet darüber hinaus, die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 63 StGB nur solange zu vollstrecken, wie der Zweck der Maßregel dies unabweisbar erfordert und zu seiner Erreichung den Untergebrachten weniger belastende Maßnahmen im Rahmen der Aussetzung der Vollstreckung zur Bewährung (§ 67d Abs. 2, §§ 68a, 68b StGB) nicht genügen.
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dd) Da es sich bei der Gesamtwürdigung der für die Frage der Aussetzung (§ 67d Abs. 2 StGB) maßgeblichen Umstände um eine wertende Entscheidung unter Prognosegesichtspunkten handelt, kann das Bundesverfassungsgericht sie nicht in allen Einzelheiten, sondern nur daraufhin nachprüfen, ob eine Abwägung überhaupt stattgefunden hat und ob die dabei zugrunde gelegten Bewertungsmaßstäbe der Verfassung entsprechen, insbesondere Inhalt und Tragweite des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit nicht verkennen. Je länger die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus andauert, umso strenger sind die Voraussetzungen für die Verhältnismäßigkeit des Freiheitsentzugs. Der im Einzelfall unter Umständen nachhaltige Einfluss des gewichtiger werdenden Freiheitsanspruchs wird jedoch dort an Grenzen stoßen, wo es im Blick auf die Art der von dem Untergebrachten drohenden Taten, deren Bedeutung und deren Wahrscheinlichkeit vor dem staatlichen Schutzauftrag für die Rechtsgüter des Einzelnen und der Allgemeinheit unvertretbar erscheint, den Untergebrachten in die Freiheit zu entlassen (vgl. BVerfGE 70, 297 315>).
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ee) Das zunehmende Gewicht des Freiheitsanspruchs bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung wirkt sich bei langdauernden Unterbringungen in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 StGB) auch auf die an die Begründung einer Entscheidung nach § 67d Abs. 2 StGB zu stellenden Anforderungen aus. In diesen Fällen engt sich der Bewertungsrahmen des Strafvollstreckungsrichters ein; mit dem immer stärker werdenden Freiheitseingriff wächst die verfassungsgerichtliche Kontrolldichte. Dem lässt sich dadurch Rechnung tragen, dass der Richter seine Würdigung eingehender abfasst, sich also nicht etwa mit knappen, allgemeinen Wendungen begnügt, sondern seine Bewertung anhand der dargestellten einfachrechtlichen Kriterien substantiiert offenlegt. Erst dadurch wird es möglich, im Rahmen verfassungsgerichtlicher Kontrolle nachzuvollziehen, ob die von dem Täter ausgehende Gefahr seinen Freiheitsanspruch gleichsam aufzuwiegen vermag. Zu verlangen ist mithin vor allem die Konkretisierung der Wahrscheinlichkeit weiterer rechtswidriger Taten, die von dem Untergebrachten drohen, und deren Deliktstypus. Bleibt das Bemühen des Richters um Zuverlässigkeit der Prognose trotz Ausschöpfung der zu Gebote stehenden Erkenntnismittel mit großen Unsicherheiten behaftet, so hat auch dies Eingang in seine Bewertung zu finden (vgl. BVerfGE 70, 297 315 f.>).
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ff) Tragen die Gründe einer Entscheidung über die Fortdauer einer bereits außergewöhnlich lange währenden Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63, § 67d Abs. 2 StGB) diesen Maßstäben nicht Rechnung, so führt dies dazu, dass die Freiheit der Person des Untergebrachten auf solcher Grundlage nicht rechtmäßig eingeschränkt werden kann; sein Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG ist verletzt, weil es an einer verfassungsrechtlich tragfähigen Grundlage für die Unterbringung fehlt (vgl. BVerfGE 70, 297 316 f.>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 16. August 2017 - 2 BvR 1280/15 -, juris, Rn. 29).
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b) Diesen verfassungsrechtlichen Maßstäben genügen die angegriffenen Beschlüsse nicht, da sie die verfassungsrechtlich gebotene Begründungstiefe nicht aufweisen. Es fehlt bereits an einer für die Abwägung zwischen den Sicherungsinteressen der Allgemeinheit und dem Freiheitsanspruch des Beschwerdeführers hinreichenden Konkretisierung der vom Beschwerdeführer künftig zu erwartenden rechtswidrigen Taten (aa). Daneben wird in den angegriffenen Beschlüssen nicht in der verfassungsrechtlich gebotenen Weise dargelegt, dass die von dem Beschwerdeführer ausgehende Gefahr das angesichts der Dauer der Unterbringung zunehmende Gewicht seines Freiheitsanspruchs aufzuwiegen vermag (bb). Schließlich fehlt es auch an einer Erörterung der Frage, ob vorliegend den Sicherungsinteressen der Allgemeinheit durch den Beschwerdeführer weniger belastende Maßnahmen hinreichend Rechnung hätte getragen werden können (cc).
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aa) Die angegriffenen Beschlüsse lassen die Art und den Grad der Wahrscheinlichkeit der künftig vom Beschwerdeführer zu erwartenden Straftaten nicht in einem verfassungsrechtlichen Anforderungen entsprechenden Umfang erkennen.
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(1) Das Landgericht stellt lediglich fest, derzeit sei noch nicht zu erwarten, dass der Beschwerdeführer außerhalb des Maßregelvollzugs keine erheblichen rechtswidrigen Taten mehr begehen werde. Eine darüber hinausgehende Konkretisierung, welche "erheblichen rechtswidrigen Taten" des Beschwerdeführers im Einzelnen bei einer Aussetzung der Unterbringung mit welchem Grad an Wahrscheinlichkeit drohen, unterbleibt.
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Etwas anderes ergibt sich auch nicht, soweit das Landgericht im angegriffenen Beschluss die gutachterliche Stellungnahme der Maßregelvollzugsklinik vom 11. Januar 2016 auszugsweise zitiert. Zwar geht die Klinik in der zitierten Passage dieser Stellungnahme davon aus, dass bei Entlassung des Beschwerdeführers aus der Unterbringung eine hohe Gefahr der Begehung weiterer, dem Anlassdelikt entsprechender Straftaten bestehe. Die bloße Wiedergabe dieser Ausführungen durch das Landgericht genügt aber den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Darlegung der Art und des Grades der Wahrscheinlichkeit künftiger Straftaten nicht. Es erscheint bereits zweifelhaft, ob die Prognose der Maßregelvollzugseinrichtung mit hinreichender Bestimmtheit erkennen lässt, welche konkreten Straftaten vom Beschwerdeführer künftig zu erwarten sind. Jedenfalls aber hat das Landgericht sich die zitierte Gefahrenprognose nicht zu Eigen gemacht. Es nimmt im angegriffenen Beschluss auf die gutachterliche Stellungnahme der Maßregelvollzugsklinik vom 11. Januar 2016 nur Bezug, um die Notwendigkeit weiterer therapeutischer Behandlung des Beschwerdeführers darzulegen. Zur Begründung der Verhältnismäßigkeit der weiteren Unterbringung verweist das Landgericht demgegenüber ausschließlich auf die gewährten Vollzugslockerungen. Der bloßen Wiedergabe der Gefahrenprognose der Maßregelvollzugsklinik kann daher nicht entnommen werden, welche Straftaten aus Sicht des Landgerichts selbst im Falle einer Aussetzung der Unterbringung des Beschwerdeführers mit welcher Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind.
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(2) Auch dem angegriffenen Beschluss des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 29. April 2016 liegt keine verfassungsrechtlichen Maßstäben genügende Gefahrenprognose zugrunde. Es beschränkt sich auf die Feststellung einer "fortbestehende[n] hohe[n] Gefahr der Begehung weiterer erheblicher Sexualstraftaten". Dabei wird aber nicht ausgeführt, die Erfüllung welcher Straftatbestände gegen die sexuelle Selbstbestimmung im Einzelnen im Falle einer Entlassung des Beschwerdeführers zu erwarten ist und ob es sich dabei um "erhebliche Straftaten" im Sinne von § 67d Abs. 2 StGB handelt. Dies wäre jedoch angesichts der Bandbreite der in §§ 174 ff. StGB geregelten Straftaten, deren Strafrahmen von Geldstrafe bis zu lebenslanger Freiheitstrafe reicht, geboten gewesen. Auch vor dem Hintergrund der Einschätzung der Sachverständigen, dass beim Beschwerdeführer eine deutlich höhere Gefahr von "Hands-off"-Übergriffen im Vergleich zu "Hands-on"-Delikten bestehe, hätte es der konkreten Darlegung der vom Beschwerdeführer drohenden Straftaten bedurft, um die Gefahr "erheblicher Straftaten" im Sinne von § 67d Abs. 2 StGB feststellen und die Verhältnismäßigkeit einer weiteren Unterbringung des Beschwerdeführers bewerten zu können.
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bb) Darüber hinaus findet in den angegriffenen Beschlüssen die verfassungsrechtlich gebotene Abwägung zwischen dem zunehmenden Gewicht des Freiheitsanspruchs des Beschwerdeführers und den Sicherungsinteressen der Allgemeinheit unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des vorliegenden Einzelfalles nur unzureichend statt.
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(1) Der angegriffene Beschluss des Landgerichts Düsseldorf vom 10. Februar 2016 erschöpft sich insoweit in der Feststellung, die weitere Unterbringung des Beschwerdeführers sei im Hinblick auf die ihm gewährten weitreichenden Lockerungen noch verhältnismäßig. Eine darüber hinausgehende Bestimmung des Gewichts des Freiheitsanspruchs des Beschwerdeführers und dessen Abwägung mit den Sicherungsinteressen der Allgemeinheit findet demgegenüber nicht statt.
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Insbesondere wird nicht erörtert, welche Bedeutung für das Gewicht des Freiheitsanspruchs des Beschwerdeführers der Dauer seiner Unterbringung zukommt, die die ausgeurteilte Freiheitsstrafe um ein Vielfaches übersteigt und im Entscheidungszeitpunkt des Landgerichts mehr als 20 Jahre betrug. Auch bleibt außer Betracht, dass der Beschwerdeführer die Anlasstat bereits im Alter von 19 Jahren begangen hat und die Dauer der Unterbringung damit das Lebensalter des Beschwerdeführers im Tatzeitpunkt übersteigt. Des Weiteren setzt sich das Landgericht im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht mit dem bisherigen Behandlungsverlauf, den Therapieaussichten und dem zu erwartenden sozialen Empfangsraum für den Beschwerdeführer auseinander. Damit trägt diese Prüfung der verfassungsrechtlich gebotenen Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls unzureichend Rechnung.
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(2) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem angegriffenen Beschluss des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 29. April 2016. Zwar findet in dieser Entscheidung die lange Dauer der Unterbringung des Beschwerdeführers Erwähnung. Zur Begründung der Verhältnismäßigkeit ihrer Fortdauer wird neben einer hohen Gefahr der Begehung weiterer erheblicher Sexualstraftaten auf die Erforderlichkeit längerfristiger Erprobung des Beschwerdeführers in Lockerungen verwiesen. Damit wird den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Abwägung des erhöhten Gewichts des Freiheitsanspruchs des Beschwerdeführers aufgrund der langen Dauer seiner Unterbringung mit den Sicherungsinteressen der Allgemeinheit aber nicht ausreichend Rechnung getragen.
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Dem steht bereits die fehlende Konkretisierung der vom Beschwerdeführer zu erwartenden Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung und des Gewichts der dabei betroffenen Rechtsgüter entgegen (siehe oben IV. 1. b) aa) (2) Rn. 27). Außerdem bleiben auch im Beschluss des Oberlandesgerichts das Alter des Beschwerdeführers bei Begehung der Anlasstat, der Behandlungsverlauf in seiner Gesamtheit, die Therapieaussichten und der zu erwartende soziale Empfangsraum des Beschwerdeführers unerörtert. Der Beschluss des Oberlandesgerichts weist daher ebenfalls die verfassungsrechtlich gebotene Begründungstiefe nicht auf.
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cc) Schließlich setzen sich die angegriffenen Beschlüsse auch nicht mit der Frage auseinander, ob den Sicherungsinteressen der Allgemeinheit durch den Beschwerdeführer weniger belastende Maßnahmen hätte Rechnung getragen werden können. Zu einer Auseinandersetzung mit dieser Frage hätte im vorliegenden Fall bereits deshalb Veranlassung bestanden, weil der Sachverständige R. dem Beschwerdeführer in seinem Gutachten vom 29. August 2011 Therapiemotivation und Kooperationsbereitschaft einschließlich medikamentöser Compliance attestierte und dessen Unterbringung in einer Wohngruppe sowie die Integration in eine betreute Werkstatt als potentiell realistische Lebensperspektiven ansah. Auch der Sachverständige P. stellte in seinem Gutachten vom 30. Oktober 2014 eine "niedrigschwellige Nachreifung" des Beschwerdeführers fest und erörterte die Perspektive einer Unterbringung in einer betreuten Wohngruppe, deren Voraussetzungen er im Gutachtenszeitpunkt allerdings noch nicht als gegeben ansah. Schließlich ist auch aus Sicht der Maßregelvollzugseinrichtung eine günstige Behandlungsprognose für das Erreichen der Therapieziele gegeben und für den Fall einer Entlassung des Beschwerdeführers aus dem Maßregelvollzug dessen Integration in den zweiten Arbeitsmarkt und die Unterbringung im betreuten Wohnen anzustreben (vgl. Stellungnahme vom 11. Januar 2016, S. 11). Zu all dem verhalten sich die angegriffenen Beschlüsse nicht.
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2. Der Beschluss des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 29. April 2016 - III-1 Ws 150/16 - ist daher aufzuheben. Die Sache ist zur erneuten Entscheidung an das Oberlandesgericht Düsseldorf zurückzuverweisen (§ 95 Abs. 2 BVerfGG).
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3. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.
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4. Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 RVG.
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
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