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Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.
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BVerfG 10.08.2017 - 1 BvR 1504/16
BVerfG 10.08.2017 - 1 BvR 1504/16 - Nichtannahmebeschluss: Parallelentscheidung
Tenor
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1. Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
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2. Die Bundesrepublik Deutschland hat den Beschwerdeführenden ein Drittel ihrer notwendigen Auslagen aus dem Verfassungsbeschwerdeverfahren zu erstatten.
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3. Der Gegenstandswert der Verfassungsbeschwerde wird auf 500.000 € (in Worten: fünfhunderttausend Euro) festgesetzt.
Gründe
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I.
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Bei den Beschwerdeführenden handelt es sich um eine Gewerkschaft und vier ihrer Mitglieder, die sich wie andere Gewerkschaften und Gewerkschaftsmitglieder auch gegen das Gesetz zur Tarifeinheit vom 3. Juli 2015 (Tarifeinheitsgesetz, BGBl I S. 1130) wenden.
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1. Die Beschwerdeführerin zu 1) gehört dem Christlichen Gewerkschaftsbund an. Ihr Organisationsbereich erstreckt sich bundesweit auf die Bereiche der metallerzeugenden und metallverarbeitenden Industrie, des Metallhandwerks, der Elektroindustrie sowie der sonstigen Metallbetriebe. Sie ist tariffähig. Zu ihren satzungsmäßigen Aufgaben gehört der Abschluss von Tarifverträgen zur Regelung gerechter Entgelte und sonstiger Arbeitsbedingungen sowie der Mitarbeiterbeteiligung. Die Mitgliedschaft bei der Beschwerdeführerin zu 1) ist ohne Rücksicht auf die konfessionelle Bindung möglich. Als bundesweit agierende Branchengewerkschaft konkurriert sie mit der DGB-Mitgliedsgewerkschaft IG Metall.
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Die Beschwerdeführenden zu 2) bis 5) sind Mitglieder der Beschwerdeführerin zu 1). Sie unterfallen verschiedenen von der Beschwerdeführerin zu 1) abgeschlossenen Tarifverträgen.
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2. Die Verfassungsbeschwerde wendet sich gegen § 4a Abs. 1 und Abs. 2 TVG sowie gegen die Verfahrensregeln der § 2a Abs. 1 Nr. 6, § 58 Abs. 3 und § 99 ArbGG in der Fassung von Art. 1 und Art. 2 des Gesetzes zur Tarifeinheit vom 3. Juli 2015 (BGBl I S. 1130). Die Beschwerdeführenden machen eine Verletzung von Art. 9 Abs. 3 und Art. 3 Abs. 1 GG geltend. Sie teilen im Wesentlichen die in den mit Urteil vom 11. Juli 2017 - 1 BvR 1571/15 u.a. -, www.bverfg.de, entschiedenen Verfassungsbeschwerden vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die angegriffenen Regelungen.
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a) Die Beschwerdeführende zu 1) verweist insbesondere darauf, im Verhältnis zur IG Metall regelmäßig die mitgliederschwächere Gewerkschaft zu sein. Unter der Geltung des Tarifeinheitsgesetzes sei es daher sehr wahrscheinlich, dass die von ihr abgeschlossenen Tarifverträge verdrängt würden. Dies beeinträchtige auch die Rechte der Beschwerdeführenden zu 2) bis 5), weil für sie gerade solche Tarifverträge Anwendung fänden, die der Verdrängungswirkung der Kollisionsregelung des § 4a Abs. 2 Satz 2 TVG unterfielen.
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b) Die Tarifautonomie entfalte vor allem eine Schutzfunktion zu Gunsten der Beschäftigten. Zudem habe Art. 9 Abs. 3 GG eine Funktion als Kollektivgrundrecht, denn es schütze das Recht der Koalitionen auf koalitionsspezifische Betätigung. Die wesentliche Form sei der Abschluss von Tarifverträgen. Da Art. 9 Abs. 3 GG die Koalitionsbetätigung für alle konkurrierenden Gewerkschaften gleichermaßen schütze, werde ein pluralistisches System der Tarifautonomie gewährleistet. Damit sei die Bevorzugung der einen gegenüber der anderen Gewerkschaft nicht vereinbar.
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c) Die Verdrängung abgeschlossener Tarifverträge sei ein Eingriff in die Rechte aus Art. 9 Abs. 3 GG. Die individuelle Koalitionsfreiheit sei beeinträchtigt. Das Nachzeichnungsrecht zum Tarifvertrag einer anderen Gewerkschaft gleiche den Verlust des eigenen Tarifvertrages nicht aus, sondern sei mangels mitgliedschaftlicher Legitimation selbst ein Eingriff in die negative Koalitionsfreiheit.
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d) Die Eingriffe seien nicht zu rechtfertigen.
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Es fehle bereits ein legitimer Regelungszweck. Die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie rechtfertige die Regelungen nicht, denn sonst würde die Tarifautonomie einer Gewerkschaft höher gewichtet als die einer anderen Gewerkschaft. Das sei mit dem Grundprinzip des Koalitionspluralismus nicht zu vereinbaren. Eine Schutzfunktion habe der Tarifvertrag nur im Verhältnis von Branchengewerkschaften zu Berufsgruppengewerkschaften desselben Wirtschaftszweiges. Das Gesetz wirke sich aber auch auf kleine Branchengewerkschaften aus, die im Verhältnis zu anderen Branchengewerkschaften desselben Wirtschaftszweiges in der Minderheit seien. Ein legitimes Ziel sei insoweit nicht erkennbar. Die Ordnung der Lohn- und Arbeitsbedingungen sei Folge, nicht aber Zweck der Tarifautonomie. Der Schutz der Befriedungsfunktion des Tarifvertrages, die durch eine Vielzahl von Forderungen verschiedener Gewerkschaften an denselben Arbeitgeber gefährdet sei, trage nicht, denn diese Erschwernis für Arbeitgeber sei dem Koalitionspluralismus immanent. Im Übrigen genüge eine auf notwendig einheitliche Normen beschränkte Kollisionsregel.
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Die Kollisionsregel des § 4a Abs. 2 Satz 2 TVG sei zur Zielerreichung auch nicht geeignet, da mit der Anknüpfung an den Betrieb erhebliche Unsicherheiten verbunden seien. Die Ermittlung der Mehrheitsverhältnisse sei insbesondere mit der Einschaltung von Beurkundungspersonen problematisch.
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e) Die Kollisionsregel des § 4a Abs. 2 Satz 2 TVG verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Das in Art. 9 Abs. 3 GG angelegte System des Koalitionspluralismus verbiete eine Benachteiligung einer Gewerkschaft zu Gunsten einer anderen; insofern sei die Koalitionsfreiheit eine besondere Ausprägung des allgemeinen Gleichheitsgebots aus Art. 3 Abs. 1 GG. Die angegriffene Regelung des § 4a Abs. 2 Satz 2 TVG bewirke eine Ungleichbehandlung, die durch die unterschiedliche Anzahl der Mitglieder nicht zu rechtfertigen sei. Es werde verkannt, dass es sich bei Mehrheits- und Minderheitsgewerkschaft um tariffähige Koalitionen handle. Unterschiede in der Mitgliederzahl in einem Betrieb könnten nicht das Recht einer Koalition beseitigen, Tarifverträge abzuschließen. Die doppelte Hürde aus Tariffähigkeit und Mehrheitsprinzip sei sowohl mit Blick auf Art. 9 Abs. 3 GG als auch auf Art. 3 Abs. 1 GG nicht vereinbar.
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3. Zu der Verfassungsbeschwerde gegen das Tarifeinheitsgesetz haben - im Rahmen einer gemeinsamen Zustellung mit den mit Urteil vom 11. Juli 2017 auf die mündliche Verhandlung vom 24. und 25. Januar 2017 entschiedenen Verfahren 1 BvR 1571/15 u.a., www.bverfg.de, Stellung genommen die Bundesregierung, die Präsidentin des Bundesarbeitsgerichts, der Bund der Richterinnen und Richter der Arbeitsgerichtsbarkeit (BRA), die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) und die Bundesnotarkammer, von Arbeitnehmerseite der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) und der Verband angestellter Akademiker und leitender Angestellter der chemischen Industrie (VAA), aus Sicht der Arbeitgeberseite die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) gemeinsam mit dem Arbeitgeberverband Luftverkehr (AGVL), die Vereinigung kommunaler Arbeitgeberverbände (VKA), der Bundesverband Deutscher Privatkliniken (BDPK), der Arbeitgeber- und Wirtschaftsverband der Mobilitäts- und Verkehrsdienstleister (Agv MoVe) für die Deutsche Bahn AG und der Arbeitgeberverband Deutscher Eisenbahnen (AGVDE), und aus Sicht der Forschung das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI).
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II.
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Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen (§ 93a Abs. 2 BVerfGG). Sie ist unzulässig.
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1. Soweit die Kollisionsnorm des § 4a Abs. 2 TVG und die darauf bezogenen Regelungen in § 4a Abs. 3 bis 5 TVG und die begleitenden Regelungen zum Beschlussverfahren nach § 2a Abs. 1 Nr. 6, § 99 ArbGG als Annex zur Kollisionsnorm Beschwerdegegenstand der Verfassungsbeschwerde sind, besteht kein Rechtsschutzbedürfnis mehr. Daran fehlt es hier, weil das Bundesverfassungsgericht die mit der Verfassungsbeschwerde angestrebte verfassungsrechtliche Überprüfung des Tarifeinheitsgesetzes mittlerweile im Urteil vom 11. Juli 2017 - 1 BvR 1571/15 u.a. -, www.bverfg.de, vorgenommen hat. Der Senat hat die Unvereinbarkeit von § 4a des Tarifvertragsgesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Tarifeinheit vom 3. Juli 2015 (BGBl I S. 1130) mit Art. 9 Abs. 3 GG insoweit festgestellt, als es an Vorkehrungen fehlt, die sicherstellen, dass die Interessen der Berufsgruppen, deren Tarifvertrag nach § 4a Abs. 2 Satz 2 des Tarifvertragsgesetzes verdrängt wird, im verdrängenden Tarifvertrag hinreichend berücksichtigt werden. Im Übrigen hat das Bundesverfassungsgericht die angegriffenen Regelungen des Tarifeinheitsgesetzes mit konkreten Maßgaben für die Auslegung und Handhabung der einfachgesetzlichen Regelungen als verfassungsgemäß erachtet. Diese Entscheidung hat Gesetzeskraft (§ 31 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG).
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Für eine auf denselben Gegenstand zielende verfassungsgerichtliche Entscheidung über die im Wesentlichen inhaltsgleichen Grundrechtsrügen besteht daher kein Bedürfnis mehr. Die Beschwerdeführerin hat keine verfassungsrechtlichen Fragen aufgeworfen, die in ihrem materiellen Gehalt über die im Urteil geprüften Einwände gegen das Gesetz hinausgehen.
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2. Unzulässig ist die Verfassungsbeschwerde auch, soweit sie sich ausdrücklich gegen die beweisrechtliche Regelung des § 58 Abs. 3 ArbGG wendet. Es fehlt insoweit an der Beschwerdebefugnis, denn die Regelung bedeutet für sich genommen keine Beeinträchtigung von Grundrechten. Sie bietet lediglich eine Möglichkeit, den Nachweis über die betrieblichen Mehrheitsverhältnisse zu führen, und schließt andere Wege der Beweisführung und die Entscheidung nach Maßgabe der Darlegungs- und Beweislasten nicht aus.
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III.
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Mit Blick auf die erhebliche subjektive und objektive Bedeutung der Verfassungsbeschwerde (BVerfGE 79, 365 366 ff.>) wird unter Berücksichtigung der in § 14 Abs. 1 RVG genannten Umstände nach billigem Ermessen (§ 37 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 RVG) ein Gegenstandswert von 500.000 € festgesetzt (ebenso BVerfG, Urteil vom 11. Juli 2017 - 1 BvR 1571/15 u.a. -, www.bverfg.de, Rn. 219).
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Die Auslagenentscheidung beruht auf § 34a Abs. 3 BVerfGG. Die teilweise Erstattung der Auslagen an die Beschwerdeführerenden entspricht der Billigkeit, da die maßgeblichen Rechtsfragen im Zeitpunkt der Erhebung der Verfassungsbeschwerde nicht geklärt waren und diese, wie aus dem Urteil vom 11. Juli 2017 ersichtlich, teilweise Aussicht auf Erfolg hatte.
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Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
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